Inhaltsverzeichnis
1. Aspekte der Digitalisierung in der Hydraulik und Pneumatik
2. Fluidtechnik als Basis für Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit
KEM Konstruktion: Welche Angebote machen Sie Ihren Fluidtechnik-Kunden, um deren digitale Transformation zu unterstützen und voranzutreiben?
Dr. Mark Krieg Bosch Rexroth: Bereits beim Engineering stellt Bosch Rexroth den Konstrukteuren Datenmodelle für hydraulische Komponenten für alle marktgängigen Engineering-Suiten zur Verfügung. Hydraulische Systeme können mit Online-Konfiguratoren schnell und einfach ausgelegt und die Time-to-Market signifikant verkürzt werden.
Bei Werkzeug- oder Materialwechsel können Regelparameter in kürzester Zeit mithilfe von Model-based-Engineering ermittelt werden. Der Bediener braucht keine vertieften Hydraulik- oder Steuerungskenntnisse und Nebenzeiten in der Produktion werden reduziert. Die Digitalisierung der Industriehydraulik unterstützt OEMs und Endanwender, ihre Herausforderungen im globalen Wettbewerb zu bewältigen.
Marcus Stemler Festo: Wir statten unsere Produkte mit Intelligenz aus. Einfache Mechanik wird durch Sensorik, Microcontroller und Algorithmen zu mechatronischen Systemen, Controlled Pneumatics, die es erlauben, in Echtzeit aktiv Einfluss auf Applikation und Maschine zu nehmen. Mit Hilfe moderner Kommunikationstechnik wie IO-Link oder Industrial Ethernet stellen wir zahlreiche Informationen zur Verfügung, die unseren Kunden dabei helfen, den Komponenten- und Maschinenzustand zu verstehen. Darüber lassen sich außerdem Prozessschwankungen erkennen, wodurch vorbeugende Wartungsbedarfe erkannt und eingeleitet werden können – so beispielsweise unser Druckregelventil VPPI, welches Kabelbrüche identifiziert und Warnung an den Anwender melden kann. Die Parametrierung kann in den Tiefen der Anlage einfach mit Bluetooth-Technologie erfolgen.
Ein weiteres Produktbeispiel als Enabler für die digitale Transformation in der Fluidtechnik ist unser Motion Terminal. Hier substituieren wir Hardwarefunktionalität durch hochflexible Softwarelösungen. Dies ermöglicht eine absolute Flexibilität in der Produktion bis hin zu Losgröße 1. Durch digitale sowie adaptive Wertvorgaben kann der pneumatische Energieverbrauch signifikant und ohne großen Zeitaufwand reduziert und auf den tatsächlichen Bedarf angepasst werden. Mit dem Festo Motion Terminal konnten wir einem Kunden in der Reifenindustrie bei der digitalen Transformation helfen und beim Beladen einer Reifenpresse die Prozesszeit um 30 % optimieren und gleichzeitig aber den Energieverbrauch um 60 % reduzieren. Controlled Pneumatics vereint somit zwei scheinbar widersprüchliche Ziele und verbessert Systeme in mehreren Dimensionen.
Aspekte der Digitalisierung in der Hydraulik und Pneumatik
Lothar Zimmer ifm process: Ein wesentlicher Aspekt der Digitalisierung unserer Kunden ist die nahtlose digitale Kommunikation vom Sensor über die Steuerungsebene oder neben der Steuerung bis hin zu übergeordneten Systemen. Damit wird es möglich, große Datenmengen, die Sensoren heute erzeugen, in wichtige Informationen umzuwandeln. Bei der Kommunikation setzen wir deswegen auf IO-Link.
Alle neue Sensoren von ifm – auch in der Fluidtechnik – sind mit einer entsprechenden Schnittstelle ausgestattet. Um die Informationen aus den Sensoren zu verarbeiten, bieten wir mit moneo eine IIoT-Plattform, die geeignet ist, um Industrie-4.0-Projekte umzusetzen. Zu den typischen Anwendungen in der Fluidtechnik gehört beispielsweise die Überwachung von Druckluftsystemen.
Chris Patient Norgren: Pneumatikhersteller arbeiten bereits seit einigen Jahren an der Vernetzung ihrer Geräte. Und industrielle Ethernet- und IO-Link-Schnittstellen sind inzwischen zum Standard geworden. Dadurch können neue pneumatische Systeme genauer überwacht und gemessen werden. Und Endnutzer erhalten wichtige Informationen zu Leistungsmerkmalen wie Bewegung, Lage und Durchfluss. Dies ermöglicht eine strategische Entscheidungsfindung in Bezug auf die Maschinenleistung und unterstützt die Ziele der vorausschauenden und vorbeugenden Wartung, was wiederum eine Steigerung der betrieblichen Effizienz und Erreichung von Produktivitätszielen bedeutet.
Mit der Entwicklung hin zu einem umfassenderen Einblick in die Leistung und der Messung von Daten erleben wir auch die Entwicklung intelligenter Dashboards. Der Zugang zu Echtzeitdaten ist heute einfacher denn je, doch die Herausforderung besteht darin, ihren tatsächlichen Wert zu ermitteln. Dies ist ein wichtiger nächster Schritt, der die komplementären Fähigkeiten, das Fachwissen und die Kenntnisse sowohl von Technologie- als auch Pneumatikunternehmen erfordert. Für Maschinenbauer kann es auch sinnvoll sein, mit einem Pneumatiklieferanten zusammenzuarbeiten, der eine anpassungsfähige und flexible Technologie-Plattform bietet, die eine Vision für künftige Produktentwicklungen ermöglicht und in der Lage ist, sie bei technologischen Fortschritten zu unterstützen.
Fluidtechnik als Basis für Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit
KEM Konstruktion: Inwiefern sehen Sie Fluidtechnik 4.0 gerade auch als Basis für Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit?
Guido Hettwer (Bosch Rexroth): Mit ihrer Fähigkeit, die Produktionstechnik effizienter zu machen, halten Maschinenbauer und Anlagenbetreiber einen wesentlichen Schlüssel zur Senkung der CO2-Emissionen der Industrie in der Hand. Sollen hydraulische Anlagen nachhaltiger und zugleich wirtschaftlicher werden, birgt die Industriehydraulik entscheidende Potenziale um diese Ziele zu erreichen. Sie nutzt dafür drei Hebel: höhere Energieeffizienz, reduzierter Fluidverbrauch und optimierter Ressourceneinsatz. Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit lassen sich signifikant steigern, indem man Systeme durch Simulation und Softwaretools in der Engineeringphase optimiert. Aber auch die Art der Steuerung hydraulisch angetriebener Bewegungen bietet ein großes Potenzial. Verdrängergesteuerte Antriebe sind nicht nur bei Neumaschinen auf dem Vormarsch, sondern auch, um Bestandsmaschinen energetisch zu optimieren. In bestimmten Anwendungen kann man zusätzlich Netzstrom durch zwischengespeicherte Bremsenergie einsparen. Der zweite Hebel zielt auf die Einsparung von Fluid. Mithilfe von Simulationstechniken berechnet Bosch Rexroth strömungs- und entgasungsoptimierte Aggregate für Neu- und Bestandsanlagen. Diese kommen bei gleichbleibender Leistung mit deutlich kleineren Tanks und deutlich weniger Hydrauliköl aus.
Der dritte Hebel beinhaltet einen möglichst geringen Materialeinsatz. Mithilfe additiver Fertigungsverfahren erzeugt Bosch Rexroth innovative Geometrien für strömungsoptimierte Steuerblöcke und Ventile, die nicht nur ein Downsizing ermöglichen, sondern auch höhere Wirkungsgrade erzielen.
All diese Lösungen sind schon heute Teil unseres Angebots. So versorgen beispielsweise drehzahlvariable Antriebe den Verbraucher punktgenau mit der benötigten Leistung und schalten in Ruhephasen in den Stand-by-Modus. Je nach Zykluscharakteristik sparen Anwender so bis zu 80 Prozent Energie ein. Die drehzahlvariablen Antriebe nutzen wir auch für unsere hochkompakten servohydraulischen Achsen sowie intelligente Hydraulikaggregate.
Zimmer (ifm process): Die installierten Sensoren sollen in erster Linie sicherstellen, dass die Maschinen und Anlagen ausreichend mit Druckluft versorgt werden. Zusätzlich lassen sich, wenn die Daten aus den Strömungs- und Drucksensoren kontinuierlich ausgewertet werden, Lecks in den Druckluftleitungen erkennen. Der Betreiber kann dann schnell reagieren, und die Ressourcenverschwendung abstellen. Mit dem Einsatz von moneo kann so die Ressourceneffizienz gesteigert werden. Dies sorgt für mehr Nachhaltigkeit in der Produktion, und die Kosten sinken.
Patient (Norgren): Programmierbare Proportionalventile, Stellungsregler, Ventile und Stellantriebe bieten eine höhere Flexibilität, wobei die Automatisierung einige Bereiche der manuellen Arbeit ersetzt und gleichzeitig die Konsistenz, Qualität und Sicherheit der Benutzer verbessert. Ein weiterer Bereich, in dem wir erwarten, dass die Pneumatik eine wichtige Rolle spielen wird, ist die Steigerung der Nachhaltigkeit in der Fertigung. Auch hier kann die Pneumatik OEMs helfen, ihre CO2-Bilanz zu verbessern. So ist es beispielsweise erwiesen, dass in einer klassischen Produktionsanlage ein erheblicher Prozentsatz der Druckluft über Kompressoren, Stellantriebe und FRLs in den Kreisläufen verschwendet wird. Vernetzte Geräte können Daten über die Maschinenleistung sammeln und aufzeichnen und so Aufschluss darüber geben, wo die Druckluft nicht effizient genutzt wird.
Da das produzierende Gewerbe auch weiterhin auf dem Prüfstand steht, wenn es um Nachhaltigkeit und die Reduzierung des Kohlenstoffausstoßes in diesem energieintensiven Sektor geht, bieten Gewinne bei der Reduzierung des Stromverbrauchs (zur Drucklufterzeugung) und der Kohlendioxid-Emissionen den Maschinenbauern greifbare wirtschaftliche und betriebliche Möglichkeiten.
Kontakte:
Bosch Rexroth AG
Zum Eisengießer 1
97816 Lohr am Main, Deutschland
Tel: +49 9352–18 0
info@boschrexroth.de
www.boschrexroth.com
Festo Vertrieb GmbH & Co. KG
Festo Campus 1
73734 Esslingen
Tel.: +49 711 347 1111
www.festo.com
ifm electronic gmbh
Friedrichstraße 1
45128 Essen
info@ifm.com
www.ifm.com
Norgren GmbH
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