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Hochpräzise Etikettierung versetzt Hörgerätebatterien in Dauerschlaf

Steuerungs- und Antriebstechnik
Hochpräzise Etikettierung versetzt Hörgerätebatterien in Dauerschlaf

Hörgerätebatterien werden beim Verpacken per Etikett luftdicht versiegelt und so quasi in inaktiven Dauerschlaf versetzt, bis sie zum Einsatz kommen. Das erfordert beim Etikettieren eine hohe Präzision. Parallel soll der Vorgang auch schnell und effizient erfolgen. Eine Verpackungslinie von Koch Pac-Systeme für den Endkunden Varta erfüllt die Anforderungen mit PC-basierter Technik von Beckhoff.

 

Frank Würthner, Global Business Management Packaging, Beckhoff Automation

Die Koch Pac-Systeme GmbH mit Sitz in Pfalzgrafenweiler und ein Unternehmen der Uhlmann Group – entwickelt und implementiert seit über 50 Jahren kundenspezifische, modulare Blistermaschinen und Verpackungslinien für die Bereiche Konsumgüter, Healthcare und Kontaktlinsen. Dies umfasst auch Mikrobatterien, wie im Fall der kompletten Verpackungslinie für Varta in Ellwangen. Der international tätige Spezialist auch für Mikrobatterien für unterschiedlichste Anwendungen nutzt diese Anlage zur Verpackung von Hörgerätebatterien, die eine technische Besonderheit aufweisen: Es handelt sich hierbei um Zink-Luft-Batterien, die ihre Leistung nur bei Kontakt mit Luftsauerstoff abgeben.

Welche Folgen diese Eigenschaft der Mikrobatterien für die Verpackungstechnik hat, erläutert Klaus Schöbel, Head of Efficiency & Data Management bei Varta: „Den Kontakt mit Luftsauerstoff ermöglichen Luftlöcher am Pluspol der Batterie. Ein vorzeitiger Luftkontakt würde aber zum Austrocknen der Batterie und zu einem Verlust an nutzbarer Kapazität führen. Um die Batterien ohne einen solchen Kapazitätsverlust an den Endkunden liefern zu können, müssen die Löcher im Verlauf des Verpackungsprozesses mit einem Etikett als Schutzfolie luftdicht verschlossen und so die Batterien quasi in einen Dauerschlaf versetzt werden.“ Jürgen Welker, Director Automation and Technology bei Koch Pac-Systeme, ergänzt: „Gerade dieses Abkleben mit großer Genauigkeit und in einer hohen Qualität ist das besondere Merkmal dieser Verpackungslinie. Und um sicherzugehen, dass nur korrekt verklebte Batterien im Prozess weitertransportiert werden, wurde sehr viel Entwicklungsleistung in die Übergabetechnik und die optischen Prüfsysteme investiert.“

Optimale Lösung durch enge Zusammenarbeit

Die maschinenbauliche Gesamtverantwortung für diese komplexe Anlage lag bei Koch Pac-Systeme, wobei aufgrund der konsequenten Modularisierung sowohl Standard-Maschinenmodule als auch speziell entwickelte Arbeitsstationen genutzt werden konnten. Letztere wurden in enger Zusammenarbeit mit Varta entwickelt, um eine insgesamt optimale Lösung zu erhalten. Ein Beispiel nennt Michael Bühler, Software Engineer bei Koch Pac-Systeme: „Die optische Kontrolle der Etikettposition auf der Batterie ist ein anschauliches Beispiel, bei dem sich das beidseitige Know-how verbinden ließ. So wurde im Laufe der Implementierung ein selbstoptimierendes, kamerabasiertes System entwickelt, das auch mit der enormen Variantenvielfalt von rund 1500 Verpackungstypen zurechtkommt und dabei eine äußerst geringe Fehlerrate von unter 0,02 % bestätigte.“

Als weitere Besonderheit nennt Klaus Schöbel die Datenanbindung an das ERP-System: „Mit dem Einscannen des jeweiligen Fertigungsauftrags vor Ort an der Anlage werden aus den übergeordneten Datenbanken alle erforderlichen Produktionsparameter, wie etwa Druckdaten bzw. Etikettentypen- und -farben, direkt in die Maschinensteuerung geladen. Damit verbunden ist zudem eine umfangreiche Dokumentation für den Anlagenbediener, was für das fehlerfreie Handling bei der großen Typenvielfalt und den zahlreichen Verpackungsvarianten unerlässlich ist. Auf diese Weise sind auch Chargenwechsel on the fly möglich.“

Um flexibel und effizient solche spezifischen Kundenanforderungen umsetzen zu können, benötigt Koch Pac-Systeme als Grundvoraussetzung eine universelle und offene Steuerungstechnik, wie Jürgen Welker bestätigt: „Diese Verpackungslinie enthält ein breites Spektrum an Technologien und Maschinenkonzepten. Schließlich geht es nicht nur um das Verpacken, sondern ebenso um das Zusammenspiel von Produktbearbeitung und -handling. Und gerade bei solchen Gesamtkonzepten kommt uns die PC-basierte Steuerungstechnik von Beckhoff entgegen. Die offene und modulare Steuerungsplattform eröffnet uns alle Möglichkeiten, um jede notwendige Funktion flexibel zu integrieren – wie etwa Verpacken, Handling, Prüfung und auch Drittkomponenten.“

Vom Blister bis zur Transportverpackung

Zu den vielfältigen Prozessabläufen innerhalb der mit Steuerungs- und Antriebstechnik von Beckhoff ausgestatteten Verpackungslinie gehört zunächst die Herstellung der Blister. Diese entstehen aus einer zugeführten Folie, die erwärmt sowie entsprechend geformt und gestanzt wird. Über ein Palettensystem werden die Blister weitertransportiert und mit den – zuvor elektrisch und in der Anlage selbst auf korrekte Etikettierung optisch geprüften – Mikrobatterien bestückt. Dann wird der Blister mit einer Karte zur Einzelpackung verschlossen und diese mit einem Qualitätsetikett und dem Haltbarkeitsdatum versehen, was ebenfalls über Kameras geprüft wird. Abschließend stapelt die Anlage die Einzelpackungen in einer kleinen Faltschachtel, bevor diese – auf das Füllgewicht und ihre eigene Etikettierung hin geprüft – wiederum in einer größeren Transportverpackung gruppiert werden.

Dass nicht nur dieser Prozessablauf möglichst effizient ablaufen muss, erläutert Klaus Schöbel: „Im Fokus stand bei dieser Verpackungslinie, wie bei jeder unserer Neuanlagen, insbesondere auch die Optimierung der Umrüstzeiten. Denn die zahlreichen Verpackungsvarianten führen dazu, dass die Anlagen im Schnitt sechs Mal am Tag umzurüsten sind.“ Das bestätigt Jürgen Welker: „Das Minimieren der Rüstzeiten ist auch für uns ein wichtiges Ziel. Hier konnten wir in den letzten Jahren bereits sehr deutliche Verbesserungen erzielen. Bei der neuen Verpackungslinie kommt außerdem hinzu, dass sich die Anlagenleistung gegenüber der Vorgängeranlage von 15 auf 18 Paletten-Vorschubtakte pro Minute erhöht hat, beispielsweise über das hocheffiziente Blisterstapeln durch den mit Antriebstechnik von Beckhoff realisierten Delta-Roboter am Ende der Anlage.“

Antriebstechnik mit Zukunftspotenzial

Die PC-basiert mit Twincat NC I gesteuerte Antriebstechnik sorgt innerhalb der gesamten Anlage für schnelle und präzise Prozessabläufe. Realisiert sind die rund 50 Servoachsen über die Servoverstärker der Reihe AX5000 und die Servomotoren AM8000 von Beckhoff. Die effiziente Bauraumnutzung ist dabei ein wichtiger Punkt für Michael Bühler: „Wir setzen bei Koch Pac-Systeme konsequent auf die One Cable Technology (OCT). Das spart enorm Material- und Installationsaufwand sowie Platzbedarf. Hinzu kommen weitere Vorteile wie etwa die Vermeidung von Verdrahtungsfehlern und das elektronische Typenschild. Für die optimale Nutzung des verfügbaren Bauraums setzen wir in unseren Maschinen möglichst auch die kompakte Antriebstechnik von Beckhoff ein, vor allem die 48-V-Ausführungen der Servomotorklemmen EL/ELM72xx beziehungsweise der Ethercat-Box-Module EP72xx. In manchen Applikationen machen diese bereits über 30 % der Servoachsen aus.“

Zukünftiges Optimierungspotenzial im Motion-Umfeld erkennt Jürgen Welker unter anderem im neuen modularen Industrieroboter Atro von Beckhoff: „Darin sehen wir einen immensen Vorteil, denn in unseren Anlagen gibt es immer sehr viele Pick-and-Place-Einheiten. Mit Atro ließe sich hier im Vergleich zu den bisherigen mechanischen Achssystemen mit Servomotoren erheblich Bauraum einsparen. Und softwareseitig würde die Maschinenmodularisierung optimal unterstützt und vereinfacht.“

Nachhaltigkeit durch systemintegrierte Messtechnik

Nachhaltigkeit ist insbesondere im Verpackungsbereich ein wichtiges Thema, wie Klaus Schöbel verdeutlicht: „Wir arbeiten beispielsweise mit Koch Pac-Systeme zusammen an Möglichkeiten der kunststofffreien Verpackung. Zweites wichtiges Thema ist der Energieverbrauch, zum einen dessen Minimierung und zum anderen die exakte Aufteilung der jeweiligen Energieverbräuche bezogen auf die einzelnen Batterietypen. Gerade Letzteres ist aufgrund unseres äußerst heterogenen Produktionsumfelds nicht einfach. Die bei PC-basierter Technik von Beckhoff systemintegrierte Messtechnik hilft hierbei, um ausreichend aktuelle Daten zu erfassen und an eine zentrale Datenbank für die weitere Auswertung zu übertragen. Durch die komplexe Einbindung auch der nichtelektrischen Bereiche wie Druckluft, Vakuum und Kühlwasser ist dies sicher auch ein längerfristiges Projekt.“

Jürgen Welker bestätigt die Bedeutung der Nachhaltigkeit ebenfalls und erläutert dazu den Energiesparmodus der Anlagen: „Im Energiesparmodus sind nahezu alle Feldgeräte komplett abgeschaltet und lediglich der Leitstand-PC bleibt bereit. Das ist die Voraussetzung, um die Anlagen automatisiert zum Beispiel entsprechend der Arbeitsschichten bzw. Auslastungen und rechtzeitig vor Produktionsbeginn hochfahren zu können. So kann möglichst energieeffizent gefertigt werden.“ (co)

www.beckhoff.com

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Klaus Schöbel beschreibt das einheitliche Varta-Bedienkonzept auf Basis des Multitouch-Panel-PC CP3216 von Beckhoff.
Bild: Beckhoff

Einheitliches Produktions-HMI

Die Heterogenität der Produktion bei Varta sorgt nicht nur bei der Erfassung der Energiedaten für Herausforderungen. Dies gilt auch für das Bedienen und Beobachten der vielfältigen Maschinen und Anlagen. Die Lösung beschreibt Klaus Schöbel: „Wir haben ein zentrales Interface entwickelt, das über einen separaten Industrie-PC abläuft und herstellerunabhängig für alle Anlagen funktioniert. Basis ist der Multitouch-Panel-PC CP3216 mit 15,6-Zoll-Display, den wir von Beckhoff als Plug-and-Play-Lösung komplett mit kundenspezifischem Software-Image erhalten. Geplant ist der Einsatz von produktionsweit rund 300 Geräten. Diese werden auch als Kommunikationsschnittstellen zwischen den Anlagen und unseren Cloud-Anwendungen beispielsweise für das Materialhandling oder die Buchungen dienen. Zugrunde liegt dem System eine SQL-Datenbank, mit der sich unter anderem eine zentrale Änderungshistorie und die zentralisierte Produktionssteuerung optimal realisieren lassen.“

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