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Makel schärfen den Charakter

Kfz-Testbericht: Honda CR-Z – Der Charme des Unvollkommenen
Makel schärfen den Charakter

Schiefer Mund, breite Nase mit leichtem Höcker – vielleicht gerade deswegen machte Ellen Barkin in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts in Hollywood Karriere. Klein, unübersichtlich, durchschnittliche Fahrleistungen und Fahreigenschaften – und trotzdem ist der Honda CR-Z einer der interessantesten Sportwagen der letzten Jahre.

Der Autor und Testwagenfahrer Jürgen Goroncy ist freier Mitarbeiter der KEM

Der CR-Z glänzt nicht durch Vollkommenheit, sondern durch einen spannungsvollen Eigenschaftenmix. Als da wären:
  • Sportwagen-Sound, aber sparsamer Hybridantrieb
  • Sportwagen-Ansprüche, aber Fahrwerk eines Kleinwagens
  • drei Fahrstufen für sportliche, normale und ökobewusste Fahrernaturen
  • nominell ein 2+2-Sitzer, in der Praxis ein Zweisitzer mit geräumigem Kofferraum
  • freier Ausblick durch das Panorama-Glasdach, kein Durchblick am Heck.
Der Reihe nach: Das Auffälligste am Honda CR-Z ist natürlich sein Hybridantrieb mit 84 kW-Verbrennungsmotor und 10 kW-Elektromotor auf der Kurbelwelle. Letzterer sorgt auch für das Anlassen des Ottomotors und ermöglicht eine Start-Stopp-Regelung. Als elektrische Energiequelle setzt Honda eine Nickel-Metallhydrid-Batterie ein.
Das auch Mild Hybrid genannte Konzept verfügt über eine Systemleistung von 91 kW und ein Drehmoment von maximal 174 Nm. Dank des Elektromotors stehen 78 Nm schon ab Leerlaufdrehzahl an, die vollen 174 bereits bei einer Drehzahl von 1000 bis 1500 min-1. Damit beschleunigt der CR-Z recht flott, wenn auch der große Schub eines Dieselmotors natürlich nicht erreicht wird. Beim Überholen gibt sich das kleine Sportcoupé zunächst ebenfalls sehr spritzig, mit zunehmender Drehzahl aber wird der 1,5-l-Ottomotor immer unwilliger. Und lauter, auch wenn das Motorengeräusch nie störend wird.
Die Taste „Sport“
Den etwas ruppigen Charakter bekommen vor allem jene zu spüren, die den CR-Z als Sportwagen fahren wollen. Sie drücken am Armaturenbrett einfach die Taste “Sport” und haben sofort eine spontanere Gasannahme, weniger Lenkunterstützung und mehr Unterstützung durch den Elektromotor. Der CR-Z wechselt die sonst blaue Instrumentenbeleuchtung in ein knalliges Rot und mutiert dann zum kleinen Rennhobel, der sich so fährt, wie er aussieht: scharf, wenngleich der Hybridantrieb keine Wunderdinge vollbringen kann. In diesem Modus kann der kleine Japan-Sportler schon mal bis zu 7 l auf 100 km verbrauchen, deutlich mehr als der Normverbrauch von genau 5 l.
Die Sparfüchse unter den Hybridfans hingegen drücken die Taste „Econ” und werden zum Gärtner. Nicht nur, dass die Instrumentenbeleuchtung in ein Blau wechselt, das bei ökologischer Fahrweise zum satten Grün wird. Nein, den sehr sensiblem Gasfuß zeigen Pflänzchen an, die auf einem Displayfeld wachsen. Die Meister dieser Disziplin werden zusätzlich mit Blüten belohnt. Im Econ-Modus ist die Abstimmung von Gaspedal, Motorsteuerung, Klimaanlage und Elektroantrieb auf minimalen Spritverbrauch ausgerichtet, selbst der optionale Tempomat vermeidet dann heftige Bewegungen der Drosselklappe. Derart gezähmt unterbietet der CR-Z auch gelegentlich den Normverbrauch von 5 l pro 100 km, mutiert dann aber zum Schaf im Wolfspelz und eignet sich nur noch zum ruhigen Mitschwimmen im Verkehr. Das Verblüffende: Der Fahrer schraubt in dieser Situation intuitiv seine Dynamikanforderungen herunter und will eigentlich gar nicht viel Mehr. Als gelungener Kompromiss dieser beiden Extreme sei die Abstimmung „Normal” empfohlen.
Am Ende des 2000 km-Tests hatte die KEM-Redaktion dann einen Kraftstoffkonsum von 6 l pro 100 km zu verzeichnen. Annehmbar, wenn man den Normverbrauch heranzieht, aber im Vergleich zum Test des aktuellen Toyota Prius Anfang 2010: Normverbrauch 5 l) etwas zu viel. Wobei berücksichtigt werden muss, dass der CR-Z nur 10 statt 60 kW elektrischer Leistung aufbietet und somit auch keinen reinen elektrischen Fahrbetrieb zulässt. Was ja auch nicht unbedingt sein muss. Schließlich entschädigt ein knackig schaltbares Sechsganggetriebe mit viel Fahrspaß. Es fährt sich bei weitem besser als die stufenlose Getriebe in den Hybridmodellen Honda Civic IMA und Toyota Prius und passt bestens zum Charakter des CR-Z.
Futuristische Bedienungslandschaft
Wie einige andere Honda-Modelle hat auch der CR-Z eine futuristische Bedienungslandschaft, die so radikal anders als deutsche Premium-Armaturenbretter aussieht. Aber siehe da, alles ist irgendwie am richtigen Platz und recht gut bedienbar. Lediglich die Anzahl der Knöpfchen und Taster ist etwas zu hoch, da hätte ein zentraler Controller wie im Honda Civic etwas mehr Ordnung geschaffen.
Mit solchen Petitessen wird sich der Fahrer nicht lange beschäftigen, sondern sich an seiner angenehm tiefen Sitzposition erfreuen. Sie vermittelt ihm ein Go-Kart-Feeling, ebenso wie die relativ direkte Lenkung und das straff gefederte Fahrwerk. Letzteres jedoch nur bei gemächlicher Gangart. Im Galopp zeigt es Lastwechselreaktionen und bei härteren Bodenwellen wirkt es ziemlich bockig. Honda hätte vielleicht nicht das Fahrwerk des Kleinwagens Jazz als Basis wählen sollen.
Ist der Beifahrer noch ähnlich kommod wie der Fahrer untergebracht, stellt sich beim Betrachten der „Rücksitzbank” des offiziell als 2+2 Sitzer geführten CR-Z Ratlosigkeit ein. Wo sollen die Passagiere denn ihre Füße hinfalten, wenn zwischen den Lehnen der Vordersitze und der Rücksitzbank nur eine Handbreit Abstand ist? Und wie weit müssen sie den Rücken krumm machen, um den Kopf noch unter den Dachhimmel zu quetschen. Also am besten die Rücksitzbank in einem Stück umklappen und den Platz des Kofferraums von 225 auf knapp 600 l erweitern. Das reicht dann für einen größeren Getränkeeinkauf oder für einen längeren Urlaub von zwei Personen.
Zur Sicht nach hinten
Was der Fahrer tunlichst unterlassen sollte, ist das Rückwärtsfahren. Es sei denn, er kann mit den Außenspiegeln navigieren. Die gekrümmte und durch einen Querspoiler verzierte Heckscheibe schränkt die Sicht unzumutbar ein, dicke C-Säulen und die hinteren seitlichen Sehschlitze tun ein übriges. Somit ist die in den höchsten Ausstattungsvariante serienmäßige Einparkhilfe auch für die anderen Varianten unbedingt ein Muss. Nach oben sind Fahrer und Beifahrer keine Grenzen gesetzt, dank eines optionalen großen Glasdaches. Weitere Ausstattungen auf Wunsch sind beispielsweise der USB-Anschluss, Freisprechanlage, Alarmanlage, Tempomat, Ledersitze, High-End-Audiosystem, Xenon-Scheinwerfer und Leichtmetallfelgen.
In der Basisversion sind sechs Airbags, aktive Kopfstützen, ESP, Klimaautomatik, CD-Radio schon enthalten. Für nur für 21 990 Euro ein flottes Coupé mit sparsamem Hybridantrieb – wo bekommt man das sonst? Das attraktive Gesamtpaket lässt auch über einige kleine Schwächen hinwegsehen. Nobody is perfect.
Honda Deutschland;
Telefon: 069 8309 474;
E-mail: david.plaettner@ honda-eu.com
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