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Testbericht BMW 316 ti compact: Valvetronic statt Drosselklappe

In Der Kürze Liegt Die Würze
Testbericht BMW 316 ti compact: Valvetronic statt Drosselklappe

In den Marktnischen suchen die Automobilhersteller heute den Erfolg. Der 3er-Compact von BMW ist ein typisches Beispiel dafür. Vom Vorgänger konnten die Münchner etwa 400 000 Stück an den Mann oder an die Frau bringen. Diesen Erfolg soll der neue Compact wiederholen oder sogar übertreffen. Die KEM fuhr den kurzen 3er mit dem 1,8-Liter-Ottomotor, der mit der Valvetronic eine neue Ära für Ottomotoren einleitet.

Der Testwagenfahrer und Autor Dipl.-Ing. Jürgen Goroncy ist freier Mitarbeiter der KEM

Bisher war die Drosselklappe ein Kennzeichen des Ottomotors. Wenn der Fahrer viel Last anfordert, ist sie vollständig geöffnet, bei wenig Last dagegen fast geschlossen. Diese Klappe dosiert die Luftzufuhr zu den Brennräumen und somit die Menge des Kraftstoff/Luftgemisches. Besonders bei geringer Last entstehen die so genannten Drosselverluste, die immer den Wirkungsgrad des Ottomotors negativ beeinflussen. Seit Generationen träumen die Motorenentwickler davon, die Laststeuerung des Ottomotors zu entdrosseln und diese Verluste zu vermeiden.
Freies Atmen verbes- sert Wirkungsgrad
Die Aufgabe der Drosselklappe übernimmt im neuen BMW-Motor die Valvetronic mit ihrem stufenlos verstellbaren Hub der Einlassventile. Ein Fortschritt in der Motorentechnik, der durchaus mit dem Wechsel vom Vergaser zur Einspritzung vergleichbar ist. Das System baut konsequent auf der bewährten, stufenlos verstellbaren BMW Doppel-Vanos (Vanos = Variable Nockenwellen Spreizung) auf. Durch den zusätzlichen, variablen Ventilhub wird der „wirksame Nocken“ und damit der Öffnungsquerschnitt der Ventile verstellt.
Und das funktioniert so: Zwischen Nockenwelle und den Einlassventilen ist pro Ventil ein Hebel platziert. Seine Position zur Nockenwelle wird durch eine elektromotorisch betätigte, zusätzliche Exzenterwelle stufenlos verändert. Je nach deren Stellung übersetzt der Hebel nun die Erhebung der Nocken in einen größeren oder kleineren Ventilhub.
Der Vergleich mit dem Menschen macht die Wirkungsweise der Valvetronic leicht verständlich: Bei hoher Anstrengung atmet der Mensch tief und lang. Braucht er weniger Luft, drosselt er nicht etwa die Luftzufuhr indem er sich die Nase oder den Mund etwas zu hält, sondern er atmet dann einfach kürzer und flacher. Beim herkömmlichen Verbrennungsmotor entspricht die Drosselklappe der etwas zugehaltenen Nase oder Mund.
Die Valvetronic mit ihrem großem Ventilhub (= tiefes, langes Atmen), oder kleinem Ventilhub (= flaches, kurzes Atmen) hingegen ermöglicht es zu atmen wie es die Natur lehrt-. immer bedarfsgerecht, ohne Drosselung und damit am effizientesten.
Wie weit die Überarbeitung des Motors geht, zeigt beispielhaft das Regenerierventil für die Tankentlüftung von Freudenberg Dichtungs- und Schwingungstechnik. Selbst dieses Bauteil zur Spülung des Aktivkohlebehälters der Tank-entlüftung musste für die Anforderungen der Valvetronic optimiert werden.
Valvetronic und Kundenvorteil
BMW verspricht Verbrauchs-einsparungen im kundenrelevanten Betriebsbereich von mindestens zehn Prozent – und das unabhängig von der Kraftstoffqualität. Nach etwa 2 500 KEM-Testkilometern betrug der Verbrauch 7,8 Liter auf 100 Kilometer, bei einer respektablen Durchschnittsgeschwindigkeit von 72 Kilometer pro Stunde. Der maximale Konsum war 8,3, der minimale 6,3 Liter auf 100 Kilometer. Im Gegensatz zu Ottomotoren mit direkter Einspritzung verarbeitet dieser Motor alle Kraftstoffsorten und ist nicht auf das teure schwefelarme Super Plus angewiesen.
Motor weich, Fahrwerk hart
Doch wer kauft sich einen BMW, nur um Benzin zu sparen? Ein weiterer Vorteil ist die ungewöhnliche Spontaneität beim Gasgeben. Dies liegt da-ran, dass die Laststeuerung nahe am Ort des Geschehens erfolgt, nämlich unmittelbar am Brennraum. Der spürbare Zeitverzug zwischen Gasgeben und Fahrzeugbeschleunigung, der bisher durch das Befüllen der Sauganlage zwischen Drosselklappe und Brennraum begründet war, entfällt. Darüber hinaus sorgen zwei Ausgleichswellen für ein sehr angenehmes Motorengeräusch und bieten einen guten Langstreckenkomfort.
Mit dem überarbeiteten Fahrwerk setzt der Compact bei der Agilität und im Kurvenverhalten neue Maßstäbe. Doch der Komforteindruck des Motors setzt sich hier leider nicht fort. Die sportliche Härte wurde konsequent realisiert und der Fahrer im Compact ist immer über den Straßenzustand bestens informiert. Etwas weniger Sportlichkeit würde zum Charakter des Autos besser passen. Der bisher einzige Wettbewerber in dieser Klasse das Mercedes-Benz Sportcoupé kann zwar nicht mit einem Hightech-Motor glänzen und verbraucht im Alltagsbetrieb gut einen Liter mehr Benzin auf 100 Kilometer, jedoch bietet dieses Coupé ein komfortables limousinenhaftes Fahrwerk. Allerdings verlangt DaimlerChrysler für sein jüngstes Produkt gut 7 000 DM mehr als der bayerische Wettbewerber.
Design mit Klarglas- abdeckung
Beim Design hat sich BMW für eine mutige Lösung entschlossen. Neben der Kürzung um etwa 30 Zentimeter wurden vor allem das Heck und der Frontbereich deutlich überarbeitet. Ob das Team von Chris Bangle mit dem abgeschnittenen Heck mit Klarglasabdeckung und den kleinen Freiflächen-Scheinwerfern von Automotive Lighting den Geschmack der Käufer getroffen hat, wird die Zulassungsstatistik zeigen. Auf jeden Fall fällt der Compact im Straßenbild auf.
Im Innenraum findet sich der erfahrene 3er-Besitzer sofort zurecht. Das Armaturenbrett ist übersichtlich und gleicht den anderen Modellen aus der Baureihe. Natürlich ist der Platz für die Fondpassagiere geringer als in der Limousine, allerdings haben die Hinterbänkler im Mercedes noch weniger Platz zur Verfügung. Im Kofferraumvolumen müssen natürlich auch Abstriche im Vergleich zum großen Bruder hingenommen werden, 310 Liter fasst er. Allerdings kann durch Vorklappen der Rücksitze das Gepäckfach auf 1 100 Liter erweitert werden. Die große Heckklappe erleichtert die Beladung. Als Sonderausstattung bietet BMW ein Ladepaket an. Unter einer Klappe in der Hutablage befindet sich dabei ein Stauraum, in dem auch empfindlichere Kostbarkeiten diskret verstaut und rutschsicher transportiert werden können. Spezielle Profile am Rand der Stauraumöffnung dienen darüber hinaus dazu, Einkaufstüten einzuhängen.
In München ist man vom Erfolg des 3er-Compact überzeugt. Startete die kurze Karosserievariante im Juni dieses Jahres mit zwei Ottomotoren, ergänzen bereits seit September ein weiterer Ottomotor mit Valvetronic (105 Kilowatt) und ein Dieselmotor (110 Kilowatt) das Angebot. Ebenso wird die Valvetronic in den neuen V8Motoren eingesetzt, die im Spät-herbst den neuen 7er antreiben. Bei diesen großvolumigen Motoren wird die drosselfreie Laststeuerung noch höhere Verbrauchseinsparungen, bringen, da diese Motoren recht selten im Volllastbetrieb gefahren werden.
Fotos: Frank Herrmann
Ausführliche Informationen
316 ti compact
KEM 441
Regenerierventil
KEM 442
Freiflächen-Scheinwerfer
KEM 443
Systems Engineering im Fokus

Ingenieure bei der Teambesprechung

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