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Virtuelle Inbetriebnahme: Zunehmend gefragt und nun mit Avatar

Simulation und VR
Virtuelle Inbetriebnahme: Zunehmend gefragt und nun mit Avatar

Firmen im Artikel
Im digitalen Engineering Prozess wird die virtuelle Inbetriebnahme (VIBN) von immer mehr Firmen aus dem Bereich der Automatisierungs- und Fertigungstechnik bewusst gefordert. Zudem können die Tools auch für Retrofit, Verkauf und Marketing genutzt werden, wie die Erfahrung von Softwareanbieter ISG zeigt.

 

Tobias Meyer, freier Mitarbeiter der KEM Konstruktion|Automation

Inhaltsverzeichnis

1. Vom Mehraufwand zum praktischen Nutzen
2. Detailgrad wächst mit den Ansprüchen
3. Virtuelle Inbetriebnahme ermöglicht Taktzeitanalysen
4. Model-in-the-Loop-Simulation
5. Avatar wird erkannt und kann agieren
6. Safety-Funktionen vorab rein virtuell testen
7. Ergonomie-Analysen – auch für den Chef

Vom Mehraufwand zum praktischen Nutzen

Aktuell entstehen teils noch hohe Aufwände entlang der Engineering-Kette, da digitale Zwillinge einer Anlage für unterschiedliche Zwecke meist mehrfach erstellt werden müssen. „Dieses Problem lässt sich mit ISG-Virtuos mittlerweile sehr gut lösen, da wir damit eine durchgängige Lösung für alle Lebensphasen einer Anlage anbieten können“, sagt Florian Eger, Head of Technology and Partnership Management bei ISG Industrielle Steuerungstechnik. „Weiterhin ist es toll zu sehen, wie sich im Automobilbereich die VIBN fest etabliert hat und ein Simulationsmodell der Anlagen als Voraussetzung gilt. Im Sondermaschinenbau hingegen wird der Aufwand oft noch dem direkten Nutzen gegenübergestellt. Unterm Strich zeichnet sich für mich aber ab, dass die Mehrwerte mittlerweile in allen Branchen angekommen sind und der Trend klar in Richtung einer hundertprozentigen VIBN geht.“

Vorteile_VIBN.jpg
Der VDMA-Leitfaden zur virtuellen Inbetriebnahme (2020) prognostiziert ein hohes Einsparpotential bei Zeit und Aufwand.
Bild: ISG

Detailgrad wächst mit den Ansprüchen

Die Ansprüche an den Detailgrad sind dabei unterschiedlich und wachsen typischerweise mit steigender Erfahrung: Hat der erstmal etwas rudimentär angelegte digitale Zwilling gut funktioniert, sollen beim nächsten Mal meist komplexere Materialflüsse simuliert werden – einige Anwender gehen da sogar noch einen Schritt weiter und legen Antriebe aus oder hinterlegen Verschleißmodelle für Mechanik-Komponenten. „Hier muss natürlich immer zwischen Kosten und Nutzen abgewogen werden, möglich ist aber prinzipiell fast alles“, so Eger weiter. Dafür wurden nun auch die Physik-Engines von Nvidia und Algoryx eingebunden.

Virtuelle Inbetriebnahme ermöglicht Taktzeitanalysen

Mehrere seiner Kunden nutzen die Software auch für das Retrofiting von Anlagen und bilden dafür den Brownfield-Zustand komplett virtuell nach – falls noch kein entsprechender digitaler Zwilling vorhanden ist. Denn als Zeitfenster für den Eingriff in die reale Produktionstechnik werden den Firmen oft lediglich Sonn- und Feiertage gewährt, da nur dann Stillstand herrscht. Damit das zeitlich realisierbar ist, muss im Vorfeld die vollständige Funktionsfähigkeit des Retrofits abgesichert sein. Der digitale Zwilling ermöglicht das.

Virtuelle Inbetriebnahme senkt Stresspegel

Model-in-the-Loop-Simulation

Die Integration des ISG-Kernel in die Simulationsplattform war 2023 ein großer Meilenstein für die ISG. Um schnell Bewegung in den digitalen Zwilling zu bekommen ist nun keine SiL- oder HiL-Simulation mehr notwendig – da hier die Model-in-the-Loop-Simulation unter Verwendung des ISG-Kernel zum Einsatz kommt. „Taktzeitanalysen oder Machbarkeitsstudien sind mit kinematisierten CAD-Daten direkt möglich, ohne dabei eine Steuerung programmieren zu müssen. Anwender können diesen aussagekräftigen digitalen Zwilling ihrer Anlage damit bereits für Marketing und Sales einsetzen, um beispielsweise auf Messen die Kunden zu begeistern“, erzählt Eger. „Denn statt einer groben Schätzung des Verkäufers hinsichtlich möglicher Taktzeiten können unsere Nutzer direkt vor Ort handfeste Zahlen nennen, direkt auf das Produkt ihrer Kunden zugeschnitten. Im gerade genannten Fall übertrafen diese dabei sogar die Wünsche des Kunden – weshalb der direkt eine Maschine bestellte.“

Avatar wird erkannt und kann agieren

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Die Anbindung einer VR-Brille an ISG-Virtuos ist problemlos machbar und eröffnet auch für Verkauf und Marketing neue Möglichkeiten.
Bild: ISG

Die Möglichkeit, innerhalb weniger Minuten auch eine VR-Brille anzubinden, ist für Sales- und Marketing-Zwecke ebenfalls vorteilhaft. Dabei werden die notwendigen Daten immer direkt aus ISG-Virtuos gestreamed, egal ob Software-, Hardware- oder Model-in-the-loop. „Damit kann der Kunde seine künftige Anlage noch immersiver erleben. Hierdurch erschließen sich Zusammenhänge schneller und im Vergleich zu reinen CAD-Modellen oder Zeichnungen bleiben sie auch langfristiger im Gedächtnis“, versichert Eger.

Safety-Funktionen vorab rein virtuell testen

Zudem möchte ISG bald auch einen eigenen Avatar vollständig in VR integrieren. Die Simulationssoftware erkennt dann den in der virtuellen Anlage agierenden Nutzer wie in der realen Welt und reagiert auf ihn. „Unsere Strategie ist bei solchen Konzepten immer, den Kunden mit ins Boot zu holen und auf Basis seiner Anwendungsfälle die Toolfunktionen zu entwickeln.“ Dabei stößt vor allem das Testen von Safety-Funktionen auf großes Interesse: Der Nutzer kann beispielsweise in der VR mit der Hand in eine laufende Maschine greifen und prüfen, ob die Sensorik korrekt funktionieren würde. Interessant ist hier, dass ISG-Virtuos Safety-Funktionen echtzeitfähig abbilden kann, ohne zwingend die reale Technik per Hardware-in-the-loop einbinden zu müssen. Die VR-Brille verursacht jedoch eine höhere Latenz. „Eine grundlegende Funktionskontrolle der Sicherheitseinrichtungen wollen wir aber bald in der 3D-Umgebung ermöglichen“, so Eger.

Ergonomie-Analysen – auch für den Chef

Ebenso häufig nachgefragt wird die VR-Anwendung bei der ISG für Ergonomie-Analysen, etwa von Handarbeitsplätzen. Dabei soll auch die Augmented Reality stärker zum Einsatz kommen: Entsprechende Sensorik-Handschuhe würden dann ermöglichen, die später verwendeten realen Montage-Komponenten zu nutzen. Der Arbeiter kann mit diesen samt deren echtem Gewicht und Form an einem virtuell eingeblendeten Arbeitsplatz arbeiten und durch die Erkenntnisse dessen Planung optimieren. „Handarbeitsplätze können auf diese Weise künftig nicht mehr nur validiert, sondern komplett konzipiert werden“, ist sich Eger sicher. Somit kann jeder in die Rolle des Arbeiters schlüpfen und hautnah nachempfinden, was ein höherer Takt von beispielsweise 10 % in der Praxis bedeuten würde. Schulungen an der virtuellen Anlage, noch bevor diese existiert oder für neue, noch unerfahrene Mitarbeiter sind so ebenfalls möglich. Bis vor einigen Jahren stand Eger der VR-Brille übrigens noch etwas skeptisch gegenüber: „Inzwischen aber bin ich völlig überzeugt davon, dass diese Technik bei gezieltem Einsatz einen riesigen Mehrwert bringen kann.“

www.isg-stuttgart.de

ISG hat im Juli eine neue Version des TwinStore live geschaltet.

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