Inhaltsverzeichnis
1. Vom FP 1,27 zum FR 1,27
2. High-Speed-Datenübertragung mit bis zu 28 Gbit/s
3. Robustheit der Leiterplattensteckverbinder
4. Stromtragfähigkeit der Leiterplattensteckverbinder
5. Kundenspezifische Varianten
6. Flachbandbaugruppen
7. Design-In-Support für die Leiterplattensteckverbinder
8. Fazit
9. Kurz zusammengefasst – die Eigenschaften des Leiterplattensteckverbinders FR 1,27
Es begann mit den Serien FP 0,8 und FP 1,27: Im Jahr 2018 stellte Phoenix Contact auf der Electronica in München die ersten Artikel des neuen Portfolios „Finepitch“ vor. Während die lippischen Ingenieure mit ihrem FP 0,8 mit hermaphroditischem Kontaktsystem ScaleX einen neuen, innovativen Ansatz verfolgten, baut FP 1,27 auf eine etablierte Bauform von Board-to-Board-Steckverbindern für industrielle Anwendungen.
Das Raster 1,27 mm hat sich seit den 1990er Jahren zum Quasi-Standard im Segment der Leiterplattenverbinder entwickelt. Bewährte Kontaktgeometrien mit Tulpen- und Stiftkontakten sorgen für eine sichere Signalübertragung von einer PCB zur nächsten, Tape-on-Reel-Verpackung und SMD-Lötflächen für die automatisierbare Verlötung. Anwender aus nahezu allen Branchen setzen auf die vielseitig einsetzbaren Board-to-Board-Steckverbinder, die es in annähernd gleicher Bauform von zahlreichen Herstellern gibt.
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Vom FP 1,27 zum FR 1,27
Annähernd gleich ist dabei keineswegs gleichbedeutend mit „gleich“. Die Board-to-Board-Steckverbinder der Serie FP 1,27 weisen gute Artikeleigenschaften im Vergleich zu den gängigen Marktbegleiterprodukten auf. Sie sind vergleichbar. Vergleichbarkeit ist jedoch nicht der Anspruch von Phoenix Contact.
„Mit Leidenschaft für Technologie und Innovation schaffen wir gemeinsam eine nachhaltige Welt“ lautet das Purpose Statement – der schriftlich formulierte Unternehmenszweck. Getreu diesem Motto wurden die letzten Jahre genutzt, um auch die etablierten Board-to-Board-Steckverbinder im Raster 1,27 mm einem Facelift zu unterziehen – mit deutlich verbesserten Artikeleigenschaften.
Ergebnis ist die 2023 auf der Fachmesse Embedded World in Nürnberg erstmalig vorgestellte neue Produktfamilie FR 1,27. Die Produktbezeichnungen „FP 1,27“ und „FR 1,27“ unterscheidet augenscheinlich erst einmal nur der zusätzliche Strich beim Buchstaben „R“. Mit der neuen Bezeichnung ziehen neben neuen Artikeln, beispielsweise einem erweiterten Polzahlspektrum und Zugentlastungsbügeln für die IDC-Stecker, eine Vielzahl von signifikant verbesserten Artikeleigenschaften ins Finepitch-Produktspektrum ein (Bild 2).
High-Speed-Datenübertragung mit bis zu 28 Gbit/s
Hervorzuheben ist dabei das Thema Datenübertragung. Die marktbekannten Steckverbinder sind für die Signalübertragung ausgelegt. Niederfrequente Datenübertragungen sind möglich. Üblich sind Datenübertragungsraten von bis zu 4 Gbit/s. Phoenix Contact hat es sich mit der neuen Serie FR 1,27 auf die Fahne geschrieben, neben der Signalübertragung auch High-Speed-Datenübertragung zu ermöglichen. Damit sind die Steckverbinder auch für zukünftige Anwendungen gewappnet. Mit den neuen Leiterplattenverbindern ist eine Datenrate von bis zu 28 Gbit/s möglich.
Die Datenübertragungseigenschaften variieren zwischen den unterschiedlichen Bauformen und Kombinationen. Charakteristischerweise verursachen gewinkelte Board-to-Board-Verbindungen mehr Reflektionen und weisen damit eine geringere Bandbreite auf als mezzanine Anordnungen. Bei gewinkelten FR 1,27 Paarungen liegt der maximale Frequenzbereich unter Berücksichtigung der üblichen Signalstärke von mindestens 70 % (Insertion Loss max. – 3 dB) bei 6 GHz. Die minimale Datenrate liegt somit bei 12 Gbit/s. Die besten Datenübertragungseigenschaften mit einer maximalen Bandbreite von 14 GHz lassen sich mit der mezzaninen Anordnung mit 8 mm Stapelhöhe realisieren. Die Bilder 3a und 3b zeigen das Einfügedämpfungsverhalten sowie den Impedanzverlauf für diese Paarung. Neben der Steckverbinderausrichtung hat auch die Ausnutzung der Wiping-Toleranz von 1,5 mm einen Einfluss.
Robustheit der Leiterplattensteckverbinder
Die Wiping-Toleranz von 1,5 mm gehört zu den etablierten Artikeleigenschaften dieses Steckverbindertyps. Hinzu kommt eine Kontaktsicherheit von 0,9 mm, sodass sich im voll gesteckten Zustand eine Gesamtkontaktüberdeckung von 2,4 mm ergibt. Lückenlos sind damit Stapelhöhen von 8 bis 13,8 mm in mezzaniner Anordnung sowie verschiedene orthogonale und koplanare Platinenverbindungen möglich. Für 2024 plant Phoenix Contact den Ausbau der Stapelhöhe bis zu 20 mm.
Die Artikel finden sich mit einer Positionstoleranz von 0,7 mm in allen Richtungen. Verbessert wurde der Winkelversatz beim Stecken von jetzt 5 Grad in allen Richtungen. Üblich waren bislang 2 bzw. 4 Grad.
Stromtragfähigkeit der Leiterplattensteckverbinder
Eine deutliche Verbesserung der Artikeleigenschaften zeigt sich auch bei der Stromtragfähigkeit. Bild 4 vergleicht das Derating-Diagramm von FP 1,27 in 50-poliger Ausführung (Graph 3) und FR 1,27 in den neuen Polzahlen 6 und 100. Charakteristischerweise betrachtet man bei Board-to-Board-Steckverbindern die Stromtragfähigkeit bei 20 °C. Bei der 6-poligen Ausführung liegt die Stromtragfähigkeit bei rund 3,7 A pro Pin, bei der 100-poligen Ausführung bei rund 2,2 A.
Die Strombelastbarkeitsprüfung wird bei Vollbestromung aller Pole durchgeführt. Bei der Erstellung des Derating-Diagrammes wird der normative Derating-Faktor von 0,8 berücksichtigt. Das heißt, dass für die 100-polige Board-to-Board-Verbindung mit FR 1,27 ein Summenstrom von 220 A freigegeben ist. Werden von den 100 Polen beispielsweise 6 Pole zusammen bestromt und die benachbarten Pole im Layout mit Ground belegt, ist auf diesen 6 Polen jeweils ein Strom von 3,7 A möglich, das heißt rund 22 A in Summe. Möglich ist diese deutlich verbesserte Stromtragfähigkeit durch optimierte Kontaktgeometrien und die Wahl eines höherwertigeren Kontaktwerkstoffes in Kombination mit einer Massivgoldoberfläche.
Kundenspezifische Varianten
Während die Vollbestromung aller 100 Kontakte mehr ein theoretischer Anwendungsfall ist, kommt das sogenannte Hot-Swapping von aufgesteckten Leiterkarten bzw. den zugehörigen Modulen deutlich häufiger zum Einsatz. Auch hierfür ist die neue Serie FR 1,27 ausgestattet. So sind neben den Standardartikeln auch kundenindividuelle Messerleisten mit eingekürzten Kontaktstiften realisierbar. 0,4 mm kürzere „nacheilende“ Stiftkontakte ermöglichen ein „Voreilen“ der Standardstifte. Somit kann beim Stecken je nach PCB-Routing zuerst die Masse- bzw. Groundebene kontaktieren. Durch die großzügige Kontaktsicherheit von 0,9 mm bei den Standardkontakten bleibt bei den Nacheilern weiterhin eine ordentliche Kontaktüberdeckung von 2,0 mm im vollgesteckten Zustand bzw. 0,5 mm unter Ausnutzung des Wipings.
Neben den gekürzten Stiftkontakten sind auch Teilbestückungen möglich. Bild 5 zeigt eine gewinkelte Leiterplattenanordnung mit teilbestückten und kürzeren Kontakten. Standardmäßig weisen die Steckverbinder eine Luft- und Kriechstrecke von mehr als 0,4 mm aus und sind damit nach der IEC 60664 auch für den Einsatz in Verschmutzungsgrad 2 normenkonform einsetzbar. Üblicherweise wird die Bemessungsspannung aber bei Leiterplattenverbindern nach Verschmutzungsgrad 1 spezifiziert – 160 V bei FR 1,27. Mithilfe von Teilbestückungen können längere Luft- und Kriechstrecken und damit höhere Betriebsspannungen ermöglicht werden.
Flachbandbaugruppen
Neben den starren Leiterplattenverbindungen bietet FR 1,27 auch Wire-to-Board-Lösungen für mehr Flexibilität in der PCB-Anordnung. IDC-Steckverbinder in neun verschiedenen Polzahlen sind einzeln für die individuelle Konfektion sowie vorkonfektioniert als Baugruppe verfügbar. Wie Bild 6 aufzeigt, gibt es die Stecker optional auch mit Zugentlastung. Die Kabelbaugruppen können bequem per Online-Konfigurator nach den individuellen Kundenbedürfnissen gestaltet werden.
Design-In-Support für die Leiterplattensteckverbinder
Neben all den technischen Aspekten des Vorsprungs bietet FR 1,27 auch bei den Services vielfältige Vorzüge. E-CAD- und M-CAD-Daten sind direkt auf der Homepage im E-Shop sowie in einschlägigen Datenbanken verfügbar. Mit diesen Daten können die Steckverbinder zeitsparend und bequem in Konstruktionen und Layouts integriert werden. Neben den elektrischen und elektromechanischen Modellen sind auf Anfrage auch S-Parameter für die Integration in eigene Simulationen zur Signalintegrität und High-Speed-Datenübertragung verfügbar. Der kostenlose Musterservice rundet das Servicepaket ab.
Fazit
Mit den neuen Board-to-Board-Steckverbindern der Serie FR 1,27 bietet Phoenix Contact ein echtes Novum: Kompatibilität zu den marktüblichen Lösungen einerseits und verbesserte Artikeleigenschaften andererseits machen die Leiterplattenverbindungen universell einsetzbar für die nächste Jahrzehnte. (co)
Kurz zusammengefasst – die Eigenschaften des Leiterplattensteckverbinders FR 1,27
- Raster: 1,27 mm
- Polzahlen: 6, 12, 16, 20, 26, 32, 40, 50, 68, 80, 100
- Stapelhöhen: 8 – 13,8 mm (bis 20 mm seit 2024)
- Datenübertragungen mit bis zu 28 Gbit/s
- Nennstrom: 2,3 A pro Kontakt
- Kompatibel zu den gängigen Marktbegleitern
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