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Cremig-Mild Oder Herzhaft-Deftig

Kfz-Test- bericht Mercedes- Benz A 160 CDI und A 200 CDI
Cremig-Mild Oder Herzhaft-Deftig

Die Küchenmeister in den Automobil-Entwicklungsabteilungen zelebrieren mit Verve eine umfangreiche Speisekarte. Mal straßentauglicher SUV, mal Kombi mit Geländeambitionen oder neuerdings Van mit sportlichem Touch – angerührt wird, was dem Kunden schmeckt. Unter der Motorhaube steckt aber immer häufiger Eintopf.

Der Autor und Testwagenfahrer Dipl.-Ing.Jürgen Goroncy ist freier Mitarbeiter der KEM

Es kommt immer öfter vor, dass verschiedene Automodelle ihre Kraft aus der gleichen Gulaschkanone schöpfen, wenn auch unterschiedlich stark gewürzt. Meister dieser Nouvelle Cuisine sind wie üblich die Franzosen. So serviert PSA für die Eigenmarken Peugeot und Citroën, aber auch für Ford und zukünftig Toyota einen kleinen Dieselmotor mit 1,4 Liter Hubraum, dessen Innereien mal 40, mal 50 oder sogar 66 kW Leistung entwickeln.
Aber auch deutsche Küchenchefs haben diese Variationen auf ihrer Karte. Angedacht hatte die KEM-Redaktion den Besuch im Opel-Restaurant, doch leider wollten (oder konnten) die Rüsselsheimer Kellner keinen Opel Astra 1,9 CDTI in den Geschmacksrichtungen 74, 89 und 110 kW servieren. Also weitergezogen in das gutbürgerlich schwäbische Etablissement von Mercedes-Benz und zwei Portionen die taufrische A-Klasse bestellt. Auf den Tisch kamen schließlich die Modelle A 160 CDI mit 60 kW und A 200 CDI mit 103 kW.
Die Schaufel macht‘s
Wie bei einer Maultasche kann man nicht sofort erkennen, was unter der kompakten Hülle der A-Klassen steckt. Wo 160 und 200 draufsteht, ist beide Male ein Vierzylinder-Dieselmotor mit knapp zwei Liter Hubraum und Common-Rail-Einspritzung drin. Den Leistungsunterschied bewerkstelligten die Mercedes-Ingenieure zum Einen mit unterschiedlichen Einspritzparametern und Kennfeldern in der Software, die den Einspritzzeitpunkt und die -mengen regeln. Zum Anderen hat der stärkere Motor einen Turbolader mit variabler Turbinengeometrie. Bei diesem Lader verändert sich der Winkel der Leitschaufeln. So kann abhängig von der aktuellen Motordrehzahl die größtmögliche Abgasmenge für die Komprimierung der Ansaugluft und den Aufbau von Ladedruck genutzt werden. Bei niedriger Drehzahl verringern die Leitschaufeln den Querschnitt und der Ladedruck steigt. Bei hohen Drehzahlen wird der Querschnitt vergrößert und die Wirkung des Turboladers nimmt ab. Die bedarfsabhängige Ladersteuerung verbessert zum Beispiel die Zylinderfüllung und erzielt dadurch ein höheres Drehmoment. Der A 160 CDI hingegen hat nur einen starren Lader – ebenso wie der dritte Selbstzünder im Bunde, der 180 CDI mit 80 kW Leistung.
Chili con carne
Die Auswirkungen der Leistungskur sind wie der Unterschied zwischen Grießbrei und Chili con carne. Der 160 CDI beschleunigt mit 180 Nm etwas sämig wie das Milchprodukt. Die Fahrleistungen sind noch befriedigend, wenigstens erfolgt die Leistungsabgabe gleichmäßig ohne das Diesel-typische Turboloch. Für einen Zwei-Liter-Common-Rail-Motor ist das aber eindeutig zu schlapp.
Ganz anders hingegen haben die Mercedes-Köche den 200 CDI abgeschmeckt. Wie ein scharfes Chili con carne ist von Anfang an Feuer vorhanden, der Motor zieht sofort munter los und sorgt für wohliges Magendrücken – kein Wunder bei 300 Nm Drehmoment. Überraschenderweise schenken sich die Kontrahenten nur wenig beim Kraftstoffverbrauch. Beide genehmigen sich etwa 6 l Diesel pro 100 km, was zunächst für den 200 CDI spricht. Er ist erste Wahl für den leistungsbewussten Fahrer, zumal er serienmäßig mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe ausgestattet ist. Allerdings liegen seine Unterhaltskosten um etwa ein Drittel höher als beim kleinen Diesel mit Fünfgang-Schaltgetriebe.
„Kleingeld“ ist wichtig
Die beste Alternative ist – wie so oft – der goldene Mittelweg, der 180 CDI: Deutlich kostengünstiger als der große Zwillingsbruder, bietet er ungleich bessere Fahrleistungen als der 160 CDI. Insgesamt verlangt die Mercedes-Benz für die A-Klasse aber Preise wie im 3-Sterne Restaurant. Der 160 CDI-Testwagen, reichlich garniert mit Sonderausstattungen, kostet als Viertürer mehr als 26 000 €. Sein Pendant mit dem stärksten Dieselmotor schlug sogar mit mehr als 35 000 € zu Buche. Wohlgemerkt, für ein Auto mit Kleinwagenmaßen!
Dämpfkraft variieren
Karosserie und Fahrwerk sind bei beiden Modellen weitgehend identisch, der A 200 CDI hatte zusätzlich ein Sportfahrwerk. Es bietet ein etwas besseres Kurvenverhalten, ist aber ungleich härter abgestimmt und hart an der Grenze zum Unkomfor- tablen. Das normale Fahrwerk des A 160 CDI reicht bezüglich Fahrdynamik aus und schont den Rücken etwas besser. Dazu tragen auch die Stoßdämpfer von Bilstein bei, bei denen ein zusätzlicher Steuerkolben relativ einfach die Dämpfkraft variiert. Bei normaler Beanspruchung gibt er einen Bypass frei, es fließt mehr Öl, die Dämpfkraft bleibt moderat. Bei hoher Belastung verschließt der Kolben den Bypass, der geringere Öffnungsquerschnitt hat mehr Dämpfkraft zur Folge.
Ausstattung
Die modulare Ausstattungspolitik von Mercedes-Benz lässt trotz unterschiedlicher Motorisierung weitgehend gleiche Innenräume zu. Auffällig ist das komplett neu gestaltete Interieur, das nichts mehr von der Verspieltheit des Vorgängers hat, sondern erwachsen und hochwertig wirkt. Lieferant Johnson Controls hat dafür die Sitze, die Instrumententafel, die Türverkleidungen und die Einparkhilfe beigesteuert. Die Sitze bieten guten Seitenhalt, haben viele Verstellmöglichkeiten und sind mit Lordosenstützen ausgestattet. Leider sind die Sitze nicht hoch genug über dem Fahrzeugboden montiert, so dass die Füße unnatürlich flach im Fußraum liegen. Gut war das Vario-Plus-System im A 200 CDI, das eine herausnehmbare Fondsitzbank samt Beifahrersitz und so eine ebene und relativ lange Ladefläche bot. Dennoch ist die Fondsitzanlage nicht ganz so variabel wie die im Opel Meriva, der hier Standards setzt.
Unbedingt empfehlenswert sind auch das Soundsystem und das Navigationssystem von Harman/Becker, das neben einer übersichtlichen Kartendarstellung auch präzise und sehr zuverlässig arbeitete. Das Soundsystem verwandelt die A-Klasse in einen mobilen Konzertsaal. Wie überhaupt die zweite Auflage der A-Klasse viele Kinderkrankheiten abgelegt hat. Bei Fahrverhalten, Motorisierung und Innenausstattung ist der Anschluss an den Markenstandard geschafft – leider auch beim Preis.
Mercedes A-Klasse KEM 530
Stoßdämpfer KEM 531
Navi-Soundsystem KEM 532
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