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Bessere Prozessmodelle für das Additive Manufacturing

Digitaler Zwilling/Laser Metal Deposition (LMD)
Bessere Prozessmodelle für das Additive Manufacturing

Als Hersteller von Lösungen für die additive Fertigung (Additive Manufacturing – AM) nutzt die französische AddUp SAS eine Sinumerik-One-Steuerung von Siemens, um mittels digitalem Zwilling den Fertigungsprozess zu simulieren und zu optimieren. Ziel sind bessere Prozessmodelle, um möglichst schon im ersten Anlauf Gutteile zu produzieren. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und welche Chancen sich daraus ergeben, erläutert im Interview Heinz-Ingo Schneider, Technologieexperte Additive Manufacturing bei Siemens Digital Industries.

Fragen: Michael Corban, Chefredakteur KEM Konstruktion

Inhaltsverzeichnis

1. Voraussetzungen zur Optimierung des Additive Manufacturing
2. Datenauswertung führt zu besseren Prozessmodellen
3. Förderung des ‚additiven Denkens‘

KEM Konstruktion: Mit dem digitalen Zwilling die additive Fertigung vorbereiten und optimieren – das klingt verlockend. Für welche Art von Produkten bietet sich das Verfahren an?

Heinz-Ingo Schneider (Siemens): Bei Siemens nutzen wir für alle additiven Verfahren den digitalen Zwilling, den auch unsere Kunden mit unserer Software einsetzen. Das gilt auch für die DED-Technologie (Directed Energy Deposition) des Laserpulver-Auftragsschweißens oder im Englischen der Laser Metal Deposition (LMD). Wir erarbeiten derartige durchgängige Lösungen in unserem Siemens Additive Manufacturing Experience Center (AMEC) in Erlangen. Hier nutzen wir eine Modulo-400-Maschine des französischen Herstellers AddUp, die sich für verschiedene Industrien eignet.

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„Ziel ist es, durch genaue Vorhersagen Optimierungen und Versuchsaufwände zu reduzieren und möglichst schon im ersten Anlauf Gutteile zu produzieren“, sagt Heinz-Ingo Schneider, Technologieexperte Additive Manufacturing bei Siemens Digital Industries.
Bild: Siemens

Die Vorteile der LMD-Technologie bestehen darin, dass eine verhältnismäßig große Aufbaurate von bis zu 1 kg/h bei hoher Genauigkeit verbunden mit nur geringem Wärmeeintrag der gut steuerbaren Lasersysteme möglich ist. Das ermöglicht das Herstellen großer Bauteile oder auch das Reparieren oder Beschichten von bereits bestehenden Bauteilen. Typische Anwendungen sind das Herstellen von Raketen-Schubdüsen mit doppelwandigen Kühlstrukturen, das Herstellen und/oder Reparieren von Impellerrädern und Turbinenschaufeln sowie die Reparatur von Formen und Werkzeugen wie etwa Pressengesenken, Spritzgussformen oder auch Schneidwerkzeugen.

Voraussetzungen zur Optimierung des Additive Manufacturing

KEM Konstruktion: Welche Voraussetzungen – produktseitig und fertigungsseitig (also etwa bezüglich der AM-Anlage) müssen erfüllt sein, um den Prozess so nutzen zu können?

Schneider: Auf den beschriebenen Fall bezogen müssen produktseitig die Materialien für das DED-Verfahren geeignet sein. Da es sich um ein Auftragsschweißen handelt, ist die Schweißbarkeit sehr wichtig. Das Verfahren muss auch zum Design passen, welches schon im Konstruktionsprozess verfahrensspezifisch optimiert werden kann – denn Konstruktion, Verfahren und Materialien müssen aufeinander abgestimmt sein. Dabei können wir mit unserem Expertenwissen Kunden beraten. Zur Umsetzung und Produktion ist zudem die digitale Durchgängigkeit Grundvoraussetzung.

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Für die Entwicklung der Maschinenprogramme und die Aufbausimulation nutzen wir unser NX CAM Multi Axis Deposition. Weiterhin werden Maschinen mit hochleistungsfähigen CNC-Steuerungen benötigt, die auch im 5-Achs-Modus den Vorgaben des CAM-Systems mühelos folgen können. Hier setzen die meisten DED-Maschinen im Markt auf die Sinumerik One oder auch auf die Sinumerik 840D sl. Wichtig sind auch integrierte Lösungen zu Qualitätssicherung, Prozess-Monitoring und -steuerung. Auch hier bieten wir mit unserer offenen Steuerungsarchitektur gute Integrationsvoraussetzungen und mehr und mehr Lösungen aus eigener Entwicklung an.

Datenauswertung führt zu besseren Prozessmodellen

KEM Konstruktion: Steckt in dem System eine Art Expertensystem oder gar KI mit fertigungstechnischem Know-how oder greift man auf ‚Software-Assistenten‘ aus dem Bereich der Entwicklungssoftware wie NX zurück?

Schneider: Unsere NX-CAM-Produkte sind eine ganz wichtige Voraussetzung für die Entwicklung hochkomplexer AM-Teile. Dort sind bestimmte Prozesspfade hinterlegt, die insbesondere für den DED-Prozess wichtig sind. Dies definiert einen Soll-Prozesscode, der an die Maschine übertragen wird. Auf der Grundlage von aufgenommenen Daten (Prozessmonitoring) werden die IST-Daten während des Prozesses aufgenommen. Für die Datenauswertung und das Erkennen von Einflüssen und Zusammenhängen zwischen SOLL- und IST-Daten werden auch KI-Systeme genutzt. Die Erkenntnisse fließen dann in immer bessere Prozessmodelle und Simulationstools ein. Ziel ist es, hierdurch genaue Vorhersagen über die Qualität und Fertigung der AM-Teile machen zu können, Optimierungen und Versuchsaufwände zu reduzieren und möglichst schon im ersten Anlauf Gutteile zu produzieren – nach dem Motto ‚First Time Right‘.

KEM Konstruktion: Wie läuft der Optimierungsprozess ab?

Schneider: Die Daten werden hochfrequent und maschinennah mit Edge-basierten Lösungen aus dem Prozess erfasst und ausgewertet. Ein Machine Learning mit KI-Funktionen ist hier auch im Fokus. Aktuell arbeiten wir auf diesem Gebiet im Bereich R&D mit Instituten und Universitäten zusammen, da diese KI-Systeme mit Fehlerbildern mit dazugehörigen Eigenschaftskorrelationen trainiert werden müssen.

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KEM Konstruktion: Wird der Prozess zusammen mit AddUp weiterentwickelt und fließt dieser dann in eine gemeinsame Lösung ein? Und stände das Ergebnis weiteren Anbietern aus dem Bereich der additiven Fertigung offen?

Schneider: Wir unterstützen AddUp bei der Entwicklung und Verbesserung der DED-Maschinen. Bei der Entwicklung von Pilotanwendungen wie der Raketenschubdüse arbeiten wir mit mehreren Partnern im Ökosystem zusammen. Hier sind Institute, Universitäten und Endkunden beteiligt. Erfahrungen und Erkenntnisse unsererseits fließen beispielsweise in neue Funktionen in NX CAM oder Sinumerik-Lösungen für AM oder auch Monitoring- und Prozess-Steuerungsfunktionen ein. Die Weiterentwicklung unserer Produkte kommt allen Partnern, die mit uns zusammenarbeiten, zugute. In Projektverträgen sind die Spielregeln zwischen den unterschiedlichen Ökosystem-Partnern geregelt.

Förderung des ‚additiven Denkens‘

KEM Konstruktion: Sehen Sie dieses Vorgehen auch als eine Lösung für die Problematik, dass es eben keinen Sinn macht, beispielsweise bislang gefräste Bauteile einfach nur additiv zu fertigen – sprich: die Vorteile der additiven Fertigung gar nicht auszuschöpfen? Wie ließe sich dieses Potential heben?

Schneider: Wir sehen es als eine unserer Aufgaben an, auch ein ‚additives Denken‘ in der Industrie zu etablieren. Das schließt ein, dass das Teiledesign AM-Technologie-spezifisch angepasst werden muss oder aber nach additiven Gesichtspunkten neu erstellt werden muss. Kompetenzentwicklung ist sehr wichtig, um das additive Denken zu verbreiten. Ich selbst unterstütze hier die Siemens-Initiative ‚Additive Fertigung im Umfeld der Zerspanung‘. Im Rahmen dieser Initiative führen wir Seminare, Vorträge und Trainings durch.

www.siemens.com

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