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Hochbelastbare, amagnetische Edelstahllegierungen im Einsatz von Ölbohrwerkzeugen

Hart im Nehmen
Hochbelastbare, amagnetische Edelstahllegierungen im Einsatz von Ölbohrwerkzeugen

Hochbelastbare, amagnetische Edelstahllegierungen im Einsatz von Ölbohrwerkzeugen
Die Bohrschäfte bestehen aus der amagnetischen Stahllegierung Magnadur 501
Die Suche nach Ölfeldern wird immer aufwän- diger. Moderne Bohrwerkzeuge etwa bohren in jede beliebige Richtung und fördern den Rohstoff anschließend über weite Strecken zur Erdober- fläche. Edelstähle, die hier Verwendung finden, müssen hohem Druck, extremen Temperaturen und starker Korrosion standhalten – und magnetisch durchlässig sein.

Der Beitrag stammt von der Schmolz+ Bickenbach AG, Düsseldorf

In der Offshore-Ölförderung ist Richtbohren üblich, da so von wenigen Bohrinseln aus weitläufige Lagerstätten erreicht werden. Auch an Land setzt sich das Verfahren zunehmend durch. Mit ihm können Lagerstätten unter besiedeltem und unzugänglichem Gelände erreicht und Naturschutzgebiete geschont werden. Durch Richtbohrungen werden heute Erdölfelder erschlossen, die bis zu 5 km tief und mehr als 10 km entfernt vom Bohrturm liegen.
Im Richtbohrstrang sitzen hinter dem Bohrmeißel auf etwa 50 m Bauteile aus nichtrostendem Edelstahl. Zum einen finden sich hier die Meißelschäfte, die kontinuierlich Spülflüssigkeit zuführen, um das durch den Bohrkopf zerkleinerte Gestein an die Erdoberfläche zu spülen. Zum anderen werden in den MWD/LWD genannten Strangsegmenten Instrumente gelagert, die Daten über Gesteinsinformationen sammeln und Messungen am Erdmagnetfeld vornehmen, um Lage und Richtung der Bohrung detailliert zu bestimmen. Daher müssen die Bohrstrangteile, insbesondere in unmittelbarer Nähe der Messgeräte, eine magnetische Durchlässigkeit aufweisen, die keine Kompassabweichungen erzeugt.
Einsatz von Spezialstählen
„Wesentliches Kriterium für den wirtschaftlichen Einsatz amagnetischer Edelstahllegierungen in diesem Bereich ist ihre Langlebigkeit“, erklärt Peter Grüneberg, Leiter Vertrieb und technische Kundenberatung Spezialprodukte der Deutschen Edelstahlwerke, einem Unternehmen von Schmolz+Bickenbach. Um Zug- und Druckspannungen bis 1500 MPa sowie der Torsion durch die Drehung von Bohrkopf und Strang standzuhalten, müssen die Stähle eine hohe Festigkeit aufweisen. Wichtig ist zudem Korrosionsbeständigkeit, da die Spülflüssigkeit korrosive Inhaltsstoffe wie mehrprozentige Natrium-, Kalium- oder Magne- siumchlorid-Lösungen enthält, die das noch nicht verrohrte Bohrloch stabilisieren sollen. „Die MWD werden aufwändig und teilweise auch dünnwandig angearbeitet, um die hochempfindlichen Messgeräte optimal im Bauteil zu platzieren. Daher muss die Legierung hochbeständig gegen Lochfraß und dennoch gut zu zerspanen sein“, führt Grüneberg aus.
Grundlage für die Stahlproduk- tion der Deutschen Edelstahlwerke sind Sekundärrohstoffe, die sortenrein in einem 130-Tonnen-Elektrolichtbogenofen chargiert werden. Hat der flüssige Stahl die Abstichtemperatur erreicht, wird die Schmelze in eine Pfanne entleert, wo anschließend die sekundärmetallurgische Behandlung des Stahls stattfindet.
Um amagnetische Stähle herzustellen, muss durch Zugabe von circa 20 % Mangan sowie Nickel und Stickstoff eine stabile austenische Kristallstruktur erzeugt werden. Die für die MWD benötigte Legierung Magnadur 601 unterscheidet sich von Magnadur 501, aus der die Bohschäfte gefertigt werden, durch höhere Zugaben von Chrom, Nickel, Stickstoff und Molybdän. Das sorgt für eine gesteigerte Lochfraßbeständigkeit und höhere Festigkeit nach der Kaltverfestigung. Anschließend werden beide Legierungen stickstofflegiert. „Hierzu wird das Gas über eine sogenannte Lanze in die Schmelze gespült“, erklärt Grüneberg.
Guss und Warmkaltverfestigung
Im Anschluss wird der Stahl im Strangguss senkrecht vergossen. Das flüssige Metall läuft dabei abwärts durch wassergekühlte Kupferkokillen. „So sind wir in der Lage, auch hochlegierte Stähle senkrecht zu gießen und vermeiden die Gefahr der Rissbildung, die beim Kreisbogenguss eher besteht“, führt Grüneberg aus. Der geschliffene Strangguss wird dann vorgeschmiedet, im Wasserbad abgekühlt und schließlich auf einer Rotationsschmiedemaschine kaltverfestigt. Hierbei schiebt sich der Stahl mit einer kontinuierlichen Drehung durch ein mit vier Hämmern ausgestattetes Joch, um eine gleichmäßige Verformung des Stabes zu erreichen. Dieser mehrstufige Schmiedeprozess ist notwendig, um dem Gefüge eine größtmögliche Härte und Festigkeit zu verleihen.
Anarbeitung
Anschließend werden die Stäbe geschält, auf Länge gesägt und feingerichtet. Die Anarbeitung der MWD übernehmen meist Zulieferer der Ölkonzerne, um die Bauteile optimal an die verwendeten Instrumente anzupassen. Die mechanische Bearbeitung hingegen erfolgt bei den Deutschen Edelstahlwerken mittels Tieflochbohren. Dabei handelt es sich um Bohrungen zwischen 50 und 80 mm auf einer Länge von 9,5 m. „Im letzten Schritt führen wir eine Verfestigung der Bohrungsinnenfläche durch. Über das Rollieren der Rohrinnenwände erzielen wir eine Veränderung der Druckeigenspannung, vermeiden so Spannungsrisskorro- sion und erreichen eine deutlich gesteigerte Haltbarkeit“, erklärt Stahlexperte Grüneberg. „Vor dem Versand werden die Produkte noch eingehend auf Materialfehler und Fremdeinschlüsse geprüft.“
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