Firmen im Artikel
Inhaltsverzeichnis
1. Bedürfnisse in Sachen Digitalisierung: Energiemanagement- und Nachhaltigkeitsfragen
2. Digitalisierung und das Kontextualisieren von Daten
3. Zuständigkeiten in Digitalisierungsprojekten
4. Tools kennen und effizient nutzen
5. So gelingt die digitale Transformation
KEM Konstruktion|Automation: Frau Bucher, welche Anforderungen haben Ihre Kunden aktuell?
Bucher: Es herrscht eine starke Nachfrage zum Thema Energiemanagement und Nachhaltigkeit in Kombination mit Produktionsdaten aus dem Herstellprozess. Denn es geht nicht mehr nur darum, Energiemanagement beziehungsweise Energiemonitoring zu betreiben. Gerade haben wir zum Beispiel sehr viele Kundendiskussionen zum Thema CO2-Fußabdruck pro Produkt. Und hierbei wird vor allem das Zusammenspiel von Daten wichtig. Einerseits werden plötzlich Energiedaten aus einer Maschine relevant: Wie viel verbraucht eine Maschine zu welchem Zeitpunkt? Und auf der anderen Seite geht es um die Prozessdaten: Wie lange läuft meine Maschine, welche Auslastung ist gegeben und mit welchem Energieverbrauch? Diese Aspekte sind am Ende des Tages zusammen zu betrachten, um wirklich zu wissen, wie viel CO2 ein Produkt in der Produktion verbraucht hat.
KEM Konstruktion|Automation: Sicherlich ein erster Baustein, um das Produkt letztlich globaler im Lebenszyklus betrachten zu können…
Bucher: Es ist ein Baustein, ja. Wir müssen tatsächlich die gesamte Lieferkette betrachten – von den Rohstoffen bis hin zum Produkt, das im Betrieb läuft, und darüber hinaus. Unerlässlich hierfür ist es, Informationsquellen zu schaffen. Mit dem Wunsch vieler Hersteller, dem Kunden am Ende des Tages sozusagen auf das Produkt drucken zu können, wie viel CO2 bisher verbraucht worden ist, nimmt das komplexe Thema Rückverfolgbarkeit beziehungsweise Traceability zu.
Bedürfnisse in Sachen Digitalisierung: Energiemanagement- und Nachhaltigkeitsfragen
KEM Konstruktion|Automation: Werden gerade auch für OEMs Energiemanagement-Services wichtiger, um den verschiedenen Maschinennutzern geeignete Angebote machen zu können?
Bucher: Wenn OEMs ihre Maschinen schon so ausstatten würden, dass das Energiemonitoring direkt Teil der Maschine ist und sie Energiemessgeräte direkt mit verbauen würden, wäre es für Endverbraucher viel einfacher. Diese müssten in der Hinsicht nichts nachrüsten und hätten die Daten direkt dabei. Das ist gerade noch so ein Push-Pull, den wir beobachten.
KEM Konstruktion|Automation: Wie weit gehen Sie im Consulting bei Energiefragen?
Bucher: Wir gehen deutlich über Aspekte wie dem CO2-Fußabdruck bei Maschinen hinaus. Wir bewegen uns verstärkt rund um Fragen dazu, wo und wie Energie eingekauft wird. Wir schauen nicht mehr nur auf die Maschine, auf eine Linie, auf das Werk selbst. Wir beraten mit einem ganzheitlichen Ansatz und bieten eine Vielzahl an Lösungsmöglichkeiten.
KEM Konstruktion|Automation: Worum genau geht es Ihnen bei der sogenannten „industriellen digitalen Transformation“?
Silke Bucher: Es geht uns darum, eine erfolgreiche und schnelle digitale Transformation in Industrieunternehmen umzusetzen – und zwar mit einem End-to-end-Ansatz vom Consulting über die Designs der Lösungen bis hin zur Durchführung der Projekte. Bislang hat Schneider Electric stark aufs Thema Software per se gesetzt. Der neue Consulting-Ansatz ist nun sinnvoll, weil zwar viele Unternehmen das Thema digitale Transformation als wichtig eingestuft haben, aber oftmals an der Umsetzung gescheitert sind – aus unterschiedlichen Gründen: Es hat vielleicht doch zu viel gekostet, zu viel Zeit geraubt oder das Personal ist mitunter nicht richtig geschult gewesen. Zwar haben mehr Unternehmen begonnen, Daten zu sammeln, aber sie richtig zu verwerten, nutzbringend zu verarbeiten und damit eine erfolgreiche digitale Transformation zu erreichen, ist für viele immer noch ein Problem.
Digitalisierung und das Kontextualisieren von Daten
KEM Konstruktion|Automation: Was beinhaltet ein solches Kontextualisieren von Daten im Grunde?
Bucher: Das beinhaltet Fragen wie: Wo werden die Daten eigentlich gesammelt, wie sind die Daten auszuwerten und was mache ich mit den Ergebnissen? Dabei geht es auch darum, dem Kunden die Optionen zu geben, On-Premises – also lokal – zu arbeiten, in der Cloud oder hybrid. Wir arbeiten hier inzwischen stark mit unserem industriellen Aveva-Softwareportfolio. Hierbei geht es darum, Daten aus verschiedenen Quellen zu sammeln, darzustellen und mit Analytik-Funktionen zu bewerten – also smarte Ergebnisse wirklich ableitbar zu machen, predictive/vorausschauend zu arbeiten und Ausfallsicherheit hinzubekommen.
KEM Konstruktion|Automation: Was hindert Unternehmen Ihrer Erfahrung nach daran, Mehrwerte mittels digitaler Transformation zu generieren und gerade auch ein Return on Investment (ROI) zu erzielen?
Bucher: Häufig verrennen sich die Beteiligten und verlieren das Ziel aus den Augen. Allzu oft ist der Fokus nur auf einem Use Case im ersten Schritt im Unternehmen. Sie entwickeln dann beispielsweise aus Standardsoftware kundenspezifische Varianten, die zum einen sehr kostenintensiv und zum anderen schnell komplex und unübersichtlich werden. Auf einen abgegrenzten Bereich im Unternehmen bezogen funktioniert das vielleicht noch, aber wenn man den gesamten Betrieb und dessen Entwicklung im Blick hat, wird es schwierig. Denn spezifische Insellösungen machen ein skaliertes, langfristiges Vorgehen problematisch – insbesondere, wenn sich Prioritäten oder Zielsetzungen über die Zeit verändern. Ein anderes Hindernis sind fehlende Zeithorizonte bei der Umsetzung. Das Proof of Concept führt nicht zu einem ersichtlichen ROI, von dem man als Unternehmen eine vernünftige Ausrollvariante erreicht. Auch daran scheitern viele Digitalisierungsprojekte.
Intel und Applied Materials kooperieren mit Schneider Electric
Zuständigkeiten in Digitalisierungsprojekten
KEM Konstruktion|Automation: Welche Erfahrungen machen Sie hinsichtlich klarer Zuständigkeiten in Digitalisierungsprojekten?
Bucher: Oft gehen die eben benannten Herausforderungen damit einher, dass es niemanden gibt, der prüft, ob bestimmte Ziele zur Digitalisierung erreicht werden. Es braucht klare Verantwortlichkeiten für die Finanzierung von Projekten. Denn gerade die Frage des Sponsorings ist oft nicht ausreichend geklärt. Für eine gelingende digitale Transformation müssen aber alle Mitarbeiterebenen, auch des Managements, vernünftig involviert werden. Manchmal empfiehlt sich die Einrichtung eines sogenannten Digitalisierungsteams, in dem auch Fragen des Changemanagements geregelt und organisiert werden. Hier können sich dann zum Beispiel externe Berater mit ihrer Expertise und Erfahrung sehr sinnvoll einbringen.
Tools kennen und effizient nutzen
KEM Konstruktion|Automation: Was passiert, wenn es kein klassisches Enablement derer gibt, die letztlich mit digitalen Tools umgehen sollen?
Bucher: Ganz einfach: Das Potenzial digitaler Technologien bleibt ohne Enablement ungenutzt. Nur wenn ich eine Technologie auch wirklich angemessen kenne und den Umgang mit ihr vernünftig gelernt habe, erschließen sich mir die damit verbundenen Mehrwerte. Tools werden einfach nicht genutzt, wenn der Mehrwert nicht vermittelt ist. Mangelndes Enablement führt letztlich nur zu Frust und zur Ablehnung der Technologien.
KEM Konstruktion|Automation: Wie wird sich die digitale Transformation in den kommenden Jahren entwickeln?
Bucher: Gerade in den nächsten zwei bis drei Jahren wird das Thema digitale Transformation nochmal ein ganz anderes Tempo aufnehmen. Denn nicht zuletzt die Krisen rund um Corona, Lieferketten oder Energie haben einmal mehr bestätigt, dass Digitalisierung als zentrale unternehmerische Kernkompetenz verstanden werden muss. Wenn ich mir unsere Kunden, auch aus dem Mittelstand, anschaue und bewerte, wie gut die durch diese Krisen gekommen sind, dann kristallisiert sich ein eindeutiges Bild heraus:
Wer rechtzeitig in die digitale Transformation investiert hat, steht jetzt deutlich resilienter und besser da als der Branchendurchschnitt – gerade, wenn es um Energiethemen geht.
So gelingt die digitale Transformation
KEM Konstruktion|Automation: Können Sie Ansätze nennen, die dazu beitragen, dass digitale Transformation „besser“ gelingt?
Bucher: Für mich sind Systemoffenheit und eine ganzheitliche Denkweise zentral. Denn einen langfristigen Return-on-Investment habe ich nur, wenn sich meine Lösung skalieren lässt, wenn sie offen für die Anbindung von Drittanbieter-Komponenten bleibt und jederzeit eine durchgängige Kommunikation von Daten zulässt. Silo-Denken oder Insellösungen versprechen dagegen höchstens einen sehr kurzfristigen Effekt. Was aber übrigens nicht heißt, dass man immer sofort den ganz großen Wurf wagen muss. Beim Umbau unseres Werks im französischen Le Vaudreuil zur Smart Factory haben wir uns zum Beispiel erstmal nur auf einen bestimmten Produktionsbereich fokussiert. Da wir aber von Anfang an mit unserer offenen IoT-Architektur namens Eco Struxure gearbeitet haben, konnten wir die für gut befundenen Lösungen sukzessive auf die gesamte Fabrik übertragen. Heute dient uns dieser Standort auch als Showcase für eine sehr erfolgreiche digitale Transformation.
Weitere Details: Broschüre (PDF, Englisch) zu den aktuellen Digital Transformation Services