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Drahtwälzlager und kundenindividuelle Lösungen von Franke

Interview mit Sascha Eberhard, Franke
Drahtwälzlager mit Konstruktionsvorteilen

Drahtwälzlager bieten KonstrukteurInnen besondere Vorteile. Details sowie aktuelle Entwicklungen in Sachen Leichtbau, Miniaturisierung und Direktantrieb, erläutert Sascha Eberhard, Geschäftsführer der Franke GmbH.

» Interviewfragen: Nico Schröder, Korrespondent KEM Konstruktion, Augsburg

KEM Konstruktion: Herr Eberhard, beim Drahtwälzlager dienen Laufringe aus Stahldraht in einer umschließenden Konstruktion als Laufbahn für Kugeln und Rollen. Welche bis heute gültige Erkenntnis steckt dahinter?

Sascha Eberhard: Die Idee unseres Firmengründers Erich Franke war es 1936, die Funktion der Lagerung so weit wie möglich zu isolieren, um den Freiheitsgrad bei der Gestaltung der Bauteile so groß wie möglich zu machen.

KEM Konstruktion: Und welche Vorteile bietet dieses Prinzip Anwendern aktuell?

Eberhard: Es bietet eine freie Wahl der Geometrie und des Werkstoffes der umschließenden Konstruktion sowie den Vorteil eines minimalen Einbauraums. Und nicht zuletzt ist es eine preisgünstige Lagerlösung.

Wichtiger Vorteil: die direkte Integration der Drahtwälzlager

KEM Konstruktion: Wie viel höher ist der Montage- und Konstruktionsaufwand im Vergleich zu Standard-Kugellagern?

Eberhard: Je nach Konstruktion kann der Aufwand sogar geringer sein als bei Standardlösungen, weil durch die direkte Integration der Drahtwälzlager in die weiterführende Konstruktion Bauteile entfallen können.

KEM Konstruktion: Mit welchen Schwerpunkten haben Sie Ihr aktuelles Drahtwälzlager-Portfolio ausgerichtet?

Eberhard: Von preiswerten Einstiegsprodukten bis zu High-End-Lagern mit Torque-Motoren bieten wir zahlreiche Auswahlreihen. So ist für jede Anwendung etwas dabei. Schwerpunkte liegen sicherlich bei Leichtbau, Miniaturisierung und Direktantrieb.

KEM Konstruktion: Für welche Anwendungen sehen Sie noch besonderes Potenzial?

Eberhard: Wir sehen es unter anderem für Ultraleichtbaulager mit Gehäuseteilen aus 3D-Druck – beispielsweise für die Luft- und Raumfahrt, für Speziallager mit hoher Drehzahl und leisem Lauf für die Medizintechnik oder für Lager mit höchster Präzision, die für die Bestückung von Leiterplatten eingesetzt werden.

KEM Konstruktion: Ein weiterer Schritt Ihrer Entwicklungen sind Leichtbaulager aus 3D-gedruckten Bauteilen. Wie wichtig ist 3D-Druck und welche Vorteile bringt er als Verfahren mit sich?

Eberhard: 3D-Druck ist tatsächlich ein Game-Changer. Es gibt derzeit keine andere Methode, die an den 3D-Druck in punkto Komplexität und Individualität der Bauteile sowie bezüglich der Schnelligkeit der Herstellung heranreicht. Allerdings haben viele Kunden noch nicht erkannt, was gerade durch die Kombination von 3D-Druckteilen in Verbindung mit Drahtwälzlagern technisch machbar ist.

Minimales Gewicht durch kundenindividuelle Leichtbaulager

KEM Konstruktion: Welche weiteren Ansätze verfolgen Sie, um den Leichtbau voranzutreiben?

Eberhard: Beispielsweise maximales Zerspanen der Gehäuseteile, Testen alternativer Werkstoffe wie Carbon oder Kunststoff sowie das Zusammenfassen von Bauteilen zu Baugruppen, um die Teilevielfalt zu reduzieren.

KEM Konstruktion: Ihre Drahtwälzlager sind in höchster Ausbaustufe als Komplettsysteme aus Lagerung, Antrieb und Steuerung erhältlich, beispielsweise als Drehtische und Drehverbindungen mit integriertem Direktantrieb (Torque-Motor). Welche Schnittstellen und Sensoren sind – auch optional – verfügbar?

Eberhard: Unser Schlagwort lautet „superindividuell“. Sämtliche weiterführenden Bauteile unserer Torque-Antriebe kann der Kunde frei wählen.

KEM Konstruktion: Und wie viel „integrierte Intelligenz“ ist denkbar als auch praktikabel, um beispielsweise Monitoring- oder gar Maintenance-ansprüchen zu genügen?

Eberhard: Das ist ein großes Thema, das künftig sicher noch an Bedeutung gewinnen wird – Stichwort IoT. Wir forschen schon seit einiger Zeit an intelligenten Systemen zur Zustandsüberwachung, die in unsere Lager integriert werden können.

KEM Konstruktion: Welche Möglichkeiten bieten Sie rund ums Refurbishing eines Lagers an?

Eberhard: Drahtwälzlager haben gegenüber herkömmlichen Wälzlagern den Vorteil, dass ein Austausch der Laufdrähte oft ausreicht, um ein Lager wieder komplett in Stand zu setzen. Gerade bei komplexen kundenspezifischen Gehäuseteilen ist das ein ökonomisch höchst interessanter Aspekt.

KEM Konstruktion: Wie wichtig sind Ihren Kunden am Ende Nachhaltigkeitsaspekte?

Eberhard: Die Wichtigkeit hält sich noch in Grenzen. Aber sie wird wachsen. Niemand kann es sich heutzutage leisten, Nachhaltigkeit zu vernachlässigen. Wir begrüßen diese Entwicklung ausdrücklich.

KEM Konstruktion: Das Prinzip des Drahtwälzlagers nutzen Sie auch für Lineartechnik-Lösungen. Welches Angebot an Lineartechnik bieten Sie insgesamt?

Eberhard: Unser Programm reicht von Profilschienenführungen mit Kassetten in zahlreichen Varianten bis hin zu angetriebenen Systemen. Auch im Linearbereich reicht das Angebot von Low-Cost-Varianten bis hin zu Spezialausführungen, zum Beispiel für Vakuum oder amagnetische Umgebung.

KEM Konstruktion: Welche technischen Features der Linearsysteme sind Ihren Kunden besonders wichtig?

Eberhard: Ich denke, das wären vor allem ein geringes Gewicht durch Aluminium, hohe Dynamik von 40m/s² und schnelle Verfügbarkeit, also maximal fünf Tage Lieferzeit.

95 Prozent kundenindividuelle Drahtwälzlager-Lösungen

KEM Konstruktion: 95 Prozent Ihrer Produkte sind kundenindividuelle Lösungen. Ist das eine Ihrer wichtigsten Abgrenzungen vom Markt?

Eberhard: Absolut. Wir verstehen uns als Entwicklungspartner unserer Kunden und überzeugen sie regelmäßig vom hohen Nutzen exakt angepasster Lagerlösungen.

KEM Konstruktion: Ein Schwerpunkt Ihrer Konstruktionsaufgaben ist demnach die Prototypenentwicklung. Wie läuft die Prototypenentwicklung in Ihrem Haus ab?

Eberhard: In enger Abstimmung mit unseren Kunden prüfen wir die Anforderungen und erarbeiten eine technische Lösung. Wir haben mit der Technischen Hochschule und anderen Instituten ein großes Kompetenznetzwerk, das wir bei Bedarf zu Rate ziehen. Dazu ist Franke sehr gut ausgestattet, was Testequipment und Laboreinrichtungen angeht.

KEM Konstruktion: Welche Rolle spielen Softwarelösungen und digitale Angebote zu Ihrem Portfolio? Und welche Perspektive sehen Sie in dieser Hinsicht für Franke?

Eberhard: Der Einsatz unserer Produkte erfordert ein gewisses Maß an technischem Knowhow. Es bietet sich daher an, die Kunden mit intelligenter Software bei der Produktauswahl zu unterstützen. Wir tun dies bereits mit unseren Online-Tools zur Berechnung und zum Produktvergleich auf unserer Website. Künftig möchten wir diesen Service ausbauen. Wir planen beispielsweise einen Produktkonfigurator, ein Kundenportal für das Order-Tracking sowie einen eigenen Online-Shop.

KEM Konstruktion: Wie digitalisieren Sie Prozesse und Produktionsabläufe?

Eberhard: Wir arbeiten mit einem Methodenwerkzeugkasten, den wir unter dem Schlagwort „Lean Management“ zusammengefasst haben. Dort finden sich Verfahren wie KVP, SMED, 5S, ReKo oder Wertstromdesign, die alle darauf abzielen, schneller, schlanker und digitaler unterwegs zu sein.

KEM Konstruktion: Welche Branchen und Märkte haben sich aus Ihrer Sicht besonders gut entwickelt, welche sind eher rückläufig?

Eberhard: Das Jahr 2020 war sicher nicht repräsentativ für die Entwicklung einzelner Branchen. Dennoch werden Tendenzen spürbar: Der klassische Maschinenbau ist rückläufig, bedingt sicher durch eine Phase der Umstrukturierung, die beispielsweise durch den Wandel in der Automobilindustrie ausgelöst wurde. Die Medizintechnik ist nach wie vor eine stark wachsende Branche für unsere Produkte, mit Schwerpunkt im Exportgeschäft.

KEM Konstruktion: Welche Nachfrage-Erwartungen und wirtschaftlichen Ziele haben Sie für das Geschäftsjahr 2021?

Eberhard: Wir erwarten eine Steigerung der Nachfrage und rechnen mit einem um 15 % höheren Auftragseingang als 2020.

KEM Konstruktion: Wie verfolgen Sie Ihre Ziele?

Eberhard: Unser Zielesystem ist seit Jahren im Unternehmen etabliert. Aus den Unternehmenszielen leiten sich die Ziele der Fachbereiche ab und werden bis zu den Mitarbeitenden heruntergebrochen. Messbare Maßnahmen zur Zielerreichung werden definiert und ihre Realisierung monatlich protokolliert. Ein Bonussystem schafft zusätzliche Anreize, auch wirklich an den Zielen zu arbeiten.

KEM Konstruktion: Welche besonderen Erfahrungen nehmen Sie aus der Corona-Pandemie mit – gerade in Bezug auf digitale Strukturen und Prozesse?

Eberhard: Ohne Digitalisierung hätten wir in der Krise keine Chance gehabt und wir sind froh, rechtzeitig diesen Weg gegangen zu sein. So war es auch relativ einfach, unseren Mitarbeitenden Corona-Maßnahmen wie Home Office oder getrennte Schichten schmackhaft zu machen. Wir haben viel darüber gelernt, wie effiziente Kommunikation auch ohne körperliche Präsenz funktionieren kann. Dasselbe gilt für unsere Produktionsprozesse. Kernprozesse und Anweisungen sind klar beschrieben und in unserem firmeneigenen Wiki für jeden Mitarbeitenden zugänglich hinterlegt. Schon allein aus Gründen der DIN-ISO-Zertifizierung sind derartige Strukturen erforderlich.

www.franke-gmbh.de

Details zu den Innovationsfeldern Leichtbau, Direktantrieb und neue Werkstoffe:
hier.pro/m69WB

Kontakt:
Franke GmbH
Obere Bahnstraße 64
73431 Aalen
Tel. +49 7361 920–0
Fax. +49 7361 920–120
info@franke-gmbh.de
www.franke-gmbh.de


Drahtwälzlager lassen sich gerade auch in Gehäuse aus 3D-Druck integrieren
Bild: Franke

Leichtbaulager

Für unterschiedliche Anwendungsfälle arbeitet Franke mit verschiedenen Materialien wie Kunststoff, Carbon oder Aluminium. Die leichtesten einbaufertigen Drehverbindungen sind derzeit Drahtwälzlager mit Gehäuseteilen aus dem 3D-Drucker. Selbst die innere Geometrie der Werkstücke ist beim 3D-Druck frei wählbar.

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