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KI im Engineering und der Produktion

KI im Engineering und der Produktion
„KI im R&D-Prozess bis hin zu Smart Products as a Service nutzen“

Firmen im Artikel
Schaeffler nutzt KI im eigenen Engineering und bietet auch kundenseitig Engineering Tools beziehungsweise Simulationstools an, die auf künstliche Intelligenz basieren. Die Details, gerade zum Nutzen, erläutern Patrick Mirring, Vice President R&D Analysis Tools & Methods bei Schaeffler sowie Daniel Merk, Senior Expert Validation Bearings & Industrial Solutions bei Schaeffler.

Nico Schröder, Korrespondent KEM Konstruktion|Automation, Augsburg

Inhaltsverzeichnis

1. Aspekte der Datennutzung
2. Feld-Daten KI-gestützt harmonisieren
3. Data as a Service und Smart Products
4. Angebot von Lifetime Solutions und Berechnungs-Tools
5. Vorteile durch KI und Machine Learning

KEM Konstruktion|Automation: Welche Rolle spielt KI/AI im Engineering bei Schaeffler?

Patrick Mirring: Bei uns werden beispielsweise physikalische Methoden entwickelt. Diese Berechnungen sind teilweise sehr zeitintensiv. Deshalb geht man unter anderem dazu über, Tausende oder Zehntausende Rechnungen basierend auf physikalischen Methoden durchzuführen und daraus mithilfe von Machine-Learning Ersatzmodelle zu entwickeln, die dann deutlich performanter bezüglich der Geschwindigkeit sind. Das wird in Engineering Tools implementiert.

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Machine-Learning-gestützte Datenklassifizierung und -harmonisierung eröffnet gänzlich neue Möglichkeiten bezüglich Geschwindigkeit und Qualität der Simulations-Modellbildung.
Bild: Schaeffler

Daniel Merk: Letztendlich unterstützt dies unser Closed Loop Engineering. Von der chronologischen Abfolge her kann man sich die Zusammenhänge so vorstellen, dass sich aus der Validierung – also Vordergründig aus physikalischen Versuchen mit Wälzlagern und Systemen – jene Vielfalt an unterschiedlichen Daten, beispielsweise in Form von Prüfstandsmessdaten oder geometrischen Oberflächenmessungen, ergeben. Diese stellen wiederum wertvollen Input für die Simulationstools dar und optimieren sie nachhaltig. Weitergedacht nimmt die in der R&D entstehende digitale Plattform die gesamte Thematik „KI in der Produktion“ mit – zum Beispiel insofern, als die Wälzlager, die wir auf den Prüfstand nehmen, bereits als digitaler Zwilling dort „ankommen”. Der Anwender der Simulationstools ist wahlweise der Anwendungsingenieur oder auch der Endkunde, womit wir wieder beim Thema sind, KI mehr und mehr ganzheitlich im gesamten R&D-Prozess bis hin zu Smart Products as a Service zu nutzen. Hier sehen wir fließende Übergänge.

Aspekte der Datennutzung

KEM Konstruktion|Automation: Wie ist der Workflow? Wie nutzen Sie Kundendaten? Wie geschlossen ist das Ganze und wie sicher ist das für die Kunden?

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Patrick Mirring, Vice President R&D Analysis Tools & Methods bei Schaeffler
Bild: Schaeffler

Mirring: Es gibt Bereiche, wo wir sehr weit sind. Das angesprochene Closed Loop Engineering ist im Windbereich stark verbreitet. Wir stellen beispielsweise unsere physikalischen Methoden und unser Knowhow in der Cloud zur Verfügung. Der Kunde hat dann die Möglichkeit, diese zu nutzen. Der Kunde bekommt aber die volle Funktionalität, den vollen Leistungsumfang – und kann unser Angebot unabhängig von uns nutzen. Das finale Freigabe-Review wird wieder seitens Schaeffler realisiert. Unseren Kunden stellen wir eine Plattform zur Verfügung, innerhalb derer das Knowhow von Schaeffler nutzbar ist, ohne aber, dass Knowhow abfließen fließen kann. Bei uns läuft das unter dem Begriff High Volume Computation (HVC). In der Vergangenheit war es so, dass Anfragen an unsere Anwendungstechniker gerichtet worden sind, diese die Berechnung durchführten und das Ergebnis zurücklieferten. Jetzt ist es so, dass der Kunde ein Modell hochladen kann – und zwar entweder mit unserer bestehenden Software oder über entsprechende Schnittstellen mit seiner alternativen Software. Damit haben Kunden eine Funktionalität und vollen Zugriff, um Berechnungen eigeninitiativ durchzuführen. Der Kunde bekommt vorläufige Berichte, sogenannte Preliminary Reports, in geforderter Menge. Wir wissen gleichzeitig, was der Kunde tut, und stellen sicher, dass es mit unserem Knowhow stattfindet, sodass wir die erzielten Ergebnisse einschätzen beziehungsweise bewerten können und auch sicher sind, dass sie validiert und verifiziert sind. Dies können wir mit der notwendigen Sicherheit tun, da die Kunden schließlich die gleichen Engineering Tools nutzen, die auch Schaeffler intern verwendet.

Feld-Daten KI-gestützt harmonisieren

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Daniel Merk, Senior Expert Validation Bearings & Industrial Solutions bei Schaeffler
Bild: Schaeffler

Merk: Unsere Engineering Tools sind wiederum mit validen Daten untermauert. An der Stelle hilft uns KI in einer weiteren Variante, nämlich dahingehend, dass wir diese extreme Vielfalt an verschiedenen Datei-Formaten, die weltweit in unseren Testfeldern tagtäglich erzeugt werden, KI-gestützt so harmonisieren, dass diese sowohl lesbar als auch vergleichbar sind und wieder gut von den Simulationstools, die wir intern und extern anbieten, eingelesen und verarbeitet werden können. Vereinfacht ausgedrückt, stellen wir somit sicher, dass unsere Engineering Tools die benötigten Daten stets in der geforderten Menge, Schnelligkeit und Qualität erhalten.

Data as a Service und Smart Products

KEM Konstruktion|Automation: Welche datenbasierten Services und Produktvorteile ergeben sich?

Mirring: Mit Data as a Service werden dem Kunden tatsächlich Produktdaten, die über die klassischen Katalogdaten hinausgehen, für seine weitere Nutzung zugänglich gemacht. Teilweise ist eben der Wunsch vorhanden, eine mikroskopische Beschreibung der Produkte wie Oberflächenrauheit oder Laufbahnrundheit zu bekommen. Von Fall zu Fall wird natürlich entschieden, welche Daten weitergegeben werden. Für ein besseres Systemverständnis ist es jedenfalls notwendig, derartige Daten zu haben. Und diese Daten stellen wir je nach Fall entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung.

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Der Einsatz von KI und ML im Rahmen der Entwicklung sorgt auch für immer präzisere Algorithmen in Smart Products von Schaeffler Lifetime Solutions, wie hier am Beispiel der Optime-Sensoren.
Bild: Schaeffler

Angebot von Lifetime Solutions und Berechnungs-Tools

KEM Konstruktion|Automation: Wie kommen Sie von KI im Engineering auch zu Smart Products?

Merk: Unsere Entwicklung und das Angebot smarter Produkte und Services wird im Unternehmensbereich der Lifetime Solutions verantwortet. Das umfasst beispielsweise innovative Sensoren wie Schaeffler Optime, die dahingehend smart agieren, dass sie einfach von unseren Kunden adaptiert, bei Bedarf mit intelligenten Nachschmiersystemen verknüpft und in einer gemeinsamen App in einer User Experience gesteuert werden können. Die Algorithmen, die hinter diesen Sensoren stecken, werden durch valide Daten und durch KI-gestützte Auswertungen on the Fly, also während des laufenden Prüfstandsbetriebs, immer intelligenter. Die in der Validierung verbauten Optime-Sensoren nutzen dabei ein sehr breites Spektrum an perfekt dokumentierten Maschinendaten, um deren Algorithmen immer weiter zu verfeinern. Damit haben wir ein verkaufsfähiges Produkt aus dem Engineering-Prozess heraus unterstützt und gestaltet.

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Umfangreiche Wälzlagervalidierung – wie hier an FE8-Prüfständen – ist das Rückgrat für performante Simulationsmodelle. Jahrzehntelang generiertes Wissen wird nun mittels KI und ML vollumfänglich nutzbar.
Bild: Schaeffler

Mirring: Als Software-Programm hat Schaeffler Bearinx zur Berechnung von Wälzlagern in Wellensystemen und von Linearführungssystemen geschaffen. Mit dem Programm ermöglichen wir die detaillierte Analyse von Wälzlagern an Ort und Stelle im Wellensystem. Die gesamte Berechnung erfolgt dabei in einem durchgängigen Berechnungsmodell – vom gesamten System bis hin zum einzelnen Wälzkontakt. Die Bearinx Simulation Suite gibt es in verschiedenen Abstufungen – und zwar als Bearinx-online Module für Kunden, Vertriebspartner & Hochschulen mit Nutzungsvertrag, als Bearinx-online Easy-Module für Jedermann und frei verfügbar sowie als Bearinx VIP, das in erster Linie für Entwicklungspartner gedacht ist.

Vorteile durch KI und Machine Learning

KEM Konstruktion|Automation: Welche Marktvorteile können sich Anwender verschaffen?

Mirring: Worauf KI und Machine Learning einzahlen, sind gerade Aspekte der Effizienzsteigerung und des Time-to-Market. Es macht einfach den Unterschied, in der Lage zu sein, innerhalb von zwei Wochen eine komplette Auslegung durchzuführen , während ein Wettbewerber vielleicht ein bis zwei Monate braucht. Es geht uns eben darum, Entwicklungszyklen im Engineering bestmöglich zu unterstützen. Mit unseren Engineering Tools wollen wir uns zudem in den Entwicklungsprozess unserer Kunden integrieren. Das heißt, der Kunde kann am Ende des Tages Entwicklungsprozesse mit deutlich weniger Personal unterstützen, wenn er mit Schaeffler zusammenarbeitet. Das ist ein deutlicher Marktvorteil, unabhängig vom Produkt selbst. Im Windbereich wird das extensiv praktiziert und stellt tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal dar.

Merk: Wir machen den Unterschied in der Engineering-Power, die wir haben. Durch langjährige Erfahrung und umfangreiche Produktvalidierung haben wir bereits ein tiefes Produkt- und Systemverständnis erlangt. Mittels KI und über unser digitales Plattformdenken heben wir das Ganze jetzt auf die nächste Ebene. Das reine Systemverständnis wird nun um eine ganzheitlich verknüpfte digitale Systemlandschaft ergänzt, die nicht nur eine vollumfängliche Datenbereitstellung, sondern auch eine KI-gestützte Datenanalyse bis hin zu Designoptimierungen ermöglicht. Diese Kombination ist unser klares Differenzierungsmerkmal, das wir gegenüber Wettbewerbern haben. Wir schöpfen all das Wissen der Vergangenheit, sowie des tagtäglich Erzeugten, unter anderem mittels KI aus und machen es intern sowie für Kunden zugänglich, um den Wertbeitrag signifikant zu steigern. Anders gesagt: Wir schöpfen all das Wissen aus Berechnungen und Versuchen voll aus, unabhängig vom originären Versuchsziel eines Einzelversuchs. Konkret bedeutet das, dass in der Vergangenheit ein Kunde A einen Versuch mit einem spezifischen Thema beauftragt hatte, wobei eine entsprechend spezifische Antwort dabei herauskam. Durch den datenbasierten Ansatz heute, der mit dem Wissen kombiniert werden kann, kann aus diesem Versuch praktisch alles extrahiert werden, was dieser Versuch aus Sicht der erhobenen Messdaten hergibt. Somit kann auch Kunde B,C,D oder E vom Versuch mit teils abweichenden Fragestellungen profitieren, wo früher nur Kunde A profitiert hat. Das ist das Entscheidende, was dafür sorgt, dass wir nicht nur in die Zukunft gerichtet Wissen generieren, was perfekt zugänglich ist, sondern auf einmal besonders von unserem historischen Wissensschatz profitieren können. Das heißt, auch dieses historische Wissen können wir nun zugänglich machen. Das wiederum stellt ein maßgebliches Alleinstellungsmerkmal dar, weil wir stets auf umfangreiche Versuchs- und Validierungsaktivitäten gesetzt haben. Dieses Investment zahlt sich nun durch zunehmendes, digitales Plattformdenken und der sinnvollen Nutzung von KI aus. Dadurch ergibt sich nun das Potential, die Qualität in der Entwicklung deutlich zu verbessern, Aufwände deutlich zu verringern, und unseren Kunden somit in allen Facetten einen Mehrwert zu liefern.

www.schaeffler.de

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