Inhaltsverzeichnis
1. Industrielle Mikroprozessoren
2. Flexible Softwareplattform
3. Anwendungsbeispiele für plattformbasierte Designs mit Mikroprozessoren
Die wirtschaftliche Betrachtung eines Produkts gliedert sich in Produktentwicklung, Produktionskosten und Produktpflege. In der Vergangenheit lag das Hauptaugenmerk auf den Produktionskosten. Die Entwickler arbeiteten hart daran, die Stückliste für jedes einzelne Produkt zu minimieren. Sie waren bereit, für jedes einzelne Gerät die am besten geeigneten elektronischen Komponenten einzusetzen. Doch dieser Ansatz ist heute nicht mehr zielführend. Die Notwendigkeit, die Entwicklungszyklen zu verkürzen, um schnell auf neue Marktanforderungen zu reagieren und gleichzeitig die Produktqualität von Anfang bis Ende des Lebenszyklus aufrechtzuerhalten, verschiebt die Gewichtung. Der Fokus liegt heute stärker auf der Entwicklung und der Produktpflege. Der beste Ansatz unter den neuen Randbedingungen ist ein plattformbasiertes Design mit skalierbaren Hardware- und Software-Architekturen. Dies hält die Produktionskosten unter Kontrolle, verkürzt die Entwicklungszeit und verringert den Produktpflegeaufwand.
Der Schlüssel zum Erfolg des plattformbasierten Designs ist die Skalierbarkeit. Sie vereinfacht die Wiederverwendung von Anwendungshardware und -software für verschiedene Produkte. Gleichzeitig ermöglicht sie eine Differenzierung bei den Produktionskosten und -eigenschaften. Die Skalierbarkeit wird durch die Auswahl von Halbleiterbausteinen erreicht, die alle auf der gleichen Architektur basieren und periphere Funktionsblöcke (IPs) für Ethernet, Speicherschnittstellen, Timer, UART, SPI oder IIC gemeinsam nutzen. Renesas Electronics hat dieses Konzept für die industriellen Mikroprozessoren (MPU)-Serien RZ/T und RZ/N mit Multiprotokoll-Ethernet-Unterstützung und High-End-Echtzeitverarbeitung für anspruchsvolle Anwendungen wie Servomotorsteuerungen umgesetzt. Die neuesten Bausteine, die Renesas auf den Markt gebracht hat, sind RZ/T2M, RZ/T2L und RZ/N2L.
Industrielle Mikroprozessoren
RZ/T2M ist eine All-in-One-MPU für High-End-Servosteuerungen. Sie verfügt über einen Cortex-R52-CPU-Kern für Netzwerk- und Safety-Funktionen, einen Cortex-R52-CPU-Kern für Echtzeit-Motorsteuerung, 2 MB Systemspeicher, Master Interfaces für alle populären Absolutencoderprotokolle und verschiedene Peripheriefunktionen, die auch von anderen Renesas-Produkten wie der RA-MCU-Familie bekannt und mit diesen kompatibel sind.
RZ/T2L übernimmt die High-End-Anwendungsunterstützung für Motorsteuerungen, beschränkt aber die industrielle Netzwerksteuerung auf EtherCAT. Daraus ergibt sich eine kostenoptimierte EtherCAT-Lösung, wobei der Applikationscode einfach zwischen RZ/T2M und RZ/T2L übertragen werden kann.
RZ/N2L ist ein Kommunikationschip, der verschiedene Arten von Anwendungen mit Industrial Ethernet verbindet. Der Chip entlastet die eigentliche Echtzeitanwendung von den teilweise harschen Anforderungen zur Unterstützung des Echtzeitprotokolls. Da der RZ/N2L dem Kommunikationssubsystem des RZ/T2M entspricht, lassen sich Netzwerkstacks und Anwendungen leicht zwischen beiden Bausteinen austauschen.
RZ/T2M und RZ/N2L sind pinkompatibel im gleichen 225-BGA-Gehäuse erhältlich. Deshalb können diese Bausteine optional auf derselben Leiterplatte bestückt werden. Dies bietet zusätzliche Skalierbarkeit der Hardwarefunktionen.
Flexible Softwareplattform
Auf der Softwareseite unterstützt die Flexible Software Platform (FSP) die Skalierbarkeit. Das FSP bietet eine einheitliche Software-API zu den gemeinsam genutzten Peripherie-Funktionsblöcken und bietet Middleware-Unterstützung auf Basis von FreeRTOS. Diese Kompatibilität erweitert die Skalierbarkeit der Renesas-Lösungen von Low-End-MCUs bis hin zu High-End-MPUs. Dadurch ergeben sich wesentliche Vorteile für Hersteller von Komponenten zur Industrieautomatisation, die diese Plattformlösungen einsetzen:
- Auswahl des idealen Halbleiterbausteins für den Einsatzzweck des Produkts
- einfache Wiederverwendung des Anwendungscodes zwischen verschiedenen Varianten
- Aufbau einer gemeinsamen Wissensbasis zum Einsatz der Produkte
- Wiederverwendung von Applikationsschaltungen durch einfaches Ersetzen der MPU-Komponente
- leichte Repartitionierung des Designs
- gemeinsame Nutzung von Entwicklungswerkzeugen
Die Wiederverwendung von Anwendungsschaltkreisen mindert den Aufwand zur Bewältigung der Produktpflege durch Obsoleszenz. Lösungen können zwischen den Produktlinien repliziert werden, die auf derselben Plattformarchitektur basieren. Das einheitliche FSP-Konzept ermöglicht eine einfache gemeinsame Nutzung des Anwendungscodes. Die Wartung der Software zur Behebung von Sicherheitsproblemen oder zum Hinzufügen neuer, innovativer Funktionen ist daher äußerst effizient. Updates können über Produkte hinweg repliziert werden, die auf derselben Plattform basieren. Dadurch minimiert sich der Aufwand für jedes einzelne Produkt.
Anwendungsbeispiele für plattformbasierte Designs mit Mikroprozessoren
Angenommen, ein Entwickler von Servoantrieben für industrielle Automatisierungsanwendungen soll entsprechend den Anforderungen des Produktmarketings Low-Power-Antriebe bis 48 V mit Multiprotokoll-Unterstützung und einer kostenoptimierten EtherCAT-Variante realisieren. Außerdem sind Varianten mit Netzspannung erforderlich. Mit Blick auf die bestehenden Bausteine der RZ-Plattform (Abbildung 3) ließe sich die in Abbildung 4 dargestellte Lösungsstrategie anwenden.
Die drei Bausteine auf der rechten Seite sind als abgespeckte Varianten des Dual-Core RZ/T2M zu betrachten. Da es sich bei diesem Baustein um eine Komplettlösung für High-End-Servoantriebsanwendungen handelt, wird er im ersten Entwurf für eine 48-V-Multiprotokoll-Servoanwendung genutzt (obere linke Ecke). Da keine Spannungstrennung zwischen Ansteuerung und Leistungsteil erforderlich ist, arbeiten alle Komponenten im gleichen Spannungsbereich.
Ist dieser erste Entwicklungsschritt abgeschlossen, kann durch das Ersetzen von RZ/T2M durch RZ/T2L auf einfache Weise eine kostengünstigere EtherCAT-Variante entwickelt werden. Wenn im Anwendungsfall mit dem RZ/T2M der EtherCAT-Stack bereits auf der Motorsteuerungs-CPU implementiert ist, sind keine Änderungen an der Firmware erforderlich.
Schließlich lässt sich eine Netzspannungsvariante mit Spannungstrennung mithilfe des RZ/N2L und des Single-Core-Bausteins RZ/T2M realisieren. Der RZ/N2L verbleibt auf der Kleinspannungsseite und übernimmt alle Aufgaben im Zusammenhang mit der Kommunikation und der Steuerschnittstelle. Der Single-Core RZ/T2M wird auf die Netzspannungsseite verlagert, wo er direkt mit der Leistungsstufe verbunden ist. Das minimiert das Schnittstellensignal zwischen beiden Spannungsebenen. Softwareseitig lässt sich die Software der ursprünglichen 48-V-Lösung wiederverwenden, indem lediglich ein Kommunikationstreiber für die Host-Schnittstelle an beiden Seiten hinzugefügt wird. (sc)
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