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Steifigkeit und Festigkeit von metallischen Werkstoffen

Hochfeste und duktile Stähle, Metallschaum und Aluminium-Kunststoff-Hybride
Entwicklung der Steifigkeit und Festigkeit von metallischen Werkstoffen

Metalle beeinflussen stark das tägliche Leben. Dabei haben der rasante technische Fortschritt der letzten Jahrzehnte sowie der aktuelle Energie- und Rohstoffbedarf bereits einen Raubbau einiger natürlicher Ressourcen zur Folge gehabt. Hier liegen die Herausforderungen für die Materialentwicklung und das Recycling, um einen effizienten und nachhaltigen Umgang mit metallischen Werkstoffen zu gewährleisten.

Inhaltsverzeichnis

1. Hochfest und duktil – kein Widerspruch mehr
2. Metallische Schäume: Leicht und steif in einem
3. Vom Leichtbau bis zur Schalldämmung
4. Hybride: Leicht mit hoher Druckfestigkeit
5. Zukunft: Chancen durch gesenkte Produktionskosten

In nahezu allen technischen Bereichen vom Werkzeug- und Maschinenbau, über die Kommunikationstechnik und Automobilindustrie bis zur Luft- und Raumfahrt sind metallische Strukturen im Einsatz. Diese unterliegen sehr spezifischen Anforderungsprofilen und sind ihrem Einsatz entsprechend verschiedensten Belastungen ausgesetzt. Aluminium-, Magnesium- sowie insbesondere Stahllegierungen spielen dabei eine entscheidende Rolle, wobei Magnesium-Werkstoffe überwiegend als Legierungsbestandteil für die Aluminiumindustrie sowie für Druckgussbauteile verwendet werden. Aluminium wird weitgehend als Gussbauteil oder Walzprodukt eingesetzt. Es weist eine sehr gute Dehnung auf und kann unter anderem dadurch sehr gut verarbeitet werden. Magnesium- und Aluminiumwerkstoffe zeigen aber nicht die Festigkeitswerte von Stahlwerkstoffen. Gerade die aktuellen Stahlqualitäten lassen sich von weich/duktil bis hart und spröde sehr gut einstellen.

Hochfest und duktil – kein Widerspruch mehr

Neue Stahlentwicklungen erweitern das Eigenschaftsfeld deutlich, so dass der Traum vom hochfesten und duktilen Werkstoff kein Widerspruch mehr ist. Mit Mehrphasenstählen ist es gelungen, Festigkeit und Duktilität in einem Werkstoff zu vereinen. Die Eigenschaften der Werkstoffe werden dabei durch eine intelligente Mischung unterschiedlich harter Gefügebestandteile gesteuert. Gleichzeitig wird die Fähigkeit von Stahl genutzt, abhängig von den Umform- und Abkühlbedingungen unterschiedliche Gefügestrukturen auszubilden.
Mehrphasenstähle erreichen heute Festigkeiten von bis zu 1400 N/mm². Eine Besonderheit unter diesen Werkstoffen stellen die Restaustenit-Stähle (auch Trip-Stähle genannt) dar. Liegt zu Beginn im Gefüge Restaustenit vor, wird dieser durch die Weiterverarbeitung beziehungsweise Umformung in Martensit umgewandelt. Diese Stähle bieten ein sehr gutes Festigkeits-Umformbarkeits-Verhältnis.
Twip-Stahl zeigt nicht die großen Festigkeiten wie Trip-Stahl, weist dafür aber eine Dehnung bis zu 90 % auf. Doch selbst damit ist das Ziel des „idealen Stahlwerkstoffs“ mit guten Festigkeitswerten und sehr guter Verformbarkeit/Verarbeitbarkeit noch nicht erreicht.
Neuere Entwicklungen so genannter pressgehärteter Stahllegierungen (22MnB5) erreichen Zugfestigkeiten von Rm > 1500 MPa. Die Festigkeitssteigerung der Werkstoffe ermöglicht es, Wanddicken zu reduzieren, wodurch das Gewicht von Bauteilen und Baugruppen sinkt. Doch selbst mit den aktuellen, sehr guten Stahlqualitäten ist noch weiteres Entwicklungspotenzial vorhanden. Einen Lösungsansatz können metallische Schäume als Monomaterial oder Hybridwerkstoff in Kombination mit anderen Werkstoffgruppen darstellen.

Metallische Schäume: Leicht und steif in einem

Metallische, zelluläre Werkstoffe weisen eine Vielzahl einzigartiger Eigenschaften auf, die neue und innovative Anwendungen jenseits der bekannten Werkstoffe erlauben. Insbesondere zeichnen sie sich durch geringe Dichte und somit eine geringe Masse im Verhältnis zum Volumen aus. Darüber hinaus weisen sie eine hohe Druckfestigkeit, hohe Steifigkeit, gute Dämpfung und – je nach Anforderung – hohe oder niedrige Wärmeleitfähigkeit auf.
Geschlossenporige Schäume sind prädestiniert für Leichtbaustrukturen und -Anwendungen mit hoher Steifigkeit. Die vergleichsweise hohe Festigkeit bei geringem Gewicht und der spezifischen zellularen Struktur bringen zusätzlich eine hervorragende Absorption der kinetischen Energie. Energieabsorber müssen die frei werdende Energie kontrollierbar und unter konstanter Spannung aufnehmen. Dazu ist ein Verformungsverhalten mit einem möglichst großen Verformungsweg bei konstantem Kraftniveau erforderlich. Ein breit ausgedehnter Plateaubereich im Spannungs-Stauchungs-Diagramm zeigt, dass Aluminiumschäume kinetische Energie sehr gut in Verformungsenergie umwandeln können. Ein weiterer Vorteil gegenüber konventionellen, Energie aufnehmenden Trägerkonstruktionen bietet Aluminiumschaum durch das quasi-isotrope Verhalten. Die Richtungsunabhängigkeit der mechanischen Eigenschaften resultiert in einem in alle Richtungen gleichmäßigen Energieabsorptionsvermögen. Durch seine besondere Eigenschaftskombination bietet sich Aluminiumschaum als Konstruktions- und Funktionswerkstoff an.

Vom Leichtbau bis zur Schalldämmung

Aluminiumschäume werden heutzutage in den Bereichen Leichtbau und Energieabsorp- tion, Schwingungsdämpfung sowie Schalldämmung eingesetzt. Im Bauwesen sind zusätzlich Fragen der Wärmedämmung und Design-Aspekte von Interesse, die durch die Optik der Schäume erfüllt werden. Die erste Serienanwendung im Automobilbereich gelang dem österreichischen Unternehmen Alulight International GmbH. Im Ferrari F360 Modena Spider wurde zur Erhöhung der Seitencrash-Sicherheit der Seitenschweller mit Metallschaumteilen verstärkt. Die lokale Festigkeit im knickgefährdeten Bereich des Seitenschwellers konnte so deutlich erhöht werden.
Als Sandwichverbund mit einer Schaumkernschicht und Aluminiumdeckblechen findet der Aluminiumschaum heute schon einen relativ verbreiteten Einsatz. Die gute Steifigkeit bei gleichzeitig geringem Gewicht sind hervorragende Eigenschaften für den Einsatz bei schweren Maschinen und bewegten Teilen.

Hybride: Leicht mit hoher Druckfestigkeit

Die großserientechnische Anwendung von Aluminiumschäumen fehlt bisher jedoch noch. Der Spritzgießprozess aus der Kunststoffverarbeitung bietet sich hier als eine günstige und serientaugliche Alternative an, wenn es gelingt Metallschäume gemeinsam mit Kunststoffen im Spritzgießprozess zu verarbeiten. Aluminiumschäume sind mechanisch bearbeitbar und können gleich in relativ komplexe Geometrien aufgeschäumt werden. Dadurch sind flexible und komplexe Schaumkerne für die Anwendung im Spritzgießprozess herstellbar, was die mögliche Anwendungsbreite solcher Strukturbauteile stark vergrößert. Bei der Verwendung von Thermoplasten, zum Beispiel Polypropylen, im Spritzgießprozess sind sehr leichte Strukturbauteile kostengünstig in einer industriellen Serienfertigung herstellbar.
Durch die Kunststoffschicht zeigten die Proben im Biegeversuch mit 7,6 MPa im Mittel eine höhere Biegespannung als der Mono-Aluminiumschaum mit 2,8 MPa (Herstellerangaben). Das Umgießen mit dem Polymer erhöht gleichzeitig auch die Druckfestigkeit im Gegensatz zum Aluminiumschaum. Und es wird durch den Aluminiumschaumkern im Vergleich zu einer Voll-Kunststoffprobe eine Gewichtsreduzierung erreicht. Die berechnete Dichte für diesen neuen Hybridproben beträgt ƍHybrid = 0,564 g/cm3.
Im Vergleich zum verwendeten Kunststoff (ƍPP = 0,9 g/cm3) wird das große Leichtbaupotenzial deutlich.

Zukunft: Chancen durch gesenkte Produktionskosten

Metallische Werkstoffe sind in vielen Bereichen durch keine anderen Materialien zu ersetzen. Die Entwicklungen in Bezug auf Festigkeit und Verarbeitbarkeit schreiten stetig voran. Wenn es um Leichtbau mit metallischen Werkstoffen geht, kommt man an zellularen Metallen nicht vorbei. Die zukünftige Entwicklung und auch der Erfolg der Aluminiumschäume sind eng mit dem Einsatz als Konstruktions- und Funktionswerkstoff verknüpft. Innovationen auf dem werkstofftechnischen Sektor für optimierte Legierungen und neue Verfahren werden das Anwendungspotenzial von Aluminiumschäumen weiter steigern. Gelingt es, die Produktionskosten zu senken, ist eine breite Anwendung von Aluminiumschaum in Bauteilen und Baugruppen im Großserienautomobilbau und der Konsumgüterindustrie denkbar. Der Maschinenbau, das Bauwesen und die Design-Industrie sind heute bereits kleine Stützen der Unternehmen im Metallschaumbereich.
Können Monowerkstoffe die benötigten Eigenschaften nicht mehr bieten, sind neue Werkstoffkombinationen erforderlich. Metalle und Metallschäume sowie Kunststoffe bieten hierzu eine gute Kombination. Die hergestellten Bauteile können mechanisch bearbeitet werden und bieten durch den Kunststoff eine gute Oberflächenqualität.

Weiterführende Literatur
Heller, T.; Hoffmann, O.; Etzold, U.; Imlau, K.-P.: Neue Stähle für moderne Fahrzeugkarosserien; Thyssenkrupp Stahl AG, Duisburg
Erhardt, B.; Gerber, T.; Schaumann, T. W.: AHSSS Proceedings (2004), S. 39-50
Hipke, T.; Lange, G.; Poss, R.: Taschenbuch für Aluminiumschäume; ISBN 978-3-87017-285-5; Aluminium-Verlag Düsseldorf; 2007
Neugebauer, R.; Hipke, T.: Machine Tools With Metal Foam. 4th International; Conference on Porous Metals and Metal Foaming Technology MetFoam2005, Kyoto, Japan, 21.-23.9. 2005
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