Inhaltsverzeichnis
1. Allgemeine Hinweise für den Konstrukteur zum Gießen
2. Vermeidung von Fehlerursachen bei Gusseisen
Konstruktionsgerechtes Gießen ist die Forderung der Konstrukteure; gießgerechtes Konstruieren die Forderung der Gießer. Dies ist kein Widerspruch, bedeutet aber, dass schon in der Entwicklungsphase eines Bauteils Konstrukteure und Gießer eng zusammenarbeiten sollten. Das optimiert die Qualität des gegossenen Bauteils, spart Zeit und hat einen Einfluss auf das Preis-Leistungsverhältnis.
Allgemeine Hinweise für den Konstrukteur zum Gießen
Gießen ist ein Fließ-, Füll- und Erstarrungsvorgang. Das bedeutet:
- Übergänge sind fließ- und strömungsgerecht zu konstruieren.
- Während der Erstarrung und Abkühlung der Schmelze in der Form schwinden diese. Durch die Schwindung im flüssigen Bereich entsteht ein Volumendefizit, welches bei Materialanhäufungen oder Knotenpunkten zu Hohlräumen (Lunkern) führen kann.
- Nach der Erstarrung der Schmelze entstehen bei der weiteren Abkühlung Spannungen, welche Risse hervorrufen können.
- Spitz auslaufende Konturen verursachen den sogenannten Sandkanteneffekt. Dort staut sich Wärme, welche nicht ausreichend abgeführt wird. Solche Bereiche können ein Ansatz für Warmrisse oder Lunker sein.
Konstruktions- und gießgerecht bedeutet, in natürlichen Formen (Bionik) zu denken. Durch den Gießprozess ist es möglich, die Konstruktion dem jeweiligen Kraftfluss optimal anzupassen. Es wird so eine gleichmäßige Abkühlung, geringe Schwindungsbehinderung aufgrund gleichmässiger Wandstärken, die Vermeidung von Materialanhäufungen sowie schroffen Wanddickenübergängen ermöglicht. Im Gegensatz dazu stehen Schweißkonstruktionen, welche oft eine gerade oder parallele rechtwinklige Geometrie aufweisen und durch den Schweißprozess zur Ausbildung von Spannungen neigen.
Vermeidung von Fehlerursachen bei Gusseisen
Spannungen und Risse: Dünne Bereiche in unterschiedlichen Querschnitten, Stege, Wände und außen liegende Partien erstarren schneller als dicke, massive Querschnitte und innen liegende Partien: Es kommt zu Zug- Druckspannungen. Ebenso führt eine starre Kreuz- oder Diagonalverrippung zu Spannungen, Verzug und oft zu Rissen. „Elastische“ Konstruktionen gleichen unterschiedliches Schwindungsverhalten innerhalb eines gegossenem Bauteils aus und minimieren so die Spannung. Auch sorgt die Unterbrechung gerader Wände und Abknickungen für Schwindungsausgleich.
Lunker: Lunker sind Schwindungshohlräume, die bei der Erstarrung der Schmelze aufgrund der Volumenabnahme beim Übergang vom flüssigen in den festen Zustand entstehen. Sie entstehen dort, wo aufgrund des Erstarrungsmechanismus die Hohlräume nicht gespeist werden können, also ein Nachführen von flüssigem Eisen zum Ausgleich des Volumendefizits nicht möglich ist. Daher gilt es beim Konstruieren eines Bauteils Materialanhäufungen zu vermeiden und eine gelenkte Erstarrung zu ermöglichen.
- Bei der gelenkten Erstarrung hat sich in der Praxis die Anwendung der Heuversschen Kreismethode bewährt. Hierbei werden in den zu speisenden Querschnitt Kreise eingezeichnet, welche zum Speiser hin größer werden. So nimmt der Modul (Verhältnis von Volumen zur Oberfläche) eines Querschnittbereiches zum Speiser hin zu und ermöglicht eine gelenkte Erstarrung.
- Materialanhäufungen durch Knotenpunkte sind immer lunkergefährdet und verringern die mechanischen Eigenschaften aufgrund von Gefügeauflockerungen. Oft lässt sich aber durch konstruktive Maßnahmen eine Wanddickenangleichung vornehmen. Ohne zusätzliche gießtechnische und damit kostenrelevante Maßnahmen werden auf diese Weise sowohl Lunker vermieden als auch die mechanischen Eigenschaften zuverlässig erreicht. Die Fertigungssicherheit wird dadurch wesentlich erhöht.
Sandkanteneffekt: In die Form ragende dünne Formstoffbereiche, zum Beispiel Freistiche hinter Bearbeitungsflächen, werden durch Eisen besonders stark aufgeheizt. Dies verzögert lokal die Erstarrung, wodurch die Entstehung von Lunkern und Warmrissen begünstigt wird. Durch eine konstruktive Umgestaltung kann dieses Risiko verringert werden.