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Inhaltsverzeichnis
1. Schaltschrank kann entfallen
2. Aufbau des MX-Systems
3. Ethercat-Kommunikation integriert
4. Module für alle Automatisierungs-Aufgaben
5. Umfassende Diagnose mit an Bord
6. Schutzart IP67 ermöglicht Montage an der Maschine
7. Integrierte Automatisierung
8. Systemvorteile für den Maschinen- und Anlagenbau
Schaltschrank kann entfallen
Hinter dem MX-System der Beckhoff Automation GmbH & Co. KG, Verl, steht ein einheitlicher Automatisierungsbaukasten, mit dem sich der traditionelle Schaltschrank in vielen Anwendungsfällen vollständig durch Module ersetzen lassen soll. Die Verler sprechen von einer Revolution im Schaltschrankbau, ohne dass sie selbst einen Schaltschrank bauen wollen. „Das MX-System kondensiert unsere Erfahrung aus 40 Jahren Automatisierung und Schaltschrankbau“, fasst Geschäftsführer Hans Beckhoff die Entwicklung zusammen. „Die Steuerungstechnik und Elektrotechnik werden in ein einheitliches Modulsystem integriert, mit dem durch ein einfaches Stecken der Module auf einer Basisplatte praktisch alle Funktionen eines Schaltschranks realisiert werden können. Eine Verdrahtung mit Einzeldrähten ist nicht mehr notwendig. Der erforderliche Bauraum wie auch der Verkabelungsaufwand an der Maschine werden drastisch reduziert.“ Das Kürzel steht übrigens für modular (M) und variabel (X).
Das MX-System steht damit für die Systemintegration aller Maschinenfunktionalitäten und verbindet die Vorzüge der PC- und Ethercat-basierten Steuerungstechnik der Verler. Das kompakte System aus Metall ist durch die hochwertige Verarbeitung nicht nur staub- und wasserdicht, sondern auch robust und widerstandsfähig, wodurch es direkt an der Maschine platziert werden kann. Zudem reduziere sich der Engineering-Aufwand enorm, wie Hans Beckhoff betont: „Der Zeitbedarf des Ingenieurs sinkt von 2 Wochen auf 2 Tage – was sich in 30 anstelle von 300 Schaltplan-E-CAD-Seiten bemerkbar macht.“
Aufbau des MX-Systems
Träger und stabile Rückwand ist eine robuste Aluminium-Basisplatte, die im Verbund mit den Funktionsmodulen die Anforderungen der Schutzart IP67 erfüllt. Sie verfügt über integrierte Modulsteckplätze, Ethercat zur Kommunikation und eine integrierte Stromversorgung. Auf die standardisierten Steckverbindungen lassen sich die verschiedenen Funktionsmodule des MX-Systems einfach aufstecken und anschließend mit Hilfe von in den Modulen befindlichen, unverlierbaren Schrauben befestigen. Die sogenannte MX-System-Baseplate selbst lässt sich ebenfalls mit Hilfe von Schraubverbindungen ohne Probleme direkt an der Maschine befestigen und kann somit optisch und funktional in den Maschinenbauraum integriert werden.
Die Baseplate kann in ihrer Größe variieren und bis zu drei Reihen mit je maximal 24 Steckverbindungen (Slots) beinhalten. Hinter jeder Slot-Reihe steckt eine Backplane, die je nach Art verschiedene Spannungen und Ethercat als Kommunikationsbus unter den Slots verteilt. Somit kann die Baseplate nahezu beliebig auf die jeweilige Anforderung der Maschine angepasst werden.
Es wird zwischen zwei Arten von Backplanes und somit Slots unterschieden:
- Daten-Baseplates mit Datensteckverbindern, über die die Module mit 24 bzw. 48 VDC und mit Ethercat versorgt werden, und
- Power-Baseplates mit zusätzlichen Leistungssteckverbindern, über die die Netzspannung (3-phasig + N 400…480 VAC) und der DC-Link-Bus (maximal 848 VDC) verteilt werden.
Ein Leistungssteckverbinder kann mit maximal 35 A belastet werden, während die zugrundeliegende Power-Baseplate maximal 63 A zur Verfügung stellen kann.
Ethercat-Kommunikation integriert
Ethercat als Feldbus wird über die Datensteckverbinder in die Module geleitet. Durch die bewährte, robuste und schnelle Ethercat-Kommunikation lassen sich auch kompliziertere Maschinen realisieren und Zykluszeiten << 1 ms erreichen. Des Weiteren sind Funktionen wie Hot-Swap direkt integriert, so dass auch während des Betriebs Module ausgetauscht oder weitere Subsysteme oder Baseplate-Stationen angeschlossen werden können.
Module für alle Automatisierungs-Aufgaben
Für den Netzanschluss sowie sämtliche anderen Funktionen eines Schaltschranks stehen im MX-System entsprechende Module zur Verfügung. Die jeweiligen Module können je nach Funktion auch unterschiedliche Größen haben. So passt ein einfaches MX-System-I/O-Modul in der Regel auf einen einzelnen Datensteckverbinder und wird so mit Leistung und Kommunikation versorgt, während größere Antriebsmodule über 2 Slot-Reihen reichen, da diese Module zwei Anschlüsse zu einem Datensteckverbinder für die Kommunikation und Leistungssteckverbinder für die Leistung benötigen. Funktionsmodule können auch in ihrer Breite variieren und bis zu 3 Slots breit werden. So kann etwa bei großen Leistungsmodulen die Leistung über 2 Slots parallel eingespeist werden.
Neben den verschiedenen Baseplates umfasst das MX-System folgende Module:
- IPC-Module MCxxxx:
Die Industrie-PC-Module der Reihe MCxxxx ermöglichen mit ihrer Vielfalt an Leistungsklassen die flexible Anpassung an verschiedene Steuerungsanforderungen. - I/O-Module MOxxxx:
Steckbare I/O-Modulen für alle Signale der Automatisierungswelt. - Motion-Module MDxxxx:
Innovative Antriebspakete zur Realisierung modularer und sicherheitsgerichteter Maschinenkonzepte. - Relais-Module MRxxxx:
Zum Schalten von großen Strömen und Leistungen. - System-Module MSxxxx:
Systemmodule wie Einspeise-, Netzteil-, Koppler- und Netzabgangsmodule.
Durch die konsequente Nutzung von Ethercat in jedem Datensteckverbinder stehen übrigens jedem Modul tendenziell auch die bewährten und leistungsfähigen Twinsafe-Safety-Funktionalitäten zur Verfügung. Dementsprechend stehen sichere I/O- und Motion-Module mit bekannten Sicherheitsfunktionen wie STO/SS1 oder Safe Motion im MX-System zur Verfügung.
Umfassende Diagnose mit an Bord
Ein weiterer Pluspunkt ist, dass jedes auf der MX-System-Baseplate aufgestecke Funktionsmodul auch ein Ethercat-Gerät ist – wodurch grundsätzlich für das gesamte MX-System eine umfassende Diagnose vorliegt. Des Weiteren verfügt die Baseplate über ein komplettes Housekeeping-System, welches Umweltparameter wie die Temperatur dauerhaft überwacht.
Schutzart IP67 ermöglicht Montage an der Maschine
Entscheidend ist, dass ein Systemverbund aus Baseplate und Modulen eine Schutzart von IP67 aufweist und direkt an der Maschine montiert werden kann. Das System reduziert damit die Aufwände für den Maschinenbauer insbesondere auch in den Phasen Engineering/Planung und Installation. Durch die integrierten Diagnosefunktionen reduziert sich aber auch die Komplexität für den Endanwender. Beiden steht damit ein modulares Schaltschranksystem in hoher Schutzart zur Verfügung, das sich ohne weitere Schutzgehäuse an der Maschine montieren lässt.
Das gut aufeinander abgestimmte Produktportfolio ermöglicht es, die elektrische Ausrüstung von Maschinen und Anlagen nach dem Baukastenprinzip zu konzipieren – verlangt dazu aber deutlich weniger Komponenten als im klassischen Schaltschrankbau. Der Vorteil: Das MX-System baut damit kompakter, wodurch sich der Maschinen-Footprint reduziert. Zudem ergeben sich deutlich kürzere Kabelwege bis zur Prozessebene und dadurch Kosteneinsparungen.
Integrierte Automatisierung
Beckhoff Automation bietet als Systemanbieter fast alle Komponenten zur Automatisierung einer Maschine oder Anlage: Steuerungssoftware Twincat, IPCs, I/Os, Antriebe, Motoren, Netzteile und Kabel. Gleichzeitig verfügt das Unternehmen über viel Erfahrung im Schaltschrankbau, den es seit der Gründung vor über 40 Jahren betreibt – „heute mit etwa 250 Mitarbeitenden“, wie Hans Beckhoff abschließend betont. Dieses Wissen um die System- und Komponenten-Technologie und die praktische Anwendungserfahrung sei nun im neuen MX-System zusammengefasst worden. Seine Prognose lautet deshalb: „Das MX-System vereinfacht die Automatisierung und Elektrifizierung radikal, es wird zu einem neuen Standard werden!“ (co)
Update 11. Februar 2022: Text um weitere Details und Bilder ergänzt.
Weitere Infos zum MX-System von Beckhoff
www.beckhoff.com
Systemvorteile für den Maschinen- und Anlagenbau
Der schaltschranklose Automatisierungsansatz ist für Maschinen- und Anlagenbauer interessant, weil sich mit dem MX-System nicht nur der Engineering- und Installationsaufwand, sondern auch der Maschinen-Footprint deutlich reduzieren lässt. Zudem erhöhen sich Anlagenverfügbarkeit und -flexibilität bei minimiertem Wartungsaufwand.
- Engineering:
Die mechanische und elektrische Modularisierung des Systems ermöglicht es, die elektrische Ausrüstung von Maschinen und Anlagen nach dem Baukastenprinzip zu konzipieren. Da deutlich weniger Komponenten als im klassischen Schaltschrankbau zur Realisierung der gleichen Anforderungen benötigt werden, wird das gesamte MX-System kompakter. - Aufbau des Systems:
Anders als in einem klassischen Schaltschrank ist keine zeitaufwändige und fehleranfällige Installation in Form von Einzeldrahtverbindungen notwendig. Die standardisierten Schnittstellen des MX-Systems ermöglichen Plug&Play. Die Montagezeit kann sich so von 24 Stunden auf rund 1 Stunde reduzieren und die Montage des Schaltschranks kann auch von Nicht-Elektrikern durchgeführt werden. Der externe Schrankaufbau entfällt. Durch die standardisierten Schnittstellen ist das System zudem skalierbar und lässt sich im Handumdrehen um weitere MX-Systeme erweitern oder mit bestehenden Maschinenkonzepten mit vorhandenen Schaltschranklösungen kombinieren. - Reduzierung des Footprints:
Das MX-System lässt sich – im Gegensatz zu herkömmlichen Lösungen – aufgrund seiner Kompaktheit optisch und funktional in den Maschinenbauraum integrieren. Dadurch verkleinert sich der Maschinen-Footprint. Zudem ergeben sich deutlich kürzere Kabelwege bis zur Prozessebene und dadurch Kosteneinsparungen. - Wartung, Instandhaltung und Service:
Auch für den Maschinenanwender ergeben sich Vorteile. Das MX-System besteht aus durchgehend intelligenten Ethercat-Komponenten, so dass zu jeder Zeit eine umfangreiche Systemdiagnose möglich ist. Jedes Funktionsmodul verfügt neben klassischen Status-LEDs über eine eindeutige Seriennummer in Form eines Datamatrix-Codes. Dieser Code kann per Smartphone-App gescannt werden, wodurch sich das Smartphone mit der Steuerung verbindet und Diagnosedaten zum entsprechenden Funktionsmodul ausgibt. Das Baukastensystem und das einfache Plug&Play-Prinzip ermöglichen einen unkomplizierten und schnellen Austausch eines defekten Moduls.