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Technologie, Nachhaltigkeit und Agilität als entscheidende Faktoren

Wie verändert die nächste Dekade die Produkt- und Produktionsentwicklung?
Technologie, Nachhaltigkeit und Agilität als entscheidende Faktoren

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In der dynamischen Welt der Produkt- und Produktionsentwicklung ist kein Tag wie der andere. Die ständige Suche nach Innovation und Effizienz treibt Ingenieure und Entwickler dazu an, die Grenzen des Möglichen immer weiter zu verschieben. Mit einem visionären Blick in die Zukunft soll gezeigt werden, wie sich die Produkt- und Produktionsentwicklung in den kommenden zehn Jahren entwickeln wird und welche Innovationen diese (R)evolution maßgeblich voranbringen.

Dr. Tobias Frank, Leiter Business Unit Automation Systems, und Sascha Klose, Leiter Operational Excellence, Phoenix Contact Electronics GmbH, Bad Pyrmont

Inhaltsverzeichnis

1. Generative KI führt zu intelligenteren Fabriken
2. Konsequente Bewertung von Nachhaltigkeitsdimensionen
3. Neue Bedrohungsszenarien im Umfeld der Cybersecurity
4. Kontinuierliche Weiterbildung
5. Konzepte quantitativ vergleichen

Die Produkt- und Produktionsentwicklung wird sich in der nächsten Dekade erheblich verändern. Die folgenden Trends könnten die Art und Weise, wie sich diese Bereiche gestalten, revolutionieren:

  • Die additive Fertigung, auch als 3D-Druck bekannt, ermöglicht es, komplexe Strukturen zu erstellen, die mit herkömmlichen Methoden nicht umsetzbar wären. Sie trägt dazu bei, die Herstellungskosten zu senken und die Produktionszeiten zu verkürzen. Darüber hinaus lassen sich Produkte zunehmend auf die individuellen Bedürfnisse und Vorlieben der Kunden zuschneiden.
  • Unternehmen werden die digitale Transformation nutzen, um die reale und die digitale Welt zu kombinieren. Zur schnellen Reaktion auf Marktanforderungen sowie zur Entwicklung innovativer Produkte werden Daten im gesamten Unternehmen gesammelt, verstanden und eingesetzt. Das geschieht zunächst als virtuelle Replik oder digitaler Zwilling, damit sich potentielle Probleme identifizieren lassen, bevor sie in physischer Form in der Anwendung auftreten.
  • Die künstliche Intelligenz (KI) wird eine stetig wichtigere Rolle in der Produktentwicklung spielen. Denn KI unterstützt Ingenieure und Entwickler dabei, Produkte schneller und effizienter zu entwickeln, indem sie beispielsweise Entwurfsprozesse automatisiert oder Vorhersagen über die Leistung eines Produkts trifft.

Generative KI führt zu intelligenteren Fabriken

Die Entwicklung der generativen KI hat bedeutende Errungenschaften gebracht, darunter die generative Bilderzeugung und große Sprachmodelle. Generative KI erlaubt es, visuelle Inhalte und Texte automatisch zu generieren. Dies demokratisiert den Zugang zur Technologie und fördert Innovation. Als Beispiel soll die Verwendung der generativen KI für die Softwareentwicklung beleuchtet werden. Sie wird nicht dazu genutzt, Entwickler zu ersetzen, sondern um deren Fähigkeiten zu erweitern und repetitive Aufgaben zu rationalisieren. Generative KI kann helfen, Software effizienter zu programmieren und bereitzustellen, weil sie beispielsweise bei der Codeerstellung, der Verbesserung der Dokumentation und der Erhöhung der Sicherheit unterstützt. Die Technologie ermöglicht zudem, dass Nicht-Informatiker ohne tiefgehende Programmierkenntnisse Entwicklungs- und Testaufgaben übernehmen können.

Entwickler müssen jedoch lernen, mit der KI zu interagieren und sie so zu steuern, dass sie die gewünschten Ergebnisse liefert. Eine gute Dokumentation, regelmäßiges Feedback und Codereview sind entscheidend, um die KI effektiv einzusetzen und potentielle Risiken wie Sicherheitslücken oder ineffektive Prozesse zu vermeiden.

Engineering 2036: Nachhaltigkeit – mehr als ein Buzzword?

Trends der vergangenen Dekade(n) – zum Beispiel die konsequente Integration der Produktionsentwicklung in die Entwicklungsabläufe der zugehörigen Produkte sowie die wachsende Digitalisierung der Fertigungsabläufe – setzen sich weiter fort. Hierzu haben digitale Tools, wie die virtuelle Planung von Montageabläufen und Materialflüssen, längst Einzug in den Arbeitsalltag der Produktionsentwickler gehalten. Schon heute wird künstliche Intelligenz auf vielfältige Weise in der Fertigung mit dem Ziel verwendet, Prozesse zu optimieren und die Effizienz zu steigern. KI automatisiert Herstellungsabläufe, damit sich Fehler minimieren und die Wirtschaftlichkeit erhöht. Sie trägt zur vorausschauenden Wartung von Maschinen bei, indem sie Anomalien erkennt und Ausfallzeiten verringert. Künstliche Intelligenz unterstützt innovative Designs und optimiert Bauteile für bessere Leistung und geringeren Materialeinsatz. KI-basierte Modelle analysieren Produktionsdaten in Echtzeit, sodass sich Qualitätsmängel erkennen und verhindern lassen. Im Logistik- und Ressourcenmanagement werden die Lieferkette, Lagerhaltung und Ressourcenallokation durch generierte Algorithmen verbessert. Insgesamt wird KI die Fertigung grundlegend verändern und zu intelligenteren Fabriken führen.

Konsequente Bewertung von Nachhaltigkeitsdimensionen

Diese Trends flankieren nun sukzessive weitere Entwicklungen: Aus der globalen Notwendigkeit, CO2-Emmissionen in allen drei Perspektiven (Scope 1–3) zu reduzieren, entstehen mehrere Anforderungen an die Entwicklung von Produktionsabläufen. Zum einen besteht der Bedarf, nachhaltiges Produktdesign durch geeignete Fertigungsabläufe zu unterstützen. Hier entstehen durch die Nutzung neuartiger Materialien Herausforderungen etwa in formgebenden Prozessen. Zum anderen erfordert die Transformation hin zu einer zirkulären Wertschöpfungskette bereits in der frühen Entwicklung die Betrachtung des kompletten Produktlebenszyklus. An dieser Stelle sind insbesondere Strategien zur Wiederverwendung, Reparatur oder Verwertung der Produkte respektive Komponenten zu implementieren.

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Der digitale Zwilling unterstützt bereits in der Entwicklungsphase bei der Identifizierung potentieller Probleme.
Bild: Phoenix Contact

Zur Umsetzung dieser Anforderungen greift prinzipiell der gleiche Mechanismus, der auch für die Optimierung der Herstellkosten gilt: ein konsequentes Mitdenken der Produktionsprozesse ab der frühen Entwicklungsphase. Was fehlt, ist in vielen Fällen eine Methodik zur quantitativen Vergleichbarkeit der entstehenden Fertigungskonzepte beziehungsweise der damit verbundenen Investitionsentscheidungen. Hier kann die Value-Balancing-Analyse (siehe Infokasten) ein Ansatz sein. Ziel der internationalen Initiative namhafter Industrieunternehmen ist die monetäre Bewertung von Nachhaltigkeitsdimensionen entsprechend des ESG-Ansatzes sowie deren Abbildung in der Unternehmensbilanz. Anhand ihrer Auswirkungen auf die Bilanz lassen sich somit Produktionskonzepte quantitativ gegenüberstellen.

Neue Bedrohungsszenarien im Umfeld der Cybersecurity

Neben neuen Anforderungen aus dem Bereich der Nachhaltigkeit wird das Arbeitsumfeld der Produktionsentwicklung in den nächsten Jahren von zusätzlichen weitreichenden Einflüssen geprägt. Die voranschreitende Digitalisierung im Fertigungsumfeld bringt Chancen ebenso wie Risiken für produzierende Unternehmen mit sich:

  • Auf der einen Seite werden sowohl digitale Produkt- als auch Prozessdaten essenzielle Begleiter in der Wertschöpfungskette und erlauben eine zunehmende Dynamisierung der Herstellungsabläufe. Beispiele hierfür sind die Auslastungsoptimierung von Prozessen oder die Dynamisierung von Prüfungen mittels Lebenszyklus- und Prozessdaten der Produkte. Beide stellen wichtige Bausteine zur weiteren Effizienzsteigerung im Fertigungsumfeld dar und werden aufgrund der durchgängigen Datenverfügbarkeit sukzessive möglich.
  • Auf der Kehrseite ergeben sich durch die fortschreitende Vernetzung der Systeme neue Bedrohungsszenarien im Umfeld der Cybersecurity (siehe hierzu: BSI-Lagebericht zur IT-Sicherheit 2023). Um diesen zu begegnen, sind zum Beispiel Anforderungen aus dem europäischen Cyber Resilience Act (CRA) im Produktionsumfeld zu implementieren. Speziell im Bereich der Elektronikfertigung führt dies zu einer zusätzlichen Dynamisierung der Prozesse, damit beispielsweise kurzfristig auf auftretende Sicherheitslücken in der Gerätesoftware reagiert werden kann. Im Kontext der Produktionsentwicklung bedeutet dies zunächst, die digitalen Abläufe als elementaren Bestandteil der Prozesskette mitzudenken und zu gestalten. Dazu bedarf es Hilfsmitteln zur Visualisierung der Datenströme entlang der Prozesse. Eine Einbindung in vorhandene VR/AR-Tools zur Fertigungsplanung wäre denkbar.

Kontinuierliche Weiterbildung

Viel entscheidender wird aber sein, bereits bei der Ausprägung derart dynamischer Abläufe die Menschen in der Produktion nicht aus dem Blick zu verlieren. Aufgrund der Dynamik erweist es sich zunehmend als Herausforderung, Prozesse und Entscheidungen auf dem Shopfloor zu verstehen und im Zweifelsfall eingreifen zu können. Oberste Prämisse muss es daher sein, Abläufe und (KI-gestützte) Entscheidungen transparent zu gestalten. Hierbei kann der gezielte Einsatz psychologischer Ansätze wie Nudging entscheidende Vorteile bringen, indem Informationen für Mitarbeitende entscheidungsorientiert aufbereitet werden.

Nudging_unterstützt_bei_Entscheidungen
Gezieltes Nudging unterstützt Mitarbeiter bei Entscheidungen in einer zunehmend komplexen Umgebung.
Bild: Phoenix Contact

Die Produktionsentwicklung befindet sich in einem tiefgreifenden Veränderungsprozess, da sich Schwerpunkte nicht mehr vorrangig in der Auslegung physischer Systeme befinden, sondern immer mehr ebenfalls im digitalen Umfeld. Arbeitnehmende werden stärker mit intelligenten Systemen, Maschinen und KI-Technologien zusammenarbeiten. Die Kommunikation zwischen Mensch und Technologie wird nahtloser und effizienter. Arbeitnehmer agieren dann weniger als reine Maschinenbediener. Stattdessen werden ihre Erfahrung und ihr Fachwissen wichtiger. Selbststeuerung und Entscheidungsfindung kommt ein größerer Stellenwert zu.

Sowohl für die Fertigung als auch die Entwicklung gilt, sich kontinuierlich weiterzubilden, um mit den technologischen Veränderungen Schritt zu halten. Zeitliche Flexibilität und lebenslanges Lernen werden zur betrieblichen Realität. Arbeitnehmende fokussieren sich nicht nur auf ihre eigenen Aufgaben, sondern blicken ebenfalls über den Tellerrand hinaus. Sie werden in der Fabrik der Zukunft eine aktivere, flexiblere und wissensbasierte Rolle einnehmen. Die Integration von Daten aus Kunden- und Zuliefererquellen spielt dabei eine große Rolle. (co)

www.phoenixcontact.com


Konzepte quantitativ vergleichen

Herstellkosten lassen sich senken, wenn sie bereits ab der frühen Entwicklungsphase konsequent mitgedacht werden. Der Ansatz der Value-Balancing-Analyse liefert hier eine Methodik, die entstehenden Konzepte quantitativ zu vergleichen. Ziel der internationalen Initiative namhafter Industrieunternehmen ist die monetäre Bewertung von Nachhaltigkeitsdimensionen entsprechend des ESG-Ansatzes sowie deren Abbildung in der Unternehmensbilanz. Anhand ihrer Auswirkungen auf die Bilanz lassen sich somit Produktionskonzepte quantitativ einander gegenüberstellen.

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