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Der Q aus Kempen

Hochleistungskunststoff ermöglicht leistungsfähigere Unterwasser-Elektromotoren
Der Q aus Kempen

35 Jahre Tauchen und ein privater Kontakt zu Mitgliedern von Spezialeinsatzkommandos waren der Anlass für Dipl.-Ing. Guido Floren, sich mit Unterwasserscootern zu beschäftigen. Bis dahin auf dem Markt befindliche Antriebe waren für gewünschte Fortbewegung von technischen Tauchern nicht leistungsstark genug. Jetzt hat der Tüftler den leistungsstärksten Elektromotor in der Ultra-Kompaktklasse entwickelt, den die Marinetechnik derzeit zu bieten hat.

Exklusiv in KEM Die Autorin Dr. Martina Klug ist Fachjournalistin in Friedberg

Die Aufgabenstellung war klar umrissen: Leistungsstark musste der neue Unterwasserscooter sein – eine Leistung von rund 8 kW bei einer Betriebsspannung von am besten nur 48 V aufweisen. Bisherige Modelle bringen es auf eine Leistung von gerade einmal 3 kW. Und die Bauart musste den Einsatz auch in Wassertiefen von mehr als 200 m gewährleisten. Zusätzlich sollte die Lösung hinsichtlich der Dimensionen kompakt und leicht sein – ein Unterwasserscooter muss ja manuell bedient werden.
Aufgrund seines langjährigen beruflichen Hintergrunds in der Marinetechnik war Guido Floren von Anfang an klar, dass die Aufgabe nur mit der Entwicklung eines kleinen, leichten, aber dennoch leistungsstarken Antriebs gelöst werden konnte. Den richtigen Ansatz sah der marinetechnikerfahrene Nordrhein-Westfale aus Kempen auf Basis eines permanent magneterregten synchronen Ringmotors. Auf dem Markt bekannte Modelle mussten allerdings hinsichtlich Geometrie, Materialien und Herstellungsverfahren für die Leistungsanforderungen bei Unterwasseranwendungen modifiziert werden.
Hohes Drehmoment für schubstarke Propeller
Bei einem E-Ringmotor sind die Propellerblätter an dessen rotierendem Innenteil befestigt. Auf dessen Außenumfang sind starke Magnete angeordnet. Die Magnetisierung erfolgt hierbei permanent. Anders als bei elektrischer Magnetisierung durch Spulen wird so ein deutlich größeres Magnetfeld ausgeübt und damit höhere Leistung beziehungsweise ein höheres Drehmoment bei deutlich geringeren Batterieströmen erwirkt. Durch die außen geführten Propeller kann darüber hinaus auf eine Nabe verzichtet und so überdurchschnittlich viel Schub erzeugt werden.
Des Weiteren arbeitet der Motor sensorlos. Dadurch wird zwar die Motorensteuerung aufwändiger – der Vorteil liegt allerdings in kleineren und leichteren Motoren, da der Bauraum für die Sensoren im Motor eingespart wird. „Im Vergleich zu auf dem Markt erhältlichen Modellen haben wir die Baugruppen in unserem E-Motor neu angeordnet. Durch den feststehenden Stator mit integriertem Spulenpaket und den innenliegenden Rotor ist ein sehr kompakter E-Motor entstanden“, erklärt Guido Floren. „Des Weiteren besitzt unser Motor keine Wellendichtringe oder Dichtungen, weshalb er nahezu wartungsfrei ist.“
Hightech-Kunststoff hält hohen Anforderungen stand
Das, was den Florenschen E-Motor im Vergleich zu gängigen Marktmodellen für die gewünschten Einsatzzwecke leistungsfähiger macht, ist außerdem dem Zusammenspiel der gewählten Materialien und deren Fertigung zu verdanken. Wasserein- und -auslass bestehen aus einem Carbon-Faserverbund-Werkstoff, die Lager aus Keramik, das komplette Motorgehäuse aus dem Hochleistungskunststoff Lauramid.
Letzterer ist ein in Deutschland gefertigtes Hightech-Polyamid, das drucklos gegossen wird und chemikalien- sowie seewasserbeständig ist. Lauramid kann sowohl endkonturnah gefertigt als auch spanend bearbeitet werden. Mit beiden Herstellungsvarianten arbeiten die Ingenieure aus Kempen. Wo bei kleinen Motoren auch einfaches PVC am Gehäuse ausreicht, hat Floren die Erfahrung gemacht, dass sich das bei seinen größeren Motoren nicht bewährt: „Den Ingenieurwerkstoff Lauramid verwenden wir unter anderem, weil er bis über 100 Grad Celsius temperaturresistent und dimensionsstabil ist und wir so ein extrem geringes Schwundmaß haben. Letzteres wird umso wichtiger, je größer die Durchmesser unserer Ringmotoren sind.“ Die verwendeten Materialen halten nicht nur den hohen Seewasseranforderungen stand, sondern bringen auch einen Gewichtsvorteil im Vergleich zu Bauteilen aus Metallen.
Bei der Herstellung des Motors werden dann sowohl der Stator mit den Kupferspulen als auch der Rotor mit den Magneten in einem Vakuum vergossen. Ein Prozess, der das Team um Guido Floren lange beschäftigte. „Wir vermeiden so Gasblaseneinschlüsse in den Bauteilen, haben druckneutrale Bauteile und benötigen keine Dichtungen“, erklärt der Kempener. Dadurch kann der Antrieb auch in Tiefen von mehr als 1000 m eingesetzt werden. „Unser gesamter Motor“, so Floren, „besteht also lediglich aus einem Rotor und einem Stator. Das einzige, was unser Antrieb benötigt, ist Wasser oder eine andere zu definierende Flüssigkeit als Kühl- und Schmiermittel.“
Jedes Jahr eine neue Motorengeneration
Die E-Antriebe aus dem Büro Floren gibt es derzeit in drei Baugrößen von 1,8 bis 11 kW, zwei weitere Baugrößen sind in Entwicklung. „Unsere Motoren werden für jeden Einsatz individuell abgestimmt. So entwickeln wir quasi jedes Jahr eine neue Motorengeneration“, sagt Floren. Mit der Entwicklung von hochleistungsfähigen Unterwasser-Elektromotoren sind die Tüftler aus Kempen in eine Marktlücke gestoßen. Sie starteten mit ihrer Fertigung in der häuslichen Doppelgarage. Hier erinnert Guido Floren an eine Mischung aus James Bonds Quartiermeister Q und Hightech-Tüftler Bill Gates. Zwischenzeitlich sind die Antriebe beispielsweise im hochklassigen Sportbootbereich und in Sloeps, einem verbreiteten holländischen Bootstyp, im Einsatz, können aber auch als Wasserpumpen, Wasserkraftwerk oder als Generator verwendet werden. Sogar die hohen Qualitätsanforderungen für einen Einsatz im militärischen Bereich hat der neue E-Motor erfüllt.
Den ursprünglichen Grund für die Suche nach einem leistungsfähigen Antrieb hat Guido Floren aber nicht aus den Augen verloren. Der leistungsfähige Unterwasserscooter Futurum wurde parallel fertig entwickelt und ist bei Marine- und technischen Tauchern bereits international im Einsatz.
Ingenieurbüro Guido Floren, www.ib-gf.de
Handtmann Elteka, Tel.: 07351 34272-0, info.elteka@handtmann.de
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