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Das bringt Module Type Package (MTP) der Prozessautomatisierung

Schnittstelle für den modularen Anlagenbau
Das bringt Module Type Package (MTP) der Prozessautomatisierung

Das bringt Module Type Package (MTP) der Prozessautomatisierung
Modular aufgebaute Anlagen für die Prozesstechnik sollen zukünftig von der Automatisierungsschnittstelle Module Type Package (MTP) profitieren. Bild: tilialucida/stock.adobe.com (generiert mit KI)
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Modular aufgebaute Anlagen für die Prozesstechnik sollen zukünftig von der Automatisierungsschnittstelle Module Type Package (MTP) profitieren. Namur, ZVEI und PNO treiben die Standardisierung der herstellerunabhängigen Schnittstelle für die Prozessautomatisierung voran. Die wichtigsten Schritte sind bereits gemacht, jetzt muss MTP nur noch in der Breite Einsatz finden. Spannend wird sein, ob damit am Ende gar nicht mehr in Modulen gedacht wird, sondern vielmehr in Funktionen und Services – ganz im Sinne der Digitalisierung. Zur Messe Achema 2024 wird zudem ein Bericht veröffentlicht, mit dem sich die monetären Vorteile des modularen Aufbaus bewerten lassen.

 

Alexandra Lachner, PR- und Marketingexpertin für B2B-Themen/Dechema

Inhaltsverzeichnis

1. Insbesondere die Automatisierungstechnik muss modular sein
2. Intelligenz im Modul ist gefragt
3. MTP ist bereits jetzt nutzbar
4. Vom Leitsystem zum Process Orchestration Layer (POL)
5. Förderprojekt Reunion bringt Beteiligte zusammen
6. Neue Geschäftsmodelle in Sicht
7. Zur Achema erscheinender Bericht erleichtert Bewertung
8. Messe Achema

Die Kernidee hinter der einheitlichen Automatisierungsschnittstelle (Module Type Package, MTP) für die Prozesstechnik ist schnell erklärt: Es geht um eine Art Lego-Baukasten, der funktionale Prozess-Module für den Aufbau von prozesstechnischen Anlagen bereitstellt. Mittels MTP sollen sich die Module vernetzen und schnell zu neuen Prozessen aufbauen lassen.

Insbesondere die Automatisierungstechnik muss modular sein

So weit die Theorie – für die Praxis gilt allerdings: „Module physikalisch zur Verfügung zu stellen, ist kein Problem – aber um eine flexible Anlage damit zu realisieren, braucht es Automatisierungstechnik, die auch modular gedacht sein muss“, erläutert Dr. Frank Stenger, Vorsitzender der Fachgruppe Modulare Anlagen in der Dechema (Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie) und Leiter Prozessoptimierung und modulare Anlagen bei Evonik.

Intelligenz im Modul ist gefragt

Konventionell übernimmt das zentrale Leitsystem die Steuerung und Regelung einer Anlage und ihrer Apparate. Soll ein Bestandteil ausgetauscht werden, muss in der Regel auch die komplette Verkabelung erneuert werden. Um stattdessen mit einem schnell integrierbaren Baukastensystem zu arbeiten, muss die Intelligenz ins Modul integriert werden, das die Steuerung und Regelung „vor Ort“ übernimmt. Über eine singuläre Schnittstelle können dann alle Funktionen des Moduls an ein zentrales Leitsystem zur Orchestrierung mit den anderen Prozess-Modulen übertragen werden.

„Damit das für Hersteller in der Chemie- oder Pharmaindustrie in der Praxis funktioniert und interessant ist“, so Stenger weiter, „muss diese Schnittstelle herstellerunabhängig sein.“ Eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Namur (der Interessengemeinschaft Automatisierungstechnik der Prozessindustrie), ZVEI (dem Verband der Elektro- und Digitalindustrie) und seit Sommer 2023 auch PNO (der Profibus Nutzerorganisation) hat dafür intensiv an Details des MTP-Standards gearbeitet, die neueste Version hierzu wird aller Voraussicht nach im Herbst 2024 veröffentlicht. Von den sechs Eigenschaften bzw. Funktionen, die MTP als PNO-Standard abbilden soll, sind mittlerweile die vier wichtigsten abgeschlossen. Es ist somit möglich, ein Modul über die MTP-Schnittstelle in eine Anlage zu integrieren, es anzusprechen und zu steuern.

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MTP ist bereits jetzt nutzbar

„Damit sind wir an dem Punkt angelangt, an dem MTP nutzbar ist – es aber noch nicht jeder nutzt“, fährt Stenger fort. Dies bestätigt auch Dr. Mathias Maurmaier, Committee Lead MTP der gemeinsamen Arbeitsgruppen von Namur, ZVEI und PNO und bei Siemens tätig: „Wir haben uns für ein inkrementelles Vorgehen entschieden – das heißt, einiges ist abgedeckt, so dass erste Projekte laufen können, anderes ist noch in der Entwicklung. Das gilt auch für die Konformitätstests, für die Ende 2024, spätestens Anfang 2025 standardisierte Vorgaben kommen werden. Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung breiter Markteinsatz, da dann die Kompatibilität zwischen verschiedenen Herstellern geprüft werden kann.“

Vom Leitsystem zum Process Orchestration Layer (POL)

Gefordert sind an dieser Stelle aber auch die Hersteller von Leitsystemen. Für sie ging es bislang darum, ein geschlossenes System zu entwickeln und über den Lifecycle zu betreuen – eine große, aber relativ übersichtliche, planbare Aufgabe. Durch den modularen Anlagenbau ändern sich die Parameter und das komplette Geschäftsmodell, wie Maurmaier erklärt: „Wir haben es nun mit einem offenen System zu tun, in das Produkte verschiedener Player integriert werden, manchmal mit lokalen Steuerungen mehrerer Lieferanten. Da sprechen wir nicht mehr vom klassischen Leitsystem, sondern vom Process Orchestration Layer (POL). Er verwaltet unter Umständen einen ganzen Pool an Modulen, die heute in einer ersten Anlage eingesetzt werden, morgen in der Wartung sind und übermorgen in einer anderen Anlage eingesetzt werden.“

Förderprojekt Reunion bringt Beteiligte zusammen

Für Hersteller von Modulen oder Process Equipment Assembly (PEA) werden die Aktivitäten in Deutschland derzeit im Förderprojekt Reunion gebündelt, das Modulhersteller, Anlagenbetreiber und Genehmigungsbehörden zusammenbringt. Der Konsortialleiter des Förderprojekts, Prof. Peter Pelz von der Technischen Universität Darmstadt, erläutert: „In unserem Projekt sind viele kleine und mittelständische Unternehmen vertreten, die im Rahmen von Reunion Know-how zu MTP erlangen wollen, um später ihren Kunden entsprechende Produkte anzubieten.“ Im Fokus stehen Hardware, Automatisierung und Dokumentation, wobei die Technischen Universitäten Dortmund, Dresden und Darmstadt mit den Partnerunternehmen zusammenarbeiten.

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Neue Geschäftsmodelle in Sicht

„Am Ende kann es sogar so sein, dass Modularität als Produkt ins Portfolio aufgenommen und auch anderen Branchen angeboten werden kann“, so Pelz. „Die Motivation ist groß, auf diese Weise die Zukunft mitzugestalten und dann gar nicht mehr in Modulen zu denken, sondern in Funktionen und Services. Ein neues Geschäftsmodell könnte zum Beispiel sein, statt Pumpen Volumenstrom zu verkaufen.“

Zur Achema erscheinender Bericht erleichtert Bewertung

Durch die steigende Zahl an Projekten gewinnt die Frage an Bedeutung, wie sich die Wirtschaftlichkeit einer flexiblen, modularen Anlage bewerten lässt. Aus diesem Grund arbeiten die Dechema-Fachgruppen Moda (Modulare Anlagen) und Cost (Cost Engineering) derzeit an einem Statusbericht, der Klarheit schaffen soll. „Plane ich eine konventionelle Anlage, ist der Scope klar, und ich weiß genau, was in den nächsten Jahren auf mich zukommt – plane ich mit dem modularen Anlagenbau, so habe ich sehr viel Flexibilität, kann Kapazitäten aufbauen oder herunterfahren, allerdings bei einer höheren Erstinvestition“, fasst Dr. Frank Stenger zusammen. „Zur Achema 2024 veröffentlichen wir deshalb einen Bericht, der als Grundlage dienen kann, zu beurteilen, was diese Vorteile monetär wert sind und wie sich eine wirtschaftlich fundierte Entscheidung treffen lässt.“ (co)

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Im Juni öffnet die Achema ihre Pforten und ermöglicht es Interessierten, sich einen Überblick über die Technologien und den Stand der Automatisierungstechnik in der Prozesstechnik zu verschaffen.

Mehr zur Messe Achema

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