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BMW Group individualisiert ihre Greifer mit Additiver Fertigung

Maschinenelemente/3D-Druck
BMW Group individualisiert ihre Greifer mit Additiver Fertigung

Die BMW Group setzt vermehrt Additive Fertigung in seinem Produktionssystem ein. Man sei damit in der Lage schnell, kostengünstig und flexibel selbst Produktionshilfsmittel und Handling-Greifer zu produzieren, die man jederzeit individuell an die Bedürfnisse anpassen und dazu gewichtsoptimiert gestalten könne, erklärt Jens Ertel, Leiter des Additive Manufacturing Campus. Wie das geht und welche Vorteile es bringt, zeigt der Blick in die Fertigungen der Werke Landshut, München und Regensburg.

Inhaltsverzeichnis
1. Großflächige Roboter-Greifer für CFK-Dächer additiv fertigen
2. Bionik bringt weitere Gewichtseinsparung in die Greifer-Entwicklung
3. Mittels 3D-Druck erstellte Greifer auch im Karosseriebau im Einsatz
4. Einsatz von Softwarelösungen im Additive Manufacturing
5. Additive Fertigung bei der BMW Group

„Neben den direkten Additive Manufacturing Verfahren nutzt die BMW Group am Standort Landshut seit vielen Jahren den 3D-Druck mit Sand zur Erstellung von Guss-Formen“, sagt Klaus Sammer, Leiter Produkt- und Prozessplanung Leichtmetallguss. Genutzt werde diese Technologie klassischerweise zur Herstellung von Guss-Prototypen sowie auch im Großserieneinsatz für Hochleistungsmotor-Komponenten. „Als weiteres attraktives Einsatzfeld zeigt sich nun die Anwendung für großformatige Produktionshilfsmittel, wie Greifer“, so Sammer.

Im BMW Group Werk Landshut sind additive Fertigungsverfahren schon länger im täglichen Einsatz. Dazu gehören unter anderem bereits seit vielen Jahren die Gussformen für die Herstellung von Aluminium-Zylinderköpfen, die im Sandguss-Verfahren dreidimensional gedruckt werden. Dabei wird Sand wiederholt in dünnen Schichten aufgetragen und mittels Binder verbunden. So lassen sich auch Gussformen für die Fertigung sehr komplexer Strukturen realisieren, die dann mit verflüssigtem Aluminium gefüllt werden.

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Schon seit einigen Jahren nutzt das Landshuter Leichtbau- und Technologiezentrum der BMW Group auch ein besonders großflächiges Greifer-Element, das im 3D-Druck-Verfahren entstanden ist.
Bild: BMW Group

Großflächige Roboter-Greifer für CFK-Dächer additiv fertigen

Schon seit einigen Jahren nutzt das Landshuter Leichtbau- und Technologiezentrum der BMW Group auch ein besonders großflächiges Greifer-Element, das im 3D-Druck-Verfahren entstanden ist. Der rund 120 Kilogramm leichte Greifer für einen Roboter lässt sich in einer Druckzeit von lediglich 22 Stunden herstellen und kommt dann an einer Presse in der Fertigung von allen CFK-Dächern für die Modelle der BMW M GmbH zum Einsatz. Dabei wird zunächst die Presse mit den CFK-Rohmaterial bestückt. Für die Entnahme der fertigen Dächer wird der Greifer einfach um 180 Grad gedreht.

Im Vergleich zu herkömmlichen Greifern war die im 3D-Druck hergestellte Version rund 20 % leichter, wodurch sich die Nutzungsdauer der Roboter verlängert sowie Verschleiß und Wartungsintervalle der Anlagen reduzierten. Die kombinierte Verwendung für zwei Arbeitsschritte reduzierte zudem die Taktzeit.

Alleinstellungsmerkmal des Roboter-Greifers ist die ideale Kombination von zwei unterschiedlichen 3D-Druck-Verfahren.

  • Die Vakuumgreifer und die Halter der Nadelgreifer zur Aufnahme des CFK-Rohmaterials entstehen mittels Selektiver Laser Sinterung (SLS).
  • Die großflächige Dachschale und die Tragstruktur werden mittels Large Scale Printing (LSP) hergestellt.

Im LSP lassen sich großflächige Bauteile kostengünstig und nachhaltig produzieren. Dabei werden Spritzgussgranulat und recycelte Kunststoffe verwendet, auch CFK-Reststoffe lassen sich nutzen und weiterverwerten. Im Vergleich zum Einsatz von Primärrohstoffen ist der CO2-Ausstoss bei der Herstellung des Greifers um mehr als 60 % geringer.

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Der Träger ist in Bezug auf sein Gewicht und seine maximale Traglast optimiert und wiegt mit allen zusätzlichen Anbauelementen lediglich 110 Kilogramm. Damit ist er rund 30 % leichter als das vorherige, konventionelle Modell.
Bild: BMW Group

Bionik bringt weitere Gewichtseinsparung in die Greifer-Entwicklung

Im Sommer 2023 wurde eine neue, nochmals leichtere Greifer-Generation eingeführt. Dafür wurde das vorherige Greiferkonzept analysiert und topologisch optimiert – die Geburtsstunde für den bionischen Roboter-Greifer. Dieser kombiniert die Dachschale aus dem LSP-Drucker mit SLS-Saugern und einer bionisch optimierten Tragstruktur. Für diese wird im Sandguss eine Form mit gedruckten Kernen genutzt, mit der die filigran wirkende Aluminium-Struktur gegossen wird. Der neue Greifer spart im Vergleich zum Vorgänger weitere 25 % Gewicht ein, dadurch kann der komplette Herstellungsprozess eines CFK-Dachs für den BMW M3 mit nur noch einem statt zuvor drei Robotern realisiert werden. Mittlerweile kommen im BMW Group Werk Landshut für alle CFK-Dächer Doppel-Greifer zum Einsatz, die mittels 3D-Druck individuell intern hergestellt wurden.

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Auch im Karosseriebau setzt die BMW Group bereits auf mit Hilfe von 3D-Druck erstellte Greifer, beispielsweise im LSP-Verfahren gedruckte Greifer zum Handling von Türen im BMW Group Werk Regensburg.
Bild: BMW Group

Mittels 3D-Druck erstellte Greifer auch im Karosseriebau im Einsatz

Auch im Karosseriebau setzt die BMW Group bereits auf mit Hilfe von 3D-Druck erstellte Greifer, beispielsweise im LSP-Verfahren gedruckte Greifer zum Handling von Türen im BMW Group Werk Regensburg. „Durch den Einsatz einer optimierten Tragstruktur aus dem 3D-Druck konnten wir beim Handling von Türelementen im Werk Regensburg die Steifigkeit des Greifers erhöhen und dabei gleichzeitig das Gewicht reduzieren. In Folgeprojekten können dadurch Roboter mit geringer Traglast zum Einsatz gebracht werden, was zur Kostenreduzierung beiträgt,“ erklärt Florian Riebel, Leiter der Türen- und Klappenproduktion in Regensburg.

Im BMW Group Werk München geht das Unternehmen jetzt noch einen Schritt weiter. Seit neustem werden im Stammwerk erste Exemplare eines bionischen Roboter-Greifers genutzt, der die komplette Bodengruppe eines BMW i4 fassen und bewegen kann. Für den Greifer der Bodengruppe entsteht per 3D-Druck eine Sandgussform, die mit flüssigem Aluminium gefüllt wird. Der Träger ist in Bezug auf sein Gewicht und seine maximale Traglast optimiert und wiegt mit allen zusätzlichen Anbauelementen lediglich 110 Kilogramm. Damit ist er rund 30 % leichter als das vorherige, konventionelle Modell. Die Herstellung mit Sandguss und Aluminium bietet die Möglichkeit, auch lastoptimierte filigrane Strukturen darstellen zu können. Das bringt eine maximale Gewichtsreduzierung und ermöglicht so mittelfristig den Einsatz kleinerer und leichterer Schwerlastroboter, die weniger Energie benötigen und damit die CO2-Emissionen reduzieren.

„Wir nutzen den 3D-Druck, um unsere etablierten Greifer mit individuellen, gedruckten Anbauelemente auszustatten.“
– Markus Lehmann, BMW Group

Markus Lehmann, Leiter Anlagentechnik und Robotik im BMW Group Werk München ordnet ein: „Im Werk München bauen wir den Einsatz von additiv gefertigten Produktionshilfsmitteln kontinuierlich weiter aus. Im Bereich der Greifer- und Handlingsysteme nutzen wir den 3D-Druck, um unsere etablierten Greifer mit individuellen, gedruckten Anbauelemente auszustatten und ersetzten bereits komplette Greifersysteme durch hochintegrierte und gewichtsoptimierte Tragstrukturen. Beim Handling der kompletten BMW i4 Bodengruppe konnten wir so das Gewicht um 30 %, für den kompletten Greifer um über 50 kg, verringern und entsprechend die Lebensdauer unserer Anlagen verlängern.“

Einsatz von Softwarelösungen im Additive Manufacturing

Die Auslegung und Berechnung von filigranen und bionischen Strukturen erfolgt mit Hilfe von speziellen, generischen Softewaretools, zum Beispiel mit Synera. In diese Software, die ehemals Elise hieß, hatte BMW iVentures strategisch investiert. Synera ermöglicht eine schnelle und effiziente Optimierung und findet mittlerweile in vielen Entwicklungsbereichen der BMW Group Anwendung. Speziell im 3D-Druck lohnt sich der Einsatz der Software, da die in ihrer Topologie optimierten, bionischen Strukturen durch den hohen Freiheitsgrad des 3D-Druck annähernd eins zu eins gedruckt werden können. Damit kann das volle Leichtbaupotential ausgenutzt werden.

Im Additive Manufacturing Campus der BMW Group vergleicht ein Team von Design- und Konstruktionsspezialisten, die verschiedensten Softwarelösungen und nutzt diese für die Auslegung von Komponenten. Das Know-how zum 3D Druck wird vom Additive Manufacturing Campus unternehmensweit geschult. Im vorliegenden Anwendungsfall der Greifer-Auslegung wurden spezielle Workflows entwickelt und eingesetzt, die die Berechnung und Konstruktion der Tragstruktur weitestgehend automatisiert und damit schnell und effizient durchführen. (eve)

BMW Group erforscht das WAAM-Verfahren für Bauteile in Serienfahrzeugen


Additive Fertigung bei der BMW Group

Mit mehr als 30 Jahren Erfahrung ist die BMW Group ein Vorreiter im Bereich des Additive Manufacturing, besser bekannt als 3D-Druck. Nachdem bereits seit 1991 einzelne Fahrzeugteile und Komponenten zunächst für Konzeptfahrzeuge, Prototypen und Rennfahrzeuge sowie später auch für Serienmodelle aus 3D-Druckern kommen, fertigt die BMW Group selbst in verschiedenen 3D-Druckverfahren auch zahlreiche Arbeitshilfsmittel und Werkzeuge für das eigene Produktionssystem. Von anfangs maßgeschneiderten Orthesen für Mitarbeitende über Lehren und Produktionshilfsmittel reicht dies jetzt bis zu großen gewichtsoptimierten Roboter-Greifern etwa für CFK-Dächer und ganze Bodengruppen.

Am „Additive Manufacturing Campus“ in Oberschleißheim, wo die BMW Group Produktion, Forschung und Weiterbildung zum 3D-Druck unter einem Dach gebündelt hat, wurden im Jahr 2023 insgesamt mehr als 300.000 Teile „gedruckt“. Dazu kamen in allen Werken des weltweiten Produktionsnetzwerks, von Spartanburg über die deutschen bis zu den asiatischen Standorten, in den letzten Jahren weit mehr als 100.000 gedruckte Teile hinzu.

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