Die Envalior GmbH, Düsseldorf, bietet einen neuen Verbundwerkstoff der Marke Tepex an, der die marktüblichen Thermal-Runaway-Tests für Batteriegehäuse von Elektrofahrzeugen bei sehr dünnen Prüfkörperdicken besteht. Die hohe Beständigkeit des Composites gegen die extremen Bedingungen bei einem Brand von Batteriezellen beruht auf den nicht brennbaren Lang- und Endlosfasern, mit denen das Material in einem mehrschichtigen Aufbau verstärkt ist.
Inhaltsverzeichnis
1. Brände von Batteriezellen wirksam eindämmen
2. Anforderungen des Batterie-Stresstests durch Partikelstrahl erfüllt
3. Werkstoff für den Leichtbau in Großserie
4. Wahlfreiheit bei Faser, Faseranordnung und Matrix
5. Elektrisch isolierend, durchschlag- und kriechstromfest
„Vor allem die Fasern sorgen dafür, dass unser Konstruktionswerkstoff bei einem Durchgehen von Batteriezellen den extremen Drücken, den Temperaturen von teils weit über 1000 °C und dem abrasiven Glühpartikelbeschuss gewachsen ist“, erklärt Dr. Dirk Bonefeld, Leiter Produktmanagement Tepex. „Er eignet sich daher auch für Bauteile innerhalb der Batterie – etwa Zellgehäuse, -halter und -trennwände.“
Brände von Batteriezellen wirksam eindämmen
Elektrische Fehlfunktionen, Überhitzungen oder mechanische Schäden können in einer Zelle von Fahrzeugbatterien eine exotherme chemische Reaktion in Gang setzen, die einen Brand der Zelle auslöst. Der Vorgang wird als Thermal Runaway bezeichnet (thermisches Durchgehen). Breitet sich der Brand von Zelle zu Zelle aus, spricht man von Thermal Propagation.
Der Brand darf keinesfalls auf das gesamte Fahrzeug übergreifen und die Insassen gefährden. Das Batteriegehäuse spielt daher in der Eindämmung der Brände eine zentrale Rolle. Thermal-Runaway-Tests stellen die extremen Belastungen nach, die ein solcher Brand auf Batteriegehäuse ausübt. „Unser neues Composite kann die gängigen Tests dieser Art – etwa den BETR-Test nach UL 2596 – bei Prüfkörperdicken von nur zwei Millimetern oder sogar weniger bestehen“, berichtet Bonefeld. BETR steht für „Battery Enclosure Thermal Runaway“.
Anforderungen des Batterie-Stresstests durch Partikelstrahl erfüllt
Außerdem erfülle das Material bei Wanddicken von 2 mm problemlos die Anforderungen des Batterie-Stresstests durch Partikelstrahl der SVT Holding GmbH, einem führenden Unternehmen unter anderem für industrielle Brandschutzanwendungen. „Der Tepex-Prüfkörper weist trotz Partikelbeschuss bei bis zu 1400 °C am Testende nach 20 Sekunden keinen Durchbrand auf – und das ohne weitere Schutzmaßnahmen im Material oder stützende Metallplatten. Schon bei geringen Wanddicken und damit geringem Gewicht ist daher ein hohes Maß an Sicherheit gegeben“, ergänzt Bonefeld.
Auch gegen äußere Feuerquellen bildet das Composite eine wirksame Barriere. So entstehen im Fire Pan Test, der sich an die UN-Regelung 180, 6.2.4 anlehnt und Brandsituationen von Batterien in Unfallsituationen sehr realistisch nachstellt, durch brennenden Kraftstoff weder Löcher im Material, noch entzünden sich die Fasern.
Werkstoff für den Leichtbau in Großserie
Ein weiterer Vorteil des Materials ist, dass es deutlich weniger wiegt als Stahl und auch Aluminium. „Die Dichte einer rein glasfaserverstärkten Materialvariante ist um rund 70 Prozent geringer als die von Stahl. Wird die Kernschicht des Composites mit Carbonfasern verstärkt, ist der Dichteunterschied sogar noch größer“, erläutert Bonefeld.
„Im Vergleich zu Aluminium ist unser Composite dann um deutlich mehr als ein Drittel leichter.“ Envalior hat den Leichtbauwerkstoff fertig entwickelt und bietet ihn in großserientauglichen Mengen an.
Wahlfreiheit bei Faser, Faseranordnung und Matrix
Das Verbundmaterial besteht aus mehreren Schichten Lang- und/oder Endlosfasern. Jede Schicht kann je nach Anforderungen mit speziellen Textilien verstärkt werden. Der Faseranteil am Composite liegt insgesamt bei mehr als 50 Gewichtsprozenten. Als Matrixmaterialien eignen sich beispielsweise Polyamide oder andere technische Kunststoffe.
Gerade die Freiheiten bei der Wahl von Fasern, Faseranordnung und Matrixmaterialien seien eine besondere Stärke unseres Werkstoffs, heißt es weiter. Er lasse sich dadurch spezifisch an individuelle Anforderungen anpassen.
Das Composite steht auch in einer Variante mit rezyklierten Carbonfasern zur Verfügung. Der Rezyklatanteil am gesamten Composite liegt dann bei rund 36 Gewichtsprozenten. „Dieser Verbundwerkstoff bietet sich insbesondere für mechanisch sehr stark belastete Gehäuse an. Außerdem ist er durch die Carbonfasern Material der Wahl, wenn das Gehäuse elektromagnetisch abschirmend sein muss“, erklärt Bonefeld.
Elektrisch isolierend, durchschlag- und kriechstromfest
Die Fasern der Außenschichten sind vollständig mit Matrixkunststoff imprägniert. Dadurch entsteht eine geschlossene Kunststoffoberfläche. „Sie sorgt dafür, dass unser Material exzellente elektrische Eigenschaften wie eine hohe Durchschlagfestigkeit und einen hohen Oberflächenwiderstand hat“, sagt Bonefeld. Außerdem zeige es eine gute Kriechstromfestigkeit (CTI A 400 V, Comparative Tracking Index).
Als thermoplastisches Material ist das neue Composite laut Herstellerangaben wie alle anderen Vertreter der Tepex-Organoblechfamilie gut zu rezyklieren. So lassen sich etwa Produktionsabfälle wie Verschnitt problemlos schreddern und zu qualitätsgesicherten Rezyklat-Compounds für den Spritzguss verarbeiten.
Envalior ist ein junges Unternehmen, das im Frühjahr 2023 aus der Fusion zweier Branchengrößen hervorgegangen ist – DSM Engineering Materials (DEM) und Lanxess High Performance Materials (HPM). Es zählt weltweit zu den führenden Herstellern von technischen Hochleistungskunststoffen. (jpk)