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Das Wunder der hybriden Zwillinge

Kfz Testbericht Honda Civic IMA und Toyota Prius
Das Wunder der hybriden Zwillinge

Die Kombination von Otto- und Elektromotor will an der Paraderolle des Diesels als Sparweltmeister rütteln. Einer der Unruhestifter mit Hybridantrieb ist der Honda Civic IMA, eine unaufgeregt normale Limousine. Der andere heißt Toyota Prius und zeigt in der zweiten Generation schon mehr Raffinesse.

Der Autor und Testwagenfahrer Dipl.-Ing. Jürgen Goroncy ist freier Mitarbeiter der KEM

Wer das etwas biedere Stufenheckmodell Honda Civic IMA sieht, ahnt nichts von der Kraft der zwei Herzen unter seinem Blechkleid. Der neue, sehr progressiv designte Civic ist zwar in Deutschland schon auf dem Markt, doch der IMA wird noch einige Zeit mit der Karosserie des bisherigen Civic angeboten.
Zum exzellenten 1,3-Liter-Ottomotor gesellt sich ein kleiner Elektromotor mit weiteren 6,5 Kilowatt auf der Kurbelwelle zwischen Motorblock und Getriebe. Viel wichtiger als die Leistung ist das Drehmoment. 57 Nm stehen schon bei 1000 min-1 an und unterstützen den kleinen Ottomotor just in dessen drehmomentschwacher Anfahrphase. Zwar erreicht der kombinierte Antritt nicht den Biss eines Dieselmotors, ist aber deutlich kräftiger als bei vergleichbaren Ottomotoren.
Kleiner Tausendsassa
Der Elektromotor kann aber noch mehr. Er ersetzt den Anlasser und startet den Ottomotor extrem schnell nach nur wenigen Kurbelwellenumdrehungen. Honda nutzt dies für eine Start-Stopp-Automatik. Sobald das Auto steht, schaltet der Motor ab. Nimmt der Fahrer den Fuß wieder von der Bremse, startet der Elektromotor den Ottomotor wieder. Da dieser extrem leise und vibrationsfrei arbeitet und der Startvorgang genauso sanft von statten geht, informiert eine Lampe im Cockpit über das Wechselspiel.
Dritte Aufgabe des Elektromotors ist die Rückgewinnung von Bewegungsenergie im Schubbetrieb des Ottomotors. In dieser Situation werden bei drei Zylindern die Einlass- und Auslassventile geschlossen, was die Pumpverluste des Ottomotors verringert. Die Wandlung der Brems- in elektrische Energie geschieht so mit einem noch höheren Wirkungsgrad und der Elektromotor kann als Generator viel elektrische Energie erzeugen und in flachen Nickel-Metallhydrid-Batterien zwischen den Rücksitzen und dem Kofferraum speichern. Dort ruft er sie bei Beschleunigungsvorgängen blitzschnell wieder ab.
Energierückgewinnung, Start-Stopp-Automatik und Anfahrunterstützung führen zu einem sehr niedrigen Durchschnittsverbrauch der etwa 1 300 kg schweren Limousine. 5,3 l Super-Kraftstoff pro 100 km standen nach 2 200 km für die KEM zu Buche. Bei verbrauchsoptimierten Testfahrten auf einem Landstraßenparcours liefen sogar nur 4,2 Liter durch die Einspritzdüsen, ohne dass das Hybridmodell wie ein Verkehrshindernis bewegt wurde. Zum Vergleich: Der annähernd gleiche Ottomotor des Honda Jazz konsumierte auf gleicher Strecke im Schnitt minimal 4,7 Liter, obwohl er 200 Kilogramm weniger Masse bewegen musste!
Wichtig: Bedienung wie gewohnt
Auf der Autobahn reißt der 1,3-Liter-Ottomotor naturgemäß keine Bäume aus, dank der elektrischen Unterstützung reicht es aber zum streßarmen Mitschwimmen auf der mittleren Spur. Genauso erholsam ist die Bedienung des Hybridantriebs. Zündschlüssel, Kupplung, Schalthebel – alles wie gewohnt. Im Cockpit informieren übersichtliche Displays über den Ladezustand der Nickel-Metallhydrid-Batterien und ob gerade elektrische Energie eingespeist oder abgerufen wird.
High-End-Technik mit Schönheitsfehlern
Im Gegensatz dazu ist der Toyota Prius ein High-Tech-Wesen. Sein Hybridantrieb besteht aus einem 57 kW-Ottomotor und einem 50 kW-Elektromotor. Beide sind über ein stufenloses Planetengetriebe gekoppelt, so dass sich der Prius wie ein Automatikfahrzeug fährt. Fast könnte man vermuten, wie ein dieselgetriebenes – kein Wunder, bei 400 Nm Drehmoment des Elektromotors schon ab etwa 1 000 Umdrehungen pro Minute. Allerdings nimmt das Drehmoment mit zunehmender Drehzahl ab.
Die Energieströme sind ungleich komplizierter. Beim Anfahren oder auf kurzen Strecken im Stadtverkehr treibt nur der Elektromotor an. Je nach Fahrsitua- tion schaltet der Ottomotor zu. Seine Leistung wird entweder direkt zum Antrieb genutzt, oder wird von einem Generator in Strom umgewandelt, mit dem entweder der Elektromotor gespeist wird und/oder die Nickel-Metallhydrid-Batterien. Eine ausgeklügelte Steuerung verteilt die Energieströme so, dass der 1,5-Liter-Verbrennungsmotor immer im optimalen Betriebspunkt arbeitet. Teilweise wird er während der Fahrt sogar abgeschaltet, wenn der rein elektrische Betrieb günstiger ist. Das Bremsen ist kein Problem, da die Bremskraft – ähnlich wie bei einigen Mercedes-Modellen – elektrohydraulisch erzeugt wird.
Ein großes Display zeigt die aktuellen Energieströme übersichtlich an. Am Ende des KEM-Tests war dort außerdem ein Durchschnittsverbrauch von 5,6 l pro 100 km abzulesen. Das ist dann doch einiges mehr als die von Toyota versprochenen 4,3 l Normverbrauch und hinterließ einen Hauch von Enttäuschung.
Gewöhnungsbedürftig beim Prius ist auch das Geräusch des oft mit konstanten Drehzahlen arbeitenden Verbrennungsmotors. Selbst für Fußgänger hat er seine Tücken: Sie überhören gerne das lautlose anfahrende Fahrzeug. Weniger Sorgen müssen sich die Kaufinteressenten machen. Sowohl Honda als auch Toyota gewähren acht Jahre (oder 160 000 Kilometer) Garantie auf alle Komponenten des Hybridsystems.
Kampf der Konzepte
Mit den jetzigen Verbrauchswerten sind Civic IMA und Prius in die Verbrauchsregionen ähnlicher Dieselmodelle vorgestoßen. Wenn man dann noch weiß, dass Diesel eine wesentlich höhere Energiedichte als Ottokraftstoff hat und daher gut 11 Prozent mehr Kohlendioxid pro Liter ausstößt, scheint der Otto-Hybrid schon heute die umweltfreundlichere Alternative zu sein. Bei den Anschaffungspreisen, siehe Tabelle, sind konventionelle Otto- oder Dieselmotorisierungen natürlich deutlich preiswerter.
Angesichts dieses – mehr oder weniger – überzeugenden Auftritts der beiden Japan-Hybriden stellt sich die Frage nach den europäischen Alternativen. Es gibt sie – bisher allerdings nur als Prototypen. Um den deutlichen Entwicklungsvorsprung der Japaner bei der Hybridtechnik aufzuholen, bilden sich Entwicklungsallianzen, wie die von GM mit Daimler-Chrysler und BMW oder die Partnerschaft Volkswagen-Porsche. Auch die Zulieferer verstärken ihre Bemühungen. Continental will mit ZF Hybridantriebe entwickeln und Bosch ist sowieso in Fragen des Antriebsmanagements immer eine gute Adresse.
Honda Civic IMA KEM 489
Toyota Prius KEM 490
Bosch Hybridtechnik KEM 491
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