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Etwas Niob, etwas Titan …

Mikrolegierte Stähle: Warmband-Güten mit Kaltband-Qualität
Etwas Niob, etwas Titan …

Die Eigenschaften der vorgestellten mikrolegierten Stähle sind deutlich besser als die ihrer konventionell hergestellten Kollegen, die nach dem Warmwalzen noch kaltgewalzt werden: Besseres Dickenprofil, geringere Dickentoleranzen, weniger Streuung der mechanischen Eigenschaften, bessere Oberflächenqualität und höhere Festigkeit.

Der Beitrag stammt von der Thyssen Krupp Steel AG, Division Auto, Düsseldorf

Mit dem Attribut „Cold Performance“ fasst Thyssen Krupp Steel die Vorteile einer neuen Gruppe mikrolegierter Stähle zusammen, die das Unternehmen auf seiner Gießwalzanlage fertigt. Die MHZ-W-Werkstoffe, so die technische Bezeichnung der in feuerverzinkter Ausführung erhältlichen Stähle, sind Warmband-Güten mit Kaltband-Qualität. Dabei sind deren Eigenschaften in wichtigen Punkten deutlich besser als bei konventionellen mikrolegierten Stählen, die nach dem Warmwalzen noch kaltgewalzt werden: Werkstoffe mit Cold Performance bieten ein besseres Dickenprofil, geringere Dickentoleranzen, weniger Streuung bei den mechanischen Eigenschaften und eine erhöhte Festigkeit.
Abgeleitet sind die warmgewalzten, mikrolegierten Stähle mit Cold Performance von den bekannten MHZ-Stählen von Thyssen Krupp Steel. MHZ bedeutet Mikrolegierte Höherfeste Ziehgüte. Die in den 1970er Jahren entwickelten Materialien sind inzwischen klassische Vertreter der hoch- und höherfesten Stahlgüten und beispielsweise als Träger und Säulen in Automobil-Rohkarosserien sowie in weiteren industriellen Anwendungen im Einsatz. In kaltgewalzter Ausführung waren diese Stähle bislang mit einer Streckgrenze von maximal 420 MPa erhältlich. Die Obergrenze bei den neuen MHZ-W Stählen beträgt 460 MPa.
Ihre guten Festigkeits- und Umformeigenschaften verdanken mikrolegierte höherfeste Ziehgüten hauptsächlich den Legierungselementen Niob und Titan, die der Schmelze in Anteilen von wenigen Tausendstel Prozent beigemischt werden. Die Elemente bilden festigkeitssteigernde Nitride und Carbide und sorgen gleichzeitig für eine feinkörnige, gut umformbare Gefügestruktur. Für die Cold Performance-Variante haben die Metallurgen von Thyssen Krupp Steel die Zusammensetzung der Werkstoffe so weit optimiert, dass die technologischen Vorteile der Gießwalzanlage voll zum Tragen kommen. Dabei konnte unter anderem der Niob- und Titananteil gegenüber konventionellem mikrolegierten Kaltband noch einmal verringert werden.
Gießwalzanlage für Kaltband-Qualität
Die Gießwalzanlage (GWA) hat Thyssen Krupp Steel 1999 in Betrieb genommen. Sie verkürzt den Fertigungsweg für Warmband und erzeugt gleichzeitig ein gegenüber der konventionellen Fertigung gleichmäßigeres Produkt hinsichtlich Gefügestruktur, mechanischer Eigenschaften und Maßhaltigkeit der Bänder.
Bei der konventionellen Warmbandfertigung werden zunächst in einer Stranggießanlage Brammen großer Dicke von beispielsweise 250 mm erzeugt, die anschließend zwischengelagert werden und dabei meist auf Raumtemperatur abkühlen. Auf die notwendige Walztemperatur wird die Bramme in einem Stoß- oder Hubbalkenofen erhitzt, danach bringt sie ein Vorgerüst auf 40 bis 60 mm Dicke, bevor eine mehrgerüstige Fertigstraße daraus 1,5 bis 25 mm dickes Warmband erzeugt. Im Unterscheid zur konventionellen Warmbandfertigung werden die Produk- tionsstufen Stranggießen, Aufheizen und Warmwalzen in der GWA zu einer Fertigungslinie gekoppelt. Dabei sind die Brammen mit 48 bis 63 mm von vornherein wesentlich dünner als die aus konventionellen Stranggießanlagen.
Sobald der Strang den Auslauf der Gießmaschine der GWA erreicht und die Dünnbramme abgetrennt ist, wird sie ohne Unterbrechung in einem Rollenherdofen gleichmäßig erhitzt. Danach laufen die Brammen direkt, also ohne zwischengeschaltetes Vorgerüst, in die Walzstraße, wo sie auf eine Warmbanddicke von 1 bis 9 mm gewalzt werden.
Die gleichmäßigere Temperaturverteilung in der Bramme und ihre höhere Temperatur beim Einlauf in die Fertigstraße des Warmwalzwerks führen zu einer größeren Homogenität des Warmbands sowie einer besseren Walzbarkeit und Bandgeometrie als beim klassischen Verfahren. Hinzu kommt die moderne Walztechnologie der Fertigstraße, die unter anderem über verschiebbare und biegefähige Walzen verfügt, und damit unter anderem die Bombierung verringert. Bombierung bedeutet, dass gewalztes Stahlband in der Mitte etwas dicker ist als an den Kanten. Die Leistungsfähigkeit der GWA-Fertigstraße lässt sich auch daran ablesen, dass die Dickenabweichungen über die Länge des erzeugten Warmbandes innerhalb der Abweichungen liegen, die für kaltgewalztes Band toleriert werden.
Verbesserte Produkteigenschaften
In konkreten Zahlen ausgedrückt ist die Bombierung bei Cold Performance-Bändern knapp 15 % geringer als bei konventionellen MHZ-Coils. Die gleichmäßigen mechanischen Eigenschaften verdanken sie dem angepassten Legierungskonzept und der homogenen Gefügestruktur, die die GWA-Technologie erzeugt. Nimmt man den Cold Performance Werkstoff MHZ-W 420 mit einer Streckgrenze von 420 MPa als Beispiel, so ist die Streuung hier nur halb so groß wie bei einem konventionellen, kaltgewalzten MHZ 420. Weil MHZ-Stähle mit Cold Performance nicht kaltgewalzt werden und deshalb auch nicht anschließend rekristallisierend geglüht werden müssen, ist das Festigkeitsspektrum gegenüber konventionellem MHZ-Kaltband erweitert.
Auch die verbesserte Oberflächenqualität feuerverzinkter MHZ-W-Bleche beruht darauf, dass bei den Cold Performance-Stählen kein Kaltwalzen nötig ist, um mehr als Kaltband-Präzision zu erzeugen. Weil die MHZ-W-Stähle nicht kaltverfestigt sind und vor dem Verzinken nicht rekristallisierend geglüht werden müssen, kann das Band etwas schneller durch die Verzinkungsanlage laufen. Die höhere Geschwindigkeit ermöglicht eine gleichmäßigere Verteilung der schützenden Zinkschicht.
Anwendern bietet MHZ-W mit Cold Performance viele Vorteile. Die verringerte Bombierung optimiert den Bandlauf beispielsweise beim Einlauf in Presswerkzeuge und erzeugt gleichmäßigere Spaltbänder. Die engen Dickentoleranzen erhöhen die Prozesssicherheit und senken die Materialkosten. Für stabilere Fertigungsprozesse sorgen außerdem die gleichmäßigen mechanischen Eigenschaften der Cold Performance-Werkstoffe, unter anderem weil sich festigkeitsbedingte Rückfederungseffekte aufgrund der geringeren Streuungen gleichmäßiger ausprägen.
Kostenvorteile bietet auch das erweiterte Festigkeitsspektrum der MHZ-Stähle mit Cold Performance: Werkstoffe mit einer Streckgrenze von 460 MPa und verzinkter Oberfläche gab es bislang nur als Dualphasenstähle. Diese sind teurer als warmgewalzte mikrolegierte Stähle mit Cold Performance, bieten allerdings auch deutlich mehr Freiheitsgrade bei der geometrischen Gestaltung der Bauteile. Die neuen MHZ-W Werkstoffe bietet Thyssen Krupp Steel in feuerverzinkter Ausführung in sechs Streckgrenzenklassen von 260 bis 460 MPa an. Die Breite der Bänder liegt zwischen 900 und 1525 mm und die lieferbaren Banddicken rangieren zwischen 1,05 und 2,95 mm.
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