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Inhaltsverzeichnis
1. Komponenten- und Systemtechnik im Fokus
2. Innovationen in der Lineartechnik sind möglich
3. Vorteile von Systemlösungen für die Lineartechnik
4. Zur Rolle von Energieeffizienz und Nachhaltigkeit
5. Umsetzung kundenspezifischer Anforderungen
KEM Konstruktion|Automation: Rodriguez – eher bekannt als Hersteller von Präzisionslagern – ist auch einer der führenden Anbieter von Lineartechnik. Linearführungen und -antriebe kommen in unterschiedlichen industriellen Anwendungen zum Einsatz. Haben Sie bestimmte Anwendungsschwerpunkte?
Jörg Schulden: Tatsächlich entwickelt Rodriguez seit über 30 Jahren Lineartechnik. Gemäß unserer Unternehmensphilosophie haben wir uns – wie auch bei den Wälzlagern – schnell vom Händler zum Fertigungsunternehmen weiterentwickelt. Heute konzentrieren wir uns auf ein großes Entwicklungs-Know-how, eine eigene Fertigung sowie maßgeschneiderte Anwenderlösungen. Linearführungen von Rodriguez sind überall dort zu finden, wo Automatisierungsaufgaben zu lösen sind, wo Robotik eingesetzt wird, also bei Be- und Entladevorgängen, Pick-and-Place-Anwendungen, Positionierungsaufgaben oder für das numerisch gesteuerte Verfahren in Maschinen und Anlagen. Und das in den unterschiedlichsten Branchen, unter anderem in der Verpackungsindustrie, dem Maschinenbau, der Antriebstechnik und der Automatisierung sowie der Robotik und der Lebensmittelindustrie. Rodriguez ist in der angenehmen Situation, sehr breit aufgestellt zu sein und nicht auf spezielle Industriezweige oder Anwendungen festgelegt zu sein, denn die Produkte aus unserem Sortiment lassen sich branchenübergreifend einsetzen. Das hat den Vorteil, dass wir eine gute Grundauslastung haben und nicht von der spezifischen Entwicklung einer bestimmten Branche abhängig sind. Wir versuchen natürlich, in Branchen, in denen Rodriguez sehr viel Expertise hat, Akzente zu setzen; aber grundsätzlich beschäftigen wir uns mit allen Automatisierungsaufgaben in allen Branchen.
Komponenten- und Systemtechnik im Fokus
KEM Konstruktion|Automation: Lineare Bewegungsabläufe sind sehr vielfältig und erfordern oft individuelle Lösungen auf der Basis von Linearführungen und Linearantrieben. Welche Produkte hat Rodriguez in seinem Sortiment, um diese Anforderungen zu adressieren?
Schulden: Im Bereich der Lineartechnik unterscheiden wir zwei Themenkomplexe: einmal Komponententechnik und zum anderen die Systemtechnik. Im Bereich der Komponenten gibt es die Gruppe der Linearführungen. Hier bedienen wir hauptsächlich Rundführungen, also Präzisionswellen, Linearkugel- und -gleitlager, Lineargehäuse und Lineargehäusekomponenten sowie Wellenböcke und Wellenunterstützungen. Dazu kommen die Profilschienenführungen, also Kugelumlauf-, Rollenumlauf- sowie Kreuzrollenführungen. Außerdem gibt es noch die Linearantriebstechnik-Komponenten. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Kugelgewindetriebe, aber Rodriguez fertigt auch Trapezgewinde- und Rollengewindetriebe. Das zweite Thema neben den Linearkomponenten ist die Systemtechnik. Hier verbindet Rodriguez die beiden Themenblöcke Linearführungs- und Linearantriebskomponenten zu einem System, dass es den Kunden einfach macht, Plug-and-Play-Lösungen für ihre Automatisierungsaufgaben zu finden. Das ist auch der Bereich, mit dem wir uns mit Blick in die Zukunft intensiver auseinandersetzen. Denn hier sehen wir ein großes Potenzial für uns, aber auch für unsere Kunden, weil wir hier maßgeschneiderte Lösungen anbieten können. Rodriguez hat nicht den Anspruch, dass Kunden Maschinen bauen müssen, die zu unseren Komponenten passen, sondern wir wollen Produkte und Lösungen liefern, die es den Kunden ermöglichen, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren.
Innovationen in der Lineartechnik sind möglich
KEM Konstruktion|Automation: Kann es bei Linearführungs- und Linearantriebskomponenten, zumindest mit Blick auf den mechanischen Teil, noch Innovationen geben – oder handelt es sich inzwischen um ‚ausentwickelte‘ Komponenten?
Schulden: Technologie entwickelt sich mit Sicherheit immer weiter. So werden in der Lineartechnik Akzente gesetzt, auch wenn es beispielsweise im Bereich der Rundführungskomponenten keine große technische Revolution gibt. Technologische Entwicklungen finden im Bereich Materialien und Beschichtungen statt; Stichwort Rostschutz, oder im Halbleiterbereich, wo man es mit Anforderungen zu tun hat, die spezielle Lösungen erfordern. Auch das Thema Gewicht beziehungsweise Leichtbauweise spielt eine große Rolle, sodass Rodriguez auch in diesem Bereich Schwerpunkte setzt, um sich mit dem Markt zu entwickeln.
KEM Konstruktion|Automation: Stellt Leichtbau in der Lineartechnik nicht eine Herausforderung dar? Führungen müssen in der Regel eine hohe Steifigkeit aufweisen. Funktioniert das im Zusammenspiel mit Leichtbauweise?
Schulden: Das funktioniert schon. Wir haben beispielsweise Kunden im Bereich Medizintechnik oder Lebensmitteltechnik, die, wenn sie eine gehärtete Führungswelle oder eine Profilschienenführung einsetzen, Anforderungen an etwa die Rostbeständigkeit, aber auch an ein geringes Gewicht haben. In solchen Fällen bietet es sich an zu miniaturisieren, insbesondere im Bereich der Profilschienenführungen verfügt Rodriguez über eine innovative Produktreihe, die aus rostbeständigem Stahl hergestellt wird. Zudem unterstützen wir unsere Kunden bei der Definition von Bearbeitungsmerkmalen, die ebenfalls einen Beitrag zur Gewichtsreduzierung leisten können.
Vorteile von Systemlösungen für die Lineartechnik
KEM Konstruktion|Automation: Neben Komponenten für Linearführungen und -antriebe, bieten Sie auch Linearsysteme an, die sich aus diesen Bauteilen zu applikationsgerechten Linearachsen kombinieren lassen. Wo kommen solche Systeme zum Einsatz und welche Vorteile haben die Anwender davon?
Schulden: Die Einsatzgebiete unserer Linearsysteme sind sehr vielfältig – also überall dort wo Automatisierungsaufgaben gelöst werden müssen. Wir bedienen Anwendungen im Bereich Reinigungsanlagen, in den Bereichen Medizintechnik, Drucktechnik oder Verpackungstechnik, um nur einige zu nennen. Wir nennen diese Systeme Value Added Products (VAP). Dabei handelt es sich um Lösungen, die in keinem Katalog zu finden sind. Die Idee dahinter ist, sehr eng mit dem Kunden zusammenzuarbeiten, zu verstehen, was die Aufgabenstellung ist, möglichst nah an der Anwendung zu sein und früh in die Entwicklung eingebunden zu sein. Auf diese Weise kann Rodriguez mit Expertise, Erfahrungen und schlauen Ideen seinen Kunden gut weiterhelfen und sie unterstützen.
Zur Rolle von Energieeffizienz und Nachhaltigkeit
KEM Konstruktion|Automation: Nachhaltigkeit – und damit auch Energieeffizienz – spielt derzeit in der Antriebstechnik eine wichtige Rolle. Welchen Stellenwert haben diese Themen für Rodriguez, speziell im Bereich Lineartechnik?
Schulden: Nachhaltigkeit hat einen sehr hohen Stellenwert – insbesondere was die internen Prozesse angeht. Bei unserer neuen Fertigungsfabrik für Lineartechnik, die gerade entsteht, sind wir bestrebt den Nachhaltigkeitseffekt sehr intensiv einzubringen. Wir tun das nicht nur aus eigenem Interesse, sondern um einen Beitrag zum Gesamtkonzept Nachhaltigkeit in der Gesellschaft und der Industrie insgesamt leisten zu können. Das fängt bei der Konzeption des Gebäudes an, also Dinge wie Wärmepumpe, PV-Anlage und ähnliches, um den Umweltaspekten gerecht zu werden. Dieser Ansatz setzt sich fort in den Maschinenkonzepten und in der Art und Weise, wie Rodriguez mit den Ressourcen umgeht.
KEM Konstruktion|Automation: Sind Nachhaltigkeit oder Energieeffizienz Themen, die auch von den Kunden gefordert werden?
Schulden: Diese Anforderungen kommen auf uns zu. CO2-Fußabdruck ist ein Thema, das immer intensiver von Kunden nachgefragt wird. Wir sind momentan noch nicht von der gesetzlichen Pflicht betroffen, konkrete, detaillierte Daten zu liefern, das wird aber kommen. Deshalb bereiten wir uns vor und haben uns darüber informiert sowie dazu entsprechende Gespräche geführt und uns Gedanken gemacht, wie das umgesetzt werden kann. Dieses Thema ist für Rodriguez aus eigenem Antrieb wichtig, weil wir einen positiven Beitrag leisten wollen, aber auch, weil die Anforderung aus dem Markt da ist.
Umsetzung kundenspezifischer Anforderungen
KEM Konstruktion|Automation: Sie bieten auch kundenspezifische Systemlösungen an. Wie entstehen solche Lösungen und wie gestaltet sich dabei die Zusammenarbeit mit den Kunden? Und welche Vorteile haben kundenspezifische Linearführungen, -antriebe und -systeme gegenüber Standardmodellen?
Schulden: Grundsätzlich ist Rodriguez so aufgestellt, dass uns der persönliche Kontakt mit Kunden und Lieferanten sehr wichtig ist. Unsere Produkte und Systeme sind technisch sehr beratungsintensiv, da reicht es nicht, sich über unsere Homepage zu informieren. Unser Ziel ist es, nah bei den Kunden zu sein und im persönlichen Dialog herauszufinden, welche Aufgabenstellungen sie zu lösen haben. Daraus entwickeln wir dann zusammen mit den Kunden kundenspezifische Systeme für die jeweilige Applikation. Natürlich kommen auch Kunden auf uns zu, die bisher Komponenten von uns gekauft haben, etwa Profilschienenführungen oder Kugelgewindetriebe, und nun sagen, ich möchte mich auf mein Kerngeschäft konzentrieren und keine linearen Systeme aus diesen Komponenten zusammenbauen. Diese Kunden fragen uns dann, ob wir ihnen hier einen Vorschlag machen können, wie ihre Aufgabenstellung gelöst werden kann. Und da hat Rodriguez die Möglichkeit, entweder mit unserem leistungsstarken und umfangreichen Katalogprogramm zu agieren oder ein Standardprodukt in die Maschine zu integrieren, wobei wir mit unserem Konstruktionsteam die Kunden unterstützen. Das heißt, wir machen Auslegungen, erstellen Zeichnungen und vereinbaren mit den Kunden Entwicklungskonzepte, mit deren Hilfe wir basierend auf dem Kundenimpuls eine spezifische Lösung entwickeln. Es gibt aber auch den umgekehrten Ansatz, dass der Kunde eigentlich nur ein Lager oder eine Linearführung von uns, Rodriguez, haben möchte, und wir dann im Dialog mit ihm erkennen, dass eine integrierte Lösung für die Applikation des Kunden besser wäre. In solchen Situationen werden wir dann beratend tätig und erläutern dem Kunden die Vorteile einer integrierten Lineartechnik- oder Wälzlagerlösung.
KEM Konstruktion|Automation: Kommt es vor, dass aus einer kundenspezifischen Lösung irgendwann eine Kataloglösung wird?
Schulden: Das ist absolut denkbar. Ein Beispiel: Wir haben einen Kunden, aus dem Bereich der Lasertechnik. Er war auf der Suche nach einer Linearachse, die er so nirgends hat finden können, und die Rodriguez mit ihm zusammen für seine Anwendung entwickelt hat. Dafür haben wir extra ein entsprechendes Aluminiumprofil neu entwickelt. Unser Ansatz war dann, dieses Profil nicht nur exklusiv für diesen Kunden zu nutzen, sondern es auch anderen Kunden anzubieten, um ihnen bei ihren Problemstellungen weiter helfen zu können – und das ist im positiven Sinn auch gelungen. Der andere Ansatz ist, dass wir ein Sonderprodukt für einen Kunden entwickeln und anderen Kunden nicht genau diese Lösung anbieten, sondern etwas ‚Artverwandtes‘. Das heißt, wir verwenden die technische Grundidee, passen diese aber an die veränderten Gegebenheiten an. Auf diese Art und Weise verwendet man nicht eins zu eins dasselbe Produkt, aber ein ähnliches Produktkonzept. Das lässt sich nicht unbedingt im Produktkatalog wiederfinden, aber Rodriguez und die Kunden profitieren von den Erfahrungen, die wir auf diese Weise machen.
KEM Konstruktion|Automation: Welchen Anteil haben bei Rodriguez kundenspezifische Lösungen und welchen Standardlösungen aus dem Katalog?
Schulden: Kundenspezifische Lösungen sind für Rodriguez die Zukunft. Der Anteil dieser Lösungen wird dementsprechend wachsen.
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