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KI im Zentrum der Digital Factory

Künstliche Intelligenz
KI im Zentrum der Digital Factory

KI im Zentrum der Digital Factory
Wegen der Nähe zur deutschen Industrie hat IBM die weltweite Zentrale von Watson IoT in München errichtet (im Bild). Vorgestellt wird das ‚Cognitiv Computing‘ auf der Digital Factory; im Umfeld von Plattformen als Teil der digitalen Transformation – wie Bosch IoT Cloud, SAP Hana Cloud Plattform, Mindsphere von Siemens oder Microsoft Azure Bild: Konradin Mediengruppe
Wohl niemand hätte sich 2004 bei der ersten Ausrichtung der Digital Factory als Internationaler Leitmesse für integrierte Prozesse und IT-Lösungen innerhalb der Hannover Messe gedacht, dass sie sich zu einem Kern der ganzen Veranstaltung entwickeln würde. Wenn man heute Digital Factory sagt, denken alle an Industrie 4.0 und das Industrial Internet of Things (IIoT), an intelligente Prozesse und autonome Maschinen – und wer genau hinschaut, der kann auch in diesem Jahr wieder ein bisschen vorausschauen.

Ulrich Sendler, unabhängiger Technologieanalyst und Autor, München

Überquellende Listen mit potenziellen Ausstellern, eine bis auf den letzten Quadratmeter gefüllte und gegenüber dem letzten, bereits sehr erfolgreichen Jahr nochmals gewachsene Digital Factory – es ist ganz offensichtlich, dass sich hier gerade etwas Besonderes abspielt. Das Besondere ist ein ziemlich umfassender Spiegel der tatsächlichen Umbrüche, die die Industrie insgesamt erlebt. Waren vor 13 Jahren IT-Systeme und ihre Integration in die Prozesse der industriellen Wertschöpfung der wichtigste Hebel, mit dem die Industrie ihre Innovation vorantreiben konnte, sind jetzt die IT-Systeme eher der Standard, auf dem eine vernetzte, smarte Industrie aufsetzt. Die Nutzung der IT-Systeme allein reicht nicht mehr aus – und es ist wieder die Digital Factory, auf der sich dies sehr eindrucksvoll exemplarisch zeigt.
Schon im letzten Jahr dehnte sich die Messe aus der Haupthalle 7 in die Halle 6 aus und bildete einen Brückenkopf in die Industrial Supply. Die größere Veränderung hat aber, zunächst weitgehend unbemerkt, die Haupthalle 7 erfahren. Denn – neben Beratungshäusern und den Herstellern von IT für ERP und MES – haben sich dort mit IBM Watson IoT und Microsoft Azure zwei der wichtigsten Anbieter für ‚Künstliche Intelligenz‘ (KI) und ‚Maschinenlernen‘ sehr zentral positioniert. Nicht auf einer IT-Messe, sondern im Rahmen der weltweit größten Industriemesse. Microsoft war nicht immer in der Digital Factory. IBM war hier bis vor einigen Jahren als Partner von PLM-Anbieter Dassault Systèmes. Aber dann wurde dieser Bereich vollständig an den französischen Softwareanbieter verkauft. Wenn IBM jetzt mit Watson IoT zurück ist, dann spielt dabei das Thema PLM nur eine Nebenrolle. Die Hauptsache ist ähnlich wie bei Microsoft das Angebot völlig neuer Methoden, die IBM ‚kognitiv‘ (Cognitive Computing) nennt. Dinge, Produkte, Maschinen und Anlagen sollen während ihres Betriebs und ihrer Nutzung Erkenntnisse sammeln und daraus lernen.
Maschinen lernen
Dass mittels Algorithmen der Künstlichen Intelligenz Maschinen lernen, ist gleichsam über Nacht nicht mehr Science Fiction und reines Forschungsthema, sondern eine Frage, die selbst mittelständische Unternehmen umzutreiben beginnt. Der Grund ist derselbe, der Industrie 4.0 und das Industrial Internet of Things zu so rasantem Erfolg verholfen hat: Sensoren, Aktoren, Kameras und andere digitale Komponenten zur Erfassung von Daten aus vernetzten Geräten aller Art sind massenhaft preisgünstig zu haben; Speicher und Rechenleistung sind über Miniaturisierung, Cloud-Technologie und Serverfarmen beinahe grenzenlos verfügbar. Da können plötzlich neuronale Netze und Algorithmen für die Auswertung von riesigen Datenmengen dort zum Einsatz kommen, wo man zuletzt damit gerechnet hat: in der Industrie.
Was ändert sich? Die Industrie steht an der Schwelle zu einer gänzlich neuen Art der Wertschöpfung. Künftig werden die Unternehmen weniger über den Verkauf eines Produktes ihre Gewinne realisieren als über neuartige Dienstleistungen, die sie mit dem Produkt oder auf seiner Basis anbieten. Die Daten, die ein Gerät erzeugt oder sammelt, werden wichtiger als das Gerät selbst. Das ist nicht nur neu und ungewohnt, es verlangt auch ein gänzlich anderes Denken bei den Verantwortlichen für Produktentwicklung, Produktion, Vertrieb und Service. Sie brauchen dazu auch neue Werkzeuge und Methoden, die sie nicht aus dem Ärmel zaubern können. Big Data ist deshalb eines der wichtigen Schlagworte geworden, weil das Internet der Dinge die im Verlauf der letzten Jahre ohnehin schon immens gestiegenen Datenmengen noch einmal um Zehnerpotenzen vermehrt. Die Datenströme, die in und aus den Fabriken und aus der täglichen Nutzung von Milliarden von Geräten fließen, können nur mit speziellen Softwaresystemen zu sinnvollen Informationen und wertvollen Daten gefiltert werden. Hier treffen sich Big Data Analytics und ‚Maschinenlernen‘, hier trifft KI oder kognitives Computing auf die Hardware industrieller Produkte.
Wie wichtig dieser Zusammenhang ist, zeigt sich auch darin deutlich, dass IBM die weltweite Zentrale von Watson IoT in München errichtet hat, und zwar wegen der Nähe zur weltweit führenden deutschen Industrie. Oder darin, dass SAP als führender deutscher Anbieter von Unternehmenssoftware einen neuen Bereich SAP Clea eingerichtet hat, der sich ganz auf die neuen Geschäftsfelder konzentriert, die sich durch Maschinenlernen oder ‚Deep Learning‘ öffnen. Bei SAP werden 47 Mrd. Dollar als Potenzial des Marktes rund um Maschinenlernen genannt, das nach Schätzungen allein bis 2020 erreicht wird. Auch SAP stellt wie 2016 in Halle 7 aus.
Individuelle Lösungen gefragt
Es gibt also neue Softwaretools und neue Algorithmen, die bei der gegenwärtigen digitalen Transformation der Industrie eine zentrale Rolle spielen. Aber der größte Unterschied zwischen der aktuellen Veränderung und allen bisherigen Stufen der industriellen Revolution ist damit noch nicht erfasst. Er liegt nämlich in der Tatsache, dass der jetzige Schritt nicht mit dem Kauf und der Implementierung von Software zu bewältigen ist. Vielmehr muss jedes Unternehmen für sich die neuen Geschäftsmöglichkeiten identifizieren, organisatorische Veränderungen vornehmen und die Entwicklung intelligenter Produkte mit Blick auf diese neuen Geschäfte realisieren. Und schließlich muss jedes mit Hilfe von KI-Technologie und externen Beratern aus den Produktdaten jene Werte schöpfen, die seine Zukunft ausmachen.
Industrie 4.0 und Prozesse für Produkte mit smarten Dienstleistungsgeschäften – das ist nicht von der Stange zu haben. Dennoch ist es eine wichtige Frage, welche Technologie im Einzelnen die richtige ist, welcher Anbieter die am ehesten passende Künstliche Intelligenz zur Verfügung stellen kann. Dafür ist der Besucher jetzt auf der Hannover Messe richtig, denn selten gab es so viele verschiedene Produkte auf der Messe zu begutachten wie jetzt.
Die klassischen Schwerpunkte der Digital Factory – CAx und Simulation, MES, ERP und PLM – sind derweil nicht nur gewohnt stark vertreten. Sie dehnen sich sogar aus. Dabei finden sich CAx und PLM (Autodesk, Dassault, Eplan, IGE-XAO, PTC, Siemens PLM und WSCAD) zusammen mit einem verstärkten Kreis von Ausstellern des Additive Manufacturings (Arburg, EOS, HP und Stratasys) in der Halle 6.
Damit mausert sich das ehemals kleine Juwel der Hannover Messe mit Industriesoftware zu einem Zentrum der industriellen Digitalisierung. Vielleicht wird genau hier in den kommenden Jahren abzulesen sein, wie es der IT-Industrie gelingt, Cloud, Künstliche Intelligenz und Maschinenlernen mit den klassischen Standardsoftwaresystemen zur Unterstützung der industriellen Wertschöpfung zu verbinden. co
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