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Marcus Keulen

Geschäftsführer Do Ceram Ingenieurkeramik GmbH, Dortmund „Keramik bietet eine optische Qualität, die mit anderen Werk-stoffen kaum realisierbar ist“
Marcus Keulen

Es stimmt nicht, dass Keramik zwangsläufig teuer ist. Genau so wenig stimmt es, dass es sich um ein sehr sprödes Material handelt. Unser Gast, Marcus Keulen muss es wissen. Schließlich beschäftigt er sich schon seit seit vielen Jahren mit diesem Werkstoff und kann heute Produkte anbieten, die für viele unvorstellbar sind, beispielsweise elastische Federn aus technischer Keramik.

Das Interview führte KEM- Redakteurin Denise Fröhlich

KEM: Herr Keulen, wer ist Do Ceram?
Keulen: Do Ceram ist ein Hersteller von Produkten aus technischer Hochleistungskeramik. Dabei stellen wir sehr stark die Kundenlösung in den Vordergrund und begleiten die Kunden von der ersten Idee bis zur Serienumsetzung.
KEM: Do Ceram – ein Unternehmen der Möschter-Gruppe. Wie ist Do Ceram aufgestellt und wie gliedert sich das Unternehmen in die Gruppe ein?
Keulen: Hinter der Möschter-Group steht die Familie Möschter. Ihr gehören drei Unternehmen an, die im Bereich der Sonderwerkstoffe tätig sind: Do Ceram, Do Therm Isolierwerkstoffe und STS Friction. Diese drei treten gegenüber den Kunden immer als Gruppe auf, um zu zeigen, dass die Lösung im Vordergrund steht und nicht unbedingt das, was wir als Firma alleine können. Wir können also das Potenzial der gesamten Gruppe mit ihren Mitarbeitern aus verschiedenen Bereichen nutzen, um für den Kunden die optimale Lösung zu finden.
KEM: Inwieweit ergänzen Sie sich mit Ihrer „Schwester“ Do Therm, die duroplastische Hitzeschutzlösungen anbietet – eigentlich eine der vielen Stärken der Keramik?
Keulen: Der Bereich des Hitzeschutzes fängt bei der Keramik an, wo er bei konventionellen Isolierwerkstoffen mineralischer Art aufhört. Meistens werden jedoch die Kombinationseigenschaften der Keramik gebraucht: Hitzeschutz plus Verschleißfestigkeit oder plus Vakuumdichtigkeit. In der Kombination besonderer Eigenschaften hat die Keramik ihre Stärke.
KEM: Do Ceram – gegründet 1994 – ist noch ein recht junges Unternehmen. Wie kam es zu seiner Gründung und welchen Weg hat man genommen?
Keulen: Ich war mit einem Ein-Mann-Unternehmen selbständig und habe Beratungsleistungen und Handel mit keramischen Bauteilen angeboten. Do Therm war damals ein großer Kunde von mir, da die Kunden Lösungen brauchten, die außerhalb des eigentlichen Produktspektrums lagen. 1994 habe ich mein Unternehmen an die Familie Möschter verkauft. Die Idee war, ein Unternehmen zu gründen, das sich mit Werkstoffen der Zukunft beschäftigt. Zwar haben wir mit dem Handel von technischer Keramik begonnen, doch schon im gleichen Jahr wurde eine Eigenproduktion in Dortmund aufgebaut. 1997 wurde die Fertigung um eine Diamantschleiferei ergänzt, so dass wir seitdem die Keramik vom Einkauf des Pulvers bis zum fertigen Bauteil komplett in eigener Hand haben. 2003 haben wir einen Strategiewechsel eingeleitet. Seither produzieren wir nicht nur Bauteile nach Zeichnung, sondern bringen verstärkt eigene Produkte auf den Markt.
KEM: Bereits ein Jahr nach der Gründung des Unternehmens gingen Sie nach China. Was war der Grund für diesen raschen Entschluss?
Keulen: Durch das Vorgängerunternehmen, das wir übernommen haben, gab es sehr gute Handelskontakte zu China, wo wir keramische Bauteile eingekauft haben. Es stellte sich aber heraus, dass Lieferzuverlässigkeit und Qualität teilweise sehr mangelhaft waren. Deshalb planten wir zunächst, einen Betrieb in China zu übernehmen. Da die uns angebotenen aber marode waren, entschlossen wir uns, ein eigenes Werk zu gründen und die besten Leute vor Ort zusammenzubekommen.
Wir wollten unsere Kunden auf Basis in China gefertigter, sehr handarbeitsintensiver Produkte weiter bedienen, aber in hoher Qualität. Es ging dabei um den Markt des Textilmaschinenbaus. Wir sahen schon damals einen ganz klaren Trend, dass die Textilindustrie in China sehr stark kommen wird. Der deutsche Textilmaschinenbau zeigte damals schon erste Tendenzen, in Richtung Asien abzuwandern. Wir sind also dahin, wo der Markt hingehen wollte.
KEM: Sie werden als visionärer Keramikingenieur gehandelt. Was sind denn Ihre Visionen?
Keulen: Heute sehen wir für den Standort Deutschland ein riesiges Wachstum in Richtung sehr hoher Qualität und automatisierter Produktion bei besonders schnellem Service. Bei kürzesten Lieferzeiten auch komplexer Produkte ist der Standort Deutschland sehr stark; besonders, wenn wir ihn mit China kombinieren, wo wir einfache Vorprodukte produzieren können, die in Deutschland gefinisht werden.
Hinsichtlich des Werkstoffes „Keramik“ sehen wir vor allem neue Anwendungen im Consumer-Bereich, wo technische Keramik bisher kaum erfolgreich ist. Der Werkstoff bietet viele gute Eigenschaften, die den meisten noch nicht bekannt sind. Beispielsweise ist er sehr schlagzäh und bietet eine optische Qualität, die mit anderen Werkstoffen kaum hinzubekommen ist. Hier sehe ich riesige Märkte. Wir sind in diesem Bereich auch tätig und haben bereits erste Produkte entwickelt.
KEM: Wie sieht Ihr Portfolio heute aus?
Keulen: Wir bieten Branchenlösungen, beispielsweise verschleißfeste Fadenführungen für den Textilmaschinenbau. In der Automobilindustrie mit ihren Zulieferern lösen wir fertigungstechnische Probleme in der Schweißtechnik durch Vorrichtungsteile oder Positionierelemente aus technischer Keramik. Zur Zeit entwickeln wir sehr stark Produkte für den Bereich der Kunststoffverarbeitung. Hinzu kommen einzelne Branchenlösungen, beispielsweise die Medizintechnik, für die wir Implantate aus technischer Keramik produzieren.
KEM: Konstrukteure haben oft Vorurteile gegen Keramik. „Zu teuer“, „zu spröde“ sind nur zwei beliebte Argumente. Wie treten Sie diesen entgegen?
Keulen: Was heißt teuer? Teuer ist eine Maschine, die nicht läuft, weil ein verschlissenes Element ausgetauscht werden muss. Wir bieten zwar hochpreisige Produkte und Werkstoffe an. Im Endeffekt muss die Keramik also immer dazu führen, dass der Kunde mit ihr mehr Geld verdienen kann als ohne. Es ist für uns extrem wichtig, Anfragen zu filtern, damit wir uns für den Kunden auf sinnvolle und umsetzbare Lösungen konzentrieren können. Es gibt übrigens auch sehr preiswerte Keramiken, wo wir über Bauteile im Bereich von 1 oder 2 Cent sprechen.
KEM: Welche Vorteile hat denn die Keramik gegenüber Metallen oder Kunststoffen?
Keulen: Meist ist es nicht nur ein Vorteil, der dazu führt, dass Keramik eingesetzt wird. Es sind meist Eigenschaftskombinationen wie Härte und Verschleißfestigkeit in Kombination mit Hochtemperaturfestigkeit, in Kombination mit Vakuumdichtigkeit oder mit nicht magnetischem Verhalten. Wird nur eine Eigenschaft gebraucht, sind Werkstoffe wie Kunststoffe oder Stahl meist die bessere und auch preiswertere Lösung.
KEM: Seit 2000 ist das markanteste Produkt aus Ihrem Angebot auf dem Markt: „Cerazur“, ein blaues Material auf Zirkoniabasis. Was zeichnet gerade diesen Werkstoff aus?
Keulen: Cerazur ist so stoß- und schlagunempfindlich, dass wir heute Anwendungen realisieren können, die für keramische Bauteile aus Sicht unserer Kunden eigentlich unmöglich sind, weil sie den traditionellen Eigenschaften der Keramik eigentlich widersprechen. Beispiele sind hier elastische Federn. Fotograf: Elisabeth Mages
Umsatz: 6,5 Mio. €€ (Nur Deutschland, erwartet 2005)
Textiltechnik KEM 410
Hochtemperaturanwendungen KEM 411
Elektronik KEM 412
Schweißen KEM 413
Pumpen KEM 414
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