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Schweißkonstruktionen – Planung, Auswahl des Schweiß-Verfahrens, Normen, Werkstoffe und Alternativen

Grundlagen der Verbindungstechnik im Maschinen- und Anlagenbau
Wie ein Konstrukteur bei der Planung einer Schweißkonstruktion vorgehen sollte

Wie gehe ich bei der Planung einer Schweißkonstruktion vor, anhand welcher Parameter wähle ich das Schweißverfahren aus – und kann die Arbeit nicht auch ein Roboter oder gleich der 3D-Drucker übernehmen?

Thomas Preuß, Fachjournalist in Königswinter, turmpresse.de


Zu den Grundlagen der Verbindungstechnik sind von Thomas Preuß erschienen:


Inhaltsverzeichnis
1. So finden Sie das für Ihre Konstruktion am besten geeignete Schweißverfahren
2. Die wichtigsten Schweißverfahren – und für welche Werkstoffe sie eingesetzt werden
3. Schutzgas-Schweißen ist vielseitig und effizient
4. Welche Schweißarbeiten kann ein Roboter übernehmen?
5. Lohnt es sich, Schweißkonstruktionen durch additive Fertigung zu ersetzen?

Als Konstrukteur müssen Ihre Konstruktionen sicher, zuverlässig und funktionsfähig sein. Besondere Beachtung sollten Sie bei der Entwicklung der einzusetzenden Verbindungstechnik schenken. Nehmen wir an, Sie haben sich grundsätzlich für eine Schweißkonstruktion entschieden. Um das Projekt erfolgreich umzusetzen, sollten Sie sich zunächst folgende Fragen stellen:

  • Welche Anforderungen an Festigkeit und Stabilität muss die Konstruktion erfüllen?
  • Wie lauten die Anforderungen und Ansprüche bezüglich Passgenauigkeit und Oberflächenqualität des Teils nach dem Schweißen?
  • Welches Material will ich verwenden und welche Eigenschaften zeigt dieser Werkstoff im Schweißprozess?
  • Welche Schweißverfahren kommen für meinen Werkstoff oder meine Materialkombination infrage? Welches Verfahren eignet sich am besten, um die zuvor festgelegten Anforderungen an Festigkeit, Stabilität, Genauigkeit und Oberflächenqualität zu erfüllen?
  • In welcher Umgebung soll das Schweißen stattfinden? Entsprechende Schutzvorkehrungen sind zu treffen, Ausrüstung ist zu beschaffen.
  • Welche Normen und Richtlinien sind zu berücksichtigen? Hier kommt man an einer gründlichen Recherche nicht vorbei: Es sind viele Dutzend, die sich mit der Schweißnahtvorbereitung und dem Schweißen selbst, dem Arbeitsschutz, zerstörenden und zerstörungsfreien Prüfungen, den Qualifikationen der Schweißer und des Aufsichtspersonals, den Werkstoffen und Zuschlagstoffen befassen! An erster Stelle zu nennen ist die Normenreihe DIN EN ISO 3834-1 bis 3834-6. Sie beschreibt die Qualitätsanforderungen für das Schmelzschweißen von metallischen Werkstoffen an die ausführenden Personen; es geht also um die Schweißfertigung. Bei der unerlässlichen Sichtprüfung beispielsweise unterstützt die DIN EN ISO 17637, und die Anforderungen an die Qualifikation der Schweißer sind in den DIN EN ISO 287-1, DIN EN ISO 9606-1 und DIN EN ISO 9606-2 festgelegt. Eine Übersicht bietet die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), die dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unterstellt ist. 
  • Schließlich sind auch das verfügbare Budget für das Schweißen sowie der Zeitplan für das Projekt zu berücksichtigen.

So finden Sie das für Ihre Konstruktion am besten geeignete Schweißverfahren

Um das für Sie am besten geeignete Schweißverfahren zu finden, greifen Sie ebenfalls zunächst auf die Anforderungen an die Stabilität und Festigkeit, Genauigkeit und Oberflächenqualität des Teils zurück, das Sie per Schweißen aus mehreren Komponenten herstellen möchten. Anhand der ebenfalls festgelegten Werkstoffkombination grenzen Sie die infrage kommenden Schweißverfahren ein. Lassen Sie unter Umständen Ihre Fachkräfte – den Schweißer, vielleicht auch in Zusammenarbeit mit einem Schweißfachmann oder Schweißfachingenieur – ein wenig mit den Verfahren, Schweißdrähten und Zuschlagstoffen experimentieren, um die beste Methode herauszufinden. Haben Sie im Betrieb zum Beispiel schon mal einen Kupferkessel an eine Stahlhalterung geschweißt? Gerade der Trend zum Leichtbau mit immer wieder neuen Werkstoffen oder Legierungen erfordert etwas Kreativität und Erfahrung, bereichert die Mitarbeiter aber auch, weil sie etwas Neues ausprobieren und zum Gelingen des Prozesses wesentlich beitragen können.

In dem Zusammenhang müssen Sie über die im Betrieb verfügbaren Ressourcen im Bilde sein: Welche Ausrüstung ist vorhanden oder müsste angeschafft werden, um das gewählte Schweißverfahren auszuführen, und auf welche Fähigkeiten können Sie in Ihrer Belegschaft zurückgreifen? Vergleichen Sie dann die Vor- und Nachteile der verschiedenen Schweißverfahren in Bezug auf Ihre Anforderungen und Ressourcen. Und nicht zuletzt: Holen Sie Rat von erfahrenen Schweißern und technischen Experten ein, um die beste Lösung für Ihr Projekt zu finden.

Die wichtigsten Schweißverfahren – und für welche Werkstoffe sie eingesetzt werden

Das weltweit wichtigste Schweißverfahren ist das Metall-Schutzgasschweißen mit den Varianten MIG- und MAG-Schweißen. Diese Verfahren sind so verbreitet, weil mit ihnen sehr einfach und schnell eine Schweißnaht hoher Qualität erzeugt wird. Beim MIG-/MAG-Schweißen wird zwischen einer Elektrode und dem Werkstück ein elektrischer Lichtbogen erzeugt. Die Elektrode wird durch eine Drahtrolle geführt und von einem Schutzgas, zum Beispiel Argon, geschützt. Dies stellt eine hohe Reinheit der Schweißnaht sicher.

Für das Schutzgas-Schweißen kommen zahlreiche Metalle und Legierungen infrage. Dabei wird das MAG-Schweißen („Metall-Aktivgasschweißen“ – mit reaktionsfreudigem, „aktivem“ Gas) hauptsächlich für Stahl und Stahllegierungen eingesetzt, das MIG-Schweißen („Metall-Inertgasschweißen“ – mit einem inerten, also nicht reagierenden Gas) heute vorwiegend für Aluminium oder Kupfer.

Schutzgas-Schweißen ist vielseitig und effizient

Wegen seiner Vielseitigkeit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit ist das Schutzgas-Schweißen in vielen Industriebranchen zu finden, etwa dem allgemeinen Maschinen- und Anlagenbau, im Automobilbau, in der Luft- und Raumfahrtindustrie oder der Schwerindustrie. Zudem lässt sich das Verfahren gut mit Robotern automatisieren.
An dritter Stelle ist das Wolfram-Inertgasschweißen (WIG-Schweißen) zu nennen. Es gehört zu den Schmelzschweißverfahren und zeichnet sich durch eine besonders saubere Verarbeitung, hohe Nahtqualitäten sowie sehr vielseitige Anwendbarkeit im Zusammenspiel mit allen schweißbaren Metallen aus. Durch die präzise Abstimmung des Schweißstroms auf die jeweilige Schweißaufgabe eignet sich das Verfahren besonders für Wurzellagen und Zwangslagen. Das WIG-Schweißen zeigt kaum Verzug, lässt nur geringe Schweißspuren zurück und eignet sich für alle Schweißpositionen. Daher erfreut sich das WIG-Schweißverfahren bei Aufgaben mit hohen Ansprüchen an Präzision, Nahtqualität und Ästhetik, etwa im Rohrleitungs- und Apparatebau sowie im Kraftwerksbau und in der chemischen Industrie, großer Beliebtheit.

Welche Schweißarbeiten kann ein Roboter übernehmen?

Bleibt die Frage, wer die Schweißaufgabe übernimmt. Steht eine Fachkraft zur Verfügung, oder kann oder soll ein Roboter die Schweißarbeiten übernehmen? Die Frage ist hierbei freilich nicht, „ob“, sondern „welche“ Schweißarbeiten für die Automation infrage kommen. Roboter arbeiten mit hoher Präzision, stellen eine perfekte Nahtqualität sicher, und die Deformation der Bauteile bleibt minimal. Gerade wenn es um große Stückzahlen und kurze Taktzeiten geht, wie etwa im Karosseriebau der Automobilindustrie, ist die Automatisierung sicher immer zu bedenken und im Sinne der Standortsicherung wohl ein Segen.

Allerdings kann ein Roboter nicht alle Schweißarbeiten übernehmen, insbesondere solche nicht, die hohe manuelle Fähigkeiten oder Flexibilität erfordern. Dazu gehören folgende Arbeiten:

  • Freihand-Schweißarbeiten, bei denen kein Werkzeug und keine Vorrichtung verwendet wird, um die Schweißposition zu halten;
  • Schweißarbeiten an schwer zugänglichen Stellen, die manuelle Beweglichkeit und Fähigkeiten erfordern;
  • Schweißarbeiten an sehr kleinen Teilen, bei denen hohe Präzision und Feinmotorik notwendig sind;
  • häufig variierende Schweißarbeiten können zwar von einem Roboter übernommen werden, jedoch muss die Maschine ständig umprogrammiert werden, was kaum wirtschaftlich sein dürfte.

Lohnt es sich, Schweißkonstruktionen durch additive Fertigung zu ersetzen?

Zum Abschluss ein vorsichtiger Blick in die Glaskugel. Dass künftig mehr Schweißnähte vom Kollegen Roboter übernommen werden, scheint ausgemacht. Doch welche Arbeiten entführt der 3D-Drucker demnächst aus der Schweißkammer? Auch dies vermutlich eine Frage, die sich ein Konstrukteur, Entwickler oder Betriebsleiter stellt. Wissenschaftliche Prognosen können wir hier nicht bieten. Nur ein paar Kristallisationskeime für Ihre Gedanken. Also: Lohnt es sich, eine beliebige Konstruktion additiv zu fertigen statt die einzelnen Komponenten zusammenzuschweißen? Das hängt von verschiedenen Faktoren ab – etwa der Größe und Komplexität des Bauteils beziehungsweise der einzelnen Bauteile, der benötigten Stückzahl, den verfügbaren Ressourcen und der Fertigungszeit.

Die additive Fertigung bietet die Möglichkeit, komplexe Teile direkt aus dem 3D-Modell herzustellen, ohne dass zusätzliche Werkzeuge, Formen, Formiergase oder sonstige Betriebsmittel erforderlich sind. Daher kann die 3D-Druck-Technik zumindest grundsätzlich als Alternative zur konventionellen Schweißkonstruktion infrage kommen. Insbesondere komplexe Bauteile mit schwer zugänglichen Schweißnähten, die auch noch nachgearbeitet werden müssen, lassen sich additiv möglicherweise schneller und kostengünstiger herstellen. Bei großen Teilen, zumal mit einfachen Formen, hat das Schweißen jedoch sicher noch lange seine Geschwindigkeitsvorteile – egal ob die Nähte manuell oder automatisiert gelegt werden.

Zu berücksichtigen ist, dass Technik und Fertigungskapazitäten für den 3D-Druck in den meisten Betrieben noch nicht im benötigten Maße vorhanden sind. Die Anschaffung der notwendigen Ausrüstung sowie die Schulungen für das Personal verursachen mindestens nennenswerte Investitionen. Auf der anderen Seite steht schon jetzt die Ressourceneffizienz: Additive Fertigung kann dazu beitragen, Ausschuss und Abfälle zu minimieren, womit betriebliche Ressourcen und die Umwelt geschont werden. Denn es wird nur das Material verwendet, das tatsächlich benötigt wird, um das Bauteil herzustellen.

Es heißt also, alle für Ihr Projekt relevanten Faktoren gründlich abzuwägen, bevor Sie eine Entscheidung treffen!

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