Härte und Korrosionsbeständigkeit sind grundlegende Qualitätskriterien für die Wertbeständigkeit und Zuverlässigkeit von Produkten aus rostfreiem Stahl. Ein neuartiges Vakuumhärteverfahren hebt die Korrosionsbeständigkeit gehärteter Bauteile aus Chromstahl auf das Niveau von Chrom-Nickel und Chrom-Nickel-Molybdänstählen und bietet so neue Perspektiven in der Werkstoffauswahl und Wärmebehandlung von Rostfreiprodukten.
Exklusiv in kem Der Beitrag stammt von der Härterei Gerster AG, CH-Egerkingen
Härtereitechnische Methoden zur Realisierung verschleißbeständiger Bauteile sind nicht nur wirksam, sondern auch sehr wirtschaftlich, weil sie das in einem Metall innewohnende Vermögen zur Härtung verfahrenstechnisch effizient ausnützen. Über die reine Abschreckhärtung hinaus ermöglichen zudem thermochemische Diffusionsverfahren durch die Einlagerung von Kohlenstoff und Stickstoff eine gezielte Panzerung von Oberflächen gegen verschiedene Verschleiß- und Ermüdungsvorgänge. Während sich die klassischen Aufkohlungs- und Nitrierverfahren (Einsatzhärten, Karbonitrieren, Nitrokarbuieren, Gas- und Plasmanitrieren) für niedriglegierte Stähle bewährt haben, sind sie vom Prinzip her nicht auf hochlegierte, korrosionsbeständige Stähle anwendbar. Der wesentliche Grund dafür ist die Tatsache, dass derartige Verfahren die Korrosionsbeständigkeit der rostfreien Stähle fast gänzlich zugrunde richten.
Die Lösung heißt Hochtemperaturaufstickung
Anders als die von Kohlenstoff wurde die vielfältige Wirkung von Stickstoff im Stahl erst in den letzten beiden Jahrzehnten umfassend untersucht. Dieser Umstand sowie die Tatsache, dass hoch-stickstofflegierte Stähle in der Technik wenig verbreitet sind, liegt in der erschwerten schmelzmetallurgischen Herstellung und der Weiterverarbeitung dieser Stähle begründet.
Die Wirkung von Stickstoff auf die Eigenschaften der Chrom-stähle wird in Forschungsprojekten indessen durchaus positiv bewertet. Ein wesentlicher Durchbruch erfolgte schließlich mit der Realisierung der massiven Randaufstickung von Festkörpern bei hohen Temperaturen und unter kontrolliertem Stickstoffpartial-druck. Auf Basis der bekannten Auswirkungen von Stickstoff auf die Eigenschaften von Chromstählen lassen sich heute beeindruckende Verbesserungen hinsichtlich Verschleiß- und Korrosionsbeständigkeit von Produkten aus standardmäßigen, rostfreien Stählen erzielen.
Stickstoff wirkt günstig im Stahl
Stickstoff als Legierungselement wirkt hinsichtlich der Härtung von Stahl in etwa wie das Legierungselement Kohlenstoff. Er wirkt wie Nickel, wenn es um die Stabilisierung des austenitischen (nicht-magnetischen) Gefüges geht und er steigert wie Chrom und Molybdän die Korrosionsbeständigkeit des Stahls.
Die relative Wirkung von Stickstoff auf die Korrosionsbeständigkeit wird in der Literatur weitläufig durch einen PREN-Wert angegeben (PREN: Pitting Resistance Equivalent Number). Dieser Wert ermöglicht ein auf die Korrosionsbeständigkeit, insbe-sondere der Beständigkeit gegen Lochfraßkorrosion, bezogenes Ranking von Stahllegierungen mit unterschiedlichen Gehalten an Chrom, Molybdän und Stickstoff. Stähle mit höheren PREN-Werten sind erfahrungsgemäß korrosionsbeständiger als Stähle mit tieferen PREN-Werten.
Große Leistungssteigerung für rostfreie Stähle
Die Hochtemperaturaufstickung von Halbzeugen oder Produkten aus rostfreien Stählen kann für verschiedene, leistungssteigernde Modifikationen des Randgefüges genutzt werden: Ein härtbarer Chromstahl vom Typ 1.4021 kann härtemäßig in Richtung eines 1.4034 gesteigert werden, bietet aber dem 1.4034 gegenüber eine deutlich höhere Beständigkeit gegen Korrosion. Höherlegierte, härtbare Legierungen vom Typ 1.4057 oder 1.4122 können hinsichtlich Korrosionsbeständigkeit und Härte auf ein Niveau der stickstofflegierten Varianten vom Typ 1.4108 oder 1.4123 veredelt werden.
Beeindruckend ist, dass in ferritischen Legierungen, welche keine (1.4016, 1.4113) oder nur äußerst geringe Härtbarkeiten aufweisen (1.4104), eine martensitische Randschicht mit beachtlich hohen Härtewerten erzeugt werden kann. Ein Vergleich der martensitischen oder ferritischen Stähle mit den austenitischen Stählen vom Typ 1.4301 und 1.4435 zeigt, dass die Korrosionsbeständigkeit von Chrom-Nickel- und Chrom-Nickel-Molybdänstählen auch mit härtbaren, nickelfreien Chromstählen realisiert werden kann.
Großes technisches und wirtschaftliches Potenzial
Das wirtschaftliche Verfahren steigert die Lebensdauer und Wertbeständigkeit von rostfreien Produkten: Viele Bauteile, bei denen aus Gründen der Korrosionsbeständigkeit auf einen austenitischen Chrom-Nickel- oder Chrom-Nickel-Molybdänstahl zurückgegriffen werden musste, können heute auf der Basis eines nickelfreien, ferritischen Chromstahles zusätzlich auf hohe Verschleiß- und Kratzfestigkeit veredelt werden. Kratzfeste Haushaltswaren oder andere Konsumgüter des täglichen Gebrauchs sind somit nicht nur technisch machbar, sondern auch bezahlbar.
Umgekehrt kann die Zuverlässigkeit von vielen Produkten, die heute neben Verschleiß auch korrosivem Angriff unterliegen, ebenso wirtschaftlich erhöht werden. Eine Vielzahl von Anwendungsbeispielen findet sich in der Automobil- und Kunststoffindustrie, in der Lebensmittel- und chemischen Industrie, in der Off-Shore-Industrie sowie in der Energietechnik.
Härterei Gerster,
Tel.: +41 62 388-7039,
E-Mail: sanerm@gerster.ch
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