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Metalle sind vielseitig und extrem detailliert auf die Bedürfnisse des jeweiligen Einsatzzwecks auslegbar.

Werkstoff-Know-how – Metalle, Teil 1
Was sind Eisenmetalle?

Metalle sind vielseitig und extrem detailliert auf die Bedürfnisse des jeweiligen Einsatzzwecks auslegbar: Thyssenkrupp hat heute 2.000 Legierungskonzepte und 1.800 verschiedene Sorten parat – alleine für Stahl. Wir fassen zusammen, was es mit Metallwerkstoffen im Detail auf sich hat.

Tobias Meyer, freier Mitarbeiter der KEM Konstruktion

Inhaltsverzeichnis
1. Un-, niedrig- und hochlegierte Sorten
2. Unsachgemäße Bezeichnungen, Markennamen
3. Grüner Stahl
4. Quellen

Da ein sehr großer Teil der weltweiten Metallkonstruktionen auf Eisen basieren, nehmen diese eine komplett eigene Kategorie ein, alle anderen Metalle werden gemeinsam in einer zweiten Gruppe geführt.

Reines Eisen wird als Werkstoff nicht eingesetzt, es kommt in leicht abgewandelter Form lediglich in chemischen Katalyseprozessen zum Einsatz, etwa in der Ammoniak-Produktion. Der weit größte Teil der Eisenmetalle sind Stähle. Auch im Vergleich zu allen anderen Metallen zusammen führen sie die Tabellenspitze an, wenn es um die weltweit jährlich hergestellten Mengen geht. Derzeit ist China der mit Abstand größte Stahlkocher, 1,06 Milliarden Tonnen kamen 2020 aus dem Reich der Mitte. Indien liegt auf Platz zwei – mit lediglich 100 Millionen Tonnen. Danach folgen Japan, die USA und Russland, Deutschland liegt mit 35 Millionen Tonnen auf Platz acht.

Die Kessel der Stahlkocher sind überaus energiehungrig.
Bild: DedMityay/stock.adobe.com

Definiert wird Stahl als Werkstoff, der zum größten Teil aus Eisen bestehen muss und dessen Kohlenstoffanteil – er sorgt für die Härte – nicht über 2% liegt. Bestimmte Spezialsorten überschreiten das teilweise hauchdünn bis zu einem C-Anteil von 2,06%, ab dann aber sind die generellen Eigenschaften des Stahls nicht mehr gegeben: Zähigkeit und Formbarkeit. Wird mehr Kohlenstoff zugegeben, entsteht Gusseisen: Dieses ist leichter gießbar, aber spröder und daher empfindlicher hinsichtlich Brüchen. Eine Zwischenklasse ist der Stahlguss, der fester ist als Gusseisen, aber schwerer herzustellen.

Da Ressourcenschonung in immer mehr Bereichen wichtig wird, versuchen die Hersteller auch dementsprechende Stähle zu entwickeln, die gleichzeitig fest und leicht sind. So können schlankere Konstruktionen mit weniger Material realisiert werden, im Fahrzeugbau spart das reduzierte Gewicht zudem CO2 über den geringeren Kraftstoffverbrauch. Diese Sorten haben gegenüber den sonst üblichen Baustählen natürlich ihren Preis.

Un-, niedrig- und hochlegierte Sorten

Als unlegiert bezeichnet man Stähle, denen neben Kohlenstoff kaum weitere Elemente zur Veränderung der Eigenschaften zugegeben wurden. Unterschieden werden die sogenannten Massenstähle nach ihrer Streckgrenze in N/mm² (z.B. S235), nicht anhand ihrer Zusammensetzung. Denn die Normwerte erreicht jede Hütte mit einer eigenen Rezeptur. Unlegierte Qualitätsstähle dagegen werden über ihren Kohlenstoffgehalt gekennzeichnet, C50 enthält 0,5 %. Sie sind mit unter 0,045 % Schwefel und Phosphor reiner als die Massenstähle und können hinsichtlich weiterer Eigenschaften genauer ausgewählt werden. Noch geringere Fremdstoffgehalte (unter 0,025 %) liefern die unlegierten Edelstähle, für sie sind weitere Kriterien wie etwa eine bestimmte elektrische Leitfähigkeit vorgeschrieben. Der Begriff Edelstahl sagt jedoch nichts über die Korrosionsbeständigkeit (siehe „Unsachgemäße Bezeichnungen“).

Liegt der Kohlenstoffgehalt unter 0,25 %, spricht man von Einsatzstahl, da er zu wenig Kohlenstoff in sich trägt, um auf klassisches Härten in ausreichendem Maße zu reagieren. Fertigen Bauteilen kann in einem Prozess aber Kohlenstoff von außen zugeführt werden (Einsatz), wodurch die „Haut“ des Teils gehärtet werden kann, das Innere aber dennoch zäh und damit bruchfest bleibt – sehr praktisch etwa bei Zahnrädern. Vergütungsstähle verfügen über mehr als 0,25 % Kohlenstoff und können demnach durch Wärmeverfahren gehärtet und angelassen werden.

Bereits ab einem Anteil von 0,01 % zugegebenen anderen Elementen spricht man von legiertem Stahl, bis 0,1 % gilt das als Mikrolegierung. Als niedriglegiert werden Stähle bezeichnet, in denen die Zusatzstoffe in Summe nicht über 5 % Massenanteil kommen. Dabei werden nach dem Kohlenstoffgehalt (die beginnende Zahl) auch die zugesetzten Legierungselemente in der Bezeichnung samt ihren Anteilen angeführt. Die Namen von hochlegierte Stähle dagegen beginnen generell mit einem X, bei ihnen muss ein Legierungselement alleine mit über 5 % Massenanteil eingebracht worden sein. Dazu gehören etwa Schnellarbeitsstähle, die z.B. für Bohrer eingesetzt werden und dafür bis zu 18 % Wolfram oder 9% Molybdän enthalten. Nichtrostende Stähle benötigen für ihre Kerneigenschaft mehr als 10 % Chrom.

Unsachgemäße Bezeichnungen, Markennamen

Häufig werden Massenstähle auch als Baustähle bezeichnet, was nicht ganz korrekt ist: Die Sorten für den Stahlbau kennzeichnet des „S“, etwa S235. Ebenfalls zu den unlegierten Massenstählen zählen aber auch Sorten für Druckbehälter (z.B. P235) oder L450 für Rohre, im Maschinenbau beginnt die Bezeichnung mit einem „E“. Da Massenstähle lange durch ihre Zugfestigkeit definiert wurden, sind die entsprechenden Bezeichnungen wie St37 noch immer im Umlauf, korrekt ist dafür heute aber S235 (siehe Punkt „Un-, niedrig- und hochlegierte Sorten“).

Der Begriff Edelstahl dagegen steht für besonders reine Sorten, nicht für Korrosionsbeständigkeit (siehe auch „Un-, niedrig- und hochlegierte Sorten“). Viele nichtrostende Stähle sind zwar Edelstähle, nicht alle Edelstähle aber sind korrosionsbeständig. Auch Markennamen wie Nirosta werden als Synonyme für nichtrostenden Stahl geführt. Da nicht alle korrosionsbeständigen Stähle auf Nickel als Legierungsbestandteil setzen, wird auch der Begriff Chrom-Nickel nicht selten fälschlich verwendet. Passen würde er aber für die „Versuchsschmelze 2 Austenit“: Diese wurde vor über 100 Jahren entwickelt, ihre Nachfolger werden noch immer unter V2A gruppiert, V4A ist eine Erweiterung um Mangan. Die Abkürzung – gerne auch nur VA – wird aber ebenfalls umgangssprachlich gleichwertig für nichtrostenden Stahl im Allgemeinen verwendet. Zudem ist direkt nach der Produktion jeder Stahl „rostfrei“, da er dann noch nicht korrodiert ist. Die korrekte Bezeichnung für korrosionsbeständige Sorten lautet daher Nichtrostender Stahl.

 
Prozessgrafik SZAG Stahlherstellung
Aktuell wird Roheisen durch Kohle in Hochöfen erzeugt, dabei wird CO2 freigesetzt. Bei der Direktreduktion wird Eisenerz hingegen mithilfe von Wasserstoff reduziert. Der Wasserstoff reagiert mit dem Sauerstoff im Eisenerz (Eisenoxid) dabei direkt im festen Zustand und wandelt dieses in Eisenschwamm (fast reines Eisen) um. Statt CO2 entsteht Wasser (H2O), welches weiterverwendet wird. Um Eisenschwamm weiterzuverarbeiten, wird das poröse Material schließlich mit Stahlschrott in einem Elektrolichtbogenofen eingeschmolzen.
Bild: Salzgitter AG

Grüner Stahl

Die Kessel der Stahlkocher sind überaus energiehungrig: Salzgitter etwa verursacht jährlich etwa acht Millionen Tonnen CO2, Thyssenkrupp war 2019 mit 23 Millionen Tonnen für fast drei Prozent aller deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Das ist mehr als Berlin im gleichen Zeitraum verursacht hat, weltweit betrachtet ist die Stahlproduktion für mehr als doppelt so viel CO2 verantwortlich, wie der gesamte Luftverkehr.

Der Klimaschutz verlangt daher auch von den Hüttenwerken umweltverträglichere Strategien, die entscheidenden Schlagworte dafür sind erneuerbare Energien und Wasserstoff statt fossiler Brennstoffe. Grüner Stahl wird von der Öffentlichkeit zwar noch nicht so stark eingefordert, wie eine nachhaltigere Lithium-Produktion. Dennoch steigt die Nachfrage.

Bei immer mehr Produkten der komplette CO2-Fußabdruck über die Lebenszeit inkl. Herstellung und Recycling betrachtet wird, statt nur die direkten Emissionen etwa am Auspuff zu messen. Daher werden beispielsweise ab 2026 alle europäischen BMW-Werke mit Stahl aus CO2-reduzierter Produktion aus Salzgitter beliefert. Auch andere Hersteller wie Mercedes und Volkswagen sehen diese Notwendigkeit: In Schweden entsteht dafür ein speziell auf grünen Stahl spezialisiertes Hüttenwerk.

Mit diesen Ansätzen wollen sich die europäischen Stahlhersteller auch von den Platzhirschen aus Fernost abgrenzen: Thyssenkrupp etwa strebt an, bis 2030 die Emissionen um 30 % zu reduzieren und ab 2050 nur noch klimaneutralen Stahl herzustellen, konform zum Pariser Klimaabkommens aus dem Jahr 2015.

Quellen:
https://www.thyssenkrupp-steel.com/de/innovationen/innovationen-uebersicht.html
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/311503/umfrage/wichtigste-laender-nach-rohstahlproduktion/
https://www.salzgitter-flachstahl.de/de/produkte/warmgewalzte-produkte/stahlsorten/staehle-fuer-einfache-druckbehaelter.html
https://www.unionstahl.com/sortiment/bleche-fuer-leitungsrohre/
https://www.salzgitter-ag.com/de/newsroom/pressemeldungen/details/default-2a0b2cbb1d-19179.html
https://hydrogen.thyssenkrupp.com/
https://www.rolandberger.com/de/Insights/Publications/Gr%C3%BCner-Stahl-Der-Wettlauf-hat-begonnen.html
https://www.nord-lock.com/de-de/insights/fachwissen/2020/gruener-stahl/
https://nachrichten.idw-online.de/2020/09/29/co2-emissionen-bei-der-stahlproduktion-von-100-auf-5-prozent/

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