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KEM vor Ort bei Feinguss Blank

Gießverfahren
KEM vor Ort bei Feinguss Blank

Es ist zwar richtig, dass Feinguss aufwändig und damit teuer ist, dennoch hat das Verfahren seine unumstrittene Berechtigung. man muss nur wissen, wann der Einsatz sinnvoll ist. Aufklärungsarbeit, die Deutschlands größter Feingießer, Feinguss Blank GmbH, gern übernimmt. KEM sprach mit dem Vertriebsleiter Rainer Bühler unter anderem darüber, wann das Verfahren als wirtschaftliche Alternative eingesetzt werden kann.

KEM: Herr Bühler, was ist Feinguss?

Bühler: Feinguss ist das älteste Gießverfahren: In der Bronzezeit hat man aus Bienenwachs beispielsweise Pfeilspitzen modelliert, diese mit Lehm ummantelt und über Feuer gehängt, so dass das Wachs ausgeschmolzen ist. In die Lehmhülle wurde Bronze gegossen, der Lehm wieder abgeschlagen und übrig war das Gegenstück zum Wachsmodell. Das Verfahren hat sich vom Prinzip her nicht verändert. Statt Bienenwachs wird heute Kunststoff verwendet, Keramik anstelle Lehm. Feingießen ist leider sehr aufwändig; in ihm steckt sehr viel Handarbeit und Know-how. Das macht das Verfahren teuer. Dennoch hat es seine Berechtigung, weil sich Details und Genauigkeiten abbilden sowie Werkstoffe verarbeiten lassen, die mit anderen Verfahren nicht möglich sind.
KEM: Für welche Produkte ist das Verfahren geeignet?
Bühler: Ein einfaches Klötzchen zu gießen ist technisch möglich, bietet aber keinen Vorteil, erzeugt nur hohe Kosten. Ist am Klötzchen aber eine Beschriftung oder eine Öse, erhöht sich der Preis nicht weiter. Der Kunde hat aber den Vorteil, dass er ein Fertigteil bekommt. Löten oder Schweißen entfällt. Feingießen eignet sich für Losgrößen von einem bis einhunderttausend Stück, wenngleich es Unterschiede bezüglich der Teilegeometrie gibt. Unser kleinstes Teil, ein Stahlmitnehmer für eine Rundstrickmaschine, wiegt 1,5 Gramm. Unser schwerstes Teil, ein Pumpenlaufrad für Gasturbinen, 35 Kilogramm. Da rechnet sich das Verfahren bei einem bis zwei Stück. Bei Teilen im Grammbereich macht das Verfahren unter 1000 Stück keinen Sinn.
KEM: Sind Prototypen möglich?
Bühler: Ja. Dazu werden die Wachslinge auf eine andere Art hergestellt. Alles andere ist das gleiche Procedere. So gewinnen wir Fertigungserkenntnisse und der Kunde erhält die Genauigkeitsgrade der Serie.
KEM: Welche Werkstoffe verarbeiten Sie?
Bühler: Wir vergießen keine Titan- oder Magnesiumlegierungen. Wir verarbeiten „ganz normale“ Stähle, aber auch Werkstoffe, die mit anderen Verfahren nicht möglich sind, zum Beispiel „Inconel“, eine extrem hitzebeständige Nickelbasislegierung. Ist diese Legierung flüssig, reagieren bestimmte Elemente mit dem Luftsauerstoff, es bilden sich Oxide, die später Sollbruchstellen werden. Deshalb muss Inconel unter Vakuum vergossen werden. Da wir selbst chargieren, können wir auch abweichende Legierungen herstellen. Möchte beispielsweise ein Kunde einen V4A-Stahl mit 1 Prozent mehr Nickel, ist das kein Problem.
KEM: Wie lange dauert es, bis ein Kunde sein Produkt erhält?
Bühler: Die Entwicklung kann von einer Woche bis viele Jahre dauern. Unsere Verkäufer sind Techniker, deren primäre Aufgabe es ist, den Kunden zu beraten und sein Produkt gießtechnisch zu optimieren. Wir helfen dem Kunden bei der Erstellung der Zeichnung und der 3D-Daten, aus denen wir häufig Prototypen herstellen. Dann findet die Bemusterung statt, also die Herstellung des Werkzeuges und einer Musterstückzahl. Die Dauer dieser Phase hängt zum Beispiel davon ab, ob man mit einem Handwerkzeug oder einem vollautomatischen arbeitet. Die Werkzeuge erstellen wir selbst in drei bis acht Wochen. Das eigentliche Herstellen der Muster dauert etwa drei Wochen, denn es sind dreißig Arbeitsgänge zu bewerkstelligen, bis ein Rohteil fertig ist. Von der Auftragserteilung bis zu den ersten Mustern können also zwischen sechs und dreizehn Wochen vergehen. Wir übernehmen auch Dinge wie Oberflächenbehandlung, Montage oder eine Barcode beschriftete Spezialverpackung, die natürlich auch Auswirkung auf den Termin haben. Entsprechen die Muster den Vorstellungen der Kunden, startet die Serie, deren (theoretische) technische Durchlaufzeit drei bis vier Wochen beträgt. Die tatsächliche Lieferzeit richtet sich nach dem Teil und der Auslastung und wird in der Regel im Vorfeld mit dem Kunden abgestimmt.
KEM: Sie haben letztes Jahr drei Millionen Euro investiert, die gleiche Summe ist dieses Jahr geplant. Ist „made in germany“ weiter für Sie Interessant?
Bühler: Die Eigentümerfamilie Blank sieht nicht nur das Shareholder Value, sondern auch die Menschen im Unternehmen. Das allein reicht natürlich nicht, eine deutsche Fertigung aufrechtzuerhalten. Wir sind Deutschlands größter Feingießer. In China gibt es 1500 bis 1700 Feingießereien, so dass dort ein enormes Poten-zial herrscht zu einem Bruchteil unserer Lohnkosten. Dennoch hält Feinguss Blank an der deutschen Produktion fest, weil nicht nur der Stückpreis zählt, sondern Gesamtleistung im Verhältnis zu den Gesamtkosten. Kunden, die anspruchsvolle Produkte erzeugen, benötigen auch anspruchsvolles Vormaterial, was seinen Preis hat. Wir sind überzeugt, dass auch künftig hohe Qualität und Zuverlässigkeit ihre Abnehmer findet.(df) 
Feinguss KEM 410
Rapid Prototyping KEM 411

Firmenstenogramm
  • Gründung: 1960
  • Umsatz 2005: 41,5 Mio. €
  • Mitarbeiter: etwa 400
  • Exportanteil: etwa 20 %
  • Investitionen 2005: etwa 3 Mio. €
  • Lieferprogramm: Feinguss (Stahl- und Nichteisenlegierungen), roh- oder fertigbearbeitet und als Baugruppe; Rapid-Prototyping
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