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Beckhoff-Experten sehen Flexibilität durch Software

Verpackungstechnik
Beckhoff-Experten sehen Flexibilität durch Software

Die Losgröße-1-Produktion fordert insbesondere in der Verpackungstechnik Flexibilität, Effizienz und Ressourcenschonung. PC-basierte Steuerungstechnik und flexibel einsetzbare Transportsysteme wie das Extended Transport System (XTS) können hier einen entscheidenden Beitrag leisten, erläutern Andrew Plater, Global Market Manager Food, Beverage and Tobacco sowie Frank Würthner, Branchenmanagement Verpackungstechnik bei Beckhoff.

 

Interview: Stefan Ziegler, Editorial/PR/New Media, Beckhoff Automation

Ziegler: Welche Herausforderungen stellen sich derzeit Maschinen- und Anlagenbauern im Packaging-Umfeld?
Würthner: Der Trend geht eindeutig in Richtung kleinerer Chargen bis hin zu einzelnen personalisierten Produkten. Insbesondere der Verpackungsbereich reagiert hier sehr innovativ und mit immens vielen Sondergrößen oder Aktionspackungen. Gefordert werden auch individuelle Bestellkombinationen, beispielsweise von Kaffeekapseln oder die Möglichkeit, Standardprodukte mit dem eigenen Namen oder einem Bild zu personalisieren. Auf solche Marktanforderungen muss der Verpackungsmaschinenbau reagieren, Stichwort ‚Losgröße-1-Produktion‘.
Plater: Für jeden Anbieter hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten die Produktvielfalt extrem erhöht. Das führt zwangsläufig zu den genannten kleineren Losgrößen und damit auch zu deutlich kürzeren Produktionslaufzeiten. Zum immer entscheidender werdenden Faktor wird daher die für einen Produktwechsel notwendige Umrüstzeit – hier müssen Verpackungsmaschinen zukünftig noch flexibler und über einen konsequent modularen Aufbau noch besser zu konfigurieren sein. Die reine Ausstoßgeschwindigkeit tritt eher in den Hintergrund. Hinzu kommt für neue Produkte die Forderung nach einem minimalen Produktionsrisiko und einer möglichst kurzen Time-to-market, was sich unter anderem mittels Simulation und Virtual Reality erfüllen lässt.
Ziegler: Flexibilität ist also ein entscheidendes Kriterium. Das fordert die Steuerungstechnik. Wie lässt sich das umsetzen?
Plater: Die Standard-SPS-Technik hat zunehmend Leistungsprobleme bei der Steuerung der modernen, hochflexiblen Verpackungsmaschinen. Unser Ansatz PC-based Control liefert dagegen ausreichend Leistungsreserven, um solche Anlagen effizient und zuverlässig zu betreiben beziehungsweise um möglichst schnelle Produktwechsel zu ermöglichen. Zudem bieten wir eine durchgängige Plattform an – und damit auch die Visualisierung sowie eine einfache Anbindung an überlagerte Systeme wie Scada, MES und ERP. Wir sind davon überzeugt, dass sich mit PC-based Control auch der aktuelle Trend hin zu einer bedarfsorientierten Produktion optimal umsetzen lässt. Dahinter stehen Lösungen auf Basis des Internet of Things (IoT), Industrie 4.0 und Smartphones, mit denen etwa Social-Media-Umfragen zur Beliebtheit von Geschmacksrichtungen direkt in den Herstellungsprozess einfließen können. So lässt sich die Produktion besser auf den tatsächlichen Marktbedarf abstimmen und etwa die Überproduktion von Produkten mit geringer Haltbarkeit vermeiden. Nicht zuletzt reduziert sich dadurch die Verschwendung wichtiger Ressourcen und die Produktionseffizienz steigt.
Würthner: Hinzu kommt, dass wir in unserer Automatisierungssoftware Twincat alle für Packaging-Aufgaben notwendigen Funktionalitäten anbieten. Hier entsteht ein zusätzlicher Vorteil im Zusammenhang mit Industrie-4.0-Konzepten, die sich mit PC-basierter Steuerung von Maschinen sehr viel einfacher als über Standard-SPS-Technik umsetzen lassen. Auf diesem Wege lassen sich auch sehr spezielle Anforderungen erfüllen. Ist etwa im Bereich Food & Beverage sowie für Konsumerprodukte das Look-and-feel sehr wichtig, gibt es in der Pharma-Industrie darüber hinaus Vorgaben wie die FDA-Vorschrift 21 CFR Part 11. Danach muss beispielsweise bei einer neuen Knieprothese durch die Verpackung sichergestellt werden, dass sie absolut sauber und keimfrei den Transport zum Krankenhaus übersteht. Die Produktrückverfolgbarkeit muss es zudem ermöglichen, Haftungsrisiken zu minimieren. In der Summe erfordert das eine sehr leistungsfähige Steuerungstechnik.
Plater: Wichtig ist – bei all dem bleibt der ursprüngliche Vorteil der IPC-Technik bestehen. Alle Maschinenfunktionen bis hin zu Hochleistungs-Motion-Control lassen sich durch die hohe Rechenleistung der Industrie-PCs mit nur einem Gerät realisieren. Bei konventionellen Maschinen hingegen bedeuten die getrennten Systeme für SPS, Motion Control, Safety-Steuerung, Robotersteuerung und HMI deutlich mehr Platzbedarf, Hardware- und Instandhaltungsaufwand sowie Kosten. Darüber hinaus haben wir bereits Belege dafür, dass die Vorteile von PC-based Control den Verbrauch von Verpackungsmaterialien um bis zu 40 Prozent reduzieren können.
Ziegler: Gibt es Lösungen, die gezielt Anforderungen der Verpackungstechniker adressieren?
Plater: Wir bieten dem Maschinenbauer eine komplette Lösung an, vom extrem breiten I/O-Spektrum über das HMI mit High-Level-Steuerungssoftware bis hin zu High-end-Motion-Control und -Antriebstechnik. Hinzu kommt der Vorteil der Offenheit, durch die sich PC-based Control optimal auch für heterogene Automatisierungslandschaften eignet. Ein Highlight unserer Lösung ist sicherlich das lineare Transportsystem XTS, das der Maschinenkonstruktion ein hohes Innovationspotenzial eröffnet. Damit ist es möglich, auf die sich derzeit ändernden Rahmenbedingungen wie eingangs erläutert zu reagieren – vor allem ermöglicht XTS schnelle Produktwechsel.
Würthner: Hinzu kommt: Die Umsetzung von Bewegungs- und Handlingaufgaben mit XTS reduziert deutlich den Mechanikaufwand. Auch lassen sich Maschinen viel kompakter und leichter sowie mit weniger Verdrahtungsaufwand aufbauen. Das Ergebnis sind weitaus flexiblere Anlagen, die schnellere Prozessabläufe bei geringerem Wartungsaufwand möglich machen. Gerade der kleine Maschinen-Footprint ist sehr wichtig, denn insbesondere die großen Endanwender sind meist alteingesessene Unternehmen mit oft noch mitten in den Städten liegenden Produktionsstätten und dementsprechend limitierten Platzverhältnissen. XTS ist hier ein entscheidender Faktor, zumal es nicht nur darum geht, beispielsweise ein vorhandenes Förderband zu ersetzen. XTS ermöglicht vielmehr ein komplett neues Maschinendesign.
Ziegler: Können Sie gerade diesen konzeptionellen Ansatz noch etwas konkreter erläutern?
Plater: Als wir mit den ersten XTS-Applikationen begonnen haben, wurden recht einfache Prozesse betrachtet. Mit der Zeit haben die Kunden aber erkannt, wie stark sie die Maschinen mit neuen Bewegungsprofilen optimieren und den gesamten Prozess verändern können. Im Endeffekt hat dies sehr schnell zu einem konsequent modularen Maschinendesign geführt. Hier sehen wir selbst auch die Zukunft: eine XTS-basierte Maschine, bei der ohne großen Aufwand einzelne Module ausgetauscht, verändert oder ergänzt werden können und auf der sich so auf einfachste Weise neue Produkte herstellen lassen. Die mechanischen Änderungen sind dabei minimal. Die eigentliche Anpassung geschieht einfach und schnell per Software.
Würthner: Das große Optimierungspotenzial zeigt sich besonders deutlich bei einer Abfüllanlage für den Pharmabereich. Eine mit XTS realisierte Maschine kann – zusätzlich zur Abfüllfunktion – über komplexe Mover-Bewegungen auch die fehlerfreie Funktion des Medikamentenspenders testen und so mehrere bisher notwendige Einzelmaschinen ersetzen. Das war bislang mit keiner anderen Technologie in dieser Weise möglich.
Ziegler: Steigt damit bei Beckhoff der Beratungsanteil?
Plater: Traditionell spricht der Komponentenlieferant mit dem OEM und dieser wiederum mit dem Endanwender. Wir versuchen alle Partner an einen Tisch zu bekommen. So lassen sich die letztendlich zu erreichenden Business-Vorteile für den Endanwender wie höhere Produktqualität, flexiblere Fertigung und schnellere Lieferfähigkeit viel besser erschließen. Es handelt sich also um einen besonderen Partnerschaftsansatz, bei dem der Endanwender seine Anforderungen einbringen und der OEM genau darauf eingehen kann.
Würthner: Für alle Beteiligten hat sich dieser Weg in den vergangenen Jahren als Erfolgsrezept erwiesen. Denn gerade durch die enge Zusammenarbeit sind häufig wirklich gute Lösungen entstanden, wie etwa eine Verpackungslinie mit deutlich reduziertem Footprint und maximierter Anlagenverfügbarkeit im 24-7-Betrieb. Wir sind überzeugt, dass sich auf diese Weise auch all die Anforderungen erfüllen lassen, die aus der insgesamt kontinuierlich steigenden Bevölkerungszahl und dem zumindest in Europa immer höheren Durchschnittsalter ergeben. So müssen etwa das schlechtere Sehvermögen und die geringere Kraft von älteren Personen bei modernen Lebensmittelverpackungen berücksichtigt werden – beispielsweise durch bessere Druckverfahren, Sichtfenster oder ergonomisches Verpackungsdesign; etwa einfachere Verschlusssysteme, um die im Alter geringere Kraft und Beweglichkeit der Finger auszugleichen.
Plater: Ein gutes Beispiel dafür gibt es in der pharmazeutischen Industrie: Nach einer Studie nehmen etwa 40 Prozent der älteren Menschen rund 100 Tabletten pro Monat ein, und zwar bis zu sieben verschiedene Produkte. Sieht man schlechter, entstehen zudem Probleme beim Lesen und Öffnen der Verpackung – gerade wenn so viele Medikamente notwendig sind. Abhilfe schaffen Verpackungen, die unterschiedliche Medikamente kombinieren und genau angeben, wann welche einzunehmen sind. co
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