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Eine sinnvolle Alternative

Drehmomentkugelbuchsen
Eine sinnvolle Alternative

Mit den Drehmomentkugelbuchsen hat Dr. Tretter besondere Maschinenelemente im Portfolio. Auch als Nutwellenführungen bezeichnet, können sie Drehmomente übertragen und abstützen – jeweils bei gleichzeitiger Translation – und das selbst bei engen Platzverhältnissen. Bei gleicher Baugröße haben die Drehmomentkugelbuchsendeutlich höhere Tragzahlen als Kugelbuchsen. Im Vergleich zu Linearführungen lassen sie sich einfach und ohne Unterkonstruktion anbinden. Mit diesen Vorteilen kommen sie in vielen Sonderlösungen zum Einsatz – zum Beispiel in Lackieranlagen oder in einem Beladesystem, das Nockenwellen stapelt und einer Schleifmaschine zuführt.

Dr. Rainer Widmann, Marketing, Dr. Erich Tretter GmbH + Co.

„Bei der Übertragung erfüllen diese Elemente die Funktion einer Vielkeilwelle“, erklärt Thomas Kontner, technischer Berater bei der Dr. Erich Tretter GmbH + Co. mit Sitz im schwäbischen Rechberghausen. Das Besondere sei, betont er, dass durch das Wälzelement Kugel kein Stick-Slip-Effekt auftrete. Die Translationsbewegung und der Reversierbetrieb erfolgen zudem ruckfrei. Bei den Drehmomentkugelbuchsen läuft die Kugel in eingeschliffenen Nuten. Damit sind diese Maschinenelemente deutlich belastbarer als herkömmliche Rundführungen. „Das liegt an der Geometrie der berührenden Körper“, beschreibt Kontner. „Denn die konvex geformte Kreisbogenlaufrille schmiegt sich an die ebenfalls konvexe Kugel eng an.“ Diese Schmiegung vergrößert die Kontaktfläche. Bei Belastung bildet sich eine Pressungsellipse aus. Gleichzeitig reduziert sich die Hertzsche Pressung – das ist die größte Spannung, die in der Mitte der Berührungsflächen zweier elastischer Körper herrscht.
Bei der Kugelbuchse hingegen ist die Situation eine andere. Die Kugel läuft auf einer konkav geformten Welle. Das mindert die Kontaktfläche erheblich, die Hertzsche Pressung zwischen Kugel und Welle steigt bei Belastung deutlich. „In der Theorie heißt das: Während die Kugel in diesem Fall mit der Belastung 1 beaufschlagt werden kann, ist die mögliche Belastung einer Kugel der gleichen Größe bei einer Drehmomentkugelbuchse um das 13-fache höher, weil diese bei entsprechender Schmiegung in der Nut läuft“, erklärt Kontner. Damit ist nicht nur die dynamische Tragzahl deutlich höher, sondern auch die Lebensdauer. Denn diese hängt in der dritten Potenz von der Belastung ab. Das ergibt eine Steigerung um den Faktor 2200.
Kompakter gebaut und genauso belastbar
„Ingenieure haben damit den Vorteil, mit diesen Maschinenelementen weitaus kompaktere Konstruktionen realisieren zu können“, sagt Kontner. Das wirkt sich insbesondere auf die Drehmomentabstützung aus. Denn Kugelbuchsen benötigen dafür zwei Rundführungen. Bei den Drehmomentkugelbuchsen übernehmen das die Kugeln, die in den Nuten laufen. Über die Kugelgröße kann sie spielfrei eingestellt werden, und über eine entsprechende Vorspannung lässt sich die Steifigkeit erhöhen. „Das ist ein weiterer großer Vorteil im Vergleich zu normalen Kugelbuchsen“, weiß Kontner. Denn die höhere Steifigkeit der Führung wirkt sich besonders auf die Genauigkeit aus.
Und im Vergleich zu Profilschienenführungen? Beide Systeme können als Kugelumlaufführungen betrachtet werden und haben ähnliche Schmiegungsverhältnisse. Damit können sie vergleichbare Lasten aufnehmen. Der Unterschied liegt vielmehr in der Geometrie: Weil sich die Drehmomentkugelbuchsen als tragende Konstruktionselemente eignen, lassen sie sich – genau wie Kugelbuchsen – sehr einfach an die Umgebungskonstruktion anbinden. Profilschienenführungen benötigen hingegen einen entsprechenden Unterbau. Das erfordert deutlich mehr Platz.
Drehmomentkugelbuchsen in verschiedenen Varianten
„Für die unterschiedlichen Anwendungen haben wir verschiedene Varianten dieses Führungssystems im Programm“, beschreibt Kontner. Dazu gehört zum Beispiel die Drehmoment-Flanschkugelbuchse. Je nach Größe hat sie einen abgeflachten oder einen runden Flansch. Wanddicken und Kugeldurchmesser sind optimiert, um eine kompakte Konstruktion zu ermöglichen. Durch den Flansch kann der Monteur die Buchse einfach installieren. Dies vereinfacht auch die Konstruktion der umliegenden Teile.
Eine weitere Variante ist die Rotations-Drehmomentkugelbuchse. Bei ihr ist der Außenring drehbar gelagert. Sie kann gleichzeitig Linear- und Rotationsbewegungen aufnehmen und bietet somit eine raum- und gewichtssparende Lösung für viele Handhabungs- und Automationsaufgaben. Die Kombination aus Nutwelle und Rotationsmutter reduziert die Anzahl der Bauteile erheblich im Vergleich zu einem konventionellen System. Diese Kombination verringert außerdem den Durchmesser des Gehäuses, es ist leichter und lässt sich einfacher montieren.
Drehmomentkugelbuchse statt Linearführung
Auf diese Maschinenelemente setzt zum Beispiel die Sprimag Spritzmaschinenbau GmbH & Co. KG in Kirchheim/Teck. Der Sondermaschinenbauer stellt Anlagen her, die Metallverpackungen wie Tuben, Dosen oder Getränkeflaschen von innen lackieren. Um den Lacknebel oder das Pulver, das beim Beschichtungsvorgang freigesetzt wird, sofort aufzunehmen, befindet sich in jeder Maschine eine Absaugung. Je größer ihr Querschnitt ist, desto effizienter arbeitet sie. Der Querschnitt kann allerdings nicht beliebig groß gewählt werden. Denn im Bauraum befindet sich neben der Absaugung ein Großlager, in dem die Schienenführung für die Hubbewegung der Spritzeinheit sitzt.
„Um den Bauraum zu minimieren, mussten die Konstrukteure die Führungsart der Spritztechnik ändern“, beschreibt Kontner. Zu diesem Zeitpunkt waren nochLinearführungen verbaut. Diese verursachten weitere Probleme: Aufgrund der Anbindung an die Konstruktion konnte die Spritzeinheit nicht mittig auf der Führung platziert werden. Wurde der Hubvorgang abgebremst, kam es zu Schwingungen. Dadurch war kein genauer und reproduzierbarer Lackiervorgang möglich.
Durch diese asymetrische Anordnung und die verwinkelte Anbindung der Schienenwagen wirbelten bei der Absaugung außerdem Farbstoffteilchen umher, die sich dann im Bauraum und auf der Außenseite des Produkts festsetzten. Kugelbuchsen waren keine Alternative, denn sie lieferten nicht die geforderte Leistung von mehr als fünf Millionen Doppelhüben im Jahr. Die Entwickler entschieden sich für die Drehmomentkugelbuchsen.
Kostengünstig positionieren und kontrollieren
Zu den Kunden, die Tretter-Berater Thomas Kontner betreut, gehört auch die ads-tec GmbH in Nürtingen bei Stuttgart. Der Sondermaschinenbauer stellte bis vor kurzem automatisierte Zuführ- und Handhabungssysteme her, die Werkzeuge, Werkstücke, Baugruppen oder Rohstoffe taktzeitoptimiert zwischen definierten Prozessschritten sicher und kostengünstig positionieren und kontrollieren.
„Hohe Anforderungen waren an ein Beladesystem gestellt, das Nockenwellen stapelt und über ein Greifsystem einer Schleifmaschine zuführt“, beschreibt Kontner. Ziel war es, dieses Beladesystem sehr schlank, gewichtsoptimiert und gut zugänglich zu halten. Aber noch viel wichtiger war es, mit dem Drehmomentsystem sowohl die Führungsaufgabe der Greifereinheit als auch die Schwenkbewegung der beiden Greifermimiken sowie das Öffnen und Schließen der jeweiligen Greiferzange zu bewerkstelligen.
Die Lösung sah dafür den Einsatz zweier Längsführungen vor. „Wir lieferten gezogene Wellen mit einer Länge von vier Metern. Diese durften dabei eine nur geringe Verdrehabweichung aufweisen“, erläutert Kontner. Um eine sehr kurze Taktzeit zu realisieren, muss der Schlitten, der auf den Wellen verfährt, kompakt und gewichtsoptimiert gebaut sein. In die Maschinen sind nun zwei Wellen mit je einer Drehmomentkugelbuchse eingebaut. Diese sind so leistungsgerecht ausgelegt und hochwertig gefertigt, dass montagefertige Standard-Elemente zum Einsatz kommen. Weil mit dieser Lösung keine Antriebe auf dem Schlitten mitfahren, sind sehr wenige Kabel erforderlich, sie ist deutlich leichter und somit schneller.
Kommen die Werkstücke über ein Band, einen Hubtaktförderer oder eine Stapelzelle zu dem Beladesystem, werden sie ausgerichtet und anschließend auf ihre Kontur geprüft. Dafür muss die Aufnahme gedreht werden. „Unsere rotationssymmetrischen Maschinenelemente eignen sich besonders gut für diese Aufgabe“, sagt Kontner. Denn mit dieser Eigenschaft, und weil sie freitragend sind, also keine Unterkonstruktion erfordern, erreichen sie Drehungen um jeden beliebigen Winkel. I
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