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Inhaltsverzeichnis
1. Gummidurchführung vs. Kabelverschraubung
2. Herausforderungen durch Wasserstoff und EMV
3. Montagezeit von Kabeldurchführungen spielt eine Rolle
Gummidurchführung vs. Kabelverschraubung
KEM Konstruktion|Automation: Löst künftig die Gummidurchführung die Kabelverschraubung ab?
Michael Maier (Icotek): Beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile, abhängig vom Anwendungsgebiet. Ganz klar bieten die ‚Gummi‘-Kabeleinführungssysteme gegenüber den Verschraubungen eine hohe Packungsdichte auf verbautem Bauraum. Ebenso erfordert es einen Mehraufwand bei der Montage der Kabelverschraubungen. So muss bei einer Anwendung von zehn Leitungen auch zehn Mal eine Kabelverschraubung am Schaltschrank gebohrt werden. Bei den Kabeleinführungssystemen wird dagegen einmal gebohrt und anschließend mit einem entsprechenden Knackwerkzeug der Ausbruch hergestellt. Es gibt sowohl teilbare, als auch nicht teilbare Lösungen, wobei sich bei letzterer ein markanter Vorteil herauskristallisiert: Nämlich das konfektionierte Leitungen genutzt werden können ohne den Stecker entfernen zu müssen. Demgegenüber bieten die nicht teilbaren Lösungen aufgrund ihrer Membrane einen sehr großen Dichtbereich von mehreren zweistelligen Millimetern.
Till Bergmann (Murrplastik): Kabelverschraubungen haben bei bestimmten Anwendungen nach wie vor Relevanz. Für das smarte Einführen von Kabeln ist die Gummidichtung oder eine unserer Kabeldurchführungen die bessere Wahl, da bei der Nutzung von Kabeldurchführungen weniger Platz benötigt wird im Vergleich zu Verschraubungen. Leitungen mit Stecker lassen sich ebenfalls besser handhaben.
Jörg Sokat (Pflitsch): Kabeleinführungen in Form einer Kabeldurchführung oder auch einfachen Gummidurchführung beziehungsweise Kabeldurchführungstülle sind und werden kein Ersatz für hochwertige Kabelverschraubungen sein. Denn sie können nur zur Anwendung kommen, wenn die Anforderungen an Dichtigkeit und Zugentlastung vergleichsweise gering sind, wie typischerweise im Schaltschrankbau. Wasser- und Staubschutz nach IP68, IP69 und erhöhte Zugentlastung nach DIN EN 62444, mind. Klasse A, wie sie z.B. im Anlagen- und Maschinenbau oder der Bahntechnik gefordert werden, bleiben die Domäne der Kabelverschraubungen. Wenn dann noch Zusatzfunktionen wie EMV, Explosionsschutz oder nach EHEDG zertifiziertes Hygienic Design gefordert sind, führt an Kabelverschraubungen kein Weg vorbei. Um beiden Anforderungsfeldern gerecht zu werden, hat Pflitsch sein Portfolio an hochwertigen Kabelverschraubungen ergänzt um das neue teilbare Kabeldurchführungssystem CABseal als ideale Lösung für die Einführung von konfektionierten Kabeln und Leitungen im Schaltschrankbau.
Matthias Haack (Wiska): Ein klares „Jein“. In der reinen Elektroinstallation sind die Membrandurchführungen in Abzweigkästen für festverlegte Kabel und Leitungen schon lange Standard. Dieser Trend wird durch die unterschiedlichen Lösungen an Membran- und Gummieinführungen fortgesetzt. Wo es aber neben der reinen Dichtheit auch um Zugentlastung und Verdrehsicherung geht, kommt man an einer Verschraubung aktuell nicht vorbei.
Herausforderungen durch Wasserstoff und EMV
KEM Konstruktion|Automation: Welchen speziellen Herausforderungen ergeben sich bei Kabeldurchführungen in Zukunft hinsichtlich Trends wie H2 (Ex), E-Antrieb in Off-Highway-Maschinen (Haltbarkeit) und Steuerungen generell (EMV)?
Maier (Icotek): Spezielle Herausforderungen ergeben sich ganz sicher durch die Entwicklung und die Anforderungen am Markt. Wir haben eine schnell wachsende Industrie, was sich sehr stark in der Digitalisierung äußert. So werden einerseits immer mehr Daten in Clouds abgelegt und wieder abgerufen. Diese riesigen Datenmengen erfordern den Breitbandausbau, was somit auch zu vermehrten EMV-Problemen führen kann. Des Weiteren erfahren wir täglich, dass die Chemikalienpolitik nicht schläft. Es gibt immer bessere und leistungsfähigere Kunststoffe, welche ihr Geheimnis in ihrer Zusammensetzung tragen. So muss jede einzelne Komponente (Chemikalie) auf Herz und Nieren in Hinsicht auf die geltenden EU-Verordnungen geprüft werden.
Bergmann (Murrplastik): Für die zunehmenden extremen Herausforderungen an Kabeldurchführungen sind die richtigen Lösungen gefragt. Mit der wachsenden Bedeutung von Wasserstoff als Energieträger müssen Kabeldurchführungen speziell dafür ausgelegt sein. Dies erfordert besondere Materialien und Abdichtungslösungen, um die Sicherheit zu gewährleisten. Ebenso müssen Kabeldurchführungen den steigenden Anforderungen und verbesserten Normen gerecht werden. So ist unsere KDP/P-Ex oder auch die KDL/H-VA für raue Umgebungen sehr gut geeignet, sie stechen mit höchster Dichtigkeit und durch den Metallrahmen mit optimaler Haltbarkeit hervor. Auch Sonderlösungen wie FDA-konforme, an das Hygienic Design angelehnte Kabeleinführungen für den Lebensmittel- und Pharmabereich oder die effektive Abschirmung gegen elektromagnetische Interferenzen sind gefragt.
Sokat (Pflitsch): Für den Bereich Wasserstoffgewinnung und -speicherung, Abfüllanlagen und Tankstellen sowie Brennstoffzellen bieten nur Kabelverschraubungen mit Ex-e (erhöhte Sicherheit) und Ex-d (druckfeste Kapselung) das für die explosionsgefährdeten Bereiche der Zonen 1 und 2 erforderliche Maß an Sicherheit. Solche hochwertigen Kabeleinführungen bieten wir in den Baureihen UNI Dicht und Blueglobe an sowie bei der für beide Zündschutzarten zugelassenen LevelEx. Letztere ist auch als EMV-Variante erhältlich. Bei E-Antrieben in Off-Highway-Maschinen spielen neben dem erhöhten mechanischen Schutz, der Vibrationsbeständigkeit und der Haltbarkeit die EMV-Eigenschaften eine zentrale Rolle. Denn die auftretenden hohen Schirmströme müssen sicher abgeleitet werden. Hier überzeugen unsere EMV-Kabelverschraubungen mit der TRI-Feder-Technologie mit überragender Stromtragfähigkeit. In Anlagen und Maschinen mit ihren immer komplexeren Steuerungen und frequenzgeregelten Antrieben spielen EMV-Kabelverschraubungen zum Ableiten der Störsignale eine zentrale Rolle. Die EMV-Kabelverschraubungen mit der patentierten TRI-Feder realisieren hierzu eine großflächige 360-Grad-Kontaktierung des Kabelschirms, der unbeschädigt durch die Kabelverschraubung bis zur Kontaktstelle im Schaltschrank weitergeführt werden kann, was zu einer erhöhten Störfestigkeit der Steuerungen führt.
Haack (Wiska): Alleine durch die gestiegenen Anforderungen an Elektronik, Datenübermittlung etc. haben wir immer mehr geschirmte Kabel im Einsatz und somit auch gestiegene Anforderungen an den EMV-Schutz und die damit verbundene durchgängige Kontaktierung von Schirmungen. Früher war diese Art der Installation vermeintlich nur im Maschinenbau anzutreffen – heute eben auch in der Standardinstallation. Durch die neuen Technologien wie Wasserstoff wird es sicher vermehrt Anforderungen an den EX-Schutz oder ähnliches geben.
Montagezeit von Kabeldurchführungen spielt eine Rolle
KEM Konstruktion|Automation: Sind neben den rein technischen Fähigkeiten des Produktes auch die Kundenansprüche hinsichtlich des Montagekomforts gestiegen?
Maier (Icotek): Getreu dem Motto „der Kunde ist König“ versuchen wir immer, eine große Nähe zu unseren Kunden aufzubauen und zu pflegen sowie auch auf deren spezielle Anforderungen einzugehen. Der Montagekomfort ist sicherlich gestiegen und zeichnet sich dadurch ab, dass oftmals die Montagezeit eine große Rolle spielt. So wird vermehrt auf Lösungen Wert gelegt, die einfach und intuitiv zu handhaben sind, meist auch auf werkzeuglose Systeme. Denn bekanntlich ist Zeit gleich Geld.
Bergmann (Murrplastik): Ja, neben den rein technischen Fähigkeiten des Produktes ist auch der Kundenanspruch hinsichtlich Montagekomfort gestiegen. Kunden erwarten heute nicht nur effiziente und zuverlässige Produkte, sondern legen auch Wert auf eine einfache und komfortable Montage. Dies bedeutet, dass Produkte nicht nur funktional sein müssen, sondern auch leicht zu installieren und wartungsfreundlich sein sollten.
Selbstredend sind unsere Kabeldurchführungen schneller und einfacher in der Handhabung. Die Montage ausschließlich von vorne beispielsweise bietet unseren Kunden eine äußerst bequeme Möglichkeit in reduzierten Platzverhältnissen und bei Reinstallationen. Weiterhin sind kundenspezifische Lösungen eine Möglichkeit, die komplexen Anforderungen eines Projekts genauestens zu erfüllen. So kann eine individuell hergestellte Kabeldurchführung über unseren On-Demand-Service das beste Ergebnis hervorbringen.
Sokat (Pflitsch): Der Montagekomfort von Produkten spielt bei der Produktauswahl eine immer entscheidendere Rolle. Einfach zu installierende Lösungen sparen nicht nur Zeit, sondern auch Kosten. Zudem wird das Risiko einer fehlerhaften Installation deutlich reduziert – angesichts des Kostendrucks und des Fachkräftemangels in der Industrie ein nicht zu unterschätzender Aspekt.
Produkte wie die EMV-Kabelverschraubungen mit TRI-Feder, die Ex-Kabelverschraubung LevelEx, aber auch das Kabeldurchführungssystem CABseal überzeugen die Konstrukteure und Einkäufer auch aufgrund ihrer ausgezeichneten Montageeigenschaften. Um es auf eine einfache Formel zu bringen: Produkte mit exzellentem Montagekomfort generieren eine vorteilhafte Total Cost of Ownership.
Haack (Wiska): Auch bei der Installation gilt: je schneller und einfacher desto besser. Daher ein klares Ja, dass die Anforderungen an Montagegeschwindigkeit und -komfort gestiegen sind.
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