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Kollaboratives Robotersystem für komplexe Aufgaben

Interview: Robotik
Kollaboratives Robotersystem für komplexe Aufgaben

Mit dem kollaborativen Robotersystem Lexium Cobot lassen sich komplexe Aufgaben durchführen. Er ist einfach einzurichten und lässt sich schnell in komplette Robotersysteme mit Multi-Carriern oder Delta-Robotern integrieren. Dazu gehören Sicherheitssysteme und Zertifizierungen, die andere Roboter nicht haben. Im Gespräch mit KEM Konstruktion erläutert Michael Vögele, Senior Produktmanager PacDrive & Robotics bei Schneider Electric, welche weiteren Vorteile die Lösung bietet.

Interview: Nico Schröder, Korrespondent KEM Konstruktion, Augsburg

Inhaltsverzeichnis

1. Neue Roboterserie Lexium Cobot von Schneider Electric
2. Cobots in verschiedenen Automatisierungskonzepten
3. Cobots als Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine
4. Sichere Anwendung der neuen Cobots
5. Effiziente grafische Programmierung der Cobots

KEM Konstruktion: Weshalb ist es für Schneider Electric interessant gewesen, mit der Roboterserie „Lexium Cobot“ in den Markt einzusteigen?

Vögele: Mit all den Engpässen der vergangenen Jahre und Monate haben wir eine sehr dynamische Marktlage erlebt, in der Unternehmen ganz anders wirtschaften mussten als früher. Die andere große Herausforderung ist der Fachkräftemangel. Jedes zweite Unternehmen ist laut ifo Institut davon betroffen und kann nicht den gewünschten Output generieren – das ist nicht nur bei Ingenieuren und Technikern so, sondern zieht sich durch alle Berufsgruppen. Das heißt, wir sehen einfach den Trend zur Automatisierung sowie starkes Wachstum im zweistelligen Bereich in der Robotik. Bei den Cobots rechnen wir sogar deutlich mit 40 oder 50 Prozent Wachstum jedes Jahr. Das ist in den vergangenen Jahren so gewesen. Und für die nächsten Jahre erwarten wir das auch. Robotik ist ein Trendthema, das auch von OEMs stark an uns herangetragen wird. Deshalb sind wir den Schritt Richtung Cobots gegangen und gehen ihn weiter.

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„Die Lexium-Serie bietet Cobots in fünf verschiedenen Ausführungen. Diese unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Größe, ihrer Traglast – von drei bis zu 18 kg – sowie ihres Arbeitsradius“, sagt Michael Vögele, Senior Produktmanager PacDrive & Robotics, Schneider Electric GmbH, Ratingen
Bild: Schneider Electric

Neue Roboterserie Lexium Cobot von Schneider Electric

KEM Konstruktion: Wie haben Sie die Roboterserie variantenseitig gestaltet?

Vögele: Die Lexium-Serie bietet Cobots in fünf verschiedenen Ausführungen. Diese unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Größe, ihrer Traglast – von drei bis zu 18 kg – sowie ihres Arbeitsradius. Die kleinste Variante hat also eine Traglast von drei Kilogramm und einen Radius von 626 Millimeter. Den größten Radius bietet die Zwölf-Kilogramm-Variante mit 1.327 Millimetern. Mit ihrer jeweiligen Skalierung sind die Großen dann also entweder auf Nutzlast oder Aktionsradius getrimmt.

KEM Konstruktion: Welche Erweiterungen Richtung Design und Performance sind möglich?

Vögele: Mittlerweile haben die Cobots einen größeren Arbeitsbereich, können größere Lasten handhaben und sind mit Zubehör wie Kameras und anderer zusätzlicher Sensorik ausgestattet. Auch Reinraumtauglichkeit ist ein Thema. Das alles sind Aspekte, durch die es heute möglich ist, Cobots in vielen verschiedenen Applikationen zu betreiben. Und letztendlich wirkt sich die einfache Handhabung und Integration auch auf die Kosten aus. Denn die Kosten bei einem kollaborierenden Roboter sind sehr viel geringer als beim klassischen Industrieroboter. Was die Lexium-Cobot-Modelle von Schneider Electric zudem besonders auszeichnet, ist ihre hohe Beweglichkeit. Aufgrund der insgesamt sechs Achsen lässt sich praktisch jedes beliebige Bewegungsprofil realisieren. Und das übrigens nicht nur in Anlagen, in die der Schneider-Cobot fest integriert wird. Dank eigener SPS-Steuerung kann der Roboterarm auch als Standalone-Lösung verwendet und maschinellen Abläufen vor- oder nachgeschaltet werden – etwa, wenn es darum geht, Werkstücke an einen Menschen zu übergeben oder verpackte Waren zu stapeln.

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Alle Modelle der Lexium-Reihe verfügen über eine Drehmomentüberwachung, mit denen sie eine Kollision erkennen. Bei einem unerwarteten Kontakt sorgt ein Sicherheitsprotokoll dafür, dass der aus Aluminium gefertigte Greifarm seine Bewegung sofort unterbricht.
Bild: Schneider Electric

„Der Roboter wird ein Teil der Maschine“

Cobots in verschiedenen Automatisierungskonzepten

KEM Konstruktion: Sehen Sie Lexium als Stand-alone-Produkt oder eher gesamtheitlich als Teil der Maschine?

Vögele: Wir sehen unseren kollaborativen Roboter Lexium vom Ansatz her gesamtheitlich in der Maschine. Denn genau hier liegt unsere besondere Stärke im Vergleich zum klassischen Roboterhersteller, der ein gutes Robotik-Portfolio hat, aber nicht dieses gesamte Ökosystem bieten kann. Insofern sprechen wir primär unsere Maschinenbauer an, um ihnen eine zusätzliche Automatisierungslösung zu bieten.

KEM Konstruktion: Noch zur Steuerung: Wie ergänzen Sie die Cobots steuerungsseitig: Fall a) bei bestehenden Maschinen und Anwendungen und b) beim Cobot als integraler Bestandteil einer Maschine oder eines zu definierenden Maschinenkonzepts?

Vögele: Wir bieten zum einen die eigenständige Steuerung. Das ist als End-User-Ansatz konzipiert beziehungsweise überall dort nützlich, wo ein Cobot nachträglich in eine bestehende Anlage eingebracht wird, um den Automatisierungsgrad zu erhöhen. Das heißt, Anwender haben alles integriert, was sie brauchen, um den Roboter zu steuern: die Steuerung an sich, ein Netzteil, WLAN, also im Prinzip ready to run. Sie brauchen an der Maschine nichts zu verändern. Der Schaltschrank, die ganzen Elektronikkomponenten sind in die Steuerung integriert und mit dem Cobot verbunden. Wir haben integriertes Wifi und können uns dann mit einem Tablet oder mit einem PC drahtlos verbinden, um den Roboter zu programmieren, zu teachen, zu optimieren. Oder der zweite Ansatz, eher gedacht für OEMs: Bei neuen Maschinen ist kein separates Robotersystem gefragt. Der Roboter soll integraler Bestandteil der Maschine sein. Dafür haben wir einen kompakten Controller – nicht größer als ein Buch, der einfach mit in den Schaltschrank einer Maschine integriert wird.

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Bei Schneider Electric ist Lexium Cobot Teil der Automatisierungsplattform Ecostruxure Machine.
Bild: Schneider Electric

Wir haben für beide Fälle verschiedene Feldbusschnittstellen und können dann an eine Maschinensteuerung „anknüpfen“ und von dort Verfahrbefehle oder Diagnosedaten austauschen. Das ist für uns der spannende Punkt – also den Cobot nicht nur als Stand-alone sehen, sondern als integriert in die gesamte Lösungsarchitektur.

Cobots als Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine

KEM Konstruktion: Für welche Automatisierungsprozesse eignen sich die Lexium-Cobots von der Dynamik her und wofür sind sie eher nicht gedacht?

Vögele: Wir sehen um den Kernprozess der Maschine herum viele Prozesse, die heute noch händisch gelöst werden. Hier ist unser Cobot eine ideale Lösung, um diese hochdynamische Automatisierung mit dem Menschen oder mit der Umgebung zu verbinden. Als Beispiel: Wir haben einen Kunden, der Maschinen für Bäckereien entwickelt, mit denen verschiedene Produkte auf einem Backblech portioniert werden. Die Maschine arbeitet autonom. Dann gibt es, Stand heute, im Prozess einen Bäckereiwagen, auf dem verschiedene Backbleche transportiert werden. Die Maschine läuft und vorne dran steht ein Mitarbeiter, der die Backbleche zuführt. Hinten steht wiederum ein Mitarbeiter und nimmt die Backbleche ab. Das heißt, zwei Personen müssen noch neben der eigentlichen Maschine beschäftigt werden. Verständlich also, dass, angesichts der personellen Situation bei unserem Kunden, der Wunsch besteht, dass der Maschinenbauer nicht nur die Maschine für den Kernprozess liefert, sondern auch das Drumherum noch automatisiert wird. An der Stelle ist ein Cobot eine ideale Lösung, eben gerade an dieser Schnittstelle zwischen Menschen und Maschinen. Der Cobot wird für viele Maschinen, gerade wenn wir an unser Kernsegment Packaging denken, nicht die Dynamik haben, die wir brauchen, um wirklich schnell zu takten. Um das zu bewerkstelligen, haben wir Delta-Roboter oder andere Robotertechnologien.

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Anders als herkömmliche Industrieroboter, die üblicherweise mit hoher Beschleunigung und immensen Kräften aufwarten, können Cobots in direkter Nachbarschaft mit ihren menschlichen Kollegen tätig sein.
Bild: Schneider Electric

Mobile Roboterzelle von Zimmer für die Automatisierung der Zukunft

Sichere Anwendung der neuen Cobots

KEM Konstruktion: Die Sicherheitsbetrachtung dazu, wann ein Cobot sicher ist oder wann eine Cobot-Anwendung sicher betrieben wird, ist ein vielschichtiges Thema. Was bringen die neuen Cobots von an Safety- und Security-Features mit?

Vögele: Unsere Cobots sind von Hause aus mit integrierten Sicherheitsfunktionen ausgestattet. Das heißt, es ist möglich, sie sicher zu betreiben. Anwendungsspezifisch ist die Sicherheitsbetrachtung dann von vielen Faktoren abhängig. Alle Modelle der Reihe verfügen über eine Drehmomentüberwachung, mit denen sie eine Kollision erkennen. Bei einem unerwarteten Kontakt sorgt ein Sicherheitsprotokoll dafür, dass der aus Aluminium gefertigte Greifarm seine Bewegung sofort unterbricht. Abgerundete Kanten sowie das insgesamt geringe Gewicht mindern die Verletzungsgefahr zusätzlich. Da so, je nach Anwendung, zusätzliche Sicherheitseinrichtungen entfallen können, lassen sich im Vergleich zu traditionellen Industrierobotern etwa 30 bis 40 Prozent an Platzbedarf einsparen. Zudem wichtig: Die Cobot-Serie erfüllt die Cyber-Security Standards von Schneider Electric.

Effiziente grafische Programmierung der Cobots

KEM Konstruktion: Welche Unterscheidungsmerkmale zu klassischen Industrierobotern sehen Sie in der effizienten Handhabung der Lexium-Roboter?

Vögele: Allem voran bieten wir eine einfache Programmierung, sodass keine tiefergehenden Programmierkenntnisse nötig sind, um die Roboter einrichten und betreiben zu können. Wir bieten ein Teaching mit grafischer Programmieroberfläche. Das macht es Cobot-Nutzern in der Handhabung leicht. Und auch von der Installation her steht eine einfache Integration im Vordergrund – gerade für bestehende Applikationen. Der Cobot kann beispielsweise einfach an einer Steckdose angeschlossen werden, mit integriertem WLAN genutzt und per Laptop oder Tablet verbunden werden.

KEM Konstruktion: Wie weit sind Ihre Entwicklungen hinsichtlich Teaching oder Hand Guiding mittels KI-basiertem Lernen? Kann man sich selbst das Teaching bald sparen?

Vögele: KI und Teaching sind natürlich ganz spannende Themen für uns und unsere Kunden. Die KollegInnen in unserer Forschungsabteilung beschäftigen sich deshalb auch sehr intensiv damit. Bei unserem Multi-Carrier-System zum Beispiel wird der Maschinen-Code anhand gewisser Benutzervorgaben über eine KI geschrieben. Also, im Bereich Forschung arbeiten wir an diesen Themen. Konkret implementiert haben wir es bei den Cobots noch nicht. Lassen Sie mich an der Stelle noch ergänzen: In unserem Engineering-Tool für eine auf IEC61499 basierende herstellerunabhängige Automatisierung haben wir bereits ein Machine Learning Modul mit künstlicher Intelligenz (KI) integriert. Damit können Anwender den Roboter oder ihre Automatisierung praktisch intelligenter machen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel, wie das umgesetzt werden kann: Und zwar arbeiten wir mit einem Vertical-Farming-Unternehmen zusammen, das sich mit der automatisierten Erdbeerernte beschäftigt. Nun ist jede Erdbeere etwas anders – von grün über reif bis überreif. An der Stelle wird die KI nun zusammen mit einer Kamera verwendet. Die sozusagen intelligent gewordene Kamera erkennt entlang eines Farbspektrums den Reifegrad der Erdbeeren und gibt anhand dieses Kriteriums einen Befehl an den Cobot, um die passend reifen Erdbeeren ernten zu können.

KEM Konstruktion: Sind die Cobots bereits im Vertrieb?

Vögele: Die kleineste Ausführung desLexium-Cobots mit einer Traglast von 3kg ist ab sofort verfügbar. Ab Oktober 2023 sind die 5-kg-, 7-kg- sowie die 12-kg-Varianten erhältlich. Für die 3-kg-Variante sind bereits erste Auslieferungen geplant. Und ab Juni ist die Auslieferung für die größeren Modelle vorgesehen.

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Der Lexium-Cobot ist in fünf Modellvarianten verfügbar und kann als Standalone-Lösung in nahezu jeder Industrieanlage nachgerüstet werden.
Bild: Schneider Electric

KEM Konstruktion: Werden die Cobots direkt über SE und/oder über Integrationspartner vertrieben?

Vögele: Wir vertreiben direkt über unseren OEM- sowie Endkundenvertrieb. Nutzen aber auch andere Vertriebswege über Großhandel und Partner.

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