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Innovative Lösung mit Biss

Medizintechnik-Engineering – auch für etwas ausgefallenere Anwendungsbereiche
Innovative Lösung mit Biss

Zu den wichtigsten Eigenschaften eines Engineeringbüros zählt seine Kreativität. Diese zeigt sich insbesondere dann, wenn auch in solchen Bereichen Lösungen gefunden werden müssen, die nicht zum üblichen Kerngebiet gehören. Für einen solchen Dienstleister, dessen Tätigkeit bei Medizintechnikprodukten sich bisher nahezu ausschließlich im Bereich der Humanmedizin abspielte, war die Annahme des Auftrags zur Entwicklung eines innovativen Geräts für die Zahninstandhaltung bei Pferden daher ein Schritt ins Unbekannte.

 

Klaus Vollrath, Redaktionsbüro Klaus Vollrath, Aarwangen, Schweiz, i. A. von ADS

„Bei der Entwicklung von Lösungen für die Medizintechnik muss man imstande und bereit sein, auch solche Herausforderungen anzunehmen, die außerhalb des üblichen Rahmens liegen“, sagt Georg Cramm, Geschäftsführer der ADS GmbH in Pratteln, Schweiz. Mit seinem Team aus Spezialisten unterschiedlicher Disziplinen hat das versierte Engineeringunternehmen bereits zahlreiche anspruchsvolle Aufgabenstellungen realisiert. Das reicht von einer kontaminationsarmen Dosiereinheit für Massenspektrometer über metabolische Biochips für die Messung der Vitalität lebender Zellen unter Medikamenteneinfluss bis zur IT-gestützten Automatisierungslösung für Dosimeter zur Überwachung der Strahlungsexposition von Mitarbeitern in radiologischen und kerntechnischen Einrichtungen.
Doch die Aufgabenstellung, mit der ein Kunde aus den USA vor etwa einem Jahr an das Unternehmen herantrat, unterschied sich doch recht deutlich von den Bereichen der Medizintechnik, mit denen man bisher üblicherweise zu tun hatte. Und genau deshalb habe es ihn und sein Team besonders gereizt, auch diese außergewöhnliche Aufgabe anzunehmen und erfolgreich zu Ende zu bringen.
Auch Pferde brauchen Zahnpflege
„Pferde leben heute dank guter Lebensumstände 20 oder gar 25 Jahre statt der etwa 15, die noch vor 50 oder 100 Jahren üblich waren – und brauchen deshalb mehr Pflege im Gebissbereich“, weiß Dr. med. vet. Ruedi Steiger, auf die Behandlung von Pferden spezialisierter Fachtierarzt aus der Schweiz, der seit 1997 in den USA lebt und sich dort überwiegend auf den Handel mit entsprechenden Medizintechnikgeräten verlegt hat.
Als reine Pflanzenfresser haben Pferde ein hoch spezialisiertes Mahlgebiss, das viel mehr Zähne umfasst als beim Menschen. Da sie nicht wiederkäuen können, muss die Nahrung schon bei der Aufnahme sehr gründlich zerkleinert werden, damit sie im Verdauungstrakt gut verwertet werden kann. Ihre Backenzähne haben deshalb einen komplizierten Aufbau aus abwechselnd harten und weichen Schichten, die aufgrund unterschiedlicher Abnutzung eine raue, scharfkantige Oberfläche haben. Zwischen diesen Mahlbahnen wird die Nahrung fein zerrieben.
Da sich die Zähne hierbei stark abnutzen, wachsen sie ständig nach. Wenn die Abnutzung jedoch aus irgendwelchen Gründen ungleichmäßig erfolgt, bilden sich an den Seiten der Zähne scharfe, zackige Grate und Spitzen, die zu Verletzungen führen. Das Tier kann dann nicht mehr richtig fressen und muss behandelt werden. Früher machte das der Bauer oder der Dorfschmied, indem die scharfen Bereiche von Hand mithilfe einer Feile abgeraspelt wurden. Dies war eine mühselige Prozedur, zumal sich die Tiere gegen die unangenehme Behandlung zur Wehr setzten.
Bisheriger Stand der Technik
„Heute ist das alles einfacher und schonender, denn die Eingriffe werden mithilfe elektrisch angetriebener Geräte durchgeführt, und das Pferd wird vorher sediert“, erläutert Steiger. Entsprechende Hersteller gibt es beispielsweise in der Schweiz und in Frankreich. Bei der Arbeit mit diesen Produkten zeigten sich jedoch viele Unzulänglichkeiten.
So müssen einige der aktuell am Markt angebotenen Geräte an der Steckdose betrieben werden. Andere bestehen aus Edelstahl und sind zu schwer und zu klobig, um beispielsweise von einer Frau verwendet zu werden. Bei so gut wie allen Modellen ist die Handhabung im Pferdemaul wegen unzureichender Verstellmöglichkeiten vor allem in den hinteren Bereichen ziemlich mühsam. Hinzu kommen Probleme mit dem Wechsel von Werkzeugen und – in der tiefen und dunklen Höhle, die so ein Pferdemaul darstellt, ein ganz besonderes Manko – das Fehlen einer integrierten Beleuchtung. Diese Mängel störten ihn bei seiner praktischen Arbeit in solchem Maße, dass er schließlich beschloss, selbst eine bessere Lösung zu finden. Daher erstellte er eine Liste der Eigenschaften, die ein aus seiner Sicht optimales Gerät dieser Art aufweisen sollte, und begann dann mit der Suche nach jemandem, der ihm diese Ideen in ein praktikables Konzept für eine Serienfertigung umsetzen könnte.
Die Entwicklungspartnerschaft
„Für solche Projekte bietet die Schweiz als Mutterland der Präzisionsfertigung ein ideales Umfeld“, weiß Steiger. Als Partner für die künftige Serienherstellung konnte er den renommierten Medizingerätehersteller Leitner AG in Busswil gewinnen. Mit der Firma ADS habe er dazu einen Engineeringpartner gefunden, der seine Vorstellungen schnell aufgriff, mit eigener Sachkunde ergänzte und aus dem Konzept schließlich eine praktikable Lösung entwickelte. Solche Partner wären in den USA ungleich schwieriger zu finden gewesen.
Schon nach einem dreiviertel Jahr habe er über drei funktionsfähige Prototypen verfügen können. Damit konnte er inzwischen Erfahrungen im praktischen Einsatz an mehr als 100 Pferdegebissen sammeln. Mit den Ergebnissen sei er rundum zufrieden. Inzwischen sei die Fertigung einer ersten kleinen Serie von rund 50 Geräten angelaufen und von diesen habe er für die meisten bereits Vorbestellungen erhalten.
Durchdacht und vielfältig anpassbar
„An diesem System ist alles so, wie ich es mir angesichts der Probleme und Ärgernisse, die ich früher mit solchen Gerätschaften erlebte, schon immer gewünscht hatte“, freut sich Steiger. Das beginnt schon beim Gewicht, denn als Kraftzentrum dient ein kompaktes, leichtes Akku-Motorhandstück eines US-Herstellers, das sich in einer Vielzahl mobiler Anwendungen aller Art bewährt hat. Hieran ist über leichtgängige Schraub- und Steckverbinder ein mehrfach untergliederter Aluminiumschaft angeflanscht, der die Welle für die Kraftübertragung zum Arbeitskopf schützt.
Weitere Besonderheiten der Lösung sind ein Gelenk auf etwa 2/3 der Länge, mit dessen Hilfe der Arbeitskopf tief im Maul besser an Hindernissen vorbei auf den Arbeitsbereich gehalten werden kann, sowie die Möglichkeit, den am Ende angebrachten Winkelkopf in 90°-Schritten zu drehen, um so das Werkzeug jeweils im optimalen Winkel an der gewünschten Zahnreihe zum Einsatz zu bringen. Die verschiedenen Werkzeuge – diamantbesetzte Teller-, Rollen- oder Stiftschleifer – können mit wenigen Handgriffen ausgetauscht werden. Knapp oberhalb des Knickgelenks sitzen drei lichtstarke Leuchtdioden, die den Arbeitsbereich in jeder Orientierung des Werkzeugs stets optimal ausleuchten.
Besonders hervorzuheben sind die wasserdichte, korrosionsbeständige Ausführung und die leichte Verstellbarkeit aller Gelenke. Trotz seines geringen Gewichts ist das Gerät zudem so robust, dass es auch gelegentliche Beißattacken ohne Schäden überstehen kann. Besonders vorteilhaft sind aus seiner Sicht auch die Kostenvorteile, die die auch diesbezüglich gut durchdachte Konstruktion in der künftigen Serienproduktion ermöglichen wird. „An solchen Aspekten kann man Engineeringdienstleister unterscheiden. Die Entwicklung war jeden Rappen wert, den ich dafür ausgegeben habe, weil diese Kosten über die Vorteile in der Serie wieder hereingeholt werden“, bilanziert Steiger. I
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