Firmen im Artikel
Inhaltsverzeichnis
1. Messung der Schirmdämpfung
2. Nur die Rundumkontaktierung führt zur gewünschten Schirmung
3. Konkrete Messungen zeigen Wirksamkeit der Schirmung
4. Praxisbeispiel Maschinenbau
5. Fazit – es geht auch anders
6. Tipps für eine gute Schirmung
7. Zum Unternehmen
Die Schirmwirkung steht oder fällt mit dem Verfahren, wie der Schirm kontaktiert wird. Viele Anwender überschätzen dabei die Wirksamkeit des eigentlichen Schirms. Denn eine komplette Leitung besteht nicht nur aus dem Schirmkabel, sondern in der Regel aus fünf Teilsystemen:
- Einer Buchse am Gehäuse A mit dem Schirmübergang zwischen Gehäuse und Buchse
- Einem Kabelstecker mit Schirmübergängen zwischen Buchse und Stecker sowie zwischen Stecker und Kabelschirm
- Dem eigentlichen Kabelschirm als Kopplungswiderstand mit Schirmwirkung
- Einem Kabelstecker mit Schirmübergängen zwischen Kabel und Stecker sowie zwischen Stecker und Buchse
- Einer Buchse am Gehäuse B mit dem Schirmübergang zwischen Buchse und Gehäuse
Jeder dieser Schirmübergänge hat komplexe Übergangswiderstände. Die jeweiligen Kopplungswiderstände der Übergänge sowie der Kopplungswiderstand des verwendeten Kabelschirms bestimmen gemeinsam die EMV-Wirkung einer geschirmten Kabelverbindung zwischen zwei Geräten. Da es sich formal um eine Reihenschaltung von Widerständen handelt, bestimmt das schwächste Glied in dieser Kette (jenes mit dem höchsten Kopplungswiderstand) die maximal erreichbare Schirmdämpfung. Es ist daher von größter Bedeutung, die Schirmdämpfungen der einzelnen Elemente eines Kabelschirms genau zu kennen und gezielt zu kombinieren.
Messung der Schirmdämpfung
Es gibt mehrere Messmethoden für die Beurteilung der Wirksamkeit eines EMV-Kabelschirms. Eine anerkannte Methode ist in der VG 95373 Teil 41 beschrieben („Elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten; Messverfahren für geschirmte Kabel und schirmende Kabelschutzschläuche“). Mit dem Verfahren lässt sich sowohl die Qualität der Schirmung beurteilen, als auch der Einfluss der Kontaktierungsstellen des Schirmgeflechts sowie der Stecker und der Buchsen.
Die VG 95373 Teil 41 schreibt eine normierte Testkabellänge von 1 m vor. Zusammen mit der Tatsache, dass dieses Verfahren in einem 50-Ω-System ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Leitungsimpedanzen durchgeführt wird, führt dies zu charakteristischen Resonanzerscheinungen. Für bestimmte Anwendungsfälle kann es daher günstig sein, andere Kabellängen und/oder andere Impedanzen zu verwenden.
Das Verfahren eignet sich besonders gut, die Wirksamkeit verschiedener Schirme und Schirmkontaktierungsverfahren zu vergleichen. Es liefert keine Absolutwerte, aus denen auf eingekoppelte Spannungen bei einem aufgeprägten elektromagnetischen Feld geschlossen werden kann. Die Messergebnisse sind zudem unter dem Aspekt des Laborbetriebs zu relativieren. Aufgrund geänderter Kabellängen, Impedanzverhältnisse, nicht idealer Masseverhältnisse und anderer Randbedingungen sind die in der Praxis erreichten Werte der Schirmdämpfung in der Regel geringer als die Laborwerte.
Nur die Rundumkontaktierung führt zur gewünschten Schirmung
Den größten Einfluss auf die Gesamtschirmwirkung hat die Art der Kontaktierung, also des Anschlusses des Schirms an den Kabelenden. Generell gilt: Ein gegen elektromagnetische Felder wirksamer Kabelschirm ist ausschließlich durch eine beidseitige direkte Rundumkontaktierung an den Gerätegehäusen realisierbar. Alle anderen Verfahren führen unweigerlich zum Verlust der Schirmwirkung.
Messungen von Mooser belegen diese Tatsachen. Der Einfluss der Kontaktierung wird regelmäßig stark unterschätzt. Die in der Praxis am häufigsten gemachten Fehler sind:
- eine einseitige Schirmkontaktierung
- eine Kontaktierung über Zöpfe, Pigtails und/oder Beidrähte
- der Anschluss des Schirms nicht am Gehäuse, sondern an der Elektronikmasse
Konkrete Messungen zeigen Wirksamkeit der Schirmung
Einige mit dem Messverfahren nach VG 95373 Teil 41 ermittelte Messergebnisse zeigen die Bilder 2 bis 6.
- In Bild 2 ist der Schirmdämpfungsverlauf eines Koaxialkabels vom Typ RG 58 U im Frequenzbereich von 100 kHz bis 100 MHz aufgetragen. Bei dieser Messung wurde der Schirm rundum kontaktiert, die Ergebnisse dienen daher als Referenz für die weiteren Messergebnisse der Bilder 3 bis 6.
- Bild 3 zeigt die Messergebnisse eines typischen fünfadrigen geschirmten Kabels, wie es üblicherweise in der Steuerungstechnik verwendet wird. Auch hier war der Schirm beidseitig rundum kontaktiert. Diese Kabelvariante hatte eine vergleichsweise hohe Schirmdämpfung, sodass im Vergleich zum Koaxialkabel eine Verschlechterung von lediglich etwa 10 dB auftrat.
- Wenn die Schirme des Koaxialkabels und des fünfadrigen geschirmten Kabels beidseitig über 2,5 cm lange sogenannte „Zöpfe“ kontaktiert werden, verschlechtert sich ihre Schirmdämpfung jeweils dramatisch, siehe Bild 4 und Bild 5. Die Schirmwirkung geht auf 20 bis 30 dB zurück.
- Für die Praxis völlig unbrauchbar wird die Schirmwirkung des Steuerungskabels, wenn der Schirm beidseitig über etwa 10 cm lange Beidrähte kontaktiert wird, Bild 6. Dann sinkt die Schirmdämpfung auf teilweise unter 10 dB.
Die Messergebnisse belegen, dass die Wirksamkeit eines Kabelschirms unmittelbar von der Art der Kontaktierung abhängig ist. Weiterhin zeigen die Ergebnisse, dass die Verschlechterung der Schirmdämpfung mit steigender Frequenz zunimmt.
Praxisbeispiel Maschinenbau
Bei einer Kabellänge von 1 m wirkt sich der Kopplungswiderstand des Schirms im Vergleich zur Kontaktierung noch nicht nennenswert aus. Dies ändert sich bei durchaus realistischen Kabellängen von 10 m (oder mehr). Der Kopplungswiderstand ist dann zehnmal so groß und das Schirmdämpfungsmaß um 20 dB geringer. Kontaktiert man ein solch langes Kabel auch noch per Beidraht, bleibt von der Schirmwirkung nicht mehr viel übrig.
Es ist anzumerken, dass zur Berechnung der Gesamtschirmdämpfung eines 10 m langen Kabels nicht einfach die Kurve des 1-m-Kabels um 20 dB nach oben verschoben werden darf, wie man es von der Verstärkertechnik möglicherweise gewohnt ist. Vielmehr handelt es sich hier um die lineare Addition von Kopplungswiderständen, deren Ergebnis als Schirmdämpfungsmaß logarithmisch dargestellt wird.
Ein häufig vorkommendes Praxisbeispiel aus dem Maschinenbau veranschaulicht die Auswirkungen mangelnder Schirmung: An einem mittleren Schütz ohne Schutzbeschaltung werden im Bereich von 30 MHz Spannungsspitzen von etwa 1000 V gemessen. Diese Störsignale breiten sich auf der Schützleitung aus und koppeln in alle parallel verlegten Leitungen über. In eine 10 m lang parallel verlegte ungeschirmte Signalleitung können auf diese Weise bei einer Koppeldämpfung von 20 dB durchaus 100 V eingekoppelt werden. Setzt man nun etwa 6 dB Schirmdämpfung für einen zusätzlichen schlecht kontaktierten Schirm an, so reduziert sich die eingekoppelte Spannung auf 50 V. Ein optimal kontaktierter Schirm mit 30 dB Schirmdämpfung kann die eingekoppelte Störspannung auf etwa 3 V verringern, was je nach Anwendungsfall immer noch zu viel sein kann.
Fazit – es geht auch anders
Die Messungen und das Beispiel zeigen, dass geschirmte Kabel kein Allheilmittel für die Bewältigung von EMV-Problemen sind. Selbst bei optimaler Anwendung geschirmter Kabel (Schirmgeflecht, Rundumkontaktierung an beiden Kabelenden, gut leitende Verbindung mit den Gehäusen) reicht in vielen Fällen die Schirmwirkung nicht aus. Werden zusätzlich Fehler in der Kontaktierung gemacht, ist so gut wie keine positive Schirmwirkung mehr vorhanden. Im schlimmsten Fall kann sich die Situation sogar verschlechtern, etwa wenn der Schirm auf 0 V angeschlossen wird und nicht auf Gehäuse liegt. (co)
Ein Überblick über das Leistungsspektrum von Mooser findet sich hier…
Tipps für eine gute Schirmung
Im Rahmen einer EMV-gerechten Entwicklung und Konstruktion hat Mooser Möglichkeiten gefunden, die Störfestigkeit und Störaussendungen zu optimieren:
- Filterschaltungen am Eingang oder Ausgang einer Elektronik
- Entstörung der Elektronik
- digitale Wandlung und digitale Übertragung von Messsignalen
- Übertragung mit Lichtwellenleiter
- separate Führung von Mess-, Signal- und Leistungsleitungen
- gutes Schirm- und Massekonzept
Zum Unternehmen
Die Mooser EMC Technik GmbH in Ludwigsburg und das Schwesterunternehmen Jakob Mooser GmbH in Egling bei München sind Spezialisten für alle Aspekte rund um die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Das Aufgabenspektrum reicht von Studien und Lastenheften über die Beratung im Vorfeld bis zur Entwicklung der EMV mit den Kunden sowie der Qualifikation der Produkte am Prüfstand. Die hochqualifizierten Mitarbeiter sind durch aktive Mitarbeit in allen nationalen und internationalen Normengremien für EMV mit den aktuellsten Entwicklungen vertraut. Mooser prüft nach allen gängigen internationalen Normen und den Werksnormen von Unternehmen aus den Branchen Automobil und Luftfahrt. Zusätzlich darf Mooser Typprüfungen nach der UN-ECE-R10-Richtlinie durchführen.