Startseite » Sicherheitstechnik »

Safety aus einer Hand

Dynamische Sicherheit in der Gelenkwellen-Lackieranlage bei MTU
Safety aus einer Hand

Gesucht: Systemlieferant Sicherheitstechnik. So die „Stellenausschreibung“ der Eisenmann AG zur sicherheitstechnischen Automatisierung der Gelenkwellenfertigung bei MTU in Friedrichshafen. Den Zuschlag erhielt mit Safety Plus – eine Komplettlösung mit Sensorik, Steuerungstechnik, Applikations-Know-how und Service aus einer Hand.

Wer von Sicherheit spricht, sucht offene und umfassende Konzepte, hohe Sensor-, Steuerungs- und Anwendungskompetenz sowie die Berücksichtigung zeitlicher und globaler Dimensionen. Deshalb setzt Sick mit „Safety Plus“ die Kontinuität für integriertes Sicherheitsdenken und -handeln fort. „Mehr Integration bedeutet, vom ersten Planungsschritt bis zur Inbetriebnahme, Instandsetzung und Modernisierung einer Maschine alle sicherheitsrelevanten Aspekte im Blick zu haben“, sagt Olaf Gauß, Abteilungsleiter Elektrokonstruk- tion von Eisenmann.

Eisenmann baut Lackieranlage
Neben Komplettaggregaten fertigt MTU im Product Center Gelenkwellen pro Jahr rund eine Millionen Gelenkwellen für Pkw und leichte Nfz. Um immer auf dem neuesten Stand zu sein, nutzt MTU innovative Fertigungsverfahren, oft realisiert mit externen Partnern. So erhielt die Eisenmann Anlagen GmbH & Co. KG den Auftrag zur Errichtung einer Lackier- und Verpackungsanlage für Gelenkwellen. Eisenmann, Systemanbieter in Sachen Oberflächentechnik, Materialfluss, Keramik, Thermoprozess- sowie Umwelttechnik setzt ebenfalls auf Innovation: „Als Anlagenbauer fokussieren wir uns auf unsere Kernkompetenzen. In Teilbereichen wie Sicherheitstechnik setzen wir ergänzend auf Systempartner“, so Gauß. „Deren Aufgabe ist es, alle Komponenten zu liefern und uns von der Erstellung einer Lösung über Ausarbeitung und Realisierung bis zu Schulung und Service beim Endkunden zu unterstützen.“
Dynamische Lösung
Das Projekt umfasste eine Lackieranlage für Gelenkwellen und eine teilweise manuell bediente Verpackungsanlage. Lade- und Transporthilfsmittel sind bei MTU unterschiedlich große Gestelle. Es wird immer ein Stapel leerer Gestelle in einen gefüllten umgewandelt. Die leeren Einlegegestelle werden per Linienportal mit Greifer aufgesetzt. Die befüllten Stapel werden dann vom Stapler abgenommen. Der Transport zur Befüllstation erfolgt durch stationäre Plattenband-Förderer, das Befüllen der leeren Gestelle mit Gelenkwellen manuell. Der Stapel wird dabei in Abhängigkeit der Höhe auf eine für den Werker komfortable Höhe gefahren. Das Umsetzen der Gestelle übernimmt ein Linienportal, an dem an der Z-Achse ein auf die Gestelle zugeschnittener Greifer montiert ist. Dieser Aufbau wurde in der Anlage drei Mal räumlich nah zueinander ausgeführt. „Schon die Konstellation Staplerfahrer, Linienportal und manueller Arbeitsplatz ist ein Zeichen dafür, dass bezüglich der Sicherheitsanforderung ein in sich geschlossenes und dynamisches Konzept erarbeitet werden musste“, sagt Olaf Gauß „Die Möglichkeit, die Linienportale auch bereichsübergreifend arbeiten zu lassen, verlangte zusätzlich eine dynamische Anpassung der Sicherheitsbereiche im laufenden Betrieb ohne Verlust der Sicherheit beim Wechsel von Betriebsarten.“ Eine konventionelle, statische Ausführung der Sicherheitstechnik mit Schaltgeräten und entsprechender Verkabelung kam aufgrund ihrer Komplexität und Inflexibilität daher nicht in Frage. „Statt dessen erarbeitete Sick bereits in der Angebotsphase ein dynamisches Absicherungskonzept, das MTU und uns überzeugte“, so Gauß. „In der weiteren Abwicklung lieferte Sick alle sicherheitstechnischen Komponenten aus einer Hand und unterstützte deren Integration in die Gesamtkonstruktion der Anlage bei Eisenmann. Hierzu gehörte die Kontrolle der Schaltpläne, die Erstellung der Software, die Inbetriebnahme eines Vormontageaufbaus bei Eisenmann und letztlich die Inbetriebnahme bei MTU.“
Für die Gelenkwellenanlage wurden induktive Sicherheits-Sensoren der Baureihe IN4000, Sicherheits-Lichtgitter Typ C4000 und Mehrstrahl-Sicherheits-Lichtschranken der Serie M4000 ausgewählt. Sie bieten Sicherheit gemäß Kategorie 4 nach IEC 61496 und SIL 3 nach IEC 61508. Herzstück der Lösung ist jedoch die Sicherheits-Steuerung UE4470. Sie ermöglicht es, über zertifizierte Funktionsblöcke entsprechende Sensoren wie Sicherheitslichtgitter, Not-Aus-Taster oder Tür-Sicherheitsabfragen logisch miteinander zu verknüpfen und schon ohne angeschlossene Hardware auszutesten.
Dynamik flexibel realisiert
Die Herausforderung bei der Sicherheitsfunktion besteht darin, dass ein statisches Abschalten der gesamten Anlage aufgrund der hohen Taktrate der angelieferten Gelenkwellen unmöglich ist. Folglich muss sie dynamisch realisiert werden. Insgesamt 26 Sicherheits-Lichtgitter und -schranken sichern die einzelnen Gefahrenbereiche ab. Zusätzlich werden die Positionen der drei Linienportale über berührungslose Sicherheitssensoren abgefragt. Als Ergebnis der logischen Verknüpfung in der flexiblen Sicherheitssteuerung führen die Signale der Lichtgitter und -schranken nur dann zum Nothalt der Linienportale oder Plattenförderer, wenn sich eine Person im unmittelbaren Gefahrenbereich befindet. Außerhalb dessen können die Bereiche betreten werden, ohne dass eine Abschaltung erfolgt. Lediglich eine Quittierung über Reset ist erforderlich. Das Verhalten der Anlage unterscheidet sich dabei deutlich in Abhängigkeit von der gewählten Betriebsart.
Status-, Diagnose- und Fehlermeldungen können vor Ort oder über das Netzwerk erfasst und verarbeitet werden. Der modulare Aufbau und die Möglichkeit der verteilten Logik in der Applikation machten sich auch in diesem Auftrag positiv bemerkbar. „Auf Grund von Erweiterung, die sich im Laufe des Projektes ergaben, mussten zusätzliche Sicherheitsfunktionen vorgesehen werden. Durch einfaches Hinzufügen entsprechender Komponenten sowie durch Erweiterung des Sicherheitsprogramms konnte dies ohne großen Aufwand integriert werden“, bestätigt Gauß. Weiterer Vorteil dieses Systems ist auch die ständige Prüfung der angeschlossen Komponenten auf korrekte Funktion. Dies erfolgt mittels sogenannter Testsignale, die in gleicher Form an einem Sicherheitseingang wieder erwartet werden. Für nicht sicherheitsrelevante Funktionen wie die Ansteuerung einer Meldelampe stehen vier konfigurierbare Standard-Ausgänge zur Verfügung. „Die Notwendigkeit eines zusätzlichen Bussystems oder zentraler Ein-/Ausgänge kann dadurch für bestimmte Stellen einer Anlage eventuell entfallen“, nennt Olaf Gauß einen wichtigen Vorteil.
Skalierbarer Umfang
Die Sicherheits-Steuerung UE 4470 enthält selber 16 lokale Sicherheitseingänge und acht lokale Sicherheitsausgänge, so dass kleinere Applikationen ohne zusätzliche Erweiterungsmodule realisiert werden können. Die „Verdrahtung“ erfolgt am PC per Drag & Drop. Mit der E/A-Erweiterung UE 4421in IP20 und ihren sicheren Ein-/Ausgängen ist eine zusätzliche Integra- tion weiterer Sicherheitsgeräte jederzeit möglich. Zudem spart die Signalvorverarbeitung auf den UE4421 Zykluszeit in der UE4470 und vereinfacht das Logikprogramm deutlich. Für eine ortsnahe Anbindung von Sicherheitsgeräten in das System stehen zudem die dezentralen E/As UE4420 in IP67-Ausführung zur Verfügung. Diese können direkt vor Ort in der Anlage platziert werden. Auch hier erleichtert eine intelligente Signal-Vor-Verarbeitung die Systemlösung. Die Anbindung an die Sicherheits-Steuerung erfolgt über Devicenet Safety.
Grundvoraussetzung für die Systemauslegung war eine einfache und flexible Anbindung und Integration der sicherheitsgerichteten Automation in die Standard-Automatisierung. Die dezentrale Standard-Steuerungstechnik basiert auf einer Profibus-DP Lösung. Die nahtlose Einbindung der Sicherheitsautomation erfolgte über ein handelsübliches kompaktes Gateway – ebenfalls von Sick. „Durch die flexible Anbindung der Sicherheitstechnik basierend auf Devicenet Safety in das Gesamtsteuerungskonzept auf Basis Profibus DP haben wir jederzeit Zugriff auf sämtliche Signalzustände und den Systemstatus der Sicherheitstechnik. Dies ist beispielsweise wichtig, um ein durchgängiges Bedien- und Beobachtungskonzept realisieren zu können“, bestätigt Olaf Gauß. „Durch die Verwendung von offenen Systemstandards können die Vorteile verschiedener Automationsplattformen gebündelt werden, ohne durch systembezogene Nachteile limitiert zu werden – ein weiterer Pluspunkt für die Zusammenarbeit mit einem kompetenten Systempartner.“
Erfolgreiche „Ausschreibung“
Für Eisenmann hat sich die durchgängige Zusammenarbeit mit einem Systemlieferanten im MTU-Projekt bewährt. So konnte das Expertenwissen bereits bei Planung, Entwurf und Projektierung der Anlage berücksichtigt werden, unter anderem bei der Gefahrenanalyse und der Entwicklung eines dynamischen Sicherheitskonzeptes. Dies hat entscheidend zur Vermeidung von nachträglichen Änderungen aufgrund übersehener Aspekte beigetragen. Die erforderlichen Sicherheitsprodukte einschließlich der Sicherheits- und Anwendersoftware konnten so zusammengestellt und konstruktiv berücksichtigt werden, dass sich für MTU eine in ihren sicherheits- und Automatisierungsfunktionen maßgeschneiderte und kostenoptimierte „Safety Solution“ ergab. „Schließlich übernahm Sick nicht nur die Inbetriebnahme, Einweisung und Systemschulung vor Ort, sondern lieferte auch die gesamte CE-Dokumentation einschließlich aller erforderlichen Prüfberichte“, sagt Olaf Gauß. „Damit hatten wir einen Partner, der mit seiner Kompetenz dazu beigetragen hat, die gestellten sicherheitstechnischen Aufgaben in der Anlage so umzusetzen, dass Technik, Termin und natürlich auch der Preis einen erfolgreichen Abschluss mit sich brachten.“ International agierende Unternehmen wie Eisenmann sowie deren Endkunden sind zudem auf eine weltweite Verfügbarkeit von zentralen Komponenten sowie von Support und Service innerhalb kürzester Zeit angewiesen – eine weitere, oftmals entscheidende Anforderung, die Safetyplus-Komplettlösungen mit Sicherheit erfüllen.
Sicherheits-Steuerung UE4470 KEM 436
E/A-Erweiterungen UE4421in IP20 KEM 437
E/A-Erweiterungen UE4420 in IP67 KEM 438
Unsere Whitepaper-Empfehlung
Systems Engineering im Fokus

Ingenieure bei der Teambesprechung

Mechanik, Elektrik und Software im Griff

Video-Tipp

Unterwegs zum Thema Metaverse auf der Hannover Messe...

Aktuelle Ausgabe
Titelbild KEM Konstruktion | Automation 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts
Webinare

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper
Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de