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Duroplast als wirtschaftliche Alternative zu Thermoplast und Metall

Kunststoff
Wiedergeburt eines Klassikers

Duroplastische Werkstoffe gehören zu den ältesten synthetischen Kunststoffen überhaupt. Trotz vieler positiver Eigenschaften führt das Material oft jedoch ein Dasein im Schatten von Thermoplast. Zu Unrecht, denn in vielen modernen Anwendungen ist Duroplast die bessere Alternative. Derzeit erlebt der Klassiker tatsächlich eine wahre Renaissance.

Inhaltsverzeichnis

1. Duroplast ist heute hochwärmeformbeständig
2. Alternative zu Thermoplasten und metallischen Werkstoffen
3. Duroplast punktet bei mechanischer Beanspruchung
4. Gute Chancen für Duroplast am Markt
5. Perspektiven für jungen Werkstoff Aminel
6. Duroplast-Fertigung bei Gira
7. Schaffung von Fertigungskapazitäten für Duroplast
8. Nachgefragt bei Alfred A. Bulitz: „Duroplaste sind noch nicht ausgereizt“

Der Rückgang von Duroplasten ist zu einem erheblichen Teil auf die ständige qualitative Weiterentwicklung von Thermoplast zurückzuführen. Als vorteilhaft hat sich vor allem erwiesen, dass dieser Kunststoff beliebig oft erwärmt und geformt werden kann, ohne dass eine chemische Reaktion erfolgt. So wurde das Material Duroplast aus vielen Anwendungen verdrängt.

Duroplast ist heute hochwärmeformbeständig

Doch mittlerweile hat eine Renaissance des Kunststoff-Klassikers eingesetzt: Duroplastische Werkstoffe sind heute hochwärmeformbeständige Materialien mit verbesserter Verarbeitbarkeit und kürzeren Zykluszeiten. Daraus wiederum resultiert eine einwandfrei reproduzierbare Teilequalität. Inzwischen lassen sich hochwertige Teile mit geringen Wandstärken und komplexen Geometrien herstellen. Dank des Spritzgussverfahrens ist zudem die Integration vieler Funktionen mit höchster Präzision möglich, ohne dass Eigenschaften wie Hitze-, Druck- und Chemikalienbeständigkeit darunter leiden.

Alternative zu Thermoplasten und metallischen Werkstoffen

Technisch gesehen ist der moderne Traditionswerkstoff heute eine interessante Alternative zu Thermoplasten und metallischen Werkstoffen. Gegenüber Metall hat Duroplast vor allem wirtschaftliche Vorteile, denn langwierige, kostenintensive Nachbearbeitungen entfallen weitgehend.

Die Vorteile duroplastischer Werkstoffe zu nutzen und zu fördern hat sich Gira, führender Hersteller im Bereich intelligenter elektrotechnischer Gebäudesysteme, auf die Fahnen geschrieben. Seit über 50 Jahren fertigt das Unternehmen Kunststoffteile aus Duroplast für eigene Produktlinien, etwa Einsätze und Abdeckungen für Schalter- und Steckdosen sowie für die moderne Gebäudeinstallation.

Inzwischen macht Gira sein Know-how in Sachen Kunststofftechnik auch für andere Unternehmen fruchtbar, vor allem im Bereich der Duroplast-Fertigung: Im Geschäftsfeld „Kunststofftechnik“ werden Kunststoffteile, System-Produkte und Werkzeuge für unterschiedliche Branchen entwickelt, konstruiert und produziert – auch für Hochleistungsbereiche wie Automobil und Elektrotechnik. Hier realisiert Gira beispielsweise Produkte aus Duroplast als Flansche zwischen Motoren und Vergasern.

Duroplast punktet bei mechanischer Beanspruchung

Bei sehr hohen Wandstärken und großen Wandstärkenunterschieden werden an die Fläche von Bauteilen extreme Präzisionsanforderungen mit einer Genauigkeit von einigen Hundertsteln Millimetern gestellt. Duroplast kann zudem den Vorteil seiner außerordentlichen mechanischen Beanspruchung ausspielen: Druck-, Temperatur- und Vibrationsbeständigkeit erfüllen höchste Ansprüche, beispielsweise für die Motoren des Off- road-Geräteherstellers Stihl.

Gute Chancen für Duroplast am Markt

Gira-Geschäftsführer Alfred A. Bulitz ist vom Potenzial des Kunststoff-Klassikers überzeugt: „Wir setzen Duroplast mit seinen hervorragenden Basiseigenschaften in technologisch hochentwickelten Produkten und Systemen ein.“ Auch die Marktchancen von Duroplast beurteilt er als sehr gut. In der Automobilbranche beispielsweise setzen sich leichte, belastbare Kunststoffe allmählich gegen Metalle durch. Hinzu kommt, dass statt einfacher Teile immer mehr komplette, anspruchsvolle Komponenten aus Kunststoff entwickelt werden. Weil dabei auch die Materialanforderungen strenger werden, sieht Bulitz Grenzen in den Einsatzmöglichkeiten des direkten Konkurrenten Thermoplast. Mit glasfaserverstärkten Phenolharz-Formmassen lassen sich zudem viele Anwendungen im Kühl- und Bremssystem, im Bereich der Kraftstoffzuführung sowie beim Antrieb realisieren.

Große Potenziale bieten aber auch die Branchen Klima, Lüften und Heizen. Eigenschaften wie Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit, Dimensionsstabilität und hohe dynamische Belastungen bei wechselnden Temperaturen sprechen hier für Duroplast. Daneben eignet sich das Matarial auch für Ölpumpen, für öl- oder abgasführende Teile, Vakuumpumpen, Kompressionsteile und Flansche.

Kipp: Duroplast-Griffe sind hitzebeständig und stabil

Perspektiven für jungen Werkstoff Aminel

Interessante Perspektiven bietet zudem ein noch junger, wenig bekannter Duroplast-Werkstoff, den die schwedische Perstorp-Gruppe unter dem Namen „Aminel“ vermarktet. Aminel zeichnet sich durch ein extrem gutes Fließverhalten für das Spritzgießen aus. Daraus fertigt Gira besonders dünnwandige Formteile, die eine für Duroplast ungewöhnliche Schlagzähigkeit, daneben aber die typisch positiven Eigenschaften von Duroplast aufweisen: elektrische Isolierung, Temperaturstabilität sowie UV- und Chemikalienbeständigkeit. Durch die verbesserte Fließfähigkeit sind flexible Designlösungen realisierbar, beispielsweise Schnappverbindungen.

Mit Aminel lassen sich zudem angenehm weiche und glänzende Oberflächen herstellen, die besonders kratzfest sind. Die große Variationsbreite in der Farbgestaltung ermöglicht nun auch ästhetisch sehr anspruchsvolle Produkte aus Duroplast. Bei der Verarbeitung von Aminel erlauben kurze Zykluszeiten hohe Wirtschaftlichkeit bei einfacher Handhabung – selbst bei noch hohen Temperaturen ist bei den Bauteilen schon eine beachtliche Kratzfestigkeit garantiert.

Aminel ist ein Beispiel dafür, dass Gira seinen Kunden nicht nur hochwertige Präzisionsprodukte anbietet, sondern neben dem kompletten Leistungsspektrum – Entwicklung, Werkzeugbau, Kunststoffproduktion – auch bei der produkt- und anwendungsgerechten Werkstoffauswahl berät. Durch intensiven Gedankenaustausch im Rahmen der Kundenbetreuung sollen Konstrukteure mehr Einblicke in die Möglichkeiten von Duroplasten gewinnen. So werden gemeinsam hochwertige Anwendungen entwickelt, die dem Kunden Vorteile im Wettbewerb bieten.

Duroplast-Fertigung bei Gira

Für die Duroplast-Fertigung im Gira-Kunststoffzentrum in Radevormwald sind gute Voraussetzungen durch motivierte Teams und moderne Entwicklungs- und Produktionsanlagen gegeben. Nachdem im Vorjahr erst die Produktionskapazität durch eine weitere Arburg Allrounder 520 C 2000 ausgebaut wurde, folgte nun der Ausbau durch die bislang für Gira größte Duroplast-Spritzgießanlage, einer Arburg Allrounder 720 S 3200 / 1300 (3200 kN). Gira verfügt nun allein für die Duroplast-Produktion über sechs Spritzgießautomaten, Reihenpressautomaten mit je vier Stationen (600 und 800 kN) sowie über weitere fünf Pressautomaten mit 1300, 1800 und 2000 kN. Damit nicht genug: Die Investitionsplanungen für das Jahr 2005 weisen einen deutlichen Ausbau dieses Produktionsbereiches aus.

Jüngste Investitionen bei Gira zeigen, dass das Unternehmen den Bereich der Duroplaste durch Kapazitätserweiterungen und Modernisierungen weiter forciert. Die neue Großmaschine zur Verarbeitung von Duroplast hat eine Schließkraft von 320 t und liegt damit um 38 % über der bislang leistungsstärksten Duroplast-Spritzgussmaschine in Radevormwald. Das Hubvolumen wurde mit der neuen Maschine praktisch verdoppelt und beträgt nun 664 cm3. Zudem hat der Entnahme-Roboter ein Servo-Handling gegenüber bislang pneumatischen Antriebsverfahren.

Schaffung von Fertigungskapazitäten für Duroplast

Außerdem wurde die Duroplast-Produktion in Radevormwald durch Karree-Förderer ergänzt. Diese ermöglichen die vollautomatische Beschickung über mehrere Stunden – begleitendes Personal ist nicht erforderlich. Mit dieser Karree-Förderung sieht Geschäftsführer Alfred A. Bulitz die Wettbewerbsfähigkeit Giras am Standort Deutschland gestärkt: „Wir setzen auf Kapazitätsausbau, Automatisierung und Modernisierung und können dadurch die Herausforderungen aus Osteuropa und Fernost annehmen. Das gilt für alle Fertigungsbereiche in unserem Hause, besonders aber für Duroplast.“

Um diesen Wettbewerbsvorteil auszubauen hat Bulitz die Kunststofffertigung bei Gira auf eine 7-Tage-Woche mit 4-Schicht-Betrieb ausgelegt. „Selbst in Konkurrenz mit Anbietern aus Billiglohnländern sind wir hervorragend positioniert.“ Weil das technische Know-how in der Entwicklung, der Konstruktion und Produktion von Kunststoffteilen, System-Produkten und Werkzeugen am Standort Radevormwald noch hinzukommen, strebt Gira inzwischen konsequent einen Spitzenplatz unter den führenden Herstellern von Kunststoffen an. Und das nicht nur in Deutschland.

Kontakt:
https://kunststofftechnik.gira.de


Nachgefragt bei Alfred A. Bulitz: „Duroplaste sind noch nicht ausgereizt“

KEM Konstruktion: Herr Bulitz, wie sehen Sie die Zukunft der Kunststofffertigung bei Gira?

Bulitz: Wir haben unsere Kapazitäten in den letzten zwei Jahren kontinuierlich ausgebaut und dabei auch die Automatisierung vorangetrieben. Diesen Prozess werden wir fortführen. Dabei wollen wir noch wirtschaftlicher werden, um den Standort in Radevormwald zu sichern und den Herausforderungen aus Osteuropa und China begegnen zu können. Unser Ziel ist es, mit Qualität made in Germany zu überzeugen, und das zu Preisen made in China. Nicht nur hinsichtlich unserer Kompetenz, auch in puncto Wirtschaftlichkeit bieten wir Alternativen zu den osteuropäischen Ländern, aber auch zum Fernen Osten. Grund dafür ist unsere stete Bereitschaft zu Innovationen und zur konsequenten Nutzung unserer Ressourcen.

KEM Konstruktion: Und wie sehen Sie speziell die Zukunft von Duroplast?

Bulitz: Ich setze ganz auf die Zukunft von Duroplast. Duroplaste sind in ihrer technischen Entwicklung noch nicht ausgereizt, aber schon jetzt interessante Alternativen zu Thermoplasten und metallischen Werkstoffen. Der gestiegene Ölpreis, der sicher auch zukünftig kräftig steigen wird, macht Duroplast zusätzlich attraktiv – als Ersatz für teuer gefertigte Werkstoffe, beispielsweise Metalle. Das alles wird die Bereitschaft steigen lassen, Duroplaste einzusetzen. Gira wird in der Renaissance dieses Kunststoff-Klassikers eine führende Rolle spielen.

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Gira-Geschäftsführer Alfred A. Bulitz
Bild: Gira

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