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„Thermischen Stress vermeiden“

Schaltschrank-Kühlgeräte
„Thermischen Stress vermeiden“

In der Schaltschrankklimatisierung steckt noch Potenzial, um den Energieverbrauch zu senken. Realisieren lässt sich das am besten über eine dem aktuellen Kühlbedarf stets angepasste Kühlleistung. Passive und aktive Kühlung – in einem Hybridgerät vereint – bieten hier zahlreiche Vorteile, wie Steffen Wagner, Leiter Produktmanagement Schaltschrankklimatisierung bei Rittal erläutert.

KEM: Herr Wagner, lässt sich bei der Schaltschrankklimatisierung tatsächlich nennenswert Energie sparen?

Wagner: Ganz ohne Zweifel. Geht man davon aus, dass in Deutschland rund 900.000 Kühlgeräte zur Schaltschrankklimatisierung installiert sind, entspricht das einer Anschlussleistung von etwa 520 MWh – mithin etwa 226 Windkraftanlagen. Betrachtet man nun unsere Kühlgerätegeneration Blue e+, mit der sich der Energieverbrauch um bis zu 75 Prozent senken lässt, rechnet sich das sowohl für den Anwender als auch die Umwelt, da die CO2-Emissionen sinken. Hilfreich ist an dieser Stelle auch ein Blick auf die Ausgangssituation der vom BMBF unterstützten Innovationsallianz ‚Green Carbody Technologies‘. 2010 benötigte der VW-Konzern noch rund 2,5 MWh zur Herstellung eines Fahrzeugs, 2012 waren es 2,2 MWh und 2018 sollen es 1,9 MWh sein – Ziel ist eine Reduzierung um 25 Prozent. Das lässt sich nur erreichen, wenn alle Potenziale genutzt werden – und eines davon liefert eben auch die Schaltschrankklimatisierung. Ob sich ein effizienteres Kühlgerät rechnet, zeigt an dieser Stelle klar unser Energie-Effizienz- und TCO-Rechner.
KEM: Bevor wir auf diesen noch einmal zurückkommen: Können Sie noch einmal kurz erläutern, warum die 2015 vorgestellten Kühlgeräte des Typs Blue e+ effizienter arbeiten als ihre Vorgänger?
Wagner: Wir haben im Prinzip zwei bekannte Technologien kombiniert – auf der einen Seite einen aktiven Kompressor-Kältekreislauf mit drehzahlgeregelten Komponenten für die bedarfsgerechte Kühlung und auf der anderen die passive Klimatisierung per Heat Pipe. Letztere kennt man schon seit fast 100 Jahren und auch hier handelt es sich um einen Kältemittelkreislauf, der aber ohne Kompressor funktioniert – Voraussetzung ist nur, dass eine ausreichende Temperaturdifferenz vorliegt. Bei einer typischerweise vorkommenden Hallentemperatur von 20 °C und einer angestrebten Temperatur im Schaltschrank von 35 °C genügen die 15 K Differenz zum Betrieb der Heat Pipe. Sie bietet zudem eine hohe Betriebssicherheit.
KEM: Und aktive sowie passive Kühlung arbeiten bedarfsabhängig alleine oder kombiniert?
Wagner: Exakt – dementsprechend ergeben sich auch drei verschiedene Betriebsmodi: Bei niedrigen Hallentemperaturen zwischen 20 und 25 °C genügt es häufig, dass nur die passive Heat Pipe arbeitet – was aufgrund der entfallenden Kompression sehr effizient ist. Steigen die Umgebungstemperaturen, kann der aktive Kompressor-Kältekreislauf zusätzlich aktiv werden. Der Vorteil dabei ist, dass über den drehzahlgeregelten Kompressor nur die Leistung abgerufen wird, die in diesem Moment benötigt wird. Dementsprechend ergibt sich der dritte Modus dann, wenn die Hallentemperaturen so hoch sind, dass der Betrieb der Heat Pipe nicht mehr möglich ist – dann ist nur der reine Kompressionsbetrieb möglich. Allerdings sei bemerkt, dass auch dieser bei den Blue-e+-Geräten deutlich effizienter arbeitet verglichen mit herkömmlichen Geräten, unter anderem aufgrund des Einsatzes von drehzahlgeregelten DC-Motoren für Kompressor und Lüfter.
KEM: Können Sie Zahlen aus der Praxis nennen?
Wagner: Natürlich gibt es inzwischen eine Reihe von Ergebnissen aus Teststellungen. Erwartungsgemäß hängt das Effizienzpotenzial von den Randbedingungen ab, so dass die Ergebnisse zwischen 17,1 und 80,1 Prozent liegen. Die ‚nur‘ 17,1 Prozent haben wir bei einem Automobilhersteller in Belgien erreicht – in einem Szenario, indem de facto kaum Kühlluftbedarf vorlag. Hier machten sich also beim fast ausschließlichen Betrieb der Lüfter vor allem die effizienteren DC-Komponenten bemerkbar. Am anderen Ende steht eine Anwendung bei Philip Morris, in der wir einen sehr hohen Anteil des Heat-Pipe-Betriebs erreichen könnten – was den Energieverbrauch um 80,1 Prozent senkte. Besonders interessant ist auch das Beispiel des Herstellers von Verzahn-Schleifmaschinen Kapp Coburg. Hier konnten wir durchschnittlich 66,6 Prozent einsparen, mindestens ebenso spannend waren aber die Erkenntnisse bezüglich des Temperaturverlaufs im Schaltschrank.
KEM: Könnten Sie das näher erläutern?
Wagner: Typischerweise arbeitete die Schaltschrank-Klimatisierung in der Vergangenheit mit einem kontinuierlichen Zu- und Abschalten des Kühlgeräts. Bei Erreichen von 35 °C wurde beispielsweise die Kühlung eingeschaltet, bis 30 °C erreicht wurden. Die Ausblastemperaturen können hier bei 15 °C und weniger liegen. Dies entspricht einem Delta von 20 K und mehr. Durch diese Hysterese wird die Elektronik einem thermischen Stress ausgesetzt, der die Lebensdauer reduziert. Mit der Generation Blue e+ pendelt sich die Temperatur dagegen ein, so dass sie innerhalb enger Grenzen konstant bleibt – der thermische Stress entfällt und die Lebensdauer steigt. Für uns war das mit eines der vier Entwicklungsziele: Effizienz, Sicherheit, Flexibilität und Einfachheit.
KEM: Kommen wir auf den Energie-Effizienz- und TCO-Rechner zurück. In diesem Zusammenhang tauchen ja zwei Werte auf: Energy Efficiency Ratio (EER) und Seasonal Energy Efficiency Ratio (SEER). Was hat es damit auf sich?
Wagner: Standardmäßig wird der EER-Wert bei einer angenommenen Hallentemperatur von 35 °C ermittelt – deswegen geben auch wir den an, um Geräte vergleichen zu können. In der Realität verändert sich aber die Hallentemperatur abhängig von der Jahreszeit, weswegen sich mit Berücksichtigung eines saisonalen Temperaturverlaufs praxisnähere Werte ergeben. Das gilt insbesondere für den Betrieb der Heat Pipe, die ja umso effizienter arbeitet, je niedriger die Hallentemperatur ist. Der SEER-Wert zeigt also genauer an, ob sich der Einsatz lohnt. Unser Energie-Effizienz- und TCO-Rechner bietet deswegen die Möglichkeit, entsprechende Vorgaben zu machen – so dass sich sehr exakt berechnen lässt, wann sich der Einsatz lohnt – eben auch unter Berücksichtigung der Gesamtkosten (TCO).
KEM: Herr Wagner, vielen Dank für die Informationen. I

Info &Kontakt

Rittal GmbH & Co. KG
Herborn
Tel. +49 2772 505-0
Hannover Messe: Halle 11, Stand E06
Der Energieeffizienz- und TCO-Rechner steht unter:

Webinar

Auf der Website der elektro AUTOMATION unter www.wirautomatisierer.de ist aktuell die Aufzeichnung eines Webinars mit Steffen Wagner abrufbar. Unter dem Titel ‚Schaltschränke effizient kühlen‘ geht der Leiter Produktmanagement Klimatisierung bei Rittal detailliert auf die Möglichkeiten der neuen Kühlgeräte-Generation Blue e+ ein und stellt auch den im Text erwähnten Online-Rechner kurz vor: http://t1p.de/hr4j
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