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Dillinger Hütte Grobbleche: Lebensnerv der Giganten - KEM

Grobbleche
Lebensnerv der Giganten

Wo Format, Stabilität und Qualität von Stählen existenziell sind, gelten die hochfesten Grobbleche der Dillinger Hütte als unverzichtbar. So auch in den Schwerlast-Offshorekranen von Liebherr vom Typ MTC 78000, die mit ihrer Tragkraft von 2000 t weltweit zu den größten Kranen ihrer Art zählen.

Der Autor: Dr.-Ing. Wolfram Hölbling, Marketing Manager und technische Kundenbetreuung, Dillinger Hütte, Dillingen/Saar

Der Einsatz von Liebherr-Offshorekranen auf den ebenfalls größten Schwerlastschiffen der Welt wie der OSA Goliath beim Plattformumbau im Golf von Mexiko geht an die Grenzen der Belastbarkeit von Gerät und Werkstoff. Neben dem außergewöhnlichen Eigenschaftsspektrum mit Streckgrenzen bis 690 MPa gaben die einzigartige Dicke und Abmessungsvielfalt der Dillinger Stähle den entscheidenden Impuls für die Liebherr-MCCtec Rostock GmbH, diese Hochleistungsstähle im MTC 78000 einzusetzen. Sie gewährleisten seinen wirtschaftlichen Bau und dauerhafte Zuverlässigkeit im küstenfernen Einsatz. Insgesamt 1400 t Stahl mit Dicken bis zu 200 mm kommen im MTC 78000 zum Einsatz, davon 900 t hochfeste Stähle in Z-Güte. Vier dieser gigantischen Krane wurden bisher gebaut.
Zu den ergiebigsten und auch künftig vielversprechendsten Gebieten zur Ölförderung zählen der Golf von Mexiko sowie der Atlantik vor den Küsten von Südamerika und Westafrika. Wind und Wellen kennzeichnen die dort herrschenden rauen Umgebungsbedingungen und die entsprechenden Kräfte, die auf Plattformen und Errichterschiffe mit Schwerlast-Offshorekranen an Bord einwirken. Hub-, Senk- und Driftbewegungen des Schiffes auf hoher See übertragen sich mit enormer Hebelwirkung auf die Last. Diesen Schwerpunktverlagerungen müssen die eingesetzten Werkstoffe zuverlässig standhalten.
Schwere Brocken
Errichterschiffe arbeiten ohne Unterbrechung mehrere Monate auf dem Meer am Auf-, Um- oder Abbau von Offshore-Plattformen, verlegen kilometerlange Rohre oder montieren Offshore-Windanlagen. Mit 180 m Länge, 32 m Breite und 25 812 BRZ zählen die OSA Goliath und ihr Schwesterschiff, die Sampson, zu den weltweit größten Schwerlastschiffen dieser Art. Insgesamt drei Krane kommen an Bord zum Einsatz – neben dem Schwerlastkran MTC 78000 von Liebherr mit einer maximalen Traglast von 2000 t noch zwei weitere mit 100 t und 70 t Hebekraft. Für die OSA Goliath entwickelte die Liebherr-Werk Nenzing GmbH den ersten Schwerlast-Offshorekran MTC 78000 mit einem maximalen dynamischen Kippmoment von 78 000 kNm. Gebaut und auf der OSA Goliath errichtet wurde er anschließend am Liebherr-Standort in Rostock.
Bei einer Auslage bis zu 35 m kann er seine maximale Tragkraft von 2000 t heben, das entspricht dem Gewicht von fünf vollbesetzten Jumbojets beim Start. Mit 74 m Ausladung kann er bis zu 530 t heben, bei seiner maximalen Auslage von 87 m immerhin noch 500 t. Zusätzlich zum Haupthub verfügt er über zwei Hilfshübe mit Traglasten von 200 und 50 t. Trotz seiner Größe ist der MTC 78000 als Mastkran mit konventioneller Großwälzlagertechnologie konstruiert, jedoch mit je einem inneren und äußeren Lager auf einer Ebene. Diese Großwälzlager haben einen Durchmesser von 9 m und sind damit fast doppelt so groß wie sonst übliche Wälzlager dieser Art. Sie verbinden die 10 m hohe Grundsäule mit der Drehbühne, die das zentrale Element des Krans darstellt. Auf ihr ruhen zwei Mastteile übereinander, deren Durchmesser sich von 8,5 m unten bis auf 3,8 m an der Spitze verjüngt. Da auch alle Maschinen, Winden usw. oberhalb des Drehkranzes eingebaut sind, ist der Kran sogar bei voller Last um 360° drehbar. Zu seinem Eigengewicht von 1790 t tragen die Grundsäule mit 370 t, das Mastunterteil mit 250 t, das Mastoberteil mit 160 t und der 89 m lange Ausleger mit 311 t bei. Mit seinen rund 70 t ist im Vergleich dazu der Drehkranz geradezu ein Leichtgewicht. Der Vier-Horn-Haken am Haupthub bringt stattliche 66 t auf die Waage.
Starker Beweis
Für die Konstruktion des MTC 78000 lieferte die Dillinger Hütte insgesamt 1400 t Dillimax-Stähle, davon 1200 t hochfeste Grobbleche mit Mindeststreckgrenzen von 690 MPa. 900 t dieser hochfesten Grobbleche wurden zudem nach besonderer Kundenspezifikation produziert. Dazu zählen 200 mm dicke Bleche, durch die der Gittermastausleger an seinem hinteren, immerhin 10 m breiten Ende mit nur zwei, je 500 mm dicken und 730 mm langen Bolzen am Mast befestigt wurde. Jeder dieser Bolzen wiegt 1,1 t. Durch das Gewicht des Auslegers und die eingeleiteten Kräfte der Hublast entstehen enorme Spannungen, denen der Stahl an diesem neuralgischsten Punkt des Krans dauerhaft standhalten muss. Auch zur Fertigung des Drehkranzes waren die hochfesten Grobbleche der Dillinger Hütte unverzichtbar. Sie tragen die enormen Kräfte im Mast in den Schiffsrumpf ab, wodurch Spannungen in Blechdickenrichtung entstehen.
Zusätzliche Spannungen verursacht das Schweißen der Drehkranzsegmente, da die steife Konstruktion das Schrumpfen beim Abkühlen verhindert. Mit Grobblechen in Z-Güte in bis zu 145 mm Dicke und Größen, die wohl nur die Dillinger Hütte in dieser Güte liefern kann, wurde hier eine ebenso wirtschaftliche wie zuverlässige Lösung gefunden. Diese Bleche werden aus hochfestem Stahl mit sehr geringem Anteil an unerwünschten Begleitelementen wie Schwefel gefertigt. Vergossen in Brammen oder Blöcke von weltweit unerreichter Dicke, wird er anschließend durch Walzen mit 11 000 t Walzkraft bis in den Kern homogenisiert und zusätzlich wasservergütet. Die Größe der Bleche ermöglichte, dass der Drehkranz mit einem Durchmesser von 9,2 m aus nur vier Segmenten à 35 t gefertigt werden konnte. Dadurch wurden – verglichen mit marktüblichen, kleineren Blechen – Zeitaufwand und Kosten für die Schweißarbeiten um bis zu 50 % reduziert. Liebherr Rostock brachte alle Segmente durch mechanische Bearbeitung auf exakt 130 mm Dicke, um die erforderliche absolute Planheit zu gewährleisten. I

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