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Effizienter Abdichten mit Klebstoffen

Flüssigdichtung
Effizienter Abdichten mit Klebstoffen

Effizienter Abdichten mit Klebstoffen
Für komplexe Geometrien besonders gut geeignet: Klebstoff als Flüssigdichtung. Bild: Delo
Dichtungen erfahren erst dann viel Aufmerksamkeit, wenn sie ihre Funktion nicht mehr richtig erfüllen. Während O-Ringe wahrscheinlich am weitesten verbreitet sind und es daneben noch einige andere statische Varianten gibt, eröffnen Flüssigdichtungen Konstrukteuren weitere Optionen.

Dr. Martin Kluke, Produktmanager, Delo

In der industriellen Fertigung müssen Fügespalte von Bauteilen oft abgedichtet werden, um das Eindringen von Luft, Staub, Wasser und aggressiven Chemikalien zu verhindern. Dies ist insbesondere in der Elektronik, der Automobilindustrie, dem Maschinenbau sowie der Prozesstechnik gefragt. Typische Anwendungen sind so unterschiedlich wie die Branchen, in denen sie zum Einsatz kommen. Beispielhaft lassen sich Gehäuse von elektronischen Komponenten, Magnete sowie natürlich Fluidiksysteme nennen. Je nach thermischen, chemischen und mechanischen Anforderungen bestehen Industriedichtungen zumeist aus Gummi, Silikonen, thermoplastischen Elastomeren oder Teflon.
Je nach thermischen, chemischen und mechanischen Anforderungen bestehen Industriedichtungen zumeist aus Gummi, Silikonen, thermoplastischen Elastomeren oder Teflon. Gummi ist dabei das am häufigsten eingesetzte Material, und die Entscheidung für kautschukbasierte Produkte hat auch einige Vorteile: Sie dichten sehr gut ab. Der dafür wichtige Druckverformungsrest liegt bei NBR bei den Standardbedingungen 100 °C/ 24h typischerweise bei 20 bis 30 %. Zudem sie sind etabliert, thermisch, chemisch sowie mechanisch robust und verursachen nur geringe Materialkosten. Sie haben aber auch Nachteile, insbesondere was ihre Integration in den Fertigungsprozess angeht.
Liegt eine runde Dichtgeometrie vor, dürften die Nachteile in den meisten Fällen nichts ins Gewicht fallen und O-Ringe die wirtschaftlichste Lösung sein. Bei Dichtschnuren oder Dichtbändern, wie sie etwa für Gehäuse in Frage kommen, wird eine effiziente Fertigung schon komplizierter. So müssen sie an der Verbindungsstelle, wo sich die Enden berühren, händisch nachgeklebt werden, was einen weiteren unter Umständen zeitintensiven Prozessschritt bedeutet.
Gummi mit komplexeren Geometrien lässt sich per Stanz- oder Vulkanisierungsform herstellen. Damit lassen sich einfache Produktionsprozesse realisieren, die aber nur für hohe Stückzahlen effizient sind, schließlich müssen die kostenintensiven Formen für jede Geometrie vorgehalten werden.
Auch thermoplastische Elastomere halten dicht
Alternativ sind häufig Dichtungen mit Thermoplastischen Elastomeren möglich, die im Spritzgussverfahren direkt auf den Werkstoff des Bauteils angespritzt werden. Sie sind robust, abriebfest und haften gut auf technischen Kunststoffen wie PA, PC oder PBT, womit die Dichtung verliersicher wird. Bei Raumtemperatur verhalten sich TPE wie klassische Elastomere, allerdings begrenzt die thermoplastische Komponente den Temperatureinsatzbereich auf 80 bis 100 °C, wobei der DVR bei höheren Temperaturen zunimmt. Bei dem weit verbreiteten TPU beträgt er etwa 80 % (100 °C/24 h), bei anderen TPE sind Werte um die 50 % möglich.
Das Anspritzen ist ein einfacherer Prozess als das Vulkanisieren, aber auch nicht ganz trivial, insbesondere da TPU eher mäßig zu verarbeiten ist und immer noch ein Werkzeug für jede Geometrie benötigt wird. Darüber hinaus wird eine Mehrkomponenten-Spritzgussmaschine benötigt, wenn das Bauteil nicht in einem zusätzlichen Prozessschritt nochmal eingelegt werden soll.
Erst flüssig, dann dicht
Bei Flüssigdichtungen fallen solche Investitionskosten dagegen nicht an. Flüssigdichtungen sind standfeste, hochviskose Produkte auf Klebstoffbasis, die in der gewünschten Höhe und Form dosiert werden und dann in ihrer Einsatzposition aushärten. Sie eignen sich aufgrund ihrer flexiblen Anwendungsmöglichkeiten für die Realisierung komplexer Bauteilgeometrien, auch dreidimensionaler Art. Ein weiterer Vorteil im Vergleich zu Feststoffdichtungen ist, dass Flüssigdichtungen nicht nur teilweise auf den Rauspitzen aufliegen, weshalb sie Welligkeiten besser abdichten und größere Fertigungstoleranzen erlauben.
Sie erfordern im Vergleich zu komplexen Gummi- oder TPU-Dichtungen zudem weniger Arbeitsschritte, benötigen geringe Rüstzeiten der Maschinen und erzeugen weniger Ausschuss als Stanzformen. Ein Automatisieren des Produktionsprozesses ist einfach möglich, wobei sich alle Bauteile über eine Anlage fertigen lassen. Potentielle Dosierfehler in der Dichtraupe werden durch Fluoreszenz detektiert, was eine optische Inline-Prüfung erlaubt. Da nicht länger eine Vielzahl an Dichtungen vorgehalten werden muss, entfallen Kosten.
Bislang fanden oft Produkte mit Silikon- oder Polyurethanbasis als Flüssigdichtung Verwendung. Diese zweikomponentigen Systeme härten aber langsam aus, womit sie eher für große Bauteile oder Kleinserien geeignet sind. Bei großen Serien konnte der unkomplizierte und flexible Prozess mit Flüssigdichtungen häufig nicht den Geschwindigkeitsnachteil gegenüber Gummi- oder TPU-Dichtungen kompensieren.
Inzwischen gibt es jedoch einkomponentige, lichthärtende Acrylate, die ihre Stärken insbesondere bei Großserien ausspielen. So sorgt hochenergetisches UV-Licht für eine volle Endfestigkeit innerhalb weniger Sekunden, was die für höhere Stückzahlen notwendigen kurzen Taktzeiten und ein direktes Weiterverarbeiten der Bauteile ermöglicht.
Das gute Rückstellverhalten der Materialien erlaubt eine zuverlässige Abdichtung nach dem Fügen: Durch den niedrigen Druckverformungsrest von bis zu 10 % (85 °C, 24 h) federn sie wieder zurück, wenn sie nicht mehr verpresst werden. Da es zudem zahlreiche oberflächentrockene Varianten gibt, ist auch eine wiederholte Demontage möglich. Darüber hinaus zeigen acrylatbasierte Flüssigdichtungen wasserabweisende Eigenschaften, sodass IP67-Anforderungen erfüllt werden. Sie sind LABS- und lösungsmittelfrei und weisen einen Temperatureinsatzbereich von –40 bis 120 °C auf.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Dichtungen sind mehr als Gummiringe. Wie bei allen Materialien hat die Vielfalt auch hier enorm zugenommen. Mit lichthärtenden Flüssigdichtungen bietet die Klebtechnik dem Anwender neue Optionen, seine Konstruktion zu optimieren und gleichzeitig einen effizienten wie auch flexiblen Produktionsprozess zu erreichen. bt
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