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Syngineer: Verbindung von Eplan und Cideon

Interdisziplinäre Entwicklung
Syngineer: Verbindung von Eplan und Cideon

Systems-Engineering-Ansätze erfordern häufig eine lange Vorbereitung. Damit Mittelständler schneller loslegen können, bieten Eplan und Cideon den Syngineer an – eine Kommunikationslösung, die sich an die bestehenden Autorensysteme und PDM-Lösungen koppeln lässt. Im Gespräch mit KEM Konstruktion erläutern Eplan- und Cideon-Chef Maximilian Brandl, Cideon-Entwicklungsleiter Rolf Lisse und Eplan-Serviceleiter Bernd Schewior Details der Lösung, die zur Hannover Messe 2017 verfügbar ist.

Interview: Michael Corban, Chefredakteur, KEM Konstruktion

KEM Konstruktion: Eplan widmet sich schon seit einiger Zeit der disziplinübergreifenden Zusammenarbeit. Mit dem Syngineer adressieren Sie nun ganz konkret die Verknüpfung von Mechanik, Elektrotechnik und Steuerungs-Software – warum?
Brandl: Früher wurden wir von Kunden überwiegend bezüglich der Elektrokonstruktion angesprochen, doch in den letzten Jahren wird immer mehr nach einem Gesamtkonzept gefragt. Will heißen: Wie integrieren wir das Produktdatenmanagement, also PDM-Systeme? Können wir auch mechatronisch zusammenarbeiten? Dahinter steht, dass die Anwender eine immer kürzere Time-to-Market realisieren wollen – und das führt automatisch zu einem Zusammenrücken der verschiedenen Engineering-Disziplinen. Aus unserer Sicht sind das die Mechanik- und die Elektrokonstruktion sowie Automatisierung, insbesondere die SPS-Programmierung, sprich Steuerungs-Software. Hinzu kommen kann auch die Fluidtechnik, doch dies können wir bereits über die Eplan Plattform abbilden. Mit anderen Worten: Unsere Kunden wollen zukünftig im Engineering viel enger zusammenarbeiten und sicherstellen, dass die einzelnen Disziplinen viel früher und viel intensiver miteinander kommunizieren. Ein Beispiel: Mechatronische Bauteile wie eine Ventilinsel erfordern mehrere Sichten auf das Produkt; neben Elektrokabeln sind Pneumatikschläuche anzuschließen und die geometrischen Dimensionen zu beachten, um die Ventilinsel richtig zu montieren.
KEM Konstruktion: Cideon kommt ja historisch gesehen aus dem Bereich der Mechanikkonstruktion. Gilt diese Forderung nach dem Zusammenwachsen der Disziplinen auch aus dieser Sicht und verliert auf Dauer gesehen die Mechanik sogar an Bedeutung, weil immer mehr Funktionen in Software abgebildet werden?
Lisse: Die Anforderungen decken sich, denn im Endeffekt müssen Informationen über Sensoren und Aktoren ausgetauscht werden – Mechanik sowie Elektro- und Steuerungstechnik spielen hier zusammen. Deswegen lässt sich bezüglich der Bedeutung sagen, dass die Mechanik nicht abgewertet wird, sondern eher die anderen Disziplinen aufgewertet werden. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass es nicht ausreicht, allein in die Mechanik zu investieren, sondern Elektrotechnik, Sensorik und Software hinzukommen müssen, um Maschinen zu optimieren. Einige Kunden – klassische Maschinenbauer – sagen sogar, dass sie zukünftig einen großen Teil Software anbieten und sich damit zu einem Softwareunternehmen wandeln – ein Grund mehr für uns, in diese Themen zu investieren.
KEM Konstruktion: Welche Unterstützung bietet angesichts dieser Ausgangssituation der Syngineer?
Brandl: Die Disziplinen sollen leichter zusammenarbeiten können – das ist das Ziel, das wir vor Augen haben. Dazu nutzen wir im Verbund von Eplan und Cideon unsere Kompetenzen in der Elektro- und Mechanikkonstruktion. Entscheidend dabei ist die Erkenntnis, dass wir die Autorensysteme in den Unternehmen als gesetzt sehen, ein Wechsel hier eher unbeliebt ist und deswegen vermieden werden sollte. Damit lautete die Fragestellung für uns, wie sich diese verschiedenen Autorensysteme koppeln lassen, welche gemeinsamen Elemente noch fehlen. Dabei haben wir festgestellt, dass gerade Komponenten mit mechatronischen Aspekten mechanische, elektrotechnische und Softwarekomponenten enthalten – darüber gilt es, sich auszutauschen. Deswegen haben wir uns mit unseren Kunden zusammengesetzt und eine neue, übergreifende Lösung entwickelt, mit der sich die Hauptproblemstellungen der interdisziplinären Zusammenarbeit, insbesondere die Kommunikation und Abstimmung zielgerichtet lösen lassen.
Lisse: Der Syngineer existiert also zusätzlich zum PDM-System – denn wir wollen ja keine Daten verwalten, sondern Informationen aus diesen Daten generieren und in Echtzeit den anderen Disziplinen zur Verfügung stellen. Wir treten also bewusst nicht in Wettbewerb zu den Mechanik-CAD-Herstellern mit ihren PDM-Lösungen.
KEM Konstruktion: Der Fokus liegt also im weitesten Sinne auf einer Kommunikationsplattform?
Schewior: Exakt, denn unsere Kunden haben nicht die Problemstellung, dass Mechanik, Elektrotechnik oder Software für sich allein genommen nicht funktionieren – es hakt vielmehr an der Kombination, der Abstimmung untereinander. Eine Lösung dieser Aufgabenstellung setzt voraus, dass die beteiligten Disziplinen zusammen ein gemeinsames Produkt definieren und kreieren – was in der Zusammenarbeit eine große Herausforderung darstellt. Viele Anwender haben dazu schon mechatronische Teams definiert, aber es fehlt noch ein Tool, das diese Arbeitsweise unterstützt – genau das bieten wir mit dem Syngineer an.
KEM Konstruktion: Damit adressieren sie ja das Systems Engineering als Synonym für die Zusammenarbeit der Disziplinen, meiden aber noch das Thema Model-based Systems Engineering (MBSE). Liegt der Grund darin, dass Sie eben kein Modell schaffen wollen, das die verschiedenen disziplinspezifischen Sichten darauf bietet, sondern eher eine Art Kommunikationslayer zwischen den bereits vorhandenen, disziplinspezifischen Modellen?
Brandl: Exakt – es geht uns nicht um die allumfassende Lösung sondern darum, die Kommunikation bezüglich Bauteilen und Baugruppen dort zu ermöglichen, wo sie dringend erforderlich ist. Alle Komponenten, die in einer Maschine oder Anlage verbaut werden, basieren im Prinzip funktional nicht nur auf einer Disziplin, sondern auf mehreren. So besitzt etwa jeder Leistungsschalter zumindest einen mechanischen und einen elektrischen Aspekt, bei anderen Elementen kommt zusätzlich die Software dazu. Ersetzt der Elektroingenieur etwa den Leistungsschalter durch ein anderes Fabrikat, müssen die anderen davon erfahren – sonst könnten Probleme bei der Montage auftreten.
Schewior: Genau diese Änderungen spielen im Engineering-Prozess eine enorme Rolle. Wir wissen, dass diese gerade in den 40 Prozent der Entwicklungszeit vor Fertigstellung gehäuft auftreten und enorme Auswirkungen haben können. Ändert sich etwa die Geschwindigkeit eines Förderbandes, beeinflusst das direkt die Antriebsauslegung, aber beispielsweise auch die Integration von Lichtschranken, die nun wesentlich flinker reagieren müssen. Das ist alles kein Problem, wenn ich das meinem Kollegen aus der Nachbardisziplin mitteile – genau das funktionierte aber in der Vergangenheit nicht und der Syngineer soll dies ermöglichen. Auf diese Weise kann ein Problem frühzeitig vermieden werden – und muss nicht viel aufwendiger im Rahmen der Inbetriebnahme gelöst werden.
Lisse: Interessant dabei ist, dass bislang solch eine gemeinsame Kommunikationsbasis häufig fehlt und erst einmal geschaffen werden muss. Gerade im mittelständischen Maschinenbau spielt Excel eine enorm wichtige Rolle – ein gemeinsamer Blick auf die Struktur des Produktes ist damit aber nur schwer zu realisieren. Hier kommunikativ sicherzustellen, dass alle bei Änderungen informiert sind und dann auch mit gültigen aktuellen Werten arbeiten, ist das Ziel. Am Ende müssen alle die mechatronische Struktur vor Augen haben, da nur auf diese Weise ein gemeinschaftlicher Blick auf die Maschine oder die zu bauenden Komponenten möglich ist.
KEM Konstruktion: Sind in den Syngineer Erfahrungen aus der mechatronischen Konfiguration mit Eplan Engineering Configuration (EEC) eingeflossen?
Brandl: Diese Erfahrungen sind natürlich mit integriert, allerdings muss man sich vor Augen halten, dass bei der mechatronischen Konfiguration die Herausforderungen noch höher sind und dies auch einen Kulturwandel mit sich bringt. Insofern wird es EEC weiter geben und der Syngineer kommt ergänzend als Kommunikationsplattform hinzu.
KEM Konstruktion: Wie lange brauche ich denn mit dem Syngineer für den Aufbau solch einer Kommunikationsstruktur und welche Vorarbeit setzt dies voraus?
Schewior: Das ist natürlich situationsabhängig, aber man kann im Prinzip sofort in einem Teilbereich loslegen. Dazu definiere ich zunächst die Grundmaschine, die ich aber im Zuge der Entwicklung jederzeit ergänzen kann. Gerade im Engineering-Prozess ist es ja oft so, dass Anforderungen hinzukommen oder wegfallen oder der Kunde im letzten Moment Erweiterungen wünscht – dann brauche ich die Flexibilität der Struktur, diese zu erweitern, und die Kommunikation mit den Nachbardisziplinen, damit diese erkennen können, welche Auswirkungen die Änderungen für sie haben.
Brandl: Wir bieten bewusst den Vorteil möglichst niedriger Einstiegshürden – das ist nicht zu vergleichen mit dem Wechsel eines MCAD-Systems. Im Rahmen der Nutzung des Syngineers kann der Anwender mit einer Maschine anfangen und zunächst nur einen Elektrotechniker und einen Maschinenbauer darüber verbinden; um dann bei Bedarf weitere Personen mit dazu zu nehmen. Bewusst vermeiden wir also den Big Bang – denn der wäre für die Kunden immer aufwändig.
KEM Konstruktion: Stößt das System eventuell ab einer hohen Komplexität an Grenzen?
Lisse: Rein von der Software her kann ich dynamisch zur Laufzeit umstrukturieren – wir können jederzeit einen Zwischenknoten einziehen und/oder Elemente verschieben. Diese Flexibilität steckt in der Software. Die Herausforderung wird eher im Engineering-Prozess des Anwenders liegen: Über die Veränderung komplexer Strukturen hinaus gilt es, den Abstimmungsprozess im Unternehmen zu beherrschen.
KEM Konstruktion: Lassen Sie uns abschließend noch einen Blick auf die technische Umsetzung werfen: Der Syngineer ist ein Browser-Add-on?
Lisse: Genau – rein von der Architektur her bieten wir ein Web-Front-End an, das im Browser läuft und damit auch geräteunabhängig ist. Zum Einsatz kommen dabei übliche HTML5-Technologien. Damit kann etwa der Projektmanager dann auch mal schnell auf seinem Tablet schauen, wie weit ein Projekt vorangeschritten ist. Zusätzlich integrieren wir den Syngineer aber auch als Plug-in in die einzelnen Autorensysteme, wozu wir dann auch C++ oder C# nutzen, um uns eng mit den Autorensystemen zu verzahnen. Das Ziel hierbei ist: Per Drag&Drop sollen sich Änderungen kommunizieren lassen. Bei den Plug-Ins handelt es sich um eine neutrale Applikation mit UI und Kommunikationsschicht, zusammen mit einer spezifischen Hülle für das jeweilige Autorensystem. Letztlich bietet hier jeder Hersteller ja doch seine individuelle API. Durch diesen Aufbau lassen sich schnell Plug-ins entwickeln, beispielsweise auch für Office-Produkte oder Visio; zudem bieten wir auch eine offene Syngineer-API an, über die sich Systeme anbinden lassen. Wir selbst bieten die Anbindung derzeit für die Top-6-Systeme auf der Mechanik-Seite an und sind offen für Ergänzungen. Möglich ist auf diese Weise bereits das Zusammenspiel von Eplan auf der Elektrotechnikseite mit Autodesk Inventor und Autocad, Solidworks sowie Solid Edge im Mechanikbereich und Codesys für die SPS-Programmierung. Entscheidend ist hier wiederum: Der Kunde soll bei den Autorensystemen selbst bestimmen können, mit welchem System er arbeiten will!
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