Inhaltsverzeichnis
1. Getaktete Ansteuerung verursacht Störströme
2. Neuartige Kabelkonstruktion mit innovativer Verseiltechnik
3. Auf Herz und Nieren getestet
4. Empfehlungen für die EMV-optimale Installation von Frequenzumrichtern
5. Bis zu 80 % reduzierte Ausgleichsströme
Im Rahmen des PEPA-Forschungsprojektes des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz wird nun nach Lösungen gesucht, solche Störströme zu verhindern. Neben Lapp sind an dem Projekt die Firmen SEW-Eurodrive, Block, Danfoss, Magnetec und die Technische Universität Darmstadt beteiligt. Hier führt Lapp das Arbeitspaket 4: „Kopplungen zwischen benachbarten Leitungen sowie mit Anlagenteilen. Messungen und Optimierungen der Kabelkonstruktion.“ Dessen Ziel ist es, eine firmenübergreifende Forschung an einem komplexen Thema aus der Automatisierungs-/Antriebswelt, bei dem es insbesondere auf die korrekte Auswahl der Verbindungskomponenten sowie der fachgerechten Installation dieser ankommt, zu forcieren.
Getaktete Ansteuerung verursacht Störströme
Die Teilnehmenden wollten vor allem erforschen, warum es vor allem in Industrieanlagen, in denen Frequenzumrichter-gesteuerte Motoren eingesetzt werden, sehr oft zu unerwünschten Strömen auf den Potentialausgleichsleitungen (PA) oder Schutzerdleitungen (PE) kommt. Ergebnis: Durch die getaktete Ansteuerung bzw. Pulsweiten-Modulation werden Störströme im Bereich von rund 3 kHz bis 1 MHz angeregt, die über Gehäuseteile, PA-/PE-Leiter/-Netze und im schlimmsten Fall über die Schirmung von Datenleitungen in Richtung Erdpotential beziehungsweise zur Quelle abfließen. Hochfrequente Ausgleichströme mit einer Amplitude von 10 A oder mehr sind hierbei keine Seltenheit. Die Folgen sind unzulässig hohe Ströme auf der Schutzerde und dadurch vermeintlich fehlerhaft auslösende FI-Schutzschalter (RCD) oder Beeinträchtigung der Datenkommunikation, wenn beispielsweise die Ausgleichsströme über den Kupferschirm einer Datenleitung fließen. Diese Fehler sind schwer zu finden, da sie keiner Systematik folgen.
Neuartige Kabelkonstruktion mit innovativer Verseiltechnik
In diesem Zusammenhang hat Lapp vor allem die physikalischen Kopplungsmechanismen innerhalb von Motor-Anschlussleitungen untersucht. Und das Entwicklungsteam hatte eine geniale und im Prinzip ganz einfache Idee: eine neuartige Kabelkonstruktion könnte Störströme deutlich vermindern. Die zeroCM-Technologie war geboren. Ursprung der Innovation war es, den Status-Quo in der Kabeltechnik auf den Prüfstand zu stellen: so waren bisherige Konstruktionen eher auf geringe Außendurchmesser und eine optische Symmetrie getrimmt. Das Problem EMV wurde bis dato immer durch Schirmung gelöst. Lapp ging mit der zeroCM-Technologie einen anderen Weg: die Leitung ist vom visuellen Erscheinungsbild unsymmetrisch, jedoch wird 100%-ige elektromagnetische Symmetrie erzielt. Letztendlich wird dadurch sogar weniger Schirmung benötigt.
Hinter der Technologie steckt eine spezielle, innovative Verseiltechnik: Drei Phasenleiter sind symmetrisch angeordnet und in einer Innenlage verseilt. Ergänzend wird mindestens ein Schutzleiter in einer Außenlage mit entgegengesetzter Verseilschlagrichtung um die drei Phasenleiter in einem bestimmten Schlaglängenverhältnis verseilt. Die Isolation der Leiter ist kapazitätsoptimiert und besteht aus Polyethylen, Polypropylen oder aus einer geschäumten Variante. Zwischen der Innenlage und der Außenlage befindet sich ein trennendes Fleece. Durch diese Konstruktion erreicht man perfekte elektrische Symmetrie, welche die magnetische Abstrahlung reduziert und die internen Kopplungen stark verringert. Der erste Prototyp-Leitung mit neuem Kabeldesign ist die Ölflex-Servo FD zeroCM. Sie ist speziell für den Einsatz in Verbindung mit Frequenzumrichtern geeignet.
Auf Herz und Nieren getestet
Die Ölflex-Servo FD zeroCM wurde im Rahmen des PEPA-Forschungsprojekts bei den Projektpartnern auf Herz und Nieren getestet. Neben der Untersuchung einer EMV-optimierten Installation von Komponenten wurde unter anderem die Rolle der Ausgangsleitung bewertet. Zum Vergleich wurden ein identischer Versuchsaufbau mit einem Antriebssystem mit Potentialausgleich sowie paralleler Signalleitung (Profinet) gewählt.
Verglichen wurden eine geschirmte PVC-isolierte Standardleitung, eine niederkapazitive Servoleitung, eine symmetrische Motorleitung mit drei Schutzleitern sowie die zeroCM-Leitung. Dabei ergaben sich eindeutige Ergebnisse. Die besten Werte hinsichtlich Ableitstrom am Umrichter-Ausgang wurden durch den kapazitätsarmen Aufbau der zeroCM-Leitung erreicht. Die generierten Ableitströme stellen eine zusätzliche Belastung für den Frequenzumrichter und alle beteiligten Komponenten dar und sollten daher so gering wie möglich gehalten werden. Weiterhin wurde der über eine parallel liegende Signalleitung fließende Störstrom untersucht: Auch hier begünstigt der Einsatz der zeroCM-Leitung die Ausprägung von möglichst geringen Störströmen.
Empfehlungen für die EMV-optimale Installation von Frequenzumrichtern
Aus den Untersuchungen bei den Projektpartneren ergaben sich darüber hinaus klare Empfehlungen für die EMV-optimale Installation von Frequenzumrichtern, wie beispielsweise ein niederimpedanter, HF-tauglicher und ein durchgängiger Potentialausgleich zwischen Frequenzumrichter und Antrieb. Eine wesentliche Bedeutung kommt hierbei dem Schirmanschluss mit EMV-gerechten Steckern oder flächiger Schirmauflage, wie beispielsweise bei den eingesetzten EMV-Verschraubungen Skintop Brush zu.
Bis zu 80 % reduzierte Ausgleichsströme
Im Ergebnis beseitigt die zeroCM-Technologie zwar nicht die Ursache von EMV-Störungen, adressiert jedoch genau eine der signifikanten Stellen, an der Störungen in das Systemumfeld eingebracht werden. Einerseits ermöglicht der neuartige Kabelaufbau um bis zu 80 % reduzierte Ausgleichsströme am Frequenzumrichter-Ausgang und auf parallelen Pfaden wie beispielsweise Datenleitungen. Andererseits sorgen reduzierte Kabel-Umladeströme (cable-charging current) für verringerte Last am und im Umrichter selbst: So können beispielsweise längere Kabel verlegt werden, ohne dass der Frequenzumrichter außerhalb seiner EMV-Spezifikation betrieben wird. Zudem unterbindet die zeroCM-Technologie das Entstehen von Spannungspegeln auf dem Masse-/Erdpotential (Ground-Voltage) auf der Verbraucherseite. Dies ist besonders wichtig, wenn beispielsweise empfindliche Sensorik wie Analoggeber zum Einsatz kommen.
Obwohl die neuentwickelte Leitung beim ersten Konfektionieren vielleicht ungewohnt erscheinen mag, bleibt die Verkabelung gewohnt einfach, bzw. der Aufwand reduziert sich sogar im Vergleich zu den Erd-symmetrischen Leitungen mit gedritteltem Schutzleiter. Ziel von Lapp ist es nun, ein Portfolio mit der zeroCM-Technologie auszustatten; im nächsten Schritt werden Hybridleitungen entwickelt. (ge)
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