Bei ihren Prognosen tappen Meteorologen häufig buchstäblich im Nebel. Gas-Analysatoren von SpectraSensors können nun bei der Wettervorhersage helfen, indem sie die Luftfeuchtigkeit messen. Meteorologen erhalten so erstmals ein gut aufgelöstes dreidimensionales Bild von deren Verteilung in der Atmosphäre.
Der Autor: Martin Raab, Senior Manager Publishing, Endress+Hauser, Reinach/Schweiz
Gerade einmal ein paar Hundert Wetterballons steigen zweimal täglich in den Himmel, um in der Atmosphäre jene Messwerte zu sammeln, auf denen sämtliche Vorhersagen beruhen. Für Temperatur, Windgeschwindigkeit und Luftdruck sammeln Verkehrsflugzeuge eine Fülle zusätzlicher Daten – nicht aber für die Luftfeuchtigkeit, den vierten entscheidenden Faktor.
Bald schon könnte sich diese Datenbasis vervielfachen: SpectraSensors, ein auf laserbasierte Gas-Analysatoren spezialisiertes Unternehmen der Endress+Hauser Gruppe, hat einen Feuchtesensor entwickelt, der an Flugzeuge montiert werden kann. „Mit dem WVSS-II kann vom Start bis zur Landung während des gesamten Flugs ständig die Luftfeuchtigkeit gemessen werden“, erklärt Bryce Ford, bei SpectraSensors verantwortlich für diesen Geschäftsbereich. „Bei weltweit 87 000 Flugbewegungen am Tag eröffnet das ungeahnte Möglichkeiten.“
Informationen über Temperatur, Windgeschwindigkeit und Luftdruck werden schon seit Mitte der 1990er-Jahre von Flugzeugen gesammelt. Luftfeuchtigkeit aber konnten die Maschinen bisher nicht messen. Die Laser-Absorptionsspektroskopie von SpectraSensors macht dies nun technisch möglich und finanziell erschwinglich. Meteorologen erhalten so erstmals ein gut aufgelöstes dreidimensionales Bild von der Verteilung der Luftfeuchtigkeit in der Atmosphäre.
In den Vereinigten Staaten arbeitet SpectraSensors mit dem Flugsystemhersteller ARINC sowie dem nationalen Wetterdienst NOAA zusammen. Dort wurden 87 Passagierjets von Southwest Airlines sowie 25 Frachtflugzeuge von UPS mit Sensoren des Typs WVSS-II ausgerüstet. „Die Weltorganisation für Meteorologie, WMO, will diese Zahl in den nächsten Monaten und Jahren wesentlich erhöhen“, berichtet Bryce Ford. Die Lufthansa, die mit dem Deutschen Wetterdienst kooperiert, wird die Feuchtesensoren in neun Maschinen einbauen; weitere Airlines und Wetterdienste wollen folgen.
Die Fluggesellschaften haben ein elementares Interesse, die Qualität von Wettervorhersagen zu verbessern. „Denn wenn Flüge unerwartet umgeleitet oder gestrichen werden müssen, kostet das die Airlines rasch Tausende von Dollar“, unterstreicht Bryce Ford. Auch lassen sich mit genaueren Prognosen die Flugrouten optimieren. „Eine Einsparung von nur einer Minute pro Flug würde die CO²-Emissionen jedes Jahr um fünf Millionen Tonnen reduzieren und 3,8 Millionen Dollar an Treibstoffkosten sparen.“
Treffsichere Prognosen
„Die Beobachtungen mit dem WVSS-II fügen dem Vorhersage-Puzzle ein entscheidendes neues Teil hinzu“, ist deshalb Jeannine Hendricks überzeugt, die bei ARINC das US-Programm zur Installation der Sensoren leitet. „Das hat das Potenzial, die Wettervorhersage zu revolutionieren – vor allem, wenn es um Gewitter geht und andere Wetterereignisse, die die Luftfahrt beeinträchtigen.“ Die Kosten pro Flug betragen dabei gerade einmal fünf bis zehn Prozent dessen, was für den Start eines einzigen Wetterballons aufgewendet werden muss.
Die ersten Erfahrungen sind beeindruckend. Rick Curtis, Chef-Meteorologe bei Southwest Airlines, berichtet von einem Fall Ende vergangenen Jahres, als für das Drehkreuz Dallas (Texas) ein Eissturm vorhergesagt worden war. Mithilfe der zusätzlichen Wetterdaten des WVSS-II erkannten die Southwest-Meteorologen jedoch, dass die Gefahr weitaus geringer war als ursprünglich berechnet. Southwest flog den Airport weiter an. „Es war, als wäre nichts gewesen“, erzählt Rick Curtis. „Wir hatten keinen Eisregen – alles war gut.“ I
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