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Franke entwickelt kundenspezifische Drahtwälzlager

Interview: Drahtwälzlager-Entwicklungen bei Franke
„Unsere Kernkompetenz geht beim kundenspezifischen Engineering los“

Firmen im Artikel
Im Engineering und der Fertigung kundenspezifischer Drahtwälzlager hat Franke seit Jahrzehnten eine besondere Expertise aufgebaut. Sascha Eberhard, Geschäftsführer der Franke GmbH, erläutert Details zu aktuellen Entwicklungen, zu Kunden- und Branchenanforderungen sowie zur Ausrichtung des Unternehmens.

 

» Nico Schröder, Korrespondent KEM Konstruktion, Augsburg

Inhaltsverzeichnis

1. Franke-Know-how rund um Drahtwälzlager
2. Kundenspezifische Spezialwälzlager
3. Drahtwälzlager in anspruchsvollen Anwendungen
4. Produktneuheiten 2023
5. Künftige Zustandsüberwachung von Wälzlagern
6. Digitalisierung und Nachhaltigkeit bei Franke

KEM Konstruktion: Herr Eberhard, was macht die Drahtwälzlager-Expertise von Franke aus?

Sascha Eberhard (Franke): Franke ist Erfinder des Drahtwälzlagers. Unsere Expertise ist die Bearbeitung von Draht als Abrollmedium für Wälzkörper, insbesondere das Rollen des Drahtes, das Einbringen einer hochpräzisen Laufbahn und das Richten des fertigen Laufrings für besten Rund- und Planlauf. Unser Know-how in diesem Bereich hat sich über mittlerweile beinahe 75 Jahre angesammelt und wir lernen immer noch täglich dazu. In den 1970er Jahren ist es uns gelungen, das Prinzip des Drahtwälzlagers auf lineare Komponenten zu übertragen. Unser Know-how liegt in der Bearbeitung und Einbringung von Laufdrähten aus Stahl in Aluminiumprofile.

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Sascha Eberhard, Geschäftsführer von Franke, im Gespräch mit der Redaktion von KEM Konstruktion am Franke-Stammsitz in Aalen.
Bild: Konradin Mediengruppe/Andreas Wegelin

Franke-Know-how rund um Drahtwälzlager

KEM Konstruktion: Was sind die wichtigsten Qualitätsmerkmale, die dieses Know-how auszeichnen?

Eberhard: Der erste Schritt – und Voraussetzung für die weitere Qualität – ist es, dass wir das für die Kundenanwendung richtige Drahtwälzlager zusammen mit unseren Kunden konzipieren. Früher haben wir eher gesagt, unsere Kernkompetenz ist die Bearbeitung des Drahtes. Mittlerweile sage ich, unsere Kernkompetenz zu Drahtwälzlagern geht bei der Beratung, sprich dem gemeinsamen und spezifischen Engineering mit Kunden los, um das ideale Draht-Wälzlager zu entwickeln. In der Folge bauen wir ein Drahtwälzlager, das im Idealfall aus zwei Hauptkomponenten besteht: aus dem Innenleben mit Drähten, Kugeln sowie dem Käfig und aus den Gehäuseteilen. Unseren Kunden stellen wir immer frei, ob sie von uns lediglich das Engineering, also den Beratungsservice nutzen möchten – und die Lagerelemente als Einbaukomponenten beziehen – oder, ob sie das komplette Paket von Franke möchten, also Engineering und Beratung plus in einem Gehäuse verbaute Lagerelemente. Eine weitere Ausbaustufe bei uns bedeutet, dass wir das Ganze inklusive Antriebssystem für unsere Kunden bauen, also mit integriertem Direktantrieb und integrierten Messsystemen.

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Sascha Eberhard erklärt die Besonderheiten der Drahtwälzlager am Beispiel eines Kunststofflagers (Typ LVK) von Franke.
Bilder: Konradin Mediengruppe/Andreas Wegelin

Kundenspezifische Spezialwälzlager

KEM Konstruktion: Wie grenzen Sie sich vom Wettbewerb ab?

Eberhard: Wie schon gesagt, sind wir sehr kundenorientiert. Unser Standardprogramm – bei Wälzlagern vielleicht fünf bis zehn Prozent unseres Geschäftes – soll lediglich eine Richtschnur sein, um dem Kunden zu zeigen, was möglich ist. Hier bieten wir ausgewählte Baureihen an Drahtwälzlagern und Drehverbindungen zum günstigen Preis und teilweise sogar ab Lager, wodurch wir uns vom Wettbewerb teilweise abgrenzen können. Unser Fokus liegt allerdings auf kundenspezifischen Spezialwälzlagern. Hier können wir das Potenzial des Drahtwälzlagerprinzips am weitesten ausnutzen und hier entsteht auch der größte Kundennutzen. Hier haben wir keine Konkurrenz. (lacht)

Einblick in die Entwicklung und Produktion von Wälzlagern und Linearführungen

KEM Konstruktion: Mit den Themen Leichtbau und Miniaturisierung richtet sich Franke bewusst an den Maschinen- und Anlagenbau. Was sind die Hintergründe?

Eberhard: Ressourcen und Energie sparsam einzusetzen, ist derzeit in allen Branchen en vogue. Leichtbau und Miniaturisierung tragen diesem Trend Rechnung. Der Maschinen- und Anlagenbau ist gerade dabei, die Chancen diesbezüglich zu entdecken. Wir möchten mit unseren Produkten und unserem Engineering dabei unterstützen. Andere Branchen wie der Fahrzeugbau, die Robotik oder die Medizintechnik sind schon viel weiter. In diesen Branchen haben Gewichtsfragen einfach schon immer eine große Rolle gespielt. Der Maschinen- und Anlagenbau hat dazugelernt. Neben der Robustheit der Maschinen ist die verbaute Masse stärker in den Fokus gerückt worden – gerade in Hinblick auf Aspekte von Rohstoffverfügbarkeit und Energieverbrauch ist das wichtig.

„Ressourcen und Energie sparsam einzusetzen, ist derzeit in allen Branchen en vogue.“

KEM Konstruktion: Welche Voraussetzungen haben Sie in Ihrer Fertigung gerade in Hinblick auf additive Verfahren geschaffen?

Eberhard: Bislang haben wir uns darauf konzentriert, unser Produkt – das Drahtwälzlager – als Herzstück additiv gefertigter Drehverbindungen anzupreisen. Sie können sich das so vorstellen, dass Sie mit einem Drahtwälzlager quasi die reine Funktion eines Lagers erwerben und diese einfach in Ihre frei gestaltete Umgebung integrieren. Wer das einmal erkannt hat, kann nicht anders, als davon begeistert zu sein. Gegenwärtig arbeiten wir mit externen Spezialisten zusammen, um metallgedruckte Komponenten zu erstellen. Intern experimentieren wir mit Kunststoffdruck. Mit starkem Interesse beobachten wir den Markt an Bearbeitungsmaschinen, bei denen additive Funktionen integriert sind. Wenn Sie aus dem Fenster sehen, erkennen Sie drüben die große Baustelle des neuen Werks 6. Gut möglich, dass wir dort die ersten Maschinen dieser Art aufstellen. Weitergedacht, denn wir mögen keine Tellerränder: Vielleicht schicken wir in zehn Jahren keine kompletten Drehverbindungen mehr in schweren Kisten über große Distanzen, sondern nur noch das Drahtwälzlager und eine Druckdatei. Der Ansatz ist wieder der, dass der Kunde entscheidet, was er möchte. Wenn der Kunde möchte, dass wir unser Engineering beim 3D-Druck-Gehäuse einbringen, tun wir das sehr gerne, wenn das Lagerelement von uns stammt. Wo und wie er die Gehäuseteile druckt, also über unsere Partnerschaft oder selbstorganisiert, überlassen wir dem Kunden.

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Franke-Geschäftsführer Sascha Eberhard und Nico Schröder, Korrespondent KEM Konstruktion, beim Blick in die Drahtwälzlager-Fertigung bei Franke.
Bild: Konradin Mediengruppe/Andreas Wegelin

Drahtwälzlager in anspruchsvollen Anwendungen

KEM Konstruktion: Eine aktuelle Entwicklung sind Kreuzrollenlager mit gehärteten Laufringen für Heavy-Duty-Anwendungen. Was macht diese Lager aus und wo werden sie bereits eingesetzt?

Eberhard: Laufdrähte aus zähhartem Federstahl, wie wir sie üblicherweise einsetzen, kommen bezüglich Härte und Belastbarkeit irgendwann an ihre Grenzen. In solchen Fällen setzen wir gehärtete Laufringe mit Kreuzrollen ein. Das Herstellungsverfahren ist komplex und zur Bearbeitung der Laufbahnen sind intern völlig andere Prozesse erforderlich. Das Ergebnis überzeugt jedoch. Mit gehärteten Laufringen können wir in Anwendungen Fuß fassen, in denen bislang nur herkömmliche Lager mit gehärteten Gehäuseringen zum Einsatz kamen. Wir tragen also die Vorzüge der Drahtwälzlagertechnologie in den Bereich Schwerlast. Beispiele sind medizinische Deckenampeln, Bearbeitungszentren und die Sicherheitstechnik.

KEM Konstruktion: Ihre Lager kommen zunehmend in Logistikanwendungen wie AGVs zum Einsatz. Welche Vorzüge haben die Franke-Lager dabei?

Eberhard: Wir sind ständig dabei, Branchen und Anwendungen zu finden, die die Vorzüge der Drahtwälzlagertechnologie noch nicht kennen oder einsetzen. Wie ich schon sagte: Sobald ein Kunde erkennt, was er durch die Verwendung von Drahtwälzlagern gewinnen kann – freie Werkstoffwahl, Gestaltungsfreiheit, Leichtbau – bekommen wir die Chance, die Leistungsfähigkeit unserer Produkte zu demonstrieren. AGVs sind für Drahtwälzlager prädestiniert. Baut man ein Wälzlagersystem mit einem Drahtwälzlager auf, kann die Lagerung vom Zentrum – die Nabenlagerung – nach außen geholt werden kann. In der Mitte wird dadurch Platz geschaffen, der für Subsysteme, beispielsweise zum Bremsen oder Kühlen nutzbar wird. Es entsteht zudem eine kompakte Radeinheit, bei der alles im Rad verbaut ist. Und ein weiterer Vorteil: Im Servicefall kann das Rad einfach gewechselt werden. Damit wäre dann die komplette Antriebseinheit getauscht.

„Wir sind ständig dabei, Branchen und Anwendungen zu finden, die die Vorzüge der Drahtwälzlagertechnologie noch nicht kennen oder einsetzen.“

Produktneuheiten 2023

KEM Konstruktion: Welche Produktneuheiten sind für 2023 geplant?

Eberhard: Wir sind gerade dabei, Drehverbindungen aus Kunststoff zur Serienreife zu bringen. Zwar gibt es bereits Wälzlager aus Kunststoff von anderen Anbietern, durch die Integration eines Drahtwälzlagers in die Gehäuseringe spielen wir aber in einer ganz anderen Liga bezüglich Präzision und Belastbarkeit. Gegenwärtig sind wir noch dabei, Lieferanten für die Kunststoffteile zu qualifizieren, die unseren Ansprüchen an die Verarbeitung des Kunststoffs genügen. Vom Aufbau des Kunststofflagers ist es so, dass wir die Abstimmung des Lagers über einen Gewindering realisieren. Das heißt, alle Franke-Drahtwälzlager sind spielfrei vorgespannt. Um diesen Gewindering zu fertigen, bedarf es schon spezieller Fähigkeiten. Hier lernen wir gerade, worauf es ankommt – gerade auch, um uns mit Kunststofflieferanten abstimmen zu können.

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Sascha Eberhard, Geschäftsführer der Franke GmbH in Aalen
Bild: Konradin Mediengruppe/Andreas Wegelin

KEM Konstruktion: Sie haben veranschaulicht, dass Franke stark in den Industrien Verpackung, Logistik sowie Pharma- und Medizintechnik vertreten ist. Welche Qualitätsansprüche eint diese Branchen?

Eberhard: In diesen Branchen dreht sich alles um Werkstoffe, um Abdichtung, um Hygiene und Keimfreiheit. Sowohl im Arbeitsprozess, beispielsweise bei der Abfüllung von Medien, als auch bei der Reinigung der Anlagen mittels Hochdruck oder aggressiven Reinigungsmitteln werden sehr hohe Ansprüche an die mechanische Beanspruchung der Komponenten gestellt. Gleichzeitig laufen die meisten Prozesse in der Verpackung vollautomatisch und mit hohen Taktraten. Hier sind Zuverlässigkeit und Wartungsfreiheit gefragt, um möglichst effizient und ohne Standzeiten produzieren zu können. Wir punkten hier durch unsere Wälzlager sowie Linearsysteme aus Aluminium und Edelstahl. Und wir hoffen auf weitere Möglichkeiten durch die neuen Kunststofflager.

Künftige Zustandsüberwachung von Wälzlagern

KEM Konstruktion: Sie forschen schon seit einiger Zeit an intelligenten Systemen zur Zustandsüberwachung, die in Lager integriert werden könnten. Wie ist der aktuelle Stand hierzu?

Eberhard: Das läuft bei uns als Entwicklungsprojekt. In Kooperation mit Hochschulen und externen Spezialisten ist es unser erklärtes Ziel, die Zustandsüberwachung insbesondere im Bereich unserer High-End-Lager für die Medizintechnik weiter voranzutreiben. Gegenwärtig sehen wir nur bedingten Bedarf im Markt. Die Kunden erwarten, dass unsere Lager über die errechnete Lebensdauer und darüber hinaus störungsfrei laufen und sind nicht wirklich bereit, den Mehrpreis für die zusätzliche Technik zu bezahlen. Dennoch besteht auch kundenseitig ein strategisches Interesse an dieser Technologie. Das Projekt läuft daher nicht unter höchster Priorität, ist aber ein strategisches und vor allem ein perspektivisches Thema. Aktuell befinden wir uns an der Stelle, über die Sensorik den Körperschall auslesen zu können. Und wir können Rückschlüsse auf Ursachen ziehen. Momentan arbeiten wir an der Validierung der Daten. Ziel ist es, gewisse Muster erkennen zu können. Diese Validierungsphase läuft voraussichtlich noch bis Mitte des Jahres. Ende des Jahres möchten wir vorzeigbare Ergebnisse haben.

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Sascha Eberhard im Interview mit KEM Konstruktion.
Bild: Konradin Mediengruppe/Andreas Wegelin

Digitalisierung und Nachhaltigkeit bei Franke

KEM Konstruktion: Wie geht Franke Fragen zur Digitalisierung, inklusive digitalem Engineering, und Fragen zu Nachhaltigkeitsaspekten an?

Eberhard: Wir haben eine dedizierte Roadmap zur Digitalisierung, sowohl für unsere internen Prozesse als auch für die Kommunikation mit unseren Kunden und Partnern. Gerade arbeiten wir beispielsweise an einem Kundenportal für unsere Website, um Kunden und Interessenten mehr Informationen und Services rund um unsere Produkte und Dienstleistungen bieten zu können. Konkret: Den CAD-Download werden wir weiterhin über gängige Portale bieten, definitiv aber auch ins Kundenportal „MeinFranke“ auf unsere Website holen, um die Kundenbindung optimal aufzubauen. Mittelfristig möchten wir es unseren Kunden ermöglichen, die Fertigungsfortschritte ihrer Produkte in unserem Portal mitzuverfolgen – vom Angebot und der Bestellung über die Produktionsphase bis hin zur Auslieferung sowie zu After-Sales-Services. Zur Nachhaltigkeit: Sie ist heute in aller Munde und jeder versteht darunter etwas anderes. Für uns bedeutet Nachhaltigkeit einerseits, den eigenen Fußabdruck zu reduzieren. Wir möchten wie bis 2025 klimaneutral sein – und auch die Supply Chain diesbezüglich verbessern. Andererseits möchten wir potenzielle Kunden davon überzeugen, durch den Einsatz von Drahtwälzlagern an ihrer eigenen CO2-Bilanz zu arbeiten – zum Beispiel durch einen reduzierten Materialeinsatz und durch ein Refurbishing von Wälzlagern. Neben der ökologischen Nachhaltigkeit sind uns aber auch die sozialen und natürlich auch die ökonomischen Aspekte ein Anliegen. Wir wollen nachhaltig wirtschaften und gemeinwohlorientiert handeln.

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