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Hart, härter, am härtesten

Nanokristalline Diamantfolie für hochbeanspruchte Werkzeugbereiche
Hart, härter, am härtesten

Um die Eigenschaften von CVD-Diamantschichten auf empfindlichere Substrate als beispielsweise Titan oder Siliziumkarbid zu erweitern, arbeiten Wissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg an der Herstellung nanokristalliner Diamantfolien. Im nächsten Entwicklungsschritt will man weg von rein planaren Halbzeugen hin zu drei- dimensional geformten Geometrien.

Exklusiv in KEM Die Autoren: Matthias A. Lodes und Dr.-Ing. Stefan M. Rosiwal und Robert F. Singer sind Mitarbeiter am Lehrstuhl Werkstoffkunde und Technologie der Metalle der FAU Erlangen-Nürnberg

Synthetischer kristalliner Diamant, wie er per Heißdraht-Gasphasenabscheidung (Hot-Filament Chemical Vapour Depostion, HFCVD) hergestellt werden kann, findet in industriellen Bereichen Anwendung, wenn extreme Verschleißbeanspruchungen auftreten. Dies gilt beispielsweise für Siliziumkarbid-Gleitringdichtungen in Pumpen, die beispielsweise die Diaccon GmbH, Fürth, mit Diamant beschichtet. Durch diese Diamantbeschichtung steigt die Lebensdauer enorm. Auch den im Medienschmierungs-Betrieb gefürchteten partiellen Trockenlauf überstehen die „Diamant“-Ringe.
Struktur der Schicht sorgt für Verschleißbeständigkeit
Zurückzuführen ist die überragende Verschleißbeständigkeit auf die Struktur der Diamantschicht, die aus vielen wenige Mikrometer großen Diamanteinkristallen besteht, ohne dabei eine weiche Binderphase zu benötigen (im Gegensatz zu gesintertem PKD). Mikrokristalline Diamantschichten besitzen die volle Härte des natürlichen Diamant (100 GPa), der der härteste Werkstoff der Welt ist. Anders als die weit verbreiteten DLC-Schichten, bestehen die CVD-Diamanschichten außerdem aus rein kristallinem Diamant und weisen keine amorphen und damit „weichen“ Bereiche auf.
Das Aufbringen der Schicht geschieht aus den Precursor-Gasen Methan und Wasserstoff, die an resistiv geheizten Filamenten angeregt werden, wodurch sich schließlich Kohlenstoff aus den Methanmolekülen in Form von Diamant an der Oberfläche anlagert. Leider liegt die Beschichtungstemperatur mit rund 800 °C sehr hoch, was zusammen mit der Wasserstoffatmosphäre zu einer hohen Belastung der Substratwerkstoffe führt. Nur eine kleine Auswahl an Materialien eignet sich für eine CVD-Diamantbeschichtung, beispielsweise Titan, Niob, Tantal, Hartmetall (WC/Co) oder Siliziumkarbid.
Eigenschaften auf empfind- liche Substrate übertragen
Um die herausragenden Eigenschaften von CVD-Diamantschichten auf empfindlichere Substrate zu erweitern, arbeitet der Lehrstuhl für Werkstoffkunde und Technologie der Metalle seit vier Jahren im von der Bayerischen Forschungsstiftung geförderten Verbund „Forlayer“ an der Herstellung nanokristalliner Diamantfolien. Die Idee, die dahinter steht, ist die Trennung von Herstellung und Applizierung der Diamantschicht. So wird in einem ersten „heißen“ Prozess auf geeigneten Templates (beispielsweise Siliziumwafern) eine Diamantschicht abgeschieden. Diese kann dann in einer kombinierten Laser- und Ultraschallbehandlung vom Templat abgeformt werden und steht als Diamant-Halbzeug in Form einer etwa 50 µm dicken nanokristallinen Diamantfolie zu Verfügung. Die Nanokristallinität garantiert dabei – bei leicht verminderter, aber noch extrem hoher Härte von etwa 85 GPa – eine hohe Festigkeit bei gleichzeitiger Flexibilität. Die Formgebung kann anschließend mittels Laserschneiden erfolgen, wodurch beliebige planare Geomtrien erzeugbar sind.
In einem zweiten „kalten“ Prozess wird dieses Diamanthalbzeugs auf beliebige Substrate aufgebracht, die durch die Vermeidung der Prozessatmosphäre auch Kunststoffe, Leichtmetalle oder Stähle sein können. Eine geeignete Methode, um Diamantfolie auf technischen Bauteilen aufzubringen, ist das Kleben mit 2K-Epoxidharz-Klebern. Durch das Aushärten bei Raumtemperatur werden thermische Eigenspannungen zwischen Diamantfolie und Substrat vollständig vermieden und es entsteht eine Verbindung mit guter Haftfestigkeit. Diese kann mit einem klassischen Rockwell-Eindrucktest oder einem modifizierten Scratch-Test gemessen werden.
Auch eine Lotverbindung von Diamantfolie auf Substraten ist möglich. Zwar unterliegt das Substrat dabei doch wieder einer gewissen thermischen Belastung (wenn auch ohne die aggressive Prozessatmosphäre im HFCVD-Prozess), dennoch besitzt eine Lötverbindung eine bessere Stützwirkung und elektrische Leitfähigkeit als eine Klebschicht.
Hin zu dreidimensional geformten Geometrien
Aktuell beschäftigen sich die Wissenschaftler mit der Erweiterung des Diamantfolienspektrums weg von rein planaren Halbzeugen hin zu dreidimensional geformten Geometrien, um auch 3D-Bauteile mit Diamantfolie belegen zu können. Hierzu erfolgt die CVD-Diamantbeschichtung auf stabilen „Templat-Negativen“. Die Diamantschicht bildet die Konturen ab und kann im Ganzen vom Templat abgenommen und anschließend auf den zu schützenden Bauteil-Bereich ufgesetzt werden.
Universität Erlangen-Nürnberg;
Telefon: 09131 8527520;
E-Mail: matthias.lodes@ uni-erlangen.de

Neuartiges keramisches Halbzeug
Highlights der Nanokristallinen Diamantfolie
Nanokristalline Diamantfolie ist ein neuartiges keramisches Halbzeug. Es zeigt die bisher höchsten an bulk-Folienmaterial gemessene Härte, Bruchfestigkeit und Steifigkeit. Die Herstellung erfolgt mittels Heißdraht-Gasphasenabscheidung aus Methangas und Wasserstoff auf Templat-Materialien wie Silizium. Trotz der herausragenden mechanischen Stabilität zeigen die Folien mit einer Dicke von etwa 50 µm eine hohe Flexibilität. Die einzigartigen Eigenschaften von (Nano)Diamant sind somit als Folienhalbzeug verfügbar, das beispielsweise als Verschleißschutz auf hochbeanspruchten Werkzeugbereichen Anwendung finden kann.
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