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Mehr als bloß Ersatz

Bei nicht mehr verfügbaren WEA-Schlüsselkomponenten schließen Retrofits die Lücke
Mehr als bloß Ersatz

Bei älteren Windenergieanlagen (WEA) werden bestimmte Schlüsselkomponenten zunehmend rar. Grund hierfür ist, dass solche Komponenten vielfach von den OEM nicht mehr zur Verfügung gestellt werden. Retrofits schließen hier nicht nur diese Lücke, sondern bieten darüber hinaus noch weitere Vorteile.

Exklusiv in KEM Der Autor Christian Berndsen ist Manager Global Technical Support & Engineering bei der Availon GmbH in Rheine

Als markenübergreifender WEA-Serviceanbieter sieht sich Availon in der Verantwortung, auch beim Ersatzteilmanagement ein kompetenter Ansprechpartner für Betreiber zu sein. Dies gilt insbesondere, wenn wichtige Schlüsseltechnologien von WEA nicht mehr im Markt verfügbar bzw. als OEM-Alternative nur sehr schwer zu bekommen sind.
Kooperation mit Technologieführern
In Kooperation mit führenden Technologieanbietern wie der Bachmann Electronic GmbH entwickelt Availon daher entsprechende Lösungen, die von beiden Unternehmen unabhängig voneinander vermarktet werden. Ein Beispiel für eine solche Lösung ist das Netzüberwachungsrelais für 1,5-MW-Anlagen. Da dieses Relais seit geraumer Zeit nicht mehr im Markt zur Verfügung steht, stieß man mit Bachmann als Kooperationspartner die Entwicklung eines Retrofits an.
Wirksamer Schutz vor Netzüberspannung
Das Netzüberwachungsrelais für 1,5-MW-Anlagen misst die netzseitigen Spannungen, Ströme sowie Frequenzen. Da das Relais als Modul direkt die SPS von Bachmann ansprechen kann, ist die Lösung vollständig plug-and-play-fähig. Wann immer es beispielsweise zu unerwarte- ten Spannungseinbrüchen, Frequenzverletzungen oder Ähnlichem kommt, schaltet das Gerät die Anlage eigenständig ab und trennt sie vom Netz.
Somit werden der Transformator und die WEA wirksam vor Netzüberspannung geschützt. Bereits seit einem Jahr ist das Netzrelais GMP232 (Grid Measurement and Protection) Bestandteil des Ersatzteilpakets für 1,5-MW-Anlagen.
Zusätzliche Logging- und Snapshot-Funktionen
Im Vergleich zum OEM-Produkt hat dieses Retrofit allerdings noch mehr zu bieten. So lassen sich mit dem GMP232 in einem Fehlerfall über sogenannte Logging- und Snapshot-Funktionalitäten Messdaten speichern und nachträglich auswerten. Das Modul ermöglicht hierbei eine Aufzeichnung mit einer Auflösung von 100 μs über 4 s.
Der Mehrwert, den das Gerät damit zusätzlich liefert, liegt auf der Hand. Durch die aufgezeichneten Informationen können Servicemonteure später über die Anlagensteuerung die Ursache für die Trennung der WEA vom Netz ermitteln und gezieltere Maßnahmen ergreifen.
Bediengerät für 1,5-MW-Anlagen entwickelt
Das Bediengerät – integraler Bestandteil des Schaltschranks im Maschinenhaus einer 1,5-MW-Anlage – ist die aktuellste Entwicklung, die Bachmann und Availon auf Initiative des markenübergreifenden Serviceanbieters im Markt eingeführt haben. Mithilfe dieses Bediengerätes kann die WEA vom Maschinenhaus aus angesteuert werden. Notwendig wird das beispielsweise im Zuge von Servicemaßnahmen, um die Rotorblätter oder das Yaw-System manuell verfahren zu können.
Der Prototyp des Bediengerätes für 1,5-MW-Anlagen mit dem Namen OT 115 wurde Mitte Januar 2013 erstmals in einer WEA verbaut. Hierbei wurde das Gerät mithilfe des Retrofit-Pakets in knapp einer Stunde vor Ort in die bereits bestehende Öffnung der Schaltschranktür eingebaut.
Chance für CMS-Integration nutzen
Im Zuge solcher oder ähnlicher Retrofit-Maßnahmen lässt sich auch gleich ein CPU-Tausch vornehmen, um mit geringem Aufwand ein Condition-Monitoring-System als Bestandteil der Bachmann-Steuerung nutzen zu können. Das CMS von Bachmann, das umfangreiche Schwingungsanalysen ermöglicht, besteht aus einem Modul und wird inklusive der notwendigen Sensorik in die bestehende SPS mit einer zusätzlichen Software integriert.
Zum Modul gehören ferner die gesamte Verdrahtung der Sensorik sowie die IT-Infrastruktur, die gegebenenfalls noch zur Verfügung gestellt werden muss. Mit derartiger Softwareintelligenz wird die vollständige Funktionalität eines CMS abgebildet, mit dem sich aufgrund besserer Diagnosen eine vorausschauende Instandhaltung und damit optimierte Serviceeinsätze realisieren lassen.
Funktionskontrolle statt Reparatur
Eine von Availon entwickelte Lösung betrifft das Yaw-System von Vestas-Anlagen mit 2 MW Leistung.
Bei der Nachführung einer WEA über den Azimut sorgen in der Regel drei Haltefunktionen dafür, dass sich das Maschinenhaus nicht wieder aus dem Wind dreht: die sogenannten Reibebremsen, die ein Gegenhaltemoment bilden, die selbsthemmenden Schneckengetriebe der Motoren des Yaw-Systems und die elektromagnetischen Bremsen auf den Elektromotoren.
Fällt nur einer der vier Stellantriebe im Yaw-System aus, müssen die restlichen Antriebe dies kompensieren. Dabei arbeiten die verbleibenden Antriebe in Überlast, sodass es zu einer Kettenreaktion und damit zum Ausfall weiterer Komponenten kommen kann. Bleibt der Vorgang länger unbemerkt, besteht die Gefahr ernsthafter Schäden und damit kostspieliger Reparaturen.
Die Yaw-Überwachung von Availon wurde insbesondere für Anlagen vom Typ Vestas V80 und V90 entwickelt und soll dafür sorgen, dass Ausfälle an den Stellgetrieben des Yaw-Systems zukünftig nicht mehr unbemerkt bleiben. Die beim Europäischen Patentamt (EPA) angemeldete Lösung ermöglicht eine effiziente Funktionskontrolle der Yaw-Antriebe durch eine Überwachung der Stromaufnahme der Antriebsmotoren.
Magnetisches Feld ermöglicht Messungen
Hierzu wird für jeden Stellantrieb des Yaw-Systems ein kompakter Stromwandler installiert und jeweils eine Stromphase des Motors von der Aderklemme über den Wandler durchgeschliffen. Das Funktionsprinzip des Stromwandlers ähnelt hier im Prinzip einer Stromzange, wodurch die eigentliche Schaltungstechnik unberührt bleibt. Der Stromwandler nimmt das bei fließendem Strom erzeugte magnetische Feld auf.
Dieses Feld nutzt man für Messungen, wobei der Laststrom des jeweiligen Stellantriebs mit seinem Leerlaufstrom verglichen wird. Ergeben sich aus diesem Vergleich Abweichungen vom Normalbetrieb, können diese sofort erfasst werden. Per GSM-Modul lässt sich in der Folge eine Fehlermeldung an die Anlagensteuerung, den Betreiber der Anlage und die Fernüberwachung übermitteln.
Einsparpotenziale durch proaktive Überwachung
Eine Beispielrechnung soll verdeutlichen, welche Kosten WEA-Betreiber ohne Funktionskontrolle der Yaw-Überwachung erwarten müssten.
Fällt eine Anlage aufgrund nicht rechtzeitig erkannter Probleme bei den Yaw-Antrieben aus, können sich die Kosten für eine Reparatur schnell auf über 22 000 Euro summieren. Der Ertragsverlust durch einen ungeplanten Anlagenstillstand wäre in guten Windzeiten noch zusätzlich mit schätzungsweise etwa 6000 Euro zu veranschlagen. Die Gesamtkosten würden sich demnach auf 28 000 Euro belaufen.
Bei einem Ausfall eines Stellantriebs lassen sich aufgrund der Entwicklung von Availon hohe Folgekosten vermeiden, da durch eine Früherkennung schnell reagiert werden kann und vielleicht nur eine beschädigte Komponente ausgetauscht werden muss. In einem derartigen Fall sind Reparaturkosten von rund 6500 Euro durchaus realistisch. Die potenziellen Ertragsverluste fallen aber im Gegensatz zur Beispielrechnung ohne Yaw-Überwachung nahezu gar nicht ins Gewicht.
Schnelle Reaktion durch Früherkennung
Rund zwei Stunden benötigt die Installation der Yaw-Überwachung. Danach ist das Versagen eines Getriebes so frühzeitig erkennbar, dass gezielte Maßnahmen wie die Planung und Durchführung einer Reparatur möglich werden. Als Reaktion auf ein Problem lässt sich außerdem in kurzer Zeit ein Notfallprogramm über die Anlagensteuerung einleiten, beispielsweise eine Reduzierung der Nachführungsvorgänge, um die Yaw-Antriebe bis zur Schadensbehebung zu schonen.
Availon,
Tel.: 05971 8025-291,
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