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Carl Mahr

Geschäftsführer Mahr Multisensor GmbH, Wadgassen
Carl Mahr

Der Name Mahr ist traditionell fest mit Messtechnik verknüpft. Was wenige wissen: Neben hochpräzisen Messgeräten finden sich aber auch Spinnpumpen und Kugelführungen im Portfolio. Dennoch ist Geschäftsführer Carl Mahr sich sicher, dass das Familienunternehmen auch weiterhin den größten Umsatz mit Messtechnik generieren wird.

Das Interview führte KEM- Redakteurin Denise Fröhlich

„Ohne Messtechnik kein Drei- Liter-Auto“
Herr Mahr, die Mahr-Gruppe hat drei Geschäftsbereiche, etwa 20 Gesellschaften. Geben Sie bitte einen kurzen Überblick.
Mahr: Die drei Geschäftsbereiche sind Messtechnik, Spinnpumpen oder Metering Systems und Kugelführungen. Die Messtechnik macht etwa 90 Prozent des Umsatzes aus, die Spinnpumpen knapp 10 Prozent. Kugelführungen bieten wir als OEM-Konstruktionselement an.
Mahr wurde 1861 gegründet. Das Unternehmen wurde in Deutschland groß, ist inzwischen aber international aufgestellt mit eigenen Produktions- und Vertriebsgesellschaften in Europa und Asien.
Was bietet der Geschäftsbereich Messtechnik an?
Mahr: Alles rings um die dimensionelle Fertigungsmesstechnik in Makro- oder Mikrodimensionen; zunehmend auch im Nanometerbereich, wenn es zum Beispiel um Dichtflächen im Automobil geht. In Sachen Messtechnik bieten wir zum einen Handmesstechnik an, beispielsweise Lehren oder Messschieber. Der Vertrieb erfolgt über Händler. Zum anderen haben wir Systemmesstechnik im Programm, hier überwiegend Form und Oberfläche. 3D- und Wellenmesstechnik runden das Portfolio ab. Die Systemmesstechnik wird direkt mit Fokus auf die Applikation vertrieben.
Mahr wurde mit den Trends seiner Zeit groß: 1861 musste der Abstand von Schienen gemessen werden, deshalb ging Mahr mit Lehren ins Geschäft. Anfang des 20. Jahrhunderts war es das Automobil, bei dem Teile exakt zusammenpassen mussten, damit es überhaupt funktionierte. Ende des 20. Jahrunderts dann die Perfektionierung des Autos hinsichtlich Umwelt: Ohne Messtechnik kein Drei-Liter-Auto, denn dort kommt es auf hochpräzises Zusammenarbeiten von Oberflächen an.
Heute ist einer der Trends das Älterwerden der Gesellschaft. So investiert speziell Mahr Multisensor beispielsweise in 3D-Messtechnik zum Vermessen von Implantaten.
Soll die Gewichtung so bleiben?
Mahr: Messtechnik wird auch weiter den größten Anteil unseres Geschäftsvolumens ausmachen. Dennoch bietet gerade der Bereich Metering Systems noch sehr viele Wachstumschancen, da beispielsweise abzusehen ist, dass immer mehr Funktionstextilien hergestellt werden: Mit Spinnpumpen lassen sich Kunstfasern sehr präzise fördern. In der Medizintechnik werden damit Fasern im Bereich der Dialyse extrudiert. Zudem kann man mit diesen hochpräzisen Geräten sehr gut dosieren, was beispielsweise bei der Farbmischung wichtig ist. Eine andere Anwendung ist das Aufbringen von Kleber in der Windelproduktion.
Spielt denn die Textiltechnik in Deutschland überhaupt noch eine Rolle?
Mahr: Das Hauptgeschäft spielt sich in Asien, speziell in China ab. Wir hatten dort ein tolles Geschäft bevor die Quoten freigegeben wurden. Da haben noch einmal alle Firmen investiert. Die großen Fabriken sind jetzt natürlich online, aber es gibt ein regelmäßiges Wartungsgeschäft. In den USA läuft das Geschäft in Carolina sehr gut, also dort, wo traditionell Baumwolle angebaut wurde und deswegen Textilindustrie besteht. Da aber auch aus den USA viele Firmen nach Asien abwandern, werden wir dort den Bereich Dosiertechnik pushen, um ein Ersatzgeschäft aufzubauen.
Sind bei zunehmender Automatisierung Handmessmittel noch bedeutsam?
Mahr: Auf jeden Fall, denn auch in der Werkstatt muss gemessen und dokumentiert werden. Auch eignen sich die Geräte sehr gut für Kleinstserien und Ad-hoc-Messungen.
Zudem muss man differenzieren zwischen Ländern wie Deutschland und solchen wie China. Dort ist es natürlich ebenso wichtig, die Qualität zu sichern, automatische Systeme sind aber noch nicht überall erschwinglich.
Mahr denkt in Triaden. Was heißt das?
Mahr: Die Triaden stehen klassisch für die Industrienationen in Europa, Nordamerika und Asien. Mittlerweile muss man diese Denkweise jedoch erweitern: Zentral- und Osteuropa sind ebenfalls stark im Kommen, auch Südamerika oder Südafrika.
Traut sich Mahr an Russland heran?
Mahr: Ja, wenn auch Stück für Stück mit eigenen Leuten vor Ort.
Mahr ist die Nummer Drei auf dem Weltmarkt in Sachen dimensioneller Messtechnik. Geben Sie sich damit zufrieden?
Mahr: Nummer Drei ist auf dem Weltmarkt schon sehr gut und in Deutschland haben wir den größten Marktanteil. Für uns ist es vor allem wichtig, die Nummer Eins für unsere Kunden zu sein. Der größte Anbieter ist etwa um den Faktor fünf größer als wir. Das ist für uns natürlich eine Herausforderung.
Mahr ist Mitglied im „Measurement Valley“. Was verbirgt sich dahinter?
Mahr: Measuremnent Valley ist ein Verbund von Unternehmen in der Region Göttingen, die sich alle mit Messtechnik befassen. Und zwar nicht nur mit Längenmesstechnik, sondern mit allen physikalischen Parametern, die gemessen werden. Da lag es nahe, sich zusammenzuschließen, um Synergien zu schaffen und gegenseitig voneinander zu profitieren. Etwa 6000 Mitarbeiter sind dort vertreten. So können wir nicht nur für Deutschland, sondern europaweit eine signifikante Konzentra- tion an Messtechnik anbieten. Das dient auch der Stärkung des Standortes.
Eine Messmaschine herzustellen und anzubieten ist das eine. Jemanden zu haben, der sie bedienen kann, das andere. Wie stellen Sie das sicher?
Mahr: Fakt ist, dass unter zunehmendem Kostendruck nicht immer Leute eingestellt werden, die unserem „deutschen Facharbeiter“ entsprechen. Mahr geht das Problem auf zwei Weisen an: Zum einen durch einfache Bedienung der Messgeräte über eine Software, die dem Anwender viel der komplizierten Vorgänge abnimmt. Hinsichtlich derartiger Konzepte arbeiten wir beispielsweise mit einem Universitätsinstitut zusammen. Andererseits wollen wir auch sicher sein, dass die Mitarbeiter unserer Kunden eine gute Ausbildung bekommen. Dazu bieten wir Schulungskonzepte an. Mahr betreibt die sogenannte Mahr-Akademie, die auch Zertifikats-Lehrgänge anbietet.
In den letzen Jahren trat Mahr stark auf die Kostenbremse. Jetzt wurden OKM in Jena und Helios in Dörzbach gekauft. Ein Richtungswechsel?
Mahr: Als Familienunternehmen sind wir daran interessiert, die Zukunft des Unternehmens zu sichern und uns nicht auf einer Durststrecke zu verausgaben. Als das Geschäft nicht so lief, gab es dafür verschiedene Modelle. Auch die Mitarbeiter waren gefragt, durch kürzere Arbeitszeiten einzusparen. In Qualität und Innovation wurde auch in dieser Zeit investiert, weil nur neue Produkte und verbesserte Produk- tionsabläufe einem Unternehmen über schlechte Zeiten hinweg helfen. Jetzt heißt es, gestärkt unser Angebot für den Kunden auszubauen.
Sind weitere Zukäufe geplant?
Mahr: Wir wollen immer ein breites Sortiment anbieten, das Portfolio weiter ausbauen; entweder durch eigene Produkte oder, wenn sinnvoll, auch durch Zukäufe. Wir prüfen natürlich immer, was zu uns passen könnte. Derzeit arbeiten wir aber daran, OKM und Helios vollständig zu integrieren.
Steckbrief
  • Geschäftsbereiche: Messtechnik, Zahnradpumpen, Kugelführungen
  • Exportanteil: rund 60 %
  • Gruppenumsatz: 152 Mio. €
  • Kunden: Automobilindustrie und Zulieferer, Maschinenbau, Elektro- und Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt, IT
  • Mitarbeiter: 1600, davon 927 in D
  • Int. Vertriebsgesellschaften: 173
  • Produktionsstandorte: Göttingen, Dörzbach, Jena, Wadgassen, Probostov, Providence, Souzhou
  • Zertifizierungen: DIN EN ISO 9001:2000, DIN EN ISO/IEC 17025 Akkreditierung, VDA 6.4
Messtechnik KEM 559
Spinnpumpen (Metering Systems) KEM 560
Kugelführungen KEM 561
Systems Engineering im Fokus

Ingenieure bei der Teambesprechung

Mechanik, Elektrik und Software im Griff

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