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Kein Verschleiß im Rührwerk

Biogaspropeller
Kein Verschleiß im Rührwerk

Beim Betreiben technischer Anlagen können Kosten in mehrerlei Hinsicht gesenkt und so der ROI gesteigert werden: Es könnten erstens die Kosten für die Herstellung der technischen Komponenten an sich reduziert werden. Zweitens könnten sich Wege finden lassen, den Wartungsaufwand der Anlagen zu minimieren. Oder drittens könnten auch Energiekosten für den Betreiberprozess an sich verringert werden. Ein seltener Idealfall, wenn ein neues Bauteil gleich alle drei Optimierungspotenziale in sich birgt, wie dies beim neuen Biogaspropeller Amaprop PTM 2500 aus Lauramid der Fall ist.

Die Autorin: Dr. Martina Klug, Klugmarketing & PR, Friedberg

Sie produzieren „grüne“ Energie und liefern einen wichtigen Beitrag zum Erneuerbare-Energien-Konzept der Bundesregierung: Biogasanlagen. Alleine in Deutschland sind davon ca. 8500 in Betrieb, die zusammen jährlich rund 4000 MW Energie liefern. Diese Leistung kann natürlich nur produziert werden, wenn das Biogaswerk auch funktioniert.
Zur Energiegewinnung in einem Biogas-Nassfermenter eingesetzt werden nachwachsende Rohstoffe. Diese vergären im abgedeckten Fermenter und erzeugen dabei das Biogas, das sich zwischen Biomasse und Decke des Fermenters ansammelt. Dieses wird zur Stromgewinnung genutzt oder zu Erdgas-Qualität aufgereinigt. Um diesen Prozess dauerhaft am Laufen zu halten, ein Verhärten der Masse zu verhindern und den Gasaustritt somit zu ermöglichen, muss das Substrat bei der sogenannten Nassfermentation durch Rührwerke kontinuierlich in Bewegung gehalten werden.
„Das kritische, verschleißanfälligste Bauteil bei diesen Rührwerken ist der Propeller“, erklärt Alois Maier, Geschäftsführer der Firma Maier Energie & Umwelt. Seit über 20 Jahren ist die Herstellung und Montage von Rührwerken sein Spezialgebiet. Das Biomassegemisch im Fermenter ist ein chemisch aggressives Medium, teilweise auch mit gröberen Stücken durchsetzt, die das Rührwerk vor Herausforderungen stellen. „Die Standzeit eines Rührwerks, betrachtet man den Durchschnitt über alle Hersteller, beträgt bislang zwei Jahre. Eine Standzeit von nur einem halben Jahr ist bei Standardrührwerken keine Seltenheit, in extremen Fällen halten diese auch nur ein paar Wochen“, so der Experte.
Ein außerplanmäßiger Anlagenstillstand kommt für Betreiber teuer: „Bei jedem Öffnen des Fermenters entweicht logischerweise das angesammelte Gas, das somit nicht mehr zur Nutzung zur Verfügung steht. Zudem dauert es nach dem Wiederverschluss eine gewisse Zeit, bis sich das Methanniveau im Behälter wieder eingestellt hat“, erläutert Alois Maier. Je nach Anlagengröße können da als Folgekosten für einen nicht turnusgemäßen Neustart einer Biogasanlage mehr als 40 000 Euro anfallen.
Ziel: Standzeiten der Rührpropeller verlängern
Bisherige Rührwerkspropeller bestanden zum Beispiel aus glasfaserverstärktem Epoxidharz mit metallischem Nabeneinleger und Gelcoat-Schutzschicht. Durch mineralische Bestandteile verschleißt der Propeller häufig sehr stark. Für den Rührwerksexperten Meier war folglich klar, dass hier, beim Propellerwerkstoff, angesetzt werden müsste: „Die in der Branche sowie bei unseren alten Rührwerken üblichen Standzeiten haben unsere eigenen Qualitätserwartungen nicht erfüllt. Unser Ziel war, für unsere neuen Amaprop-PTM-2500-Rührwerke eine Standzeit von fünf Jahren zu erreichen,“ so Maier.
Die Rührwerksprofis haben dann als Biogaspropeller-Material quasi alles getestet, was der Markt zu bieten hat. Von Metallen über PA 6, GFK bis zu diversen Werkstoffmischungen – und diese in eigenen Installationen mit schwierigen Substraten dem Dauerbetrieb sogar mit höheren als den normalen Geschwindigkeiten ausgesetzt. Zufrieden stellte seine hohen Qualitätsansprüche letztlich nur der PA-12C-Werkstoff Lauramid des Kunststoffexperten Handtmann Elteka.
Warum Gusspolyamid?
Lauramid ist ein Gusspolyamid, welches, in einer speziellen Formel zusammengesetzt aus einem Aktivator und einem Katalysator, ohne Druckeinwirkung in Formen gegossen wird und dort in einem fein abgestimmten Temperprozess polymerisiert. Bereits diese spezielle Produktionsform im konturnahen Guss bringt unter wirtschaftlichen und technischen Gesichtspunkten Kostenvorteile für die Herstellung der Biogaspropeller. Handtmann Elteka hat durch das gusstechnische Know-how eine spezielle Form entwickelt, die den konturnahen Komplettguss dieses 2500 mm langen Bauteils ermöglicht. Aufwändige Nachbearbeitung entfällt so ebenso wie nachträgliches Zusammenmontieren von Einzelteilen.
Georg Petzinger, Vertriebsprojektleiter bei Handtmann Elteka: „Bei der Herstellung können wir auch die Stahlnabe direkt in den Propeller eingießen und sparen damit eine mechanische Verbindung.“ Andere Hersteller bauen Biogaspropeller dieser Größe aus Einzelteilen und schrauben diese zusammen. Jede Verbindungsstelle ist allerdings auf Dauer eine Schwachstelle. Dadurch, dass der Lauramid Biogaspropeller trotz seiner Länge an einem Stück gegossen werden kann, wird das Komplettsystem wesentlich stabiler als wenn Rotorflügel einzeln fixiert werden müssten.
Und von der Kostenseite aus betrachtet? Zwar muss zur Herstellung eine eigene Gussform konstruiert und hergestellt werden. Im Vergleich zu den Kosten, die entstünden, müsste jeder einzelne Biogaspropeller aus Einzelteilen und der Nabe aufwändig montiert werden, amortisieren sich die Formkosten kurzfristig, nicht zu vergessen die Vorteile durch die erhöhte Stabilität des Bauteils. Die Gussform ist darüberhinaus wiederverwendbar.
Homogenes, spannungsarmes Materialgefüge
Lauramid ist nicht nur ein sehr leichtes Material, es ist auch chemikalienbeständig. Dies kommt dem Einsatz in den aggressiven Biogas-Substraten entgegen. Seine hohe Abrasionsbeständigkeit erreicht Lauramid unter anderem durch seine spezielle Materialformel sowie durch oben beschriebene Gussherstellung, die das außerordentlich homogene, spannungsarme Materialgefüge entstehen lässt, das gleichzeitig sehr stabil und widerstandsfähig ist. Konkret bedeutet dies: Der neue PA-12C-Biogaspropeller verschleißt unter den aggressiven Umgebungsbedingungen nicht. Dies verspricht längere Wartungsintervalle für die Betreiber der Biogasanlagen.
„Die zweite Neuerung, die wir neben dem neuen Werkstoff in unseren Amaprop PTM 2500 gebracht haben, ist eine verbesserte Propellergeometrie“, erklärt der Rührwerkexperte Maier. Zusammen mit der Schiffsbau-Versuchsanstalt Potsdam wurde unter Berücksichtigung hydrodynamischer Aspekte und der speziellen Anforderungen in zähen Medien an einem modernen Effizienzdesign getüftelt. Bei Handtmann Elteka wurden dazu zusätzlich statische FEM-Berechnungen durchgeführt. So entstand das zweiflügelige Rotordesign der Biogaspropeller, das den Wirkungsgrad um bis zu 10 % erhöht, den Eigenstrombedarf gegenüber konventionellen Schnellläuferrührwerken hingegen um bis zu 70 % senkt. Alois Maier: „In Zukunft müssen Biogasanlagen vor allem wirtschaftlicher laufen. Wir haben schon zahlreiche Praxisbeispiele, die zeigen, wie durch den Einsatz von robusterer, effizienterer Rührtechnik Betriebskosten gesenkt werden konnten. Und die Effizienz einer Biogasanlage ist letztlich das, was für jeden Betreiber zählt.“ I

Info & Kontakt

Albert Handtmann Elteka GmbH & Co. KG, Biberach Tel.: 07351 34272-0 info.elteka@handtmann.de www.handtmann.de/kunststofftechnik
Detaillierte Informationen über Lauramid

Konturguss großvolumiger Bauteile

Georg Petzinger, Technischer Leiter bei Handtmann Elteka in Biberach, gibt einen Einblick in den Prozess des Konturgießens.
KEM: Je größer das Bauteil, desto schwieriger wird ein Konturguss. Warum?
Georg Petzinger: Die größte Herausforderung beim Gießen dieses zweieinhalb Meter langen Propellers ist dessen Größe und Materialmenge. Die Lauramidschmelze schwindet ja beim Abkühlen um rund 10 Volumenprozent. Aufgrund der Materialmenge, die wir hier vergießen, ist diese Schwindung ein bedeutender Faktor im Herstellungsprozess. Wir sind einerseits bestrebt, Schwindungslunker zu vermeiden, andererseits dürfen uns lokale Einfallstellen die Konturtreue unserer aufwändigen Freiformflächen nicht verschlechtern. Außerdem müssen wir für eine geeignete Entlüftung der großflächigen Form sorgen, um später eine porenfreie Oberfläche zu bekommen.
KEM: Wie genau lässt sich unter diesen Rahmenbedingungen ein einwandfreies Bauteil herstellen?
Georg Petzinger: Die genannte Materialschwindung setzt sich zusammen aus der thermischen Ausdehnung und der Dichteveränderung, die während der Polymerisations- und der Kristallationsphase auftreten. Wir versuchen, das Gussteil im flüssigen Zustand optimal zu speisen. Danach wird durch eine geeignete Temperaturführung, die Formgestaltung und ein entsprechende Formhandhabung während des Gießprozesses das Bauteil so beeinflusst, dass wir ein definiertes und für uns geeignetes Schwindungsverhalten erreichen. Beim Konturguss in dieser Größe und Schmelzmenge, mit starken Wandstärkenunterschieden und einer schwindungsbehindernden Stahlnabe ist es schon eine Herausforderung, ein gleichmäßiges Formablöseverhalten und somit reproduzierbare Konturverläufe zu erreichen. Dank der von unserem Technikerteam speziell konstruierten Gussform mit Schwenkvorrichtung und der langen Erfahrung beim Vergießen von Lauramid hat sich unsere Gießerei mit ein paar Gießtricks dieser Herausforderung gestellt.
KEM: Möchten Sie verraten, um welche Tricks es sich dabei handelt?
Georg Petzinger: Im Detail kann ich unser Know-how natürlich nicht preisgeben. Allgemein gesprochen, treffen wir Überlegungen zur Temperaturführung der Form und der Schmelze. Und wir modellieren Schwindungen in 3D-Modellen auf. Wir definieren das Abkühlen, wir verändern also die Temperaturführung. Wir öffnen die Gussform in bestimmten Phasen – oder öffnen diese eben auch bewusst nicht. Insgesamt gesehen kommt es natürlich darauf an, alle die Polymerisation beeinflussenden Faktoren aufeinander abzustimmen. I
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