Hinweis: Eine Vorstellung verschiedener offener Plattformen für die OT-IT-Integration und die Auswirkungen auf das Engineering finden Sie auch hier:
- Zur Rolle offener Plattformen für die Automatisierung bei der OT-IT-Integration
- Chancen der IT-Technologien auch in der Automatisierung nutzen
Inhaltsverzeichnis
1. OT-Echtzeit und offene Plattformen
2. Offene Plattformen beschleunigen das Engineering
3. Die Zukunft der Automatisierung mit offenen Plattformen
KEM Konstruktion|Automation: Wo sehen Sie die Vorteile von offenen Plattformen für die OT-IT-Integration?
Dirk Volkening (Wago): Offene Plattformen erweitern den Lösungsraum und schaffen Mehrwerte: Vor allem das App-Konzept bietet die Möglichkeit, Automatisierungsprojekte effizient zu strukturieren und zu vereinfachen. In der Regel besteht ein Projekt aus einer Anzahl unterschiedlicher Aufgaben, wie z. B. dem Steuerungsteil, bei dem es auf Deterministik ankommt, der Visualisierung, dem kommunikativen Teil zu einer höheren Automatisierungsschicht und ggf. auch der Anbindung sowie dem Datenaustausch zu einer IoT-Plattform oder Cloud-Lösung. Unsere Kunden können für die jeweilige Teilaufgabe die passende App auswählen und so die Effektivität bei der Entwicklung und die Wiederverwendung der Teilkomponenten steigern.
Marco Henkel (Wago): Eine offene Plattform legt für uns die Basis für ein offenes Ökosystem, das sowohl Hardware als auch Software, Dienstleistungen und Lösungen umfasst. Also das, was unsere Kunden benötigen, um erfolgreiche Automatisierungslösungen umzusetzen. Neben der Integration von ctrlX OS basiert deswegen auch unsere Steuerungsplattform mit den bekannten Vertretern, dem PFC200 und dem Compact Controller 100, seit jeher auf einem echtzeitfähigen Linux-Betriebssystem, das dem Anwender die Möglichkeit der flexiblen Erweiterung nach seinen Anforderungen bietet.
Zur Rolle offener Plattformen für die Automatisierung bei der OT-IT-Integration
OT-Echtzeit und offene Plattformen
KEM Konstruktion|Automation: Kann eine OT-IT-Plattform mit Blick auf die hohen Anforderungen der Automatisierungstechnik (OT) an die Echtzeit wirklich beide Welten verbinden?
Henkel: Ein ganz klares „Ja!“. Die Grundlage bilden die Hardware und das Betriebssystem. Sind beide in der Lage, Echtzeitanforderungen zu bedienen, dann lassen sich darauf die jeweiligen Anforderungen aus OT und IT ausprägen. Echtzeit ist dabei immer ganzheitlich zu sehen – es kommt hier nicht nur auf die Geschwindigkeit, sondern auch auf die Deterministik und Äquidistanz an. Die Symbiose aus Prozessor, Kommunikations- und Speicheranbindung sowie die Unterstützung durch das Betriebssystem sind essenziell für den Erfolg in der Anwendung. Genau hier liegt auch die Stärke des ctrlX-Automation-Ökosystems: Es ist für den Real-Time-Einsatz im industriellen Umfeld konzipiert und auf allen Ebenen einsetzbar – von der Feldebene bis in die Cloud.
KEM Konstruktion|Automation: Lässt sich dies technisch über „offene Steuerungen“ realisieren oder eher über eine Zusatz-Schicht, sprich „offene Middleware“?
Volkening: Beide Wege sind möglich, haben aber natürlich einen applikativen Charakter. Das Schöne an der offenen Wago-Welt ist, dass es viele unterschiedliche Wege gibt, um an das Ziel zu kommen. Je nach Know-how unserer Kunden kann das Linux-basierte oder das höherintegrierte ctrlX-OS-basierte Betriebssystem der richtige Ansatz sein. Beide Plattformen bieten sowohl echtzeitfähige als auch Event-basierte Komponenten und damit können beide Plattformen sowohl auf Steuerungsebene als auch auf Middleware-Ebene eingesetzt werden.
Offene Plattformen beschleunigen das Engineering
KEM Konstruktion|Automation: Können Produkt- und Produktionsentwicklung von offenen Plattformen profitieren?
Henkel: Durch ein gemeinsames Vorgehen, gegenseitige Akzeptanz und Anerkennung der Domänen sowie deren Besonderheiten ist eine bessere Lösung für die Anwendung erzielbar. Gerade im Engineering gilt es festzulegen, für welche Aufgabenstellung welches Werkzeug einzusetzen ist. Ein ‚One-tool-fits-all-Ansatz‘ ist bei der heutigen Komplexität der Aufgabenstellung sicherlich nicht die beste Wahl. Die App-basierte Plattform bietet den Vorteil, dass die Programmierumgebungen gezielt dort eingesetzt werden, wo sie ihre Stärken und den Fokus haben. Dies beschleunigt die Realisierung von Automatisierungsprojekten. Ebenso lässt sich auf diese Weise die Wiederverwendbarkeit von Softwarekomponenten steigern. Das ist ganz im Sinne der Profitabilität, da sich so Szenarien (z. B. modulare Anlagen, variable Gebäudekonzepte, flexible Fertigungen) besser und in der Regel fehlerärmer umsetzen lassen.
KEM Konstruktion|Automation: Verschwindet auf Dauer die Steuerungsprogrammierung entsprechend IEC 61131-3?
Volkening: Wir sehen durchaus in einigen Bereichen die immer stärker werdende Verschmelzung von OT und IT. Einen Trend, dass die IEC-61131-3-Welt wegfällt, können wir nicht feststellen – eher, dass OT und IT in Automatisierungsprojekten enger zusammenarbeiten. Häufig werden Projektteams mit Mitgliedern aus IT und OT gebildet, um für das jeweilige Projekt die besten Möglichkeiten für einen langfristigen Projekterfolg auszuloten.
Chancen der IT-Technologien auch in der Automatisierung nutzen
Die Zukunft der Automatisierung mit offenen Plattformen
KEM Konstruktion|Automation: Welche Rolle spielt die Offenheit gegenüber vergleichbaren Plattformansätzen von Marktbegleitern?
Volkening: Kooperation und Co-Creation haben bei Wago eine lange, historische Bedeutung. Mit dem IoT-Partnernetzwerk und dem Solution Provider Programm pflegen wir seit etlichen Jahren eine Community, um die zunehmende Komplexität von Automatisierungsprojekten zu meistern. Mit dieser offenen Denkweise sind wir auch in die Partnerschaft des ctrlX-Automation-Ökosystems eingezogen und glauben daran, dass sich zukünftig einige, wenige Plattformen am Markt durchsetzen werden. Eine Marktdominanz im Sinne von ‚the winner takes it all‘ sehen wir nicht, ein ‚survival of the fittest‘ hingegen schon.
KEM Konstruktion|Automation: Kann bzw. wird sich über offene Plattformen eine Art „Android der Automation“ entwickeln, das auf verschiedenen Hardwareplattformen läuft?
Henkel: Das ist bereits jetzt Realität. Das ctrlX OS läuft sowohl auf Rexroth-Hardware als auch auf Wago-Hardware, genau wie die Apps. Mit einer offenen Plattform können Anwender die Komplexität ihrer Projekte reduzieren und damit einhergehend eine Arbeitsersparnis erzielen. Wir sind zuversichtlich, dass sich diese Idee zukünftig weiter durchsetzen und noch stärker ausprägen wird. Auch sozioökonomische Einflussfaktoren, wie z. B. der Fachkräftemangel, zwingen dazu, sich um eine – nennen wir es – Standardisierung von gemeinsam genutzten Diensten Gedanken zu machen, damit die Instandhaltung der Anlagen aus unterschiedlichen Bereichen über die Nutzungszeit beherrschbar bleibt.
Hannover Messe 2024: Halle 11, Stand C72
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